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Urteilskopf

131 V 461


60. Auszug aus dem Urteil i.S. Kanton X. gegen Staatssekretariat für Wirtschaft und Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements
C 46/05 / C 47/05 vom 7. November 2005

Regeste

Art. 92 Abs. 6, alt Art. 92 Abs. 7 (in der ab 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung) AVIG; Art. 122a und 122c (je in der ab 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung) AVIV; Art. 2 der Verordnung über die Verwaltungskostenentschädigung der Arbeitslosenkassen; Art. 2 der Verordnung über die Entschädigung der Kantone für den Vollzug des Arbeitslosenversicherungsgesetzes: Entschädigung der Kantone für Verwaltungs- und Vollzugskosten durch den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung.
Ein Kanton gestaltet als Arbeitgeber im Rahmen einer Fusion öffentlich-rechtlicher Pensionskassen das Finanzierungssystem grundlegend um. An die neu geschaffene Pensionskasse hat er Beiträge auf Grund der bisherigen Berufsvorsorgeverhältnisse in Form jährlicher Annuitäten nachzuzahlen. Dafür kann er vom Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung keine Entschädigung für mit der Durchführung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes erwachsene Verwaltungs- und Vollzugskosten beanspruchen. (Erw. 4)

Sachverhalt ab Seite 462

BGE 131 V 461 S. 462

A. Auf den 1. Januar 2000 fusionierten die Kantonale Pensionskasse X. und die L.-Pensionskasse des Kantons X. zur Pensionskasse Y. Dabei wurde das aus einem Mischverfahren aus voller Kapitaldeckung, Rentenwertumlageverfahren und reinem Umlageverfahren bestehende Finanzierungssystem durch dasjenige des vollen Kapitaldeckungsverfahrens ersetzt. Bei dem sowohl in der Kantonalen Pensionskasse X. als auch in der L.-Pensionskasse des Kantons X. üblich gewesenen teilweisen Rentenwertumlageverfahren war die Fälligkeit eines Teils der Arbeitgeberbeiträge insoweit aufgeschoben worden, als dieser jeweils erst im Freizügigkeits- oder im Versicherungsfall zu bezahlen war. Mit dem Wechsel zum System der vollen Kapitaldeckung wurden die aufgeschobenen Arbeitgeberverpflichtungen sofort fällig.
Der Kanton X. übernahm den Fehlbetrag von Fr. 715'700'000.-, indem er sich verpflichtete, diesen zu 4 % zu verzinsen und ab dem Jahr 2002 innert 48 Jahren (ab 2002 bis 2049) in Form jährlich nachschüssiger Annuitäten abzuzahlen. Diese so genannten - betraglich gleich bleibenden - Annuitäten setzen sich zusammen aus der - jährlich geringer ausfallenden - Zinszahlung und dem - jährlich höher werdenden - Amortisationsbetrag. Für die erfolgte Schuldübernahme nimmt der Kanton X. Rückgriff auf die der bisherigen Kantonalen Pensionskasse X. und der L.-Pensionskasse des Kantons X. angeschlossen gewesenen Arbeitgeber. Dieser Rückgriff erfolgt im Verhältnis der zum 31. Dezember 1999 bezüglich der Erhöhung der Altersgutschriften fällig gewesenen Arbeitgeberverpflichtungen.

A.a Im Hinblick auf diesen Rückgriff setzte das Arbeitsamt des Kantons X. in seiner Jahresrechnung 2002 im Aufwandkonto unter "Sozialleistungen" für die auf die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) beziehungsweise auf die "Logistikstelle Arbeitsmarktlicher Massnahmen" (LAM) der kantonalen Amtsstelle (KAST)
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entfallende Annuität zu Gunsten der Pensionskasse Y. den Betrag von Fr. 303'771.- ein.
Auf Grund der Prüfung der Rechnungsführung durch die Firma E. AG genehmigte das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) mit Verfügung vom 4. September 2003 die eingereichte Jahresrechnung 2002 und den damit verbundenen Antrag auf Vollzugskostenentschädigung für das Jahr 2002. Von der Genehmigung ausgenommen war indessen der Betrag von Fr. 303'771.- für die der Pensionskasse Y. zu zahlende Annuität. Zur Begründung verwies das seco auf ein Schreiben vom 30. Mai 2002, in welchem es bereits angekündigt hatte, dass diese Schuld nicht angerechnet werde.
(...)

