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Urteilskopf

130 V 215


32. Urteil i.S. Helsana Versicherungen AG gegen Kanton Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
K 27/03 vom 11. Februar 2004

Regeste a

Art. 41 Abs. 3 Satz 1 und 3 KVG; Art. 80 ff. KVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung); Art. 1 lit. b und Art. 2 in Verbindung mit Art. 49 ff. ATSG sowie Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. d KVG (in der seit 1. Januar 2003 geltenden Fassung): Anspruch auf Differenzzahlung: Zuständigkeit und Verfahren.
Die Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens zur Geltendmachung und allenfalls gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Differenzzahlung nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG auf kantonaler Ebene ist auch nach In-Kraft-Treten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts weiterhin grundsätzlich Sache der Kantone (BGE 123 V 300 Erw. 5); (Erw. 5 und 6.3.2).

Regeste b

Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. d, Art. 87 KVG (in der seit 1. Januar 2003 geltenden Fassung); Art. 86 Abs. 1 und 3 Satz 3 KVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung); Art. 1 lit. b und Art. 2 ATSG: Streitigkeiten unter Krankenversicherern.
Die Krankenversicherer haben keine Befugnis zum Erlass von Verfügungen gegenüber einem anderen Krankenversicherer. Bei Streitigkeiten untereinander haben sie sich direkt an das nach Art. 87 KVG (resp. bis 31. Dezember 2002: Art. 86 Abs. 3 Satz 3 KVG) örtlich zuständige kantonale Versicherungsgericht zu wenden (Erw. 5.3).

Sachverhalt ab Seite 216

BGE 130 V 215 S. 216

A. Am 23. Dezember 2002 erhob die Helsana Versicherungen AG (nachstehend: Helsana) beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen den Kanton Zürich mit dem Rechtsbegehren:
BGE 130 V 215 S. 217
Es sei der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen vom Gericht zu beziffernden Geldbetrag zu bezahlen.
Im Weitern stellte die Helsana folgenden Verfahrensantrag:
Es sei das Verfahren für 18 Monate zu sistieren.
Eventualiter sei die Klage von Amtes wegen an das zuständige Gericht weiterzuleiten und im Sinne der vorerwähnten Begehren weiterzubehandeln.
Subeventualiter sei die Klage an die zuständige kantonale Stelle zwecks Erlass einer verwirkungsfristwahrenden und beschwerdefähigen Verfügung betreffend den geltend gemachten Rückforderungsanspruch weiterzuleiten.
In der Begründung führte der Krankenversicherer u.a. aus, er habe bis Anfang 2002 sämtliche Rechnungen betreffend medizinisch indizierte ausserkantonale ambulante Behandlungen vollumfänglich bezahlt. Mit zwei Urteilen vom 21. Dezember 2001 (K 203/98 und K 204/98) habe das Eidgenössische Versicherungsgericht entschieden, dass die Kantone bei medizinisch bedingten ausserkantona-len ambulanten Behandlungen in öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern grundsätzlich eine Differenzzahlungspflicht nach Art. 41 Abs. 3 KVG treffe, wenn und soweit die in Rechnung gestellten Kosten höher seien als die Tarife des Standortkantons. In Anbetracht dieser Entscheide stelle sich für die Klägerin das Problem der Rückforderung des jeweils vorgeleisteten Tarifdifferenzbetrages, welcher durch den Wohnkanton hätte bezahlt werden müssen.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2003 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ohne Anhörung der Gegenpartei auf die Klage nicht ein (Dispositiv-Ziffer 1). Im Weitern ordnete es an, die Sache werde nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids an die Direktion des Gesundheitswesens des Kantons Zürich überwiesen zur Entgegennahme als Begehren um Erlass einer anfechtbaren Verfügung (Dispositiv-Ziffer 2).

B. Die Helsana erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich sei zu verpflichten, auf die Eingabe vom 23. Dezember 2002 einzutreten.
Der Kanton Zürich, vertreten durch die Gesundheitsdirektion, beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung als Aufsichtsbehörde (seit 1.
BGE 130 V 215 S. 218
Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit) reicht keine Vernehmlassung ein.

Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die Kostenübernahme bei ambulanter, teilstationärer und stationärer Behandlung im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist in Art. 41 KVG geregelt.

