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Urteilskopf

94 I 508


71. Auszug aus dem Urteil vom 18. Oktober 1968 i.S. Konkursmasse der César Watch AG gegen Eidg. Rekurskommission der Uhrenindustrie.

Regeste

Uhrenstatut: Die Verkaufsbeschränkungen, die einer der verstärkten technischen Kontrolle unterstellten Unternehmung der Uhrenindustrie auferlegt sind, gelten auch im Konkurs, der über eine solche Unternehmung eröffnet wird.

Sachverhalt ab Seite 509

BGE 94 I 508 S. 509

A.- Der Bundesbeschluss über die schweizerische Uhrenindustrie vom 23. Juni 1961 (Uhrenstatut, UB) sieht eine technische Kontrolle der in der Schweiz hergestellten Uhren und Uhrwerke vor (Art. 2-6). Die zuständige Kontrollstelle erhebt Stichproben (Art. 2 Abs. 3). Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass eine Unternehmung Erzeugnisse herstellt oder verwendet, die den Minimalanforderungen nicht entsprechen, so wird sie gemahnt (Art. 3 Abs. 1). Haben zwei aufeinanderfolgende Mahnungen keinen Erfolg, so wird die Unternehmung einer verstärkten technischen Kontrolle unterworfen. Diese wird ebenfalls durch Stichproben durchgeführt, umfasst aber sämtliche der Kontrolle unterworfenen Erzeugnisse, welche die Unternehmung herstellt oder verwendet. Zudem ist es der unter der verstärkten Kontrolle stehenden Unternehmung verboten, Erzeugnisse zu verkaufen, die den Minimalanforderungen nicht genügen. Dieses Verbot wird hinfällig und die Unternehmung von der verstärkten Kontrolle befreit, wenn ihre Produktion während einer gewissen Zeitspanne zu keiner gerechtfertigten Beanstandung Anlass gibt (Art. 3 Abs. 2). Die Uhren und Uhrwerke, die von einer der verstärkten Kontrolle unterstellten Unternehmung hergestellt werden, dürfen nur ausgeführt werden, wenn die Sendung von einer Bestätigung der Direktion der Kontrollstelle begleitet ist, dass die Ware den Anforderungen entspricht (Art. 15 Abs. 5 Vollziehungsverordnung I, Art. 3 Abs. 2 Vollziehungsverordnung II).

B.- Die Uhrenfabrik César Watch AG in Grenchen wurde am 11. Mai 1966 der verstärkten technischen Kontrolle unterstellt. Am 18. Januar 1967, als sie dieser Kontrollart noch immer unterworfen war, wurde über sie der Konkurs eröffnet. Als Konkursverwaltung amtet das Konkursamt Lebern, Filiale Grenchen-Bettlach.
Am 30. Januar 1968 teilte das Generalsekretariat des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes dem Konkursamt mit, die Vorräte der Gemeinschuldnerin an fertigen Uhren und Uhrwerken dürften nur verkauft werden, wenn sie den Anforderungen der
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technischen Kontrolle entsprechen. Dasselbe gelte für die halbfertigen Uhrwerke nach ihrer Fertigstellung. Immerhin könne die Konkursverwaltung die mangelhafte Produktion verbessern lassen. Anderseits könnten die halbfertigen Uhrwerke sowie die Rohwerke und die verschiedenen Uhrenbestandteile in der Schweiz frei verkauft werden. Für die Ausfuhr der halbfertigen Uhrwerke, der Rohwerke, der regulierenden Bestandteile, der fertigen Reglages und der Ankerradtriebe sei eine Bewilligung mit Vorbehalt erforderlich, die jedoch kaum erteilt werden könnte.
Mit Entscheid vom 26. April 1968 hielt das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement an dieser Stellungnahme fest. Es fügte bei, die Konkursmasse könne mangelhafte Uhren und Uhrwerke verkaufen unter der Bedingung, dass der Käufer sich verpflichte, die Mängel binnen bestimmter Frist zu beheben oder beheben zu lassen.
Eine von der Konkursmasse gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wurde von der Eidg. Rekurskommission der Uhrenindustrie am 19. Juni 1968 abgewiesen.

C.- Die Konkursmasse ficht den Entscheid der Rekurskommission mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Sie macht geltend, die ihr vom Departement auferlegten Verkaufsbeschränkungen seien weder mit dem Uhrenstatut noch mit dem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz vereinbar. Das Uhrenstatut gelte nur für Unternehmungen der Uhrenindustrie; eine solche Unternehmung bestehe hier nicht mehr, da die César Watch AG durch die Eröffnung des Konkurses aufgelöst worden sei. Nach den Vorschriften des Konkursrechts könne das Warenlager ohne Einschränkung verwertet werden.