A.b Die Arbeitslosenkasse des Kantons X. hatte in der Buchhaltung der Jahre 2000 und 2001 die Beträge von Fr. 88'858.- und Fr. 85'077.- für die der Pensionskasse Y. in diesen Jahren geschuldete Zinszahlung eingesetzt. Das seco genehmigte die entsprechenden Jahresrechnungen mit Verfügung vom 11. Juli 2002, wies jedoch darauf hin, dass die Überschreitung der Sollvorgabe für Sozialleistungen wegen der Zinszahlung an die Pensionskasse Y. nur ausnahmsweise und ohne Präjudiz für die Zukunft akzeptiert werde.
Wiederum auf Grund der Rechnungsprüfung durch die Firma E. AG genehmigte das seco mit Verfügung vom 22. Juli 2003 auch die Jahresrechnung 2002 der Arbeitslosenkasse mit dem darin enthaltenen Antrag auf Verwaltungskostenentschädigung für das Jahr 2002. Von der Genehmigung ausgenommen wurde jedoch der im Aufwandkonto "Sozialleistungen" für die der Pensionskasse Y. zu leistende Annuität eingesetzte Betrag von Fr. 100'350.-. Auch hier verwies das seco auf ein Schreiben vom 30. Mai 2002, worin es erklärt hatte, dass diese Schuld gemäss Verordnung nicht anrechenbar sei.

B.

B.a Gegen die das kantonale Arbeitsamt betreffende Verfügung vom 4. September 2003 erhob der Kanton X. mit Eingabe vom 1. Oktober 2003 Beschwerde an die Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (nachstehend: REKO/EVD) mit den Begehren, die Verfügung bezüglich der Nichtanerkennung der Aufzahlungsschuld von Fr. 303'771.- gegenüber der Pensionskasse Y. (Annuität 2002), (...) aufzuheben und die
BGE 131 V 461 S. 464
Schweizerische Eidgenossenschaft, handelnd durch das seco, zu verpflichten, dem Kanton X. die gesamten Beträge (über den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung; nachstehend: ALV-Fonds) zu vergüten. - Mit Entscheid vom 14. Dezember 2004 (...) wies die REKO/EVD die Beschwerde ab.

B.b Als Träger der Arbeitslosenkasse erhob der Kanton X. auch gegen die die Arbeitslosenkasse betreffende Verfügung des seco vom 22. Juli 2003 Beschwerde an die REKO/EVD. Er beantragte, die Verfügung bezüglich der Nichtanerkennung der Aufzahlungsschuld von Fr. 100'350.- (Annuität 2002) gegenüber der Pensionskasse Y. aufzuheben und die Schweizerische Eidgenossenschaft (ALV-Fonds) zu verpflichten, ihm die gesamte der Pensionskasse Y. überwiesene Annuität 2002 zu vergüten. - Diese Beschwerde wies die REKO/EVD mit ebenfalls am 14. Dezember 2004 ergangenem Entscheid ab.

C.

C.a Der Kanton X., nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt U., lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen. Er stellt den Antrag, das seco sei zu verpflichten, ihm die nicht genehmigten Vollzugskosten RAV/LAM/KAST X. für das Jahr 2002 (Annuität 2002) von Fr. 303'771.- samt Zins zu 5 % seit dem 4. September 2003 zu bezahlen.

C.b Auch gegen den die Arbeitslosenkasse betreffenden vorinstanzlichen Entscheid lässt der Kanton X. durch Rechtsanwalt U. Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben. Hier beantragt er, das seco sei zu verpflichten, ihn für die nicht genehmigten Verwaltungskosten der kantonalen Arbeitslosenkasse für das Jahr 2002 (Annuität 2002) von Fr. 100'350.- samt Zins zu 5 % seit dem 22. Juli 2003 zu entschädigen; (...).