1.1.1 Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG lautet wie folgt: Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons (Ausgleichs- oder Differenzzahlungspflicht: BGE 123 V 290 und 310).
Der Begriff der medizinischen Gründe wird in Absatz 2 Satz 2 näher umschrieben (vgl. dazu BGE 127 V 138).

1.1.2 Gemäss Art. 41 Abs. 3 Satz 3 KVG regelt der Bundesrat die Einzelheiten. Diese Befugnis bezieht sich auch auf verfahrensrechtliche Fragen (BGE 123 V 296 Erw. 3).

1.2 Gemäss BGE 127 V 409 fallen unter den Begriff Dienste im Sinne des Art. 41 Abs. 3 KVG grundsätzlich alle im betreffenden ausserkantonalen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spital erbrachten Leistungen, ungeachtet der Form der Behandlung (stationär, teilstationär, ambulant), einschliesslich eines allfälligen Aufenthalts, für welche als Folge der Kostenbeteiligung des zuständigen Gemeinwesens (Art. 49 Abs. 1, 2 und 5 KVG) nach Kantonszugehörigkeit differenzierende Tarife bestehen.

1.3

1.3.1 Die Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens zur Geltendmachung und allenfalls gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Wohnkanton der versicherten Person aufgrund von Art. 41 Abs. 3 KVG ist grundsätzlich Sache der Kantone. Dabei handelt es sich um selbstständiges kantonales Recht, dessen Verletzung im Rahmen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde lediglich in engen Grenzen gerügt werden kann. Das Verfahren darf indessen nicht in der Weise ausgestaltet sein, dass die Durchsetzung des bundesrechtlichen Differenzzahlungsanspruchs übermässig
BGE 130 V 215 S. 219
erschwert oder sogar vereitelt würde (BGE 123 V 300 Erw. 5; vgl. auch RKUV 2003 Nr. KV 254 S. 238 Erw. 6).

1.3.2 Nach der seit 1. Januar 2001 geltenden Ordnung im Kanton Zürich überprüft die für das Gesundheitswesen zuständige Direktion die Voraussetzungen für die vom Wohnkanton zu übernehmenden Kosten für ausserkantonale Hospitalisationen und veranlasst die entsprechenden Zahlungen. Gegen (ablehnende) Verfügungen der Direktion kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Sozialversicherungsgericht Beschwerde erhoben werden (§§ 6 und 27 des Einführungsgesetzes vom 13. Juni 1999 zum Krankenversicherungsgesetz [EG KVG]; vgl. auch § 2 lit. e des Gesetzes vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht [GSVGer]).

2. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. Januar 2003, auf die Klage der Helsana vom 23. Dezember 2002 gegen den Kanton betreffend Ansprüche aus Art. 41 Abs. 3 KVG mangels einer anfechtbaren Verfügung nicht einzutreten.

2.1 Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung von Art. 41 Abs. 3 KVG sind sozialversicherungsrechtlicher Natur im Sinne von Art. 128 OG und daher letztinstanzlich durch das Eidgenössische Versicherungsgericht zu beurteilen (BGE 127 V 140 Erw. 1, BGE 127 V 410 Erw. 1, BGE 123 V 290 und 315 Erw. 3a). Das Gleiche gilt, wenn, wie vorliegend, eine letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 98 lit. g und 98a Abs. 1 OG aus formellen Gründen auf ein Begehren um Differenzzahlung nicht eingetreten ist und diese Verfahrenserledigung als bundesrechtswidrig gerügt wird.
Die sachliche Zuständigkeit des Eidgenössischen Versicherungsgerichts für die Beurteilung der Rechtmässigkeit des angefochtenen Beschlusses ist daher zu bejahen.

2.2 Im Weitern gehört der dem Verfahren zugrunde liegende, durch die Begehren in der Klage vom 23. Dezember 2002 bestimmte materiellrechtliche Streitgegenstand dem Bundessozialversicherungsrecht an. Damit ist auch das Eintretenserfordernis der bundesrechtlichen Verfügungsgrundlage gegeben (BGE 126 V 143; vgl. auch SZS 2001 S. 173).

2.3 Die übrigen formellen Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt (vgl. zur Beschwerdelegitimation der Helsana im Besonderen Art. 103 lit. a OG und BGE 123 V 298 f. Erw. 4).
BGE 130 V 215 S. 220

2.4 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten.

3. Während der Rechtshängigkeit der Klage ist am 1. Januar 2003 das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten.

