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Urteilskopf

116 V 335


53. Urteil vom 24. Oktober 1990 i.S. X gegen Regierungsrat des Kantons Schaffhausen und Obergericht des Kantons Schaffhausen

Regeste

Art. 73 BVG: Rechtspflege.
- Zuständigkeit der Rechtspflegeorgane nach Art. 73 BVG bejaht im Falle einer Streitigkeit, welche Leistungen einer öffentlich-rechtlichen Pensionskasse bei unverschuldeter Nichtwiederwahl eines Beamten zum Gegenstand hat (Erw. 2).
- Probleme des Nebeneinanders von vorsorgerechtlichem Rechtsweg nach Art. 73 BVG und innerkantonalem dienstrechtlichem Rechtsweg bezüglich der Beurteilung des vorsorgerechtlich relevanten Verschuldens an der Nichtwiederwahl (Erw. 3).
- Keine Heilung des Verfahrensmangels, wenn das vorinstanzliche Verfahren nicht gegen die selbständige öffentlich-rechtliche Pensionskasse, sondern gegen den kantonalen Regierungsrat durchgeführt worden ist (Erw. 4).

Sachverhalt ab Seite 336

BGE 116 V 335 S. 336

A.- Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen stellte X, geboren 1940, auf den 15. Oktober 1971 vertraglich bei der kantonalen Verwaltung an. Mit Wirkung ab 1. Juni 1975 erfolgte die Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis. Am 30. August 1988 beschloss der Regierungsrat die Nichtwiederwahl von X für die Amtsperiode 1989/1992, weshalb das Anstellungsverhältnis am 31. Dezember 1988 endige (Dispositiv-Ziffer 1). Ferner entschied der Regierungsrat am 20. September 1988, dass die Nichtwiederwahl von X im Sinne von § 16 Abs. 2 des Pensionskassen-Dekretes als verschuldet gelte (Dispositiv-Ziffer 1) und dass der nichtwiedergewählte Anspruch auf das Austrittsguthaben gemäss § 12 des Pensionskassen-Dekretes (persönliche Pensionskassen-Beiträge und Freizügigkeitsleistung) habe; anstelle des Austrittsguthabens könne der Versicherte bei der Verwaltungskommission der Pensionskasse das Gesuch um Führung einer Einzelversicherung nach § 15 des Pensionskassen-Dekretes stellen (Dispositiv-Ziffer 2).

B.- Am 21. September 1988 liess X gegen den Nichtwiederwahl-Beschluss des Regierungsrates vom 30. August 1988 beim Obergericht des Kantons Schaffhausen Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen mit den Anträgen, Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses sei als willkürlich aufzuheben und der Regierungsrat sei anzuweisen, ihn für die Amtsperiode 1989/1992 wiederzuwählen; eventualiter sei festzustellen, dass die Nichtwiederwahl unverschuldet sei.
Mit einer zweiten Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 11. Oktober 1988 beschwerte sich X beim Obergericht überdies gegen den zweiten regierungsrätlichen Beschluss, worin er den Eventualantrag der ersten Eingabe zum Hauptantrag erhob. Er stellte die Begehren, Ziffer 1 und 2 des zweiten Regierungsratsbeschlusses vom 20. September 1988 seien wegen Willkür aufzuheben und es
BGE 116 V 335 S. 337
sei festzustellen, dass seine Nichtwiederwahl unverschuldet erfolgt sei; hinsichtlich der finanziellen Ansprüche sei nach den Regeln des Pensionskassen-Dekretes über die Zusprechung einer Rente anstelle der Zahlung des Austrittsguthabens und einer Abgangsentschädigung zu verfahren (§ 16 Abs. 4 in Verbindung mit § 33 des Pensionskassen-Dekretes).
Aus prozessökonomischen Gründen vereinigte das Obergericht die beiden Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschwerdeführers (Beschluss vom 21. Oktober 1988). Dagegen wies es ein Gesuch um vorsorgliche Massnahme in dem Sinne, dass der Regierungsrat angewiesen werde, X ab 1. Januar 1989 bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verwaltungsgerichtsverfahrens weiterhin als kantonalen Beamten zu beschäftigen und entsprechend zu besolden, ab (Beschluss vom 16. Dezember 1988). In der Beschwerdebegründung liess X klarstellen, dass der Hauptantrag auf Anweisung an den Regierungsrat auf Wiederwahl laute und dass der Eventualantrag auf Feststellung unverschuldeter Nichtwiederwahl sowie auf Ausrichtung der entsprechenden Pensionskassenleistungen gerichtet sei. Der Regierungsrat trug auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Replikweise hielt der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
Mit Entscheid vom 7. Juli 1989 wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet ab, indem es einerseits die Nichtwiederwahl bestätigte und anderseits das Verschulden an der Nichtwiederwahl bejahte. In der Rechtsmittelbelehrung wurde festgehalten, dass der Entscheid, soweit er das kassenrechtliche Verschulden der Nichtwiederwahl betreffe, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht angefochten werden könne.