C.c Das seco verzichtet in beiden Fällen unter Hinweis auf seine Stellungnahmen in den vorinstanzlichen Verfahren auf eine Vernehmlassung.

C.d Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat auf Grund der eingegangenen Verwaltungsgerichtsbeschwerden die beiden Verfahren C 46/05 (betreffend Jahresrechnung des Arbeitsamtes) und C 47/05 (betreffend Jahresrechnung der Arbeitslosenkasse) eröffnet.
BGE 131 V 461 S. 465

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.2 Das Verfahren C 46/05 betrifft die vom kantonalen Arbeitsamt - und damit letztlich vom Kanton X. als Arbeitgeber der in den RAV, der LAM und der KAST beschäftigten Angestellten - in der Jahresrechnung 2002 eingesetzten Annuitäten, welche nach erfolgter Fusion zur Ausfinanzierung der neuen Pensionskasse Y. zu leisten sind. Das Verfahren C 47/05 betrifft die gleiche Problematik in Bezug auf die vom Kanton X. bei der kantonalen Arbeitslosenkasse beschäftigten Personen. Da sich die gleichen Sach- und Rechtsfragen stellen, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und über beide Verwaltungsgerichtsbeschwerden in einem einzigen Urteil zu befinden, dies ungeachtet des Umstandes, dass zwei separate Rekursentscheide (in teilweise unterschiedlicher Besetzung) ergangen sind (vgl. BGE 128 V 126 Erw. 1 mit Hinweisen und 194 Erw. 1).
(...)

2. Zu prüfen ist, ob dem Beschwerde führenden Kanton die in den Jahresrechnungen der kantonalen Arbeitslosenkasse einerseits und des kantonalen Arbeitsamtes andererseits zur Begleichung der Aufzahlungsschuld gegenüber der Pensionskasse Y. je für das Jahr 2002 aufgeführten Annuitäten als mit dem Vollzug der bundesrechtlichen Arbeitslosenversicherung verbundene Kosten über den ALV-Fonds (Art. 84 AVIG) zu vergüten sind. Beizuziehen sind dementsprechend - wie von der Vorinstanz richtig dargelegt - die im Jahr 2002 gültig gewesenen rechtlichen Grundlagen.

2.1 Die Berechtigung auf die mit der Jahresrechnung 2002 der kantonalen Arbeitslosenkasse geltend gemachte Entschädigung für die Tilgung der Aufzahlungsschuld gegenüber der Pensionskasse Y. in Höhe von Fr. 100'350.- beurteilt sich damit nach Art. 92 Abs. 6 AVIG (in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung; AS 2000 3095 f.) in Verbindung mit Art. 122c AVIV (in der ab 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung gemäss Verordnungsänderung vom 15. November 2000 [AS 2000 3097 ff.]; AS 2000 3101 [zur Geltungsdauer vgl. AS 2000 3102 und AS 2003 1849 ff.]). Zu beachten ist weiter die Verordnung über die Verwaltungskostenentschädigung der Arbeitslosenkassen vom 12. Februar
BGE 131 V 461 S. 466
1986 (AS 1986 332 ff.; nachstehend: ALK-Verwaltungskostenentschädigungs-Verordnung). Die vom seco herausgegebenen "Finanzweisungen 01/2002, Voranschlag Verwaltungskostenentschädigung 2002 Arbeitslosenkassen (ALK)" (nachstehend: Finanzweisungen ALK) schliesslich konkretisieren, im Sinne einer Verwaltungsweisung, die zur Diskussion stehende bundesrechtliche Entschädigungspflicht.