3.1

3.1.1 Dieses Gesetz koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es u.a. ein einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt und die Rechtspflege regelt (Art. 1 Ingress und lit. b ATSG).
Die verfahrensrechtlichen Vorschriften finden sich in den Art. 27 ff. ATSG. Es gilt, soweit vorliegend von Bedeutung, folgende Regelung: Über Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die erheblich sind oder mit denen die betroffene Person nicht einverstanden ist, hat der Versicherungsträger schriftlich Verfügungen zu erlassen (Art. 49 Abs. 1 ATSG). Gegen Verfügungen kann innerhalb von 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden (Art. 52 Abs. 1 erster Teilsatz ATSG). In den Artikeln 27-54 oder in den Einzelgesetzen nicht abschliessend geregelte Verfahrensbereiche bestimmen sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 (Art. 55 Abs. 1 ATSG).

3.1.2 Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen (Art. 2 ATSG).
Nach Art. 1 Abs. 1 KVG in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung sind die Bestimmungen des ATSG auf die Krankenversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vorsieht. Sie finden keine Anwendung in den in Absatz 2 dieser Vorschrift genannten Bereichen.

3.2 Nach der Rechtsprechung sind neue Verfahrensvorschriften vorbehältlich anders lautender Übergangsbestimmungen in der Regel mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar. Dieser intertemporalrechtliche Grundsatz kommt dort nicht zur Anwendung, wo hinsichtlich des verfahrensrechtlichen Systems zwischen altem und neuem Recht keine Kontinuität besteht und mit dem neuen Recht eine grundlegend andere Verfahrensordnung geschaffen worden ist (BGE 130 V 1 Erw. 3.2, BGE 129 V 115 Erw. 2.2 mit Hinweisen).
BGE 130 V 215 S. 221
Der Allgemeine Teil des Sozialversicherungsrechts, soweit hier von Bedeutung, enthält lediglich eine übergangsrechtliche Regelung formeller Natur. Nach Art. 82 Abs. 2 ATSG haben die Kantone ihre Bestimmungen über die Rechtspflege diesem Gesetz innerhalb von fünf Jahren nach seinem Inkrafttreten anzupassen; bis dahin gelten die bisherigen kantonalen Vorschriften.

4. Es stellt sich die Frage, ob unter dem ATSG von Bundesrechts wegen die Versicherer Ansprüche gegen einen Kanton aufgrund von Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG direkt mit Klage bei einer allenfalls vom kantonalen Recht zu bezeichnenden Gerichtsbehörde geltend zu machen haben. Verhielte es sich so, könnte der angefochtene Beschluss vom 14. Januar 2003 nur bestätigt werden, wenn das Nichteintreten auf die Eingabe vom 23. Dezember 2002 mit der Begründung, es fehle an einer nach altem Recht erforderlichen anfechtbaren Verfügung, nicht überspitzt formalistisch wäre.

5.

5.1 Gemäss Art. 1 Abs. 2 KVG sind u.a. Streitigkeiten der Versicherer unter sich (Art. 87; lit. d) sowie das Verfahren vor dem kantonalen Schiedsgericht (Art. 89; lit. e) vom Anwendungsbereich des ATSG ausgenommen. Streitigkeiten zwischen Versicherern und Kantonen betreffend die Differenzzahlungspflicht des Gemeinwesens nach Art. 41 Abs. 3 KVG sind nicht als Ausnahmen erwähnt.
Die Aufzählung in Art. 1 Abs. 2 KVG ist nicht abschliessend. Es gibt an anderen Stellen im Krankenversicherungsgesetz weitere ausdrücklich vom ATSG abweichende Vorschriften (vgl. GEBHARD EUGSTER, ATSG und Krankenversicherung: Streifzug durch Art. 1 - 55 ATSG, in: SZS 2003 S. 215). Hiezu zählen nicht Art. 41 Abs. 3 Satz 1 und 3 KVG. Diese Bestimmungen haben durch das ATSG keine Änderung erfahren.

