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Urteilskopf

102 IV 145


36. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Oktober 1976 i.S. Institut X., Institut Y., Z. S.A. gegen M. und M.

Regeste

1. Art. 28 StGB in Verbindung mit Art. 13 lit. b UWG. Eine Aktiengesellschaft, die seinerzeit Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbs gestellt hat, und die in der Folge durch Konkurs aufgelöst wurde, ist aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Für allfällige nach ihrer Auflösung begangene Widerhandlungen gegen das UWG ist sie nicht mehr strafantragsberechtigt. Art. 28 Abs. 4 StGB ist im Falle der Auflösung einer Aktiengesellschaft nicht anwendbar.
2. Art. 2, 13 UWG. Hat der Mitbewerber die Zivilklage verwirkt, dann ist er zur Stellung des Strafantrages nicht befugt, da nach dem Gesetz der zivilrechtliche Schutz im Vordergrund steht und die strafrechtliche Sanktion von dessen Existenz abhängt.

Sachverhalt ab Seite 146

BGE 102 IV 145 S. 146

A.- 1. Die Firma "AF, AG" (im folgenden Gemeinschaft genannt) wurde 1956 gegründet. Im Jahre 1961 änderte sie die Firma in "A. AG" und 1964 in "A" ab. Sie führt Fortbildungskurse für Erwachsene durch, denen sie teils direkt, teils auf dem Korrespondenzweg Unterricht erteilt. M. und M. sind Mehrheitsaktionäre und Organe der Gemeinschaft.
Das Institut X. und das Institut Y. in Zürich verfolgen ähnliche Zwecke. So war es auch mit der Firma Z. S.A. in Lausanne, die am 22. April 1971 durch Konkurs aufgelöst worden ist. Inhaber des Instituts X. ist A., Inhaberin des Instituts Y. Frau D., die Schwester von X. Hauptaktionär der Z. S.A. war F.
2. Am 29. März 1973 klagte X. gegen die Gemeinschaft mit dem Begehren, es sei dieser unter Ungehorsamsstrafe zu verbieten, das Wort "A" in der Firma zu verwenden, es in ihren Reklamen, Broschüren, Korrespondenzen usw. zu gebrauchen, sowie ihr Signet zu benützen, eventuell sei sie zu verpflichten, das Wort "A" und das Signet nur mit dem Zusatz "für Erwachsenenfortbildung AG" zu verwenden. In letzter Instanz wies die I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes am 22. Oktober 1974 die Berufung des X. wegen Verwirkung beider Begehren ab. Sie nahm an, die Beklagte habe die Bezeichnung "A" seit ihrer Gründung im Jahre 1956, sei es allein oder mit einem Zusatz, stets als Firma verwendet. Das gleiche gelte für das Signet, bestehend aus einer Skizze und einer Kurzbezeichnung, denen zeitweise in Kleindruck das Wort "A" beigefügt worden sei. Dieses Wort sei auch in Inseraten und Werbeschriften schon vor 1964 als Hauptbestandteil der Firma oft allein benützt worden. Es habe demnach durch seinen Gebrauch von 1956 bis 1971 als kennzeichnender Bestandteil der Firma Verkehrsgeltung erlangt. Die Firma sei zudem ohne Beanstandungen im Handelsregister eingetragen worden, sodass die Beklagte auch guten Glaubens habe annehmen dürfen, die Bezeichnung sei zulässig. Schliesslich habe X. die Firma der Beklagten während rund elf Jahren nicht beanstandet.
3. Bereits am 23. Dezember 1969 hatten das Institut X., das Institut Y. und die Z. S.A. gegen den Verwaltungsratspräsidenten M. und das Verwaltungsratsmitglied M., Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbs gestellt. Am 8. Januar 1974 wurde gegen die genannten Organe der Gemeinschaft Anklage
BGE 102 IV 145 S. 147
wegen irreführender und täuschender Werbung erhoben. Nachdem das Bezirksgericht Zürich am 23. April 1974 die Akten zur Prüfung der Frage der Antragsverwirkung sowie zur Berichtigung oder Vervollständigung der Anklage an die Bezirksanwaltschaft zurückgewiesen hatte, wurde namens der drei genannten Institute am 2. Oktober 1974 ein neuer Strafantrag gestellt. Gegenstand der neuen Anklage bildeten fünfzehn in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erschienene Inserate der Beschuldigten, in welchen sie einzig die Bezeichnung "A" ohne den Zusatz "für Erwachsenenfortbildung AG" verwendet hatte.