2.2 Die Beurteilung des Entschädigungsanspruchs für die in der Jahresrechnung 2002 des kantonalen Arbeitsamtes aufgeführte Aufzahlungsschuld gegenüber der Pensionskasse Y. richtet sich nach Art. 92 Abs. 7 AVIG (in der ab 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung; AS 2000 3095 [zur Geltungsdauer vgl. AS 2000 3096 sowie 2003 1749 und 1753]) in Verbindung mit Art. 122a AVIV (in der ab 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung gemäss Verordnungsänderung vom 15. November 2000 [AS 2000 3097 ff.]; AS 2000 3099 f. [zur Geltungsdauer vgl. AS 2000 3102 und AS 2003 1849 ff.]) sowie der Verordnung vom 29. Juni 2001 über die Entschädigung der Kantone für den Vollzug des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AS 2001 2269; nachstehend AVIG-Vollzugskostenentschädigungs-Verordnung). Im Sinne konkretisierender Verwaltungsweisungen zu berücksichtigen sind schliesslich die vom seco herausgegebenen "VKE 2002 Finanzweisungen, Voranschläge und Jahresrechnungen, Vollzugskostenentschädigungen 2002, Regionale Arbeitsvermittlungszentren (RAV), Logistik arbeitsmarktlicher Massnahmen (LAM), Kantonale Amtsstellen (KAST)" (nachstehend: Finanzweisungen RAV/LAM/KAST).

2.3

2.3.1 Art. 92 Abs. 6 AVIG sieht vor, dass der Ausgleichsfonds den Trägern der Kassen die anrechenbaren Kosten vergütet, die ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Artikel 81 entstehen (Satz 1); der Bundesrat bestimmt auf Vorschlag der Aufsichtskommission die anrechenbaren Kosten (Satz 2); er berücksichtigt die Bereitschaftskosten zur Überbrückung von Schwankungen des Arbeitsmarktes und das Haftungsrisiko (Art. 82) angemessen (Satz 3); die anrechenbaren Kosten werden in Abhängigkeit zur erbrachten Leistung vergütet (Satz 4); das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) kann mit den Kantonen Leistungsvereinbarungen abschliessen (Satz 5). Ausführungsbestimmungen über diese Leistungsvereinbarungen hat der Bundesrat im -
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intertemporalrechtlich anwendbaren (Erw. 2.1 hievor) - alt Art. 122c AVIV unter dem Titel "Vereinbarung mit den Trägern der Arbeitslosenkassen (Art. 92 Abs. 6 AVIG)" erlassen. Deren Inhalt wurde im vorinstanzlichen Entscheid wiedergegeben, worauf - da für die Belange der zu prüfenden Problematik nicht von entscheidwesentlicher Bedeutung - verwiesen wird.

2.3.2 Art. 2 Abs. 1 lit. a der ALK-Verwaltungskostenentschädigungs-Verordnung (Erw. 2.1 hievor) bezeichnet die Personalkosten als für die ordentliche Verwaltungskostenentschädigung anrechenbar. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung kann die Ausgleichsstelle ausserordentliche Aufwendungen der Arbeitslosenkassen auf Gesuch hin ganz oder teilweise anrechenbar erklären. Abs. 3 sieht vor, dass Kosten nur anrechenbar sind, soweit sie bei rationeller Betriebsführung notwendig sind (Satz 1); bei der Festlegung werden die Anzahl der erledigten Fälle und die Bereitschaftskosten berücksichtigt (Satz 2). Gemäss Art. 2 Abs. 5 der Verordnung erlässt die Ausgleichsstelle Richtlinien über die rationelle Betriebsführung und die Festsetzung der anrechenbaren Kosten.

2.3.3 Die vom seco erlassenen Finanzweisungen ALK (Erw. 2.1 hievor) sehen in Ziff. 2 a2 auch Sozialleistungen als Teil der anrechenbaren Personalkosten vor, wobei im Einzelnen nebst den AHV/IV/EO/ALV-Beiträgen, den Kranken- und Unfallversicherungsbeiträgen von Kollektivversicherungen der Arbeitslosenkasse, den anerkannten Familienzulagen (Kinder-, Ausbildungs- und Geburtenzulagen) auch Beiträge für die berufliche Vorsorge sowie andere Sozialzulagen, höchstens jedoch im Rahmen der vergleichbaren kantonalen oder eidgenössischen Regelungen, genannt werden. Nicht anrechenbar sind Sozialleistungen laut Ziff. 4.1 der Finanzweisungen ALK jedoch insoweit, als sie die Sollvorgabe 2002 von höchstens 21,5 % der Löhne und Gehälter überschreiten.