5.2 Im Bericht der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999 "Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht" (BBl 1999 4523 ff.) wird zu Art. 1 Abs. 2 KVG ausgeführt, das ATSG sei primär auf das Verhältnis Versicherte-Versicherer zugeschnitten. Es sollten daher diejenigen Bereiche ausgenommen werden, für welche das ATSG-Verfahren nicht geeignet sei (BBl 1999 4673). Die von der Kommission vorgeschlagene Fassung von Art. 1 Abs. 2 KVG passierte die parlamentarische Beratung diskussionslos (Amtl. Bull. 1999 N 1252, 2000 S 189 und N 652) und wurde unverändert ins Gesetz übernommen.
BGE 130 V 215 S. 222

5.3 Art. 1 Abs. 2 lit. d KVG nimmt Streitigkeiten der Versicherer unter sich lediglich in Bezug auf Art. 87 KVG vom Anwendungsbereich des ATSG aus. Diese Bestimmung in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung regelt die Frage der örtlichen Zuständigkeit. Danach haben die Versicherer bei Streitigkeiten unter sich das Versicherungsgericht desjenigen Kantons anzurufen, in dem der beklagte Versicherer seinen Sitz hat.

5.3.1 Nach der bisherigen Praxis hatten die Krankenversicherer keine Befugnis zum Erlass von Verfügungen gegenüber einem anderen Krankenversicherer (vgl. BGE 120 V 491 Erw. 1a sowie Urteil I. vom 23. November 2001 [U 177/01] Erw. 2a im Verhältnis Unfallversicherer/Krankenversicherer). Bei Streitigkeiten untereinander hatten sie sich direkt an das nach alt Art. 86 Abs. 3 Satz 3 KVG örtlich zuständige kantonale Versicherungsgericht zu wenden ( EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 408).

5.3.2 Daran hat das ATSG nichts geändert. Im Gesetzgebungsprozess wurde das ATSG-Verfahren, welches vorgängig einer gerichtlichen Beurteilung streitiger Ansprüche oder Verpflichtungen eine Verfügung und in der Regel einen Einspracheentscheid vorsieht (Erw. 3.1.1), im Verhältnis zwischen den Versicherern als nicht geeignet bezeichnet (Erw. 5.2). Sodann ist in Art. 87 KVG, welcher im Wortlaut alt Art. 86 Abs. 3 Satz 3 KVG entspricht (vgl. BBl 1999 4684), vom beklagten Versicherer die Rede.

5.4 In BGE 123 V 300 Erw. 5 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht entschieden, dass die Verfahrens- und Rechtspflegebestimmungen gemäss Art. 80 ff. KVG lediglich Streitigkeiten zwischen Versicherten und Versicherern bzw. Versicherern unter sich oder mit Dritten (Art. 80-87 KVG) sowie Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern (Art. 89 KVG) beschlagen. In Erw. 6.3 des Urteils S. vom 14. November 2003 (K 22/03) sodann hat es festgestellt, die Differenzzahlungspflicht nach Art. 41 Abs. 3 KVG verleihe den Kantonen trotz des sozialversicherungsrechtlichen Charakters der Verpflichtung (vgl. BGE 123 V 298 Erw. 3c) nicht den Status eines Krankenversicherers im Sinne des Gesetzes.

5.4.1 Die in Art. 41 Abs. 3 KVG festgeschriebene Verpflichtung des Wohnkantons der versicherten Person, einen bestimmten Teil der Kosten der ausserkantonalen Hospitalisation zu übernehmen,
BGE 130 V 215 S. 223
sofern die Dienste des betreffenden öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals aus medizinischen Gründen beansprucht werden, ist sozialversicherungsrechtlicher Natur. Es besteht insofern kein Unterschied zur Kostenübernahmepflicht der Krankenversicherer im Rahmen dieser Bestimmung. Mit anderen Worten ist in Bezug auf die dem Spital zu vergütenden Leistungen nicht danach zu differenzieren, wer (Versicherer oder Wohnkanton) und in welchem Umfang für die Kosten der medizinisch begründeten ausserkantonalen Hospitalisation (Behandlung und Aufenthalt) aufzukommen hat (BGE 123 V 297 f. Erw. 3b/bb). In diesem Sinne kommt den Kantonen in Bezug auf die Differenzzahlungspflicht nach Art. 41 Abs. 3 KVG durchaus eine den Versicherern zumindest ähnliche Stellung zu.

