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Urteilskopf

118 Ib 90


12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Januar 1992 i.S. Eidgenössisches Departement des Innern gegen Schweizerische Skischule Davos und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).

Regeste

Forstpolizei; Rodungsbewilligung; Zuständigkeit.
1. Zuständigkeit für die Bewilligung von Rodungen im Schutzwaldgebiet: Art. 50 Abs. 2 FPolG, Art. 25bis Abs. 1 lit. a und Art. 25ter FPolV (E. 2).
2. Begriff des "gleichen Werkes" i.S. von Art. 25ter FPolV allgemein (E. 2c) und bei touristischen Transportanlagen und Skipisten im besonderen (E. 3).
3. Der Skilift, für den die Rodung im vorliegenden Fall anbegehrt wurde, gehört zum gleichen Werk wie die beiden benachbarten Skilifte und die verschiedenen damit erreichbaren Pisten (E. 4).

Sachverhalt ab Seite 90

BGE 118 Ib 90 S. 90

A.- Die Skischule Davos betreibt den im Jahre 1971 erstellten Skilift Geissloch in Davos Platz. Die Talstation des Liftes befand
BGE 118 Ib 90 S. 91
sich bis zum Ende der Skisaison 1990/91 auf der Parzelle Nr. 6151, welche seit 1977 zur Bauzone gehört und 1991 mit einem Mehrfamilienhaus überbaut wurde. Die Bergstation (Abbügelstelle) befand sich im Waldesinnern im Bereich eines Spazierweges, der 1988/89 durch eine etwas unterhalb verlaufende Waldstrasse ersetzt wurde.
Durch die Überbauung der Parzelle Nr. 6151 und den Bau der Waldstrasse wurde der Betrieb des Skiliftes eingeengt. Insbesondere bei der Talstation gab es Konflikte zwischen der baulichen Nutzung einerseits und der Pisten- und Skiliftbenutzung andererseits. Sie wurden dadurch verschärft, dass die dort entlang dem Landwasser verlaufende Langlaufloipe wegen der erwähnten Überbauung in den Bereich der Talstation des Skiliftes verschoben wurde.
Die Skischule Davos sah sich durch diese Entwicklung gezwungen, die Talstation um rund 70 m weiter nach Süden, in Richtung des Skiliftes Bolgen, zu verschieben. Die Bergstation des rund 310 m langen neuen Skiliftes, der rund 150 m im Waldareal verlaufen soll, ist auf der Waldstrasse, rund 20 m neben der bisherigen Abbügelstelle vorgesehen. Die Wiederaufforstung für die nötige Rodung einer Waldschneise für den neuen Skilift soll teils in der Schneise des alten Liftes vorgenommen werden. Im Sommer 1991 wurde der alte Geissloch-Lift abgebrochen. Am 17. Juni 1991 bzw. 3. Juli 1991 erhielt die Skischule Davos die Bau- und Betriebsbewilligung für den neuen Skilift respektive die Ausnahmebewilligung für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen.

B.- Am 30. September 1990 stellte die Skischule Davos ein Gesuch um Rodung von 1472 m2 Schutzwald für den Bau des neuen Skiliftes Geissloch. Bereits für den Bau des alten Skiliftes waren seinerzeit 800 m2 Wald beansprucht worden, was am 4. Oktober 1971 bewilligt worden war. Sodann hatte der Ski-Club Davos am 22. Dezember 1977 vom Eidgenössischen Oberforstinspektorat die Bewilligung zur Rodung von 4800 m2 Wald für die Verlängerung des Hanges für die internationale Slalompiste, welche den FIS-Normen entsprechen und die Durchführung grösserer Sportanlässe erlauben sollte, erhalten. Hingegen hatte das Bundesamt für Forstwesen mit Entscheid vom 26. März 1987 der Skischule Davos die Rodung von 550 m2 Wald im "Bolgen" verweigert, welche der Verbesserung des Ski- und Übungsgeländes hätte dienen sollen.
Die Regierung des Kantons Graubünden hielt sich aufgrund des eidgenössischen Forstpolizeirechts für die Rodungsbewilligung zuständig und erteilte sie mit Entscheid vom 9. Juli 1991.
BGE 118 Ib 90 S. 92