2.4

2.4.1 Nach der intertemporalrechtlich anwendbaren Fassung (Erw. 2.2 hievor) von alt Art. 92 Abs. 7 AVIG vergütet der Ausgleichsfonds den Kantonen die anrechenbaren Kosten, die ihnen bei der Durchführung der öffentlichen Arbeitsvermittlung, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 85 Abs. 1 Bst. d, e und g-k, aus dem Betrieb der regionalen Arbeitsvermittlungszentren nach Art. 85b und aus dem Betrieb der Logistikstellen arbeitsmarktliche Massnahmen (LAM) entstehen (Satz 1); der Bundesrat bestimmt
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auf Vorschlag der Aufsichtskommission die anrechenbaren Kosten (Satz 2); er berücksichtigt die Bereitschaftskosten zur Überbrückung von Schwankungen des Arbeitsmarktes und das Haftungsrisiko (Art. 85a) angemessen (Satz 3); die anrechenbaren Kosten werden in Abhängigkeit zur Wirkung der erbrachten Leistungen vergütet (Satz 4); das EVD kann mit den Kantonen Leistungsvereinbarungen abschliessen (Satz 5). Von der ihm in alt Art. 92 Abs. 7 Satz 2 ff. AVIG eingeräumten Kompetenz hat der Bundesrat im - intertemporalrechtlich anwendbaren (Erw. 2.2 hievor) - alt Art. 122a AVIV unter dem Titel "Anrechenbare Kosten der RAV, der LAM-Stelle und der kantonalen Amtsstelle (Art. 92 Abs. 7 AVIG)" in dem mit "Finanzierung" überschriebenen dritten Kapitel Gebrauch gemacht. Auch diesbezüglich kann auf die wörtliche Wiedergabe im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden. Hervorzuheben ist an dieser Stelle lediglich, dass alt Art. 122a Abs. 1 AVIV die Betriebskosten und die Investitionskosten ausdrücklich als anrechenbar erklärt.

2.4.2 Die AVIG-Vollzugskostenentschädigungs-Verordnung (Erw. 2.2 hievor) umschreibt in Art. 1 den Entschädigungsanspruch der Kantone gemäss AVIG, wobei unter lit. b die Kosten für den Betrieb der RAV und unter lit. c die Kosten für den Betrieb der LAM aufgeführt werden. Art. 2 der Verordnung hält fest, dass sich die Entschädigung für die Vollzugsaufgaben nach Art. 1 nach den anrechenbaren Betriebskosten und den anrechenbaren Investitionskosten bemisst. Während die Art. 3 bis 7 technische Einzelheiten der Entschädigungsberechnung regeln, statuiert Art. 8 die Pflicht zur Buchhaltung und Revision und Art. 9 ermächtigt die Ausgleichsstelle zum Erlass von Weisungen. Art. 10 schliesslich befasst sich mit der Auszahlung der Vollzugskostenentschädigung.