5.4.2 Durch die den Kantonen in Art. 41 Abs. 3 KVG auferlegte Differenzzahlungspflicht werden an sich zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gehende Kosten auf einen anderen Träger, die Kantone, verlagert. Es liegt u.a. eine sozialpolitisch motivierte Massnahme zur Kosteneindämmung im Bereich der stationären Krankenpflege vor (BGE 127 V 419 Erw. 3b/bb). Durch die Differenzzahlungen erfolgt ein finanzieller Ausgleich zwischen (kleineren) Kantonen, welche aus gesundheitspolitischen Gründen bestimmte stationäre Behandlungen nicht anbieten, und Kantonen mit ausgebauter Spitalversorgung. Die Verpflichtung der Kantone zur Kostenbeteiligung im Rahmen von Art. 41 Abs. 3 KVG weist somit Subventionscharakter auf und stellt insoweit ein versicherungsfremdes Element dar (BGE 123 V 297 Erw. 3b/aa). Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass es den Kantonen offen steht, durch interkantonale Vereinbarungen andere Abrechnungsmodi festzulegen als die in Art. 41 Abs. 3 KVG vorgesehene einzelfallweise Kostenbeteiligung des Wohnkantons der versicherten Person (BGE 123 V 298 Erw. 3b/cc).
Eine am Normzweck orientierte Betrachtungsweise lässt die Stellung der Kantone im Rahmen von Art. 41 Abs. 3 KVG somit qualifiziert anders erscheinen als diejenige der Versicherer. Das Gemeinwesen erbringt nicht Versicherungsleistungen im eigentlichen Sinne. Vielmehr stellen die Differenzzahlungen gewissermassen eine besondere Form interkantonalen Lastenausgleichs im Bereich des Spitalwesens dar. Bei Streitigkeiten zwischen Versicherern und Kantonen im Rahmen von Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG geht es im
BGE 130 V 215 S. 224
Übrigen nicht um die Rückforderung von Leistungen, auf die kein Anspruch besteht.

5.4.3 Die Kantone können somit trotz der sozialversicherungsrechtlichen Natur der Verpflichtung in Bezug auf ihre Differenzzahlungen nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG nicht als Versicherer im Sinne des Krankenversicherungsgesetzes (Art. 11 ff. KVG) gelten. Streitigkeiten zwischen Versicherern und Kantonen im Rahmen dieser Gesetzesbestimmung lassen sich folgerichtig nicht unter Art. 1 Abs. 2 lit. d KVG subsumieren.

5.5 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass auch unter dem ATSG das Bundesrecht nicht zwingend vorschreibt, dass die Versicherer Ansprüche gegen einen Kanton aufgrund von Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG direkt mit Klage bei einer allenfalls vom kantonalen Recht zu bezeichnenden Gerichtsbehörde geltend zu machen haben. Die in Erw. 4 aufgeworfene Frage ist somit zu verneinen. Damit kann offen bleiben, ob die verfahrensrechtliche Ordnung des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts vorliegend anwendbar ist.

6.

6.1 Hinsichtlich der nach In-Kraft-Treten des ATSG anwendbaren Verfahrensordnung auf kantonaler Ebene bei Streitigkeiten zwischen Krankenversicherern und Kantonen betreffend die Differenzzahlungspflicht des Gemeinwesens nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG gilt Folgendes: Entweder sind die Verfahrensvorschriften des ATSG anwendbar oder es kommt kraft Art. 55 Abs. 1 ATSG das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG) zum Zuge, oder es ist weiterhin nach BGE 123 V 300 Erw. 5 kantonales Recht massgebend. Allen Regelungen ist bezogen auf den Kanton Zürich gemeinsam, dass einer allfälligen gerichtlichen Auseinandersetzung eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG vorauszugehen hat. Der direkte Weg an das kantonale Sozialversicherungsgericht steht nicht offen.

6.2 Es ist daher von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz auf die Klage der Helsana vom 23. Dezember 2002 gegen den Kanton Zürich mangels einer anfechtbaren Verfügung nicht eingetreten ist (vgl. BGE 125 V 414 Erw. 1a).
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob das kantonale Recht in Bezug auf ambulante Behandlungen aus medizinischen Gründen in ausserkantonalen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern nach Art. 41 Abs. 3 KVG lückenhaft ist, wie in
BGE 130 V 215 S. 225
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird. In den §§ 6 und 27 EG KVG/ZH ist zwar die Rede von ausserkantonalen Hospitalisationen. Darunter fallen in erster Linie die stationären und teilstationären Behandlungen einschliesslich Aufenthalt in einem Spital. Zu beachten ist indessen, das die fragliche Regelung aufgrund von BGE 123 V 290 erlassen wurde. In diesem Urteil ging es materiell um Fragen, welche den stationären Fall betrafen. Dass auch ambulante Behandlungen unter den Begriff der Dienste im Sinne von Art. 41 Abs. 3 KVG fallen, wurde erst später nach Erlass der §§ 6 und 27 EG KVG mit BGE 127 V 409 entschieden. Der zürcherische Gesetzgeber hat die Regelung nicht an diese Rechtsprechung angepasst und den Begriff Hospitalisationen nicht ersetzt. Bei dieser Rechtslage durfte die Vorinstanz, ohne Bundesrecht zu verletzen oder sogar in Willkür zu verfallen, §§ 6 und 27 EG KVG auch auf Tatbestände der Beanspruchung der ambulanten Dienste eines ausserkantonalen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals aus medizinischen Gründen anwenden.