C.- Mit Eingabe vom 23. August 1991 führte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) gegen den Beschluss der Regierung des Kantons Graubünden vom 9. Juli 1991 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, und machte insbesondere geltend, wegen des Zusammenhanges der fraglichen Rodung mit früher erteilten Rodungen, welche zum "gleichen Werk" zu zählen seien, sei für die Rodungsbewilligung nicht der Kanton Graubünden, sondern das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) zuständig. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. b) In erster Linie macht der Beschwerdeführer geltend, die Zuständigkeitsordnung für die Rodungsbewilligung gemäss Forstpolizeirecht sei verletzt worden. Damit stellt er sinngemäss den Antrag, die Streitsache sei zur materiellen Behandlung des Rodungsgesuches zuständigkeitshalber an das BUWAL zu überweisen. Darüber muss vorweg entschieden werden, da der angefochtene Entscheid aufgehoben werden müsste, wenn dieses Vorbringen begründet wäre (BGE 106 Ib 145 E. 5; BGE 99 Ib 502 E. 2), und die Akten zum materiellen Entscheid der zuständigen Bundesbehörde zu überweisen wären (vgl. BGE 115 Ib 364; BGE 107 Ib 253). Für den Rodungsentscheid kann es wesentlich sein, ob die zuständige kantonale oder eidgenössische Behörde als erste Instanz urteilt (vgl. BGE 113 Ib 405 E. 3a), auch wenn gegen die Entscheide beider Behörden letztlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist (Art. 25bis Abs. 3 FPolV).