C.- X lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen:
"1. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 7. Juli
1989 sei vollumfänglich aufzuheben.
2. Es sei festzustellen, dass die Nichtwiederwahl von X ... für die
Amtsperiode 1989/1992 unverschuldet im kassenrechtlichen Sinn erfolgt ist.
Demgemäss sei hinsichtlich der finanziellen Ansprüche des
Beschwerdeführers gemäss § 16 Abs. 4 in Verbindung mit § 33 des Dekretes
des Grossen Rates des Kantons Schaffhausen über die kantonale
Pensionskasse Schaffhausen vom 18. März 1985 zu verfahren..."
In den Vorbemerkungen wird der Verzicht auf eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den obergerichtlichen Entscheid einerseits
BGE 116 V 335 S. 338
mit der eingeschränkten Kognition des Bundesgerichtes und anderseits mit dem Umstand begründet, dass X inzwischen in einem anderen Kanton eine neue, allerdings noch nicht gesicherte Stelle gefunden habe.
Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen verzichtet auf nähere Ausführungen und beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung enthält sich eines Antrages.

Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Das Dekret des Grossen Rates des Kantons Schaffhausen über die Kantonale Pensionskasse Schaffhausen vom 18. März 1985 (PKD) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
§ 12 (Austrittsguthaben)
1. Ein Mitglied, das freiwillig aus dem Dienste und zugleich aus der Kasse ausscheidet, hat Anspruch auf die von ihm geleisteten Zahlungen. Vor dem 20. Altersjahr geleistete Risikoprämien (§ 23) werden jedoch nicht zurückerstattet.
2. Dazu kommt als Freizügigkeitsleistung für jedes über vier hinausgehende volle Beitragsjahr ein Zuschlag von 4% der vom Mitglied geleisteten ordentlichen Prämien und Prämiennachzahlungen. Vorbehalten bleiben weitere Leistungen aufgrund von Freizügigkeitsabkommen mit andern Pensionskassen.
§ 16 (Unverschuldete Nichtwiederwahl oder Entlassung)
1. Wird ein Versicherter ohne eigenes Verschulden nicht wiedergewählt oder entlassen, so hat er Anspruch auf eine Abgangsentschädigung. Diese beträgt für jedes volle Beitragsjahr 10%, jedoch im Maximum 300% der zuletzt versicherten Besoldung. Die Hälfte der Abgangsentschädigung wird sofort, der Rest nach einem Jahr ausbezahlt.
2. Der Arbeitgeber entscheidet, ob die Nichtwiederwahl oder Entlassung unverschuldet erfolgt ist.
4. Erfolgt die unverschuldete Nichtwiederwahl oder Entlassung eines Versicherten nach dem 12. Mitgliedschaftsjahr und nach dem zurückgelegten 45. Altersjahr, so kann er anstelle des Austrittsguthabens und der Abgangsentschädigung eine Rente nach den Ansätzen von § 33 beanspruchen, sofern es sich um das Hauptamt des Versicherten handelt.