B.- Am 22. April 1975 sprach das Bezirksgericht Zürich M. und M. des unlauteren Wettbewerbs gemäss Art. 13 lit. b UWG schuldig und büsste sie mit je Fr. 10'000.--, bedingt löschbar nach zwei Jahren.
Das Obergericht des Kantons Zürich trat am 19. Mai 1976 auf die Anklage betreffend fortgesetzten unlauteren Wettbewerbs im Sinne von Art. 13 lit. b und 15 UWG nicht ein.

C.- Das Institut X., das Institut Y. und die Z. S.A. führen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichtes sei aufzuheben und die Beschwerdegegner seien gemäss Art. 13 lit. b UWG des unlauteren Wettbewerbs schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen, eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zur Schuldigsprechung und Bestrafung zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegner beantragen Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. ...

2. Ist davon auszugehen, dass von den eingeklagten Inseraten nur die in das Jahr 1974 fallenden durch den Strafantrag vom 2. Oktober 1974 gedeckt sind, so stellt sich weiter die Frage, ob dieser Antrag noch namens der - wie bereits festgestellt - am 22. April 1971 durch Konkurs aufgelösten Z. S.A. gestellt werden konnte. Die Vorinstanz hat die Frage verneint, weil die Rechtsanwalt G. am 24. Dezember 1969 von der Z. S.A. erteilte Vollmacht mit der Auflösung der AG erloschen sei (Art. 35 Abs. 2 OR). Der genannte Anwalt sei deshalb nicht befugt gewesen, den Strafantrag vom 2. Oktober 1974 auch für diese Gesellschaft zu stellen. Ein automatischer
BGE 102 IV 145 S. 148
Übergang des Antragsrechts mit Auflösung der Aktiengesellschaft auf den Hauptaktionär und Direktor F. aber sei schon wegen der Höchstpersönlichkeit dieses Rechtes ausgeschlossen. Deshalb gehe nicht einmal bei Übergang des verletzten Rechtes die Antragsbefugnis auf den Erwerber über (BGE 78 IV 216). Zwar mache Art. 28 Abs. 4 StGB eine Ausnahme. Ob aber eine Parallele zwischen diesem Fall und dem Tod des Verletzten gezogen werden könne, brauche nicht entschieden zu werden, weil in jedem Fall diese Bestimmung nur da gelte, wo die Tat vor dem Tod des Verletzten verübt worden sei. Im vorliegenden Fall stünden nur Inserate zur Diskussion, die nach Auflösung der Z. S.A. erschienen seien. Es bleibe also dabei, dass die Vollmacht der Gesellschaft erloschen sei und eine solche von F. persönlich nicht existiere, weshalb es auch an seiner Beteiligung am gültigen Strafantrag vom 2. Oktober 1974 fehle.
a) Nach Art. 35 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 OR hat die Auflösung einer juristischen Person oder einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft das Erlöschen einer von ihr erteilten Vollmacht zur Folge, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäftes hervorgeht. Unter Berufung auf diese Bestimmung und den Text der Vollmacht, derzufolge diese "mit dem Tod, der Verschollenerklärung, dem Verlust der Handlungsfähigkeit oder dem Konkurs des Vollmachtgebers" nicht erlöschen sollte, wird in der Beschwerde geltend gemacht, die im Dezember 1969 von der Z. S.A. dem Rechtsanwalt G. ausgestellte Vollmacht sei mit der Auflösung der genannten Gesellschaft nicht untergegangen.