2. a) Gemäss Art. 31 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 (FPolG) bedürfen alle Rodungen in Schutzwaldungen der Bewilligung des Bundesrates. Indessen delegierte der Bundesrat bereits mit einem Kreisschreiben vom 24. Dezember 1909 die Kompetenz, Rodungen bis 30 a in Schutzwaldungen zu bewilligen, an die Kantone (BBl 1910 I 20). Am 18. März 1971 wurde das Forstpolizeigesetz revidiert und ein neuer Art. 50 Abs. 2 eingefügt, welcher für die Delegation der Bewilligungskompetenz eine definitive Rechtsgrundlage enthält (AS 1971 1190; BBl 1970 I 494 ff. Botschaft). Danach wird der Bundesrat ermächtigt, einzelne, ihm aufgrund des Gesetzes zustehende Befugnisse ganz oder teilweise auf die Kantone zu übertragen, wobei die Delegationsmöglichkeit für
BGE 118 Ib 90 S. 93
Rodungsbewilligungen im Schutzwaldgebiet auf die Fläche von 30 a im Einzelfall eingeschränkt ist.
In der Folge machte der Bundesrat von dieser Delegationsmöglichkeit Gebrauch, indem er mit Beschluss vom 25. August 1971, in Kraft seit 1. September 1971, die Art. 25bis und 25ter in die Forstpolizeiverordnung einfügte (AS 1971 1192). Gemäss Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV sind die Kantone für Rodungsbewilligungen im Schutzwald von einer Fläche bis und mit 30 a zuständig (Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV). Art. 25ter FPolV sah ursprünglich vor, dass zur Ermittlung der für die Zuständigkeit zur Erteilung von Bewilligungen massgeblichen Rodungsflächen alle Rodungen zusammenzuzählen sind, welche a) innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vom gleichen Eigentümer, b) vom gleichen oder verschiedenen Eigentümern im selben zusammenhängenden Waldstück, und c) für das gleiche Werk, unabhängig von den territorialen und eigentumsrechtlichen Verhältnissen anbegehrt werden. Mit einer Änderung der Forstpolizeiverordnung vom 9. Dezember 1985 wurden die Buchstaben a und b von Art. 25ter FPolV gestrichen (AS 1985 2022).
b) Welche Rodungen "für das gleiche Werk anbegehrt werden", muss sich aus Art. 25bis Abs. 1 lit. a und Art. 25ter FPolV selber ergeben. Die Bestimmungen sind gleichzeitig erlassen worden und müssen als Einheit betrachtet werden: Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV überträgt den Kantonen eine flächenmässig bestimmte Kompetenz, Art. 25ter FPolV soll die Umgehung der flächenmässigen Bestimmung der Zuständigkeit verhindern (BGE 113 Ib 151, 406; BGE 99 Ib 194, 503 E. 3), ohne die delegierte Befugnis selber auszuhöhlen. Die Umgehung der Kompetenzordnung kann dazu führen, dass kantonale und eidgenössische Behörden über zusammenhängende Rodungen entscheiden, wobei die später entscheidende Behörde ihre Auffassung nicht frei bilden kann, sondern zur Vermeidung von widersprüchlichen und rechtsungleichen Ergebnissen gezwungen ist (BGE 99 Ib 503 E. 3).
c) Die ursprüngliche Fassung von Art. 25ter FPolV zeigte deutlich, dass die Kompetenzdelegation "im Einzelfall" (Art. 50 Abs. 2 FPolG) nicht auf einzelne Bewilligungsverfahren beschränkt ist, sondern eben gerade zwei oder mehrere, durch den Eigentümer (lit. a), das Waldstück (lit. b) oder das gleiche Werk (lit. c) zusammenhängende Gesuche umfassen kann (vgl. BGE 99 Ib 504). Seit der teilweisen Aufhebung von Art. 25ter FPolV ergibt sich das nur noch aus dem Begriff des "gleichen Werks" (frühere lit. c).
BGE 118 Ib 90 S. 94