6.3 Bei diesem Ergebnis braucht insbesondere unter intertemporalrechtlichem Gesichtswinkel an sich nicht näher geprüft zu werden, welche der drei in Erw. 6.1 erwähnten Verfahrensordnungen bei Streitigkeiten zwischen Krankenversicherern und Kantonen nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG unter dem ATSG anwendbar ist. Es erscheint indessen angezeigt, diesen Punkt bereits hier endgültig zu klären.

6.3.1 Wie in Erw. 5.2 dargelegt, will das ATSG-Verfahren (Art. 34 ff. ATSG) in erster Linie im Verhältnis Versicherer-Versicherte angewendet sein. Die Kantone sind indessen in Bezug auf ihre Verpflichtung zu Differenzzahlungen nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG nicht Versicherer im krankenversicherungsrechtlichen Sinne (Erw. 5.4.3). Ebenfalls können sie nicht als Versicherungsträger oder ihnen gleichgestellte Durchführungsorgane nach Art. 34 ATSG bezeichnet werden. Schliesslich ist zu beachten, dass Art. 41 Abs. 3 Satz 3 KVG dem Bundesrat die Befugnis gibt, die Einzelheiten zu regeln. Darunter fallen auch verfahrensrechtliche Fragen (Erw. 1.1.2). Diese Kompetenznorm ist durch das ATSG nicht geändert oder aufgehoben worden.

6.3.2 Aus den vorstehenden Gründen ist auch nach In-Kraft-Treten des ATSG die Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens zur Geltendmachung und allenfalls gerichtlichen Durchsetzung des
BGE 130 V 215 S. 226
Anspruchs auf Differenzzahlung nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG auf kantonaler Ebene weiterhin grundsätzlich Sache der Kantone (BGE 123 V 300 Erw. 5).

7.

7.1 Die Helsana macht geltend, das Erfordernis der Verfügung erschwere übermässig oder vereitele unter den gegebenen Umständen sogar die Durchsetzung des bundesrechtlichen Differenzzahlungsanspruchs. Sie habe bis zu den Urteilen H. vom 10. Dezember 2001 (BGE 127 V 409) sowie R. und K. vom 21. Dezember 2001 (SVR 2002 KV Nr. 34 S. 123 und K 204/98) sämtliche Rechnungen ihrer Versicherten betreffend medizinisch indizierte ausserkantonale ambulante Behandlungen und Untersuchungen in öffentlichen und öffentlich subventionierten Spitälern inklusive den kantonalen Differenzbetrag gemäss Art. 41 Abs. 3 KVG vollumfänglich bezahlt. Demzufolge stehe ihr nach BGE 123 V 299 Erw. 4 ein eigenständiger Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Wohnkanton zu. Sie habe im Verlauf des Jahres 2002 die Kantone wegen der Abwicklung der Rückforderungsfälle kontaktiert. Gleichzeitig seien zwischen santésuisse und Schweizerischer Sanitätsdirektorenkonferenz Verhandlungen über eine administrativ sinnvolle Abwicklung der laufenden und zukünftigen Fälle geführt worden, allerdings ohne Erfolg. Die klageweise geltend gemachten Ansprüche gegen den Kanton Zürich umfassten sämtliche Rückforderungen für medizinisch indizierte ausserkantonale ambulante Behandlungen und Untersuchungen in öffentlichen und öffentlich subventionierten Spitälern der vergangenen fünf Jahre. Dabei handle es sich nicht um einen oder zwei Fälle, sondern um eine Vielzahl, weshalb das Verfügungsverfahren unpassend sei. Die Geltendmachung der Forderungen direkt mittels gerichtlicher Klage habe den Vorteil, dass der Anspruch nicht beziffert werden müsse, das Rechtsmittel auf jeden Fall verwirkungsfristwahrende Wirkung habe und eine unnötige Verzögerungstaktik der Kantone verhindert werde.