Abgesehen davon, dass die Fortdauer einer Vollmacht über die Auflösung einer juristischen Person hinaus an sich schon problematisch ist, wenn diese keine Rechtsnachfolgerin hat (GAUTSCHI, Kommentar Nr. 7a zu Art. 405 OR), könnte der in der Beschwerde vorgetragenen Auffassung höchstens beigepflichtet werden, wenn das Handeln von Rechtsanwalt G. im Rahmen der Fortsetzung eines bereits namens der Vollmachtgeberin eingeleiteten Prozessverfahrens gelegen wäre (s. BGE 50 II 30). Davon kann jedoch bezüglich des Strafantrags vom 2. Oktober 1974 nicht die Rede sein. Mit diesem wurde ein neues Verfahren mit neuen Tatbeständen veranlasst und nicht einfach ein früheres fortgesetzt.
BGE 102 IV 145 S. 149
Soweit aber jene Vollmacht auch für die Verfolgung künftiger unlauterer Wettbewerbshandlungen der Gemeinschaft gedacht gewesen sein sollte, was an sich möglich war (BGE 73 IV 70, BGE 99 IV 4 Erw. d; REHBERG, Der Strafantrag, ZStR 1969, S. 257), wäre sie mit der Auflösung der Gesellschaft jedenfalls deswegen erloschen, weil diese zur Zeit der neuen Straftaten nicht mehr existierte und infolgedessen auch nicht mehr Mitbewerberin der Gemeinschaft gewesen ist. War sie aber damals durch die konkursbedingte Auflösung aus dem Wettbewerb ausgeschieden, so konnte sie zwangsläufig auch durch irgendwelche späteren unlauteren Wettbewerbshandlungen nicht mehr in ihren geschützten wirtschaftlichen Interessen verletzt werden. Diesbezüglich entfiel mit ihrer Auflösung eo ipso ihre Berechtigung zur Stellung eines Strafantrags und erlosch damit auch die Vollmacht vom 24. Dezember 1969, soweit sie sich auf die Antragstellung wegen künftiger Widerhandlungen der Gemeinschaft gegen das UWG bezogen haben sollte.
b) In dem Masse, als in der Beschwerde einem Übergang der Antragsberechtigung von der genannten Aktiengesellschaft auf F. als deren Hauptaktionär und Direktor das Wort geredet wird, geschieht dies erneut mit der offensichtlich unhaltbaren Verweisung auf Art. 28 Abs. 4 StGB. Der Gesetzgeber hat mit dieser Bestimmung eine Ausnahme von der Regel der Unübertragbarkeit des Antragsrechtes zugunsten der Angehörigen des Verletzten geschaffen, der vor Stellung eines Strafantrags gestorben ist. Dabei hat er sich nicht etwa von Erwägungen leiten lassen, die an eine zivilrechtlich vorgegebene Nachfolge in die Rechte des verstorbenen Verletzten (Erbrecht) anschlossen, sondern den Angehörigen das Antragsrecht aus persönlichen Gründen, wegen der engen familiären Bindungen zum Verstorbenen zugestanden (LOGOZ, Nr. 3b zu Art. 28; THORMANN/V. OVERBECK, N. 13 zu Art. 28; ZR 1962 Nr. 180 S. 383). Das allein schon würde gegen eine analoge Anwendung des Art. 28 Abs. 4 StGB auf den Fall der Auflösung einer Aktiengesellschaft sprechen.
Selbst wenn man aber einen solchen Analogieschluss ziehen wollte, hülfe das deswegen nichts, weil die Angehörigen nach Art. 28 Abs. 4 StGB nur wegen strafbaren Handlungen Antrag stellen können, die vor dem Tod des Verletzten verübt worden sind (BGE 87 IV 105, REHBERG, a.a.O., S. 255). Die
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hier einzig in Frage stehenden Tatbestände fallen jedoch samt und sonders in die Zeit nach der Auflösung der Z. S.A. durch Konkurs.
c) Ist demnach die genannte Aktiengesellschaft bezüglich der eingeklagten Handlungen nicht Antragsstellerin, dann ist auch auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten, als sie namens dieser Gesellschaft eingereicht wurde.