Als "Werke" gelten Projekte, Bauten oder Anlagen, die eine Verminderung des Waldareals oder eine dauernde oder vorübergehende Zweckentfremdung von Waldboden zur Folge haben (Art. 25 Abs. 1 FPolV; vgl. BBl 1988 III S. 192). Ein Werk kann aus einer einzigen Baute oder Anlage bestehen (vgl. BGE 113 Ib 148 ff.), aber auch eine Mehrzahl solcher umfassen, wenn sie in erheblichem Zusammenhang zueinander stehen (vgl. BGE 108 Ib 167 ff.; BGE 106 Ib 144 E. 5; 99 Ib 500 ff.), eben zum "gleichen" Werk gehören (z.B. Strassen, Wasserkraftwerke). Das "Werk" kann Rodungen an verschiedenen Orten (vgl. BGE 113 Ib 403 ff.; 108 Ib 178 f.) und zu verschiedenen Zeiten (vgl. BGE 99 Ib 504) nötig machen, verschiedene Waldgebiete betreffen und auch über das Waldareal hinausgehen (vgl. BGE 113 Ib 403 ff.). Alle Rodungen, die durch den Zweck eines solchen Werks bedingt sind, müssen zusammengezählt werden, selbst wenn ihr Zusammenhang nur formal ist (BGE 113 Ib 406). Der Zusammenhang zwischen den anbegehrten Rodungen kann auch durch die einheitliche Rechtsgrundlage (Verordnung, Plan etc.) gegeben (BGE 99 Ib 501 ff.; vgl. BGE 113 Ib 403 ff. und BGE 108 Ib 178 f.) oder funktionaler Art sein (BGE 115 Ib 364 f. E. 5b; BGE 106 Ib 144 E. 5). Der Begriff des "gleichen Werks" ist somit nicht eng auszulegen (BGE 115 Ib 364 E. 5a; vgl. BGE 113 Ib 151 E. 2c).
d) Auch der Ausdruck "anbegehrt" ist formell auszulegen: Nur dann, wenn eine bereits erteilte Bewilligung durch Zeitablauf untergegangen ist und die entsprechenden Rodungen überhaupt nicht vorgenommen wurden, ist sie bei der Berechnung der Rodungsfläche für das gleiche Werk in einem späteren Verfahren nicht zu berücksichtigen, da in einem solchen Fall eine Umgehung von Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV nicht zu befürchten ist (BGE 113 Ib 151 f. E. 2c, 406; vgl. BBl 1988 III 192: Botschaft Waldgesetz; vgl. Art. 7 Abs. 2 des Vernehmlassungsentwurfs für die neue Waldverordnung).
e) Alle anderen anbegehrten Rodungen sind grundsätzlich in die Berechnung der Rodungsfläche im Sinne von Art. 25ter FPolV einzubeziehen. Die geltende Fassung des eidgenössischen Forstpolizeirechts sieht namentlich keine zeitliche Grenze vor, welche dies für zurückliegende Rodungen ausschliessen würde. Da Art. 25ter FPolV erst seit rund 20 Jahren in Kraft steht und auch die jüngste bundesgerichtliche Rechtsprechung davon ausging, dass keine zeitliche Grenze besteht (vgl. BGE 115 Ib 363), hat das Bundesgericht heute keinen Anlass zu prüfen, ob sich in Auslegung der Bestimmung eine zeitliche Schranke aufdränge, auch wenn das Inkrafttreten des neuen Waldgesetzes und der neuen Waldverordnung bevorsteht,
BGE 118 Ib 90 S. 95
wobei die Verordnung nach Art. 7 des Vernehmlassungsentwurfs für den Einbezug von Rodungsflächen eine Begrenzung der Zeitspanne auf 15 Jahre, innert welcher die Rodungen für das gleiche Werk anbegehrt wurden, enthalten soll.
Indessen ergibt sich aus der Einfügung von Art. 25ter FPolV im Jahre 1971 in die bereits bestehende Ordnung eine intertemporalrechtliche Grenze. In BGE 99 Ib 194 E. 2 bestimmte das Bundesgericht in Anwendung von Art. 25ter lit. b FPolV, dass bei der Prüfung der Zuständigkeit nur die Rodungsflächen einzubeziehen sind, welche nach dem Inkrafttreten von Art. 25ter FPolV am 1. September 1971 anbegehrt wurden (bestätigt in BGE 99 Ib 503 f.).
f) Die beiden massgebenden Kriterien der Zuständigkeit für die Rodungsbewilligung sind somit das Werk und die Waldfläche, die für dieses gesamthaft zu roden ist. Keine Bedeutung haben die territorialen und eigentumsrechtlichen Verhältnisse (Art. 25ter FPolV), also auch nicht die Zahl und Grösse der betroffenen Parzellen. Ebensowenig hängt die Zuständigkeitsfrage von der Person des Gesuchstellers, seiner Tätigkeit, dem Benutzerkreis des Werkes oder vom Vorhandensein von weiteren, am Werk oder der Rodung Interessierten ab.

