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Urteilskopf

117 III 36


12. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 25. Januar 1991 i.S. Elektrizitätswerk Obwalden (Rekurs)

Regeste

Art. 36 Abs. 1 VZG. Von der Aufnahme in das Lastenverzeichnis ausgeschlossene Forderung für die Lieferung elektrischer Energie.
1. Im vorliegenden Fall besteht mangels gesetzlicher Grundlage kein gesetzliches Pfandrecht für Forderungen, die aus der Lieferung elektrischer Energie entstanden sind (E. 2).
2. Besteht kein gesetzliches Pfandrecht, so stellt die Forderung keine Belastung des Grundstücks dar; das Betreibungsamt ist daher befugt, die Aufnahme in das Lastenverzeichnis gestützt auf Art. 36 Abs. 1 VZG abzulehnen (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 37

BGE 117 III 36 S. 37

A.- In der Betreibung auf Grundpfandverwertung gegen B. meldete das Elektrizitätswerk Obwalden am 9. Juli 1990 eine Forderung von Fr. 181.75 an. Es teilte dem Betreibungsamt Sarnen mit der Forderungsanmeldung mit, dass es gestützt auf das ab 1. Juli 1990 gültige Allgemeine Reglement für die Abgabe elektrischer Energie (EAR 90) als öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit ein gesetzliches Pfandrecht im Sinne von Art. 836 ZGB besitze.
Mit Verfügung vom 12. Juli 1990 entschied das Betreibungsamt Sarnen, dass die angemeldete Forderung nicht berücksichtigt werden könne, da kein gesetzliches Pfandrecht im Sinne von Art. 836 ZGB bestehe. Ein solches Pfandrecht erstrecke sich nur auf Forderungen, die gestützt auf ein Gesetz pfandgesichert seien. Das Reglement vom 1. Juli 1990 müsste zuerst vom Kantonsrat genehmigt und zu Gesetz erklärt werden.
Die Beschwerde des Elektrizitätswerks Obwalden gegen diese Verfügung wurde von der Obergerichtskommission des Kantons Obwalden als Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen mit Entscheid vom 6. Dezember 1990 abgewiesen.

B.- Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts hat den gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde gerichteten Rekurs des Elektrizitätswerks Obwalden abgewiesen aus folgenden

Erwägungen

Erwägungen:

2. Nach den Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde sieht das Gesetz über das Elektrizitätswerk Obwalden vom 29. November 1981 (LB XVIII, S. 76 ff.; EWOG) für die Lieferung elektrischer Energie kein Pfandrecht vor. Es könne diesem Gesetz aber auch keine Delegationsnorm entnommen werden, welche den Verwaltungsrat des Elektrizitätswerks Obwalden ermächtigen würde, ein gesetzliches Pfandrecht für Forderungen aus Stromlieferung einzuführen, wie dies durch Art. 13 Abs. 2 des erwähnten Reglements geschehen ist.
Die Rekurrentin anerkennt in ihrer Eingabe an das Bundesgericht, dass es für die Einführung von gesetzlichen Pfandrechten einer gesetzlichen Grundlage im kantonalen Recht bedarf (BGE 96 I 717; Kommentar LEEMANN, N 4 zu Art. 836 ZGB; SIMONIUS/SUTTER, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, Band II: Die beschränkten dinglichen Rechte, Basel und Frankfurt am Main 1990,
BGE 117 III 36 S. 38
S. 230 N 11), und sieht eine solche - Art. 13 Abs. 2 des Reglements deckende - gesetzliche Grundlage in Art. 20 des Schätzungs- und Grundpfandgesetzes vom 8. Juni 1986 (LB XIX, S. 318 ff.). Es ist jedoch offensichtlich, dass lit. b dieser Bestimmung, die aus der Handänderung anfallenden Steuern betreffend, im vorliegenden Fall nicht angerufen werden kann. Aber auch lit. a könnte aufgrund seines Wortlautes (und selbst im Hinblick auf den Ausdruck "und dergleichen") nur bei sehr extensiver Auslegung herangezogen werden, um Grundlage für ein gesetzliches Pfandrecht für Lieferung von elektrischem Strom zu bilden. Die Auffassung, dass keine gesetzliche Grundlage bestehe, erscheint daher richtig.

3. Unter Berufung auf BGE 101 III 39 macht die Rekurrentin nun allerdings auch geltend, nur der ordentliche Richter dürfe die Frage beantworten, ob eine Forderung durch ein gesetzliches Pfandrecht gesichert sei; dem Betreibungsamt (und dementsprechend den Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen) komme eine solche Prüfungsbefugnis nicht zu.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat dieses Problem erkannt und seine Wurzel darin gesehen, dass die gemäss Art. 36 Abs. 1 VZG vorzunehmende Prüfung der Frage, ob Forderungen keine Belastung des Grundstückes darstellen, letztlich bis zu einem gewissen Grad immer auch materiellrechtliche Fragen berühre. Den scheinbaren Widerspruch dieser Bestimmung zu Art. 36 Abs. 2 VZG - er verbietet dem Betreibungsamt, die Aufnahme der im Grundbuchauszug enthaltenen oder besonders angemeldeten Lasten in das Lastenverzeichnis abzulehnen, abzuändern oder zu bestreiten - hat die kantonale Aufsichtsbehörde mit folgender Antwort gelöst: Dem Betreibungsamt ist zwar die materiellrechtliche Prüfung des geltend gemachten Anspruchs versagt, nicht aber die Prüfung der Frage, ob ein Anspruch durch das geltend gemachte Pfandrecht überhaupt gedeckt ist. Ist das nicht der Fall, so stellt die angemeldete Forderung für das Grundstück keine Belastung dar (und ist somit, gemäss Art. 36 Abs. 1 VZG, nicht in das Lastenverzeichnis aufzunehmen).
Diese Auffassung überzeugt und verträgt sich auch mit dem von der Rekurrentin angerufenen Bundesgerichtsentscheid. Aus der Verfügung des Betreibungsamtes Sarnen vom 12. Juli 1990 ist ersichtlich, dass der Betreibungsbeamte auf Anhieb erkannt hat, dass das vom Elektrizitätswerk Obwalden gestützt auf Art. 836 ZGB angemeldete Pfandrecht der gesetzlichen Grundlage ermangelt.
BGE 117 III 36 S. 39
Es ist nicht einzusehen, weshalb dem Betreibungsbeamten diese Prüfung, die weder Bestand noch Höhe der Forderung berührt, untersagt sein sollte. Zwar hat die kantonale Aufsichtsbehörde, wie der angefochtene Entscheid zeigt, in der Folge eingehende Überlegungen zur Frage der gesetzlichen Grundlage angestellt; aber das ändert nichts daran, dass der Betreibungsbeamte sich im Sinne von Art. 36 Abs. 1 VZG auf die Prüfung der Frage beschränkt hat, ob die angemeldete Forderung für das Grundstück eine Belastung darstelle. Das tut die Forderung vorweg nicht, wenn ein gesetzliches Pfandrecht für die Lieferung von elektrischem Strom nach kantonalem Recht nicht besteht, wie der Betreibungsbeamte und die kantonale Aufsichtsbehörde zu Recht erkannt haben.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2 3

Referenzen

BGE: 96 I 717, 101 III 39

Artikel: Art. 36 Abs. 1 VZG, Art. 836 ZGB, Art. 36 Abs. 2 VZG