3. Auf die Strafklage des Instituts X. und des Instituts Y. trat das Obergericht wegen Klageverwirkung nicht ein. Gestützt auf das Urteil der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts vom 22. Oktober 1974 i.S. X. c. "A", nahm es an, die Bezeichnung "A" habe durch ihren langjährigen Gebrauch (1956-1971) als kennzeichnender Bestandteil der Firma Verkehrsgeltung erlangt; die Gemeinschaft habe diese Bezeichnung zudem in gutem Glauben geführt, und X. habe sie trotz Kenntnis der wesentlichen Tatsachen während rund elf Jahren nicht beanstandet, obwohl er sich seit 1958 mit ähnlichen Leistungen um die gleiche Kundschaft bewerbe. Dasselbe gelte für das Institut Y., das ebenfalls schon 1956 gegründet worden sei und seit 1963 ähnliche Kurse wie die Gemeinschaft anbiete. Bei der Inhaberin dieses Institutes handle es sich um die Schwester von X., sodass angenommen werden dürfe, sie sei von ihrem Bruder laufend orientiert worden. Hätten aber die beiden Konkurrenten der Gemeinschaft ihren zivilrechtlichen Anspruch verwirkt, so seien sie auch zur Strafklage nicht mehr berechtigt; das Schwergewicht des UWG liege auf dem zivilrechtlichen Schutz, und die strafrechtlichen Sanktionen hätten ergänzenden Charakter im Sinne eines letzten Mittels.
Die vorgenannten beiden Beschwerdeführer machen demgegenüber geltend, die Vorinstanz übersehe, dass es hier nicht um den zivilrechtlichen, sondern den strafrechtlichen Schutz gehe. Auf dem Gebiet des Strafrechts aber sei die spezifisch zivilrechtliche, insbesondere wettbewerbsrechtliche Institution der Verwirkung schlechthin unbekannt. Der Strafanspruch stehe nicht unter dem Grundsatz von Treu und Glauben. Das folge auch aus Art. 13-15 UWG, welche die strafrechtlich erfassbaren Wettbewerbsverstösse besonderen Regeln unterstellten und nicht schlechthin die zivilrechtlichen Verstösse übernähmen, insbesondere auch nicht die Generalklausel. Im übrigen löse der Strafantrag nur den öffentlichen Strafanspruch des Staates aus, seien doch die in Frage stehenden
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Handlungen aus öffentlichem Interesse verpönt. Das Antragsrecht stehe zudem allgemein denjenigen Personen zu, die zur Zivilklage legitimiert seien. Der Verzicht auf Zivilansprüche habe nicht den Rückzug eines Strafantrags zur Folge (BGE 68 IV 102). Es sei nicht ersichtlich, warum es sich auf dem Gebiet des UWG anders verhalten sollte. Das Strafverfahren sei hier ebensowenig vom Zivilverfahren abhängig wie auf anderen Gebieten. Im vorliegenden Fall sei es zudem um eine Täuschung des Publikums gegangen. Es wäre mit dem Sinn des strafrechtlichen Schutzes des UWG unvereinbar, eine Widerhandlung, die in erheblichem Masse die Interessen des Publikums verletze, aus zivilrechtlichen Gründen ungeahndet zu lassen. Sodann verkenne die Vorinstanz auch den bundesrechtlichen Begriff des guten Glaubens. Im Falle einer Täuschung könne ein schutzwürdiger Besitzesstand nicht entstehen. Auch sei es ein Widerspruch in sich, wenn beim Vorliegen von Täuschung wegen zu langen Zuwartens mit einer Klage eine Verwirkung des Antragsrechtes angenommen werde, ohne zu prüfen, wann der Geschädigte die Täuschung habe überwinden können. X. habe sich stets darauf berufen, dass ihm dies erst in Anschluss an den Angriff der Gemeinschaft mit der "Aktion sauberer Lernunterricht" möglich gewesen sei. Schliesslich sei die Auffassung, wonach auch unverschuldete Unkenntnis der Geschädigten von der Verletzung ihrer Rechte eine Verwirkung nicht ausschliessen müsse, im Falle einer Täuschung entschieden abzulehnen.