3. Touristische Transportanlagen (insbesondere Skilifte, Sessellifte) und Skipiste, welche Waldareal beanspruchen, sind klarerweise "Werke" im Sinne von Art. 25ter FPolV (vgl. BGE 113 Ib 411 ff.).
Sicher ist ferner, dass ein Skilift und die einzige ihm dienende Skipiste wegen ihres funktionalen Zusammenhangs zum gleichen Werk gehören (BGE 115 Ib 364 f. E. 5b). Das "gleiche Werk" auf eine solche einzige Piste zu beschränken widerspräche jedoch sowohl dem Zweck von Art. 25ter FPolV als auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, für die eine kommunale Güterregulierung (BGE 113 Ib 406 E. 3b) und die sukzessive Gewinnung von Bauland nach einem Reglement der Bürgergemeinde (BGE 99 Ib 504) je ein "gleiches Werk" im Sinne von Art. 25ter FPolV darstellen. Es macht sachlich keinen Unterschied, ob eine Transportanlage lediglich eine oder zugleich mehrere Skipisten erschliesst; sie bilden alle zusammen ein gleiches Werk. Nichts anderes ergibt sich aus dem erwähnten BGE 115 Ib 363 ff.: Der Skilift erschloss lediglich eine einzige markierte Piste, weshalb zwischen Lift und Piste ein besonders enger Zusammenhang bestand. Aufgrund dieser seltenen Situation lag ein eindeutiger Fall von einem "gleichen Werk" vor. Mehr kann dem Hinweis auf den "engen" Zusammenhang nicht entnommen werden,
BGE 118 Ib 90 S. 96
schon gar nicht, dass lediglich eine Piste notwendigerweise zu einer Bergbahn gehöre, die anderen Abfahrtsmöglichkeiten also von vornherein nicht zum "gleichen Werk" zu zählen seien.
Darüber hinaus kann auch ein System von mehreren Transportanlagen, welche eine oder mehrere Pisten erschliessen, zum gleichen Werk im Sinne von Art. 25ter FPolV gehören. Augenfällig ist das, wenn eine einzelne Bergbahn vom Tal aus einen oder mehrere Skihänge an einem Berg erschliesst, wo sich ein System von Skiliften befindet, das nur dank der Bergbahn überhaupt erreicht werden kann; die Skilifte sind dann von der Bergbahn abhängig, haben wie die dazugehörenden Pisten nur dank der Bergbahn eine Funktion und damit Existenzgrundlage.
Ein genügender Zusammenhang zwischen verschiedenen Transportanlagen und Pisten braucht hingegen nicht schon aufgrund eines Richt- oder Nutzungsplans erblickt zu werden, der ein Skigebiet ausscheidet. Ebensowenig liegt überall ein funktionaler Zusammenhang vor, wo sich dem Skifahrer die Möglichkeit bietet, Abfahrten unter Benützung spezifischer Transportmittel aneinanderzureihen. Denkt man an die touristischen Bahnen, welche grössere Skigebiete untereinander verbinden, oder gar an die Bahn- und Busverbindungen im Tal, die zum gleichen Zweck extra eingerichtet werden, so dürfte bei der Annahme des gleichen Werkes eher Zurückhaltung angebracht sein. Andernfalls bliebe den Kantonen im Gebiet mit bedeutenden Skistationen wohl kaum mehr je die Zuständigkeit zur Bewilligung von Rodungen für den Skitourismus.