2.4.3 Weder im AVIG noch in der AVIV oder in der AVIG-Vollzugskostenentschädigungs-Verordnung werden die in alt Art. 122a Abs. 1 AVIV und in Art. 2 der AVIG-Vollzugskostenentschädigungs-Verordnung verwendeten Begriffe "(anrechenbare) Betriebskosten" und "(anrechenbare) Investitionskosten" näher definiert. Erst die Finanzweisungen RAV/LAM/KAST (Erw. 2.2 hievor) sehen in Ziff. 4 lit. a vor, dass bei der Bemessung der Entschädigung u.a. auch die Personalkosten angerechnet werden. Aus Ziff. 4 a2 geht hervor, dass auch die Sozialleistungen anrechenbare Vollzugskosten sind, wobei dazu die Beiträge für die berufliche Vorsorge sowie andere Sozialzulagen, höchstens jedoch im Rahmen der
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vergleichbaren kantonalen Regelungen, zählen. Die Vorinstanz hat dazu ausgeführt, die Aufzählung in Ziff. 4 dieser Weisung sei nahezu deckungsgleich mit derjenigen, welche gemäss Art. 2 der ALK-Verwaltungskostenentschädigungs-Verordnung und den Finanzweisungen ALK (Erw. 2.1 hievor) für die Arbeitslosenkassen gilt. Sie schloss daraus, es könne davon ausgegangen werden, dass Gesetz- und Verordnungsgeber die Entschädigung für die Personalkosten der RAV, der LAM und der KAST gleich wie diejenige für die Personalkosten einer Arbeitslosenkasse regeln wollten; die Aufzählung der Kostenarten sei abschliessend und für geltend gemachte, aber nicht darunter fallende Kosten sei eine Entschädigung grundsätzlich nicht zulässig.

4.

4.1 Diese Ausführungen der REKO/EVD und des Beschwerde führenden Kantons treffen nicht den entscheidenden Punkt. Es ist völlig klar, dass die vom Kanton als Arbeitgeber seiner vorsorgeversicherten Arbeitnehmer an die neue Pensionskasse Y. zu leistenden Annuitäten Beiträge an die berufliche Vorsorge sind. Dass nach Auffassung der REKO/EVD kein hinreichender Zusammenhang zur Jahresrechnung 2002 bestehe und damit das Prinzip der Periodizität verletzt werde, weil nur innerhalb der Rechnungsperiode aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern anfallende Kosten der Vergütung zugänglich seien, ist nicht von Belang. Entgegen den an sich zutreffenden Vorbringen in den Verwaltungsgerichtsbeschwerden ist aber aus der eindeutigen berufsvorsorgerechtlichen Natur der vom Kanton zu leistenden Annuitäten für die hier allein streitigen Vergütungen der den Kantonen aus der Durchführung der bundesrechtlichen Arbeitslosenversicherung erwachsenden Kosten nichts Entscheidendes gewonnen. Auch kann der Kanton aus dem Umstand nichts zu seinen Gunsten ableiten, dass der Bund die Arbeitgeberbeiträge, die ohne die Fusion auf 1. Januar 2000 weiterhin angefallen wären, auch weiterhin hätte entschädigen müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom Kanton übernommene Betrag mit den zum 31. Dezember 1999 bestehenden kapitalisierten Arbeitgeberverpflichtungen identisch war, und, wie in den Verwaltungsgerichtsbeschwerden argumentiert wird, daher die (nur noch hypothetischen) Entschädigungen durch den Bund betragsmässig tatsächlich ebenso hoch ausgefallen wären wie die nach dem neu eingeführten Annuitätensystem gestellten Forderungen. Denn die heute vom Kanton zu leistenden Annuitäten
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sind Ausfluss des mit der Fusion vorgenommenen grundlegenden Systemwechsels. Mit diesem ging fraglos ein Wechsel des Rechtsgrundes für die vom Kanton zu leistenden Zahlungen einher. Deshalb verbietet es sich, die früher vom Kanton geleisteten Arbeitgeberbeiträge den nunmehr - gänzlich unabhängig von der Entwicklung des jeweiligen Personalbestands, welcher im Kanton die Bundesgesetzgebung über die Arbeitslosenversicherung in den Jahren 2002 bis 2049 vollzieht - über Jahrzehnte hinweg immer in gleichbleibender Höhe fällig werdenden Annuitäten gleichzustellen. Letzteren kann daher nicht die Bedeutung einer auf Grund der von den berufsvorsorgeversicherten Kantonsangestellten im Bereich der Arbeitslosenversicherung geleisteten Arbeit erbrachten Beitragszahlung beigemessen werden, welche die Begründung einer Entschädigungspflicht des ALV-Fonds rechtfertigen würde.