a) Wer sich nach Art. 13 lit. a-g UWG des unlauteren Wettbewerbs schuldig macht, wird "auf Antrag von Personen oder Verbänden, die zur Zivilklage berechtigt sind", bestraft. Zur Zivilklage berechtigt sind nach Art. 2 Abs. 1 und 2 UWG nicht irgendwelche Personen, sondern nur die Mitbewerber und die Kunden. Aber auch diesen steht die zivilrechtliche Klagebefugnis bloss zu, wenn sie als Mitbewerber in ihren rechtlich geschützten wirtschaftlichen Interessen unmittelbar geschädigt oder gefährdet, bzw. als Kunden in diesen Interessen direkt geschädigt sind; eine blosse Gefährdung genügt hier nicht (BBl 1942 S. 684; BGE 83 IV 105, BGE 90 IV 41 E. 1, 170). Wegen unrichtigen oder irreführenden Angaben kann deshalb nur derjenige Kunde Zivilklage erheben, der tatsächlich getäuscht und dadurch unmittelbar in seinen wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt wurde, nicht auch derjenige, der in
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richtiger Kenntnis der Sachlage die Ware gekauft hat (BGE 53 II 512 E. 3, GERMANN, Unlauterer Wettbewerb, S. 330). Und ebenso ist dort, wo das Gesetz einen Eingriff in besondere Interessen eines einzelnen voraussetzt (z.B. Art. 13 lit. f und g UWG), einzig derjenige der wirtschaftlich interessierten Mitbewerber klageberechtigt, der in seinen besonderen Interessen in der genannten Weise berührt ist (BGE 83 IV 107). Wenn nun der Gesetzgeber in Art. 13 UWG die Befugnis zum Strafantrag ausdrücklich von der Berechtigung zur Zivilklage abhängig gemacht hat, so bedeutet das, mit anderen Worten, dass der Mitbewerber oder Kunde, der nicht in der erwähnten Weise in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffen ist, auch nicht strafrechtlich als "verletzt" zu gelten hat. Aus den Materialien zum UWG ergibt sich nämlich, dass das Schwergewicht im Rahmen dieses Gesetzes auf dem zivilrechtlichen Schutz liegt und die strafrechtliche Sanktion ergänzend und in engerem Rahmen nur dort zum Zug kommen sollte, wo die Beteiligten ihr persönliches Interesse an der Reinhaltung des wirtschaftlichen Wettbewerbs von Missbräuchen selber wahrnehmen (BBl 1942 S. 646 unten; GERMANN, a.a.O. S. 344 ff.). Damit ist aber auch klargestellt, dass das Interesse des Staates, strafrechtlich einzugreifen, schon im Normalfall einer tatsächlichen Verletzung eines Mitbewerbers oder Kunden nur ein herabgesetztes ist und der Schutz des Privaten im Vordergrund steht.
Ist dem so, dann ist es aber auch mit dem Sinn jener Ordnung vereinbar, von einer Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs abzusehen, wo der Verletzte nicht mehr im Sinne von Art. 2 UWG zur Zivilklage berechtigt ist, sei es, dass er auf das Strafantragsrecht verzichtet oder den Antrag nicht innert der gesetzlichen Frist gestellt hat. Wenn schon der viel weitergehende zivilrechtliche Schutz gänzlich entfällt, besteht kein Anlass zu strafrechtlicher Sanktion, wo diese nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzes selber bloss der Verstärkung des ersteren dienen soll und von dessen Existenz abhängt. Etwas anderes kann auch aus BGE 68 IV 102 nicht abgeleitet werden, weil damals nicht ein Fall unlauteren Wettbewerbs in Frage stand, für welchen der Gesetzgeber eine Sonderordnung geschaffen hat. Dagegen bestätigt BGE 90 IV 171 das Gesagte. In diesem Urteil hat der Kassationshof die Gültigkeit eines wegen unlauteren Wettbewerbs gestellten
BGE 102 IV 145 S. 153
Strafantrags nicht nur gemäss den allgemeinen Bestimmungen des StGB, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 2 ZGB geprüft (s. auch VON BÜREN, Der Straftatbestand des unlauteren Wettbewerbs usw., S. 4). Daher bleibt offen, inwieweit die Ausübung des Strafantragsrechtes ausserhalb von Art. 13 UWG dem Verbot des Rechtsmissbrauchs unterliegt.

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Sachverhalt

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