4. a) Im vorliegenden Fall wurden seit dem 1. September 1971 die Rodung von 4800 m2 für den Slalomhang (Gesuch vom 2. August 1977) und - aktuell - von 1472 m2 für den neuen Skilift Geissloch (Gesuch vom 30. September 1990) anbegehrt. Aus den Akten geht nicht mit Sicherheit hervor, ob auch die Rodung von 800 m2 für den alten Geisslochskilift, welche am 4. Oktober 1971 bewilligt wurde, nach dem 1. September 1971 anbegehrt worden ist. Die Frage kann jedoch, wie sich nachstehend zeigen wird, offenbleiben.
Das Gesuch vom 21. März 1986 für die Rodung von 550 m2 zur Verbesserung des Ski- und Übungsgeländes, welches am 26. März 1987 abgelehnt wurde, fällt dagegen ausser Betracht; was für eine erteilte, aber durch Zeitablauf untergegangene Bewilligung gilt, die überhaupt nicht vorgenommen wurde, muss erst recht für eine verweigerte Rodung gelten, da in diesem Fall ohnehin keine Gefahr der Umgehung von Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV zu befürchten ist (vgl. BGE 113 Ib 151 f. E. 2c, 406).
BGE 118 Ib 90 S. 97
b) Der Geisslochskilift gliedert sich in den untersten Teil eines grösseren Pistensystems ein, das durch die Luftseilbahn Brämabüel-Jakobshorn und durch die Sesselbahn Carjöl-Usser Isch vom Tal erschlossen ist und eine grössere Anzahl von Skiliften umfasst, mit welchen die verschiedenen Pisten abwechselnd erreicht werden können.
Das bedeutet jedoch noch nicht, dass der neue Geisslochlift diesbezüglich zu einem gleichen Werk im Sinne von Art. 25ter gehört. Er bildet nicht in gleichem Masse Teil dieses Liftsystems wie andere, in den offenen Berghang oberhalb der Waldgrenze führende oder dort angelegte Transportanlagen. Er hat eine besondere Funktion, da seine Benützer auf den Pisten unterhalb des Waldes wieder den Ausgangspunkt erreichen und auf diesen Pisten nur in untergeordnetem Masse Skifahrer aus den höheren Teilen des Skigebiets ins Tal fahren, um anschliessend den Geisslochlift zu benützen. Zur Hauptsache dient dieser Lift Skifahrern (Anfängern, weniger Sportlichen und vor allem Kindern), die sich nur dort, in Dorfnähe, tummeln. Das zeigt unter anderem der beträchtliche Anteil der Einnahmen des letzten Betriebsjahres, der auf den Verkauf von Billetten und besonderen Abonnementen an einer eigenen Kasse entfiel. Daneben wird er von der Skischule wohl für die ersten Lektionen oder auch die ersten Fahrten mit Anfänger- und Kinderklassen benützt, bevor sie in der Folge mit der Luftseilbahn die höheren Skihänge aufsuchen.
Hingegen ist der Geisslochskilift als Teil des gleichen Werks zu betrachten, zu dem auch die Skilifte Bolgen und Carjöl samt den verschiedenen durch sie erschlossenen Pisten gehören. Die drei Lifte liegen am gleichen Hang und haben ihren Ausgangspunkt relativ nahe beisammen auf etwa derselben Höhe im Talgrund. Die Skifahrer haben die Möglichkeit, auf dem präparierten Pistennetz von der Bergstation des einen Liftes die Talstation eines anderen Liftes zu erreichen. Das ergibt sich nicht bloss aufgrund der topographischen Verhältnisse, sondern auch aus der Begründung des 1986 abgelehnten Rodungsgesuchs, wo die Beschwerdegegnerin den ganzen Hang unterhalb des Bolgenwalds einschliesslich der Slalomschneise als ein Skigelände darstellt. Der relativ grosse Anteil an Einnahmen des Geisslochskiliftes aus der Beteiligung an Abonnementen für ein weiteres Transportmittelnetz zeigt, dass es sich dabei nicht um eine bloss theoretische Möglichkeit handelt, sondern der Lift zumindest auch von Skifahrern benützt wird, welche die Berechtigung zur Benützung der Nachbarlifts ebenfalls erworben haben.
BGE 118 Ib 90 S. 98
c) Zu prüfen ist deshalb, ob auch der FIS-Slalomhang Bolgen, dessen Rodung 1977 anbegehrt und bewilligt und in der Folge grossenteils auch ausgeführt worden ist, zum gleichen Werk wie die Lifte Geissloch, Bolgen und Carjöl gehört.
Der obere Teil dieses Hanges ist vom Geisslochlift und vom Bolgenlift her durch eine Querfahrt und einen Aufstieg zu erreichen; einfacher ist das vom Geisslochlift aus. Vom Berg her führt lediglich eine Abfahrt im Wald von der mit einer Luftseilbahn erschlossenen Ischalp zum Slalomhang herab.