4.2 Zu keinem andern Ergebnis führt ein Blick in die Botschaft des Regierungsrats X. an den Grossen Rat zu den Erlassentwürfen betreffend die Fusion der Kantonalen Pensionskasse X. und der L.-Pensionskasse des Kantons X. vom 11. Mai 1999, welche in dem die kantonale Arbeitslosenkasse betreffenden vorinstanzlichen Verfahren (C 47/05) aufgelegt wurde. Daraus geht deutlich hervor, dass es nicht nur um die Fusion der beiden Kassen (zwecks Öffnung mit Anschlussmöglichkeiten für weitere Arbeitgeber etc.) ging, sondern wesentlich auch um eine dringlich gewordene Revision der entsprechenden Verordnungen über die beiden Pensionskassen vom 3. Januar 1989, "weil die in der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre getroffenen Modellannahmen den heutigen Realitäten angepasst werden müssen" (Botschaft S. 6). Im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Staatsgarantie schrieb der Regierungsrat, unter dem Aspekt von deren Streichung werde "vollständig klar", dass die (künftige) Pensionskasse Y. genau gleich zu führen sei wie jede private Kasse, müssten doch "sämtliche Leistungen (...) jederzeit durch das aktuelle Kassenvermögen gedeckt sein", was "bei den privaten Kassen seit jeher der Fall" war. "Die öffentlich-rechtlichen Kassen hatten grössere gesetzliche Freiheiten, deren Folgen sich heute (tiefgreifender Strukturwandel in allen staatlichen Bereichen) sehr oft als Belastung erweisen. Deshalb werden sie mit Vorteil abgeschafft; dazu bieten die Fusion und die technische Liquidation sowie die Umstellung des Finanzierungsverfahrens eine sehr gute Gelegenheit." (Botschaft S. 11 unten f.).
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Diese Ausführungen zeigen klar, dass die Neuorganisation der öffentlich-rechtlichen kantonalen Berufsvorsorge auf 1. Januar 2000 wesentlich eine Sanierungsvorlage war. Die Kosten dieser Sanierung hat der Kanton zu tragen. Sie belaufen sich auf über 715 Millionen Franken, welche Verpflichtung der Kanton X. so erfüllt, dass er diesen Betrag zu 4 % verzinst und ab dem Jahr 2002 innert 48 Jahren in Form jährlich nachschüssiger Annuitäten amortisiert. Es widerspricht gänzlich Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Vorschriften über die Vergütung der den Kantonen aus der Durchführung der bundesrechtlichen Arbeitslosenversicherung entstehenden Kosten, die Aufwendungen einer solchen Sanierung kantonaler Pensionskassen auf den ALV-Fonds zu überwälzen. Sanierungskosten von an massiven Unterdeckungen leidenden öffentlich-rechtlichen Kassen, die nur mit Staatsgarantie am Leben zu erhalten waren, sind keine "anrechenbaren Betriebskosten" im Sinne der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Vollzugs- und Verwaltungskostenvergütungsregelung und werden von der ratio legis der Bestimmungen (Erw. 2 hievor) nicht erfasst. Hierin allein liegt der entscheidende Grund, warum das seco - gestützt auf Angaben der Revisionsfirma - die entsprechenden Jahresrechnungen 2002 des Arbeitsamtes für die RAV, die LAM und die KAST einerseits und der kantonalen Arbeitslosenkasse andererseits insoweit nicht genehmigt hat, als sie die geltend gemachten Beträge von Fr. 303'771.- (Arbeitsamt) und Fr. 100'350.- (Arbeitslosenkasse) nicht anerkannt hat. Dies hat die REKO/EVD in ihren Entscheiden vom 14. Dezember 2004 im Ergebnis zu Recht bestätigt. Sämtliche Vorbringen in den Verwaltungsgerichtsbeschwerden ändern daran nichts.

Inhalt

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Erwägungen 1 2 4

Referenzen

BGE: 128 V 126

Artikel: Art. 92 Abs. 6 AVIG, Art. 92 Abs. 7 AVIG, Art. 122c AVIV, Art. 122a AVIV mehr...