D.- Die Schweizerische Uhrenkammer schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Rekurskommission der Uhrenindustrie verweist auf die Begründung ihres Entscheides.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die im Uhrenstatut vom 23. Juni 1961 vorgeschriebene technische Kontrolle der in der Schweiz hergestellten Uhren und Uhrwerke soll die Qualität dieser Erzeugnisse sicherstellen und den Ruf der schweizerischen Uhrenindustrie im Ausland schützen. Dieser Zweck ergibt sich klar aus dem Text des Gesetzes (Art. 2 Abs. 1 UB) wie auch aus den Gesetzesmaterialien (BBl 1960 II S. 1529 f.). Damit er erreicht wird, muss
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aber die technische Kontrolle sich auf alle Erzeugnisse auswirken, die ihr nach dem Uhrenstatut unterstellt sind. Dieses trifft deshalb keine Unterscheidung danach, ob die Erzeugnisse von einer aufrecht stehenden Unternehmung der Uhrenindustrie oder von einer Konkursmasse, welche die Aktiven einer Unternehmung der Uhrenindustrie liquidiert, auf den Markt gebracht werden. In beiden Fällen sind nach dem Sinn des Uhrenstatuts die Verkaufsbeschränkungen zu beachten, die in den Vorschriften über die technische Kontrolle vorgesehen sind. Von wem auch immer die Erzeugnisse ungenügender Qualität verkauft werden, so haben sie doch die gleiche Wirkung auf die Käufer. Der Ruf der schweizerischen Uhrenindustrie im Ausland wird auch dann gefährdet, wenn die mangelhafte Ware von einer Konkursmasse veräussert wird. Der ausländische Konsument weiss in der Regel nicht, ob die Schweizer Uhr, die er kauft, von einer aktiven Unternehmung der schweizerischen Uhrenindustrie oder von einer Konkursmasse in Verkehr gebracht worden ist. Zudem würde eine ungerechtfertigte Ungleichheit geschaffen, wenn eine Konkursmasse von den Einschränkungen ausgenommen würde, denen die Unternehmungen der Uhrenindustrie sich unterziehen müssen.
Da die César Watch AG im Zeitpunkte der Konkurseröffnung der verstärkten technischen Kontrolle unterworfen war, muss sich somit die Konkursmasse an die Verkaufsbeschränkungen halten, welche die Unterstellung einer Unternehmung der Uhrenindustrie unter diese Kontrollart nach dem Uhrenstatut zur Folge hat. Es ist nicht bestritten, dass das Volkswirtschaftsdepartement diese Beschränkungen in seinem Schreiben vom 30. Januar 1968 und seinem Entscheid vom 26. April 1968 zutreffend umschrieben hat.

2. Der Standpunkt der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht auf das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz stützen. Die Konkursmasse kann grundsätzlich über das Vermögen des Gemeinschuldners nicht in einem weiteren Umfang verfügen, als er selber dies vor der Konkurseröffnung tun konnte. Gesetzliche Vorschriften, welche im öffentlichen Interesse die Veräusserung bestimmter Gegenstände verbieten oder beschränken, sind in der Regel auch im Konkurs zu beachten. Ausnahmen können nur gemacht werden, wenn sie durch besondere Anordnung des Gesetzes zugelassen sind (vgl. Art. 218 OR, der in Abs. 2 bestimmt, dass die Sperrfrist des Abs. 1 auf landwirtschaftliche
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Grundstücke, die im Betreibungs- und Konkursverfahren verwertet werden, nicht anwendbar ist). Wo Ausnahmebestimmungen fehlen, sind gesetzliche Verkaufsbeschränkungen auch im Konkurs massgebend, selbst wenn das Gesetz es nicht ausdrücklich vorschreibt. Das Bundesgericht hat diesen Grundsatz stets angewandt. Es hat festgestellt, dass die Konkursmasse im allgemeinen die Pflichten des Gemeinschuldners zu tragen hat (BGE 87 II 172; BGE 93 III 108 lit. a). Insbesondere hat es die Konkursmasse den Anordnungen der Preiskontrolle unterworfen (BGE 71 III 181), ebenso den Schranken, die sich aus dem BB vom 23. März 1961 über die Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland ergeben (BGE 88 III 1 ff., 91; BGE 89 III 81 f.). Dasselbe muss für die Verkaufsbeschränkungen gelten, die das Uhrenstatut einer der verstärkten technischen Kontrolle unterstellten Unternehmung auferlegt. Sie sind auch im Konkurs einzuhalten, der über eine solche Unternehmung eröffnet wird. Das Uhrenstatut kann, wie erwähnt, nicht anders verstanden werden. Entsprechend ist das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz auszulegen.

3. ...

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3

Dispositiv

Referenzen

BGE: 87 II 172, 93 III 108, 88 III 1, 89 III 81

Artikel: Art. 218 OR