Der untere Teil des Slalomhanges hingegen ist in das Pistensystem Bolgen-Geissloch einbezogen; auch er kann vom Geisslochlift her besser erreicht werden als vom Bolgenlift aus. Entsprechend wurde der Zusammenhang zwischen Slalomhang und den beiden Skiliften von deren Betreibern in früheren Verfahren herausgestrichen, nämlich im Bewilligungsverfahren für den Slalomhang und in demjenigen von 1986/87, wo es um die Rodung einer Fläche von 550 m2 im "Bolgen" ging. Mit dem Bau der neuen Waldstrasse 1988/89, auf deren Trassee die neue obere Abbügelstelle des Geisslochliftes eingerichtet werden soll, wurde eine direkte Pistenverbindung in den unteren Bereich der für den Slalomhang bewilligten Rodungsfläche hergestellt, denn die Waldstrasse fällt von der neuen Abbügelstelle her zu beiden Seiten gegen die Skipisten ab, welche zurück zur Talstation des Geisslochliftes oder des Bolgenliftes führen. Das vom Geisslochlift erreichbare Pistensystem wurde damit gegen den Slalomhang hin bedeutend verbessert und dieser so mit dem Geisslochlift stärker verbunden.
Aus diesen Gründen liegt es nahe, die Rodung von 4800 m2 für den FIS-Slalomhang als für das gleiche Werk anbegehrt zu betrachten, zu dem auch der Skilift Geissloch gehört.
d) Sodann gehören zum gleichen Pistensystem, das mit dem Geisslochskilift und den beiden anderen Liften am Bolgenhang ein gleiches Werk bildet, die im Wald angelegten Abfahrten auf der 1988/89 gebauten neuen Waldstrasse. Ob diese für die Zwecke der Waldwirtschaft optimal angelegt wurde, worüber sich die Parteien nicht einig sind, kann dahingestellt bleiben. Sicher ist, dass sie in idealer Weise von der oberen Abbügelstelle des neuen Geisslochliftes aus die Verbindungen zu den Pisten herstellt, welche beidseits des Liftes zur Talstation führen, vor allem in südlicher Richtung. Ob die Pisten auf der Waldstrasse mit Maschinen präpariert werden oder allein durch die Benützung der zahlreichen Skifahrer entstehen, ist dabei nicht entscheidend.
BGE 118 Ib 90 S. 99
Die Benützung der Waldstrasse als Skipiste steht mit dem alten und erst recht mit dem neuen Geisslochskilift in engstem Zusammenhang. Das Bundesamt für Forstwesen stimmte ihrer Anlage denn auch 1987 (nach Begehung mit den kantonalen Forstbehörden) mit der ausdrücklichen Bemerkung zu, dass zur Minimisierung der Eingriffe ein Zusammenlegen der beiden Nutzungen sinnvoll sei, künftige Verbreiterungen aus skitouristischen Gründen jedoch von vornherein abgelehnt werden müssten. Zwar fügte das Bundesamt damals bei, der Bau der Waldstrasse stelle seines Erachtens keinen Rodungstatbestand dar. Indessen ist aus heutiger Sicht nicht gewiss, dass dies auch für die tatsächlich gebaute Strassenanlage gilt, die nach den Feststellungen am Augenschein nicht so geführt ist, wie die Pläne in den Akten, z.B. der Plan für die streitige Rodung, zeigen. Die Auffassung, wonach der Bau der Waldstrasse keiner Rodung bedürfe, mag zwar vertretbar sein, wenn man den Bau der Waldstrasse isoliert betrachtet. Sie geht jedoch völlig darüber hinweg, dass die Anlage der Abfahrtspisten als jeweils vorübergehende Zweckentfremdung von Waldareal (Art. 25 Abs. 1 FPolV) einer Rodungsbewilligung bedarf, ebenso wie die Anlage des (im Rodungsplan enthaltenen) oberen Abbügelplatzes. Die Beschwerdegegnerin als Betreiberin des Skiliftes wird diese Rodung noch anbegehren müssen, falls ihr die Rodungsbewilligung für den neuen Lift erteilt wird.
Auch wenn diese unvermeidlich voraussehbare Rodungsfläche nicht Gegenstand des Begehrens der Beschwerdegegnerin bildete und die Beschwerdeführerin sie nicht zum Gegenstand ihrer Beschwerde gemacht hat, ist auch sie in die für die Bestimmung der Zuständigkeit massgebliche Rodungsfläche einzubeziehen (Art. 114 Abs. 1 2. Halbsatz OG). Sie wurde weder ausgemessen noch von den Parteien beziffert, dürfte wohl aber zusammen mit der anbegehrten Rodungsfläche 30 a ausmachen.
e) Rechnet man die derart ermittelten Rodungsflächen zusammen, so ergibt sich, dass die Fläche von 30 a, welche in der Zuständigkeit des Kantons gelegen wäre, jedenfalls überschritten ist. Somit war der Kanton Graubünden für die anbegehrte Rodung von 1472 m2 Wald aufgrund der für das gleiche Werk bereits anbegehrten Rodungen nicht zuständig.

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Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4

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