7.2

7.2.1 Das verfahrensmässige Vorgehen der Helsana, ihre Forderungen gegen den Kanton Zürich direkt mit Klage gerichtlich geltend zu machen, ist unzulässig. Etwas anderes behauptet, zumindest im Grundsatz, zu Recht auch der Krankenversicherer nicht. Die Rechtsuchenden haben nicht die Wahl zwischen verschiedenen Verfahren, um ihre Ansprüche geltend zu machen und
BGE 130 V 215 S. 227
durchzusetzen. Sie haben den Weg zu beschreiten, den das Gesetz vorschreibt (vgl. auch KÖLZ/ BOSSHART/ RÖHL, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 8 der Vorbemerkungen zu §§ 41-71 VRG). Unklarheiten rechtlicher Natur, insbesondere offene Fragen in Bezug auf die Verjährung oder Verwirkung der Ansprüche sind unbeachtlich. Sind, wie vorliegend, das Bestehen einer Forderung und deren Höhe durch eine Verfügung festzustellen und festzulegen, kann diese Verfahrensstufe nicht einfach übersprungen und direkt die (im Rahmen der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege zuständige) Gerichtsbehörde angerufen werden.
Im Übrigen ist nicht einsehbar, weshalb der Krankenversicherer nicht sofort und spätestens nach Kenntnis der Urteile R. und K. vom 21. Dezember 2001 (K 203/98 und K 204/98) seine Forderungen aus Art. 41 Abs. 3 KVG gegenüber dem Kanton Zürich vorsorglich bei der für das Gesundheitswesen zuständigen Direktion geltend machte. Ein solches Vorgehen drängte sich umso mehr auf, als und soweit in Bezug auf die Frage der Verjährung oder Verwirkung der Ansprüche Unklarheit bestand. An der Geltendmachung der Forderungen aus Art. 41 Abs. 3 KVG gegenüber dem Kanton Zürich auf dem hiefür vorgesehen Weg hinderten die Helsana auch nicht die auf eine pauschale Lösung gerichteten Verhandlungen der santésuisse mit der Schweizerischen Sanitätsdirektorenkonferenz. Zum einen musste ebenfalls mit dem Scheitern dieser Bemühungen gerechnet werden. Zum andern ist nicht auszuschliessen, dass der administrative Aufwand und verfahrensmässige Engpässe als Folge der nicht zu vernachlässigenden Zahl von Rückerstattungsanträgen sich unter Umständen positiv auf die laufenden Verhandlungen ausgewirkt hätten.

7.2.2 Dass das zürcherische Verfahren zur Geltendmachung und allenfalls gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen aus Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG gegen den Kanton als solches den in BGE 123 V 300 Erw. 5 gestellten bundesrechtlichen Minimalanforderungen nicht genügte, wird zu Recht nicht vorgebracht. Der Weg über die Verfügung hat im Übrigen den Vorteil, dass der Gesuchsteller das Forderungsbegehren grundsätzlich nicht genau zu beziffern hat.

7.2.3 Ob durch das Kostengutsprachegesuch oder erst durch den Entscheid der zuständigen Direktion eine laufende Verjährungsfrist unterbrochen oder der Eintritt der Verwirkung gehemmt wird, kann offen bleiben (vgl. UELI KIESER, ATSG-Kommentar: Kommentar
BGE 130 V 215 S. 228
zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Zürich 2003, N 13 f. zu Art. 24 und N 5 zu Art. 29). Ebenfalls braucht hier nicht entschieden zu werden, welche Bedeutung der Klage vom 23. Dezember 2002 für die Frage des Erlöschens der Ansprüche infolge Zeitablaufs zukommt (vgl. immerhin zu Art. 23 KUVG [Rückforderung wegen unwirtschaftlicher Behandlung] RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 218 ff. Erw. 2.2). Darüber wird die verfügungszuständige Direktion zuerst zu befinden haben.

7.3 Nach dem Gesagten ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz mit der Begründung, es fehle an einer anfechtbaren Verfügung, nicht auf die Klage vom 23. Dezember 2002 eingetreten ist. Der Beschluss vom 14. Januar 2003 ist somit rechtens.

8. (Gerichtskosten)

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