2. Es stellt sich vorab die Frage der sachlichen und zeitlichen Zuständigkeit des Richters nach Art. 73 BVG. Sie ist vom Eidg. Versicherungsgericht wie alle Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen zu prüfen (BGE 115 V 130 Erw. 1, BGE 114 V 95 Erw. 2, 242 Erw. 3a, BGE 113 V 203 Erw. 3d, BGE 112 V 83 Erw. 1 und 365 Erw. 1a). Das Obergericht Schaffhausen (als kantonale Instanz für Streitigkeiten nach Art. 73 BVG; § 1 der Verordnung des Regierungsrates
BGE 116 V 335 S. 339
des Kantons Schaffhausen über den Vollzug von Art. 73 BVG vom 18. Dezember 1984) hat seine Zuständigkeit bejaht mit der Begründung, dass - soweit mit der Beschwerde die Feststellung des Verschuldens an der Nichtwiederwahl angefochten werde - es um eine Frage gehe, die für Leistungen aus der beruflichen Vorsorge unmittelbar entscheidend sei. Die Nichtwiederwahl als allenfalls anspruchsbegründendes Ereignis sei sodann nach Inkrafttreten des BVG eingetreten.
a) Die Kantonale Pensionskasse Schaffhausen ist eine öffentlich-rechtlich ausgestaltete registrierte Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 48 BVG in Verbindung mit Art. 5 ff. BVV 1 (§ 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 PKD). Sie wirkt einerseits am Obligatorium gemäss Art. 7 ff. BVG mit (§ 2 Abs. 3 PKD) und ist anderseits im Bereich der weitergehenden Vorsorge tätig (§§ 20 ff., 33 ff. PKD). Diesbezüglich sind die Bestimmungen des BVG über die Rechtspflege aufgrund von Art. 49 Abs. 2 BVG ebenfalls anwendbar. Dies gilt auch bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, soweit es dabei um spezifische Fragen der beruflichen Vorsorge (im engern oder weitern Sinn) geht (nicht veröffentlichtes Urteil W. vom 30. Mai 1989; RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, S. 127; MEYER-BLASER, Die Rechtswege nach dem BVG, in: ZSR 106/1987 I S. 614).
b) Im Falle des Beschwerdeführers ist die (dienstrechtliche) Nichtwiederwahl rechtskräftig entschieden worden, nachdem mit Bezug auf diesen Punkt eine staatsrechtliche Beschwerde wohl kaum in Betracht gekommen wäre (vgl. BGE 107 Ia 182). Offen sind hingegen noch die vermögensrechtlichen bzw. vorsorgerechtlichen Folgen der Nichtwiederwahl. Dabei zielt das Begehren des Beschwerdeführers in erster und auch in zweiter Instanz auf die Feststellung, dass die Nichtwiederwahl unverschuldet sei, sowie auf Ausrichtung einer Rente nach § 16 Abs. 4 in Verbindung mit § 33 PKD anstelle von Austrittsguthaben und Abgangsentschädigung. Es fragt sich, ob eine solche Streitigkeit spezifisch vorsorgerechtliche Ansprüche gegen eine Vorsorgeeinrichtung zum Gegenstand hat, welche den Rechtsweg nach Art. 73 BVG öffnet.
c) Nach RIEMER (a.a.O., S. 127) fallen Streitigkeiten des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber um die Abgangsentschädigung nach Art. 339d OR nicht in die Sonderzuständigkeit nach Art. 73 BVG, weil es sich dabei um ein rein arbeitsvertragliches Rechtsinstitut handle, von dem die Vorsorgeeinrichtung bzw. das
BGE 116 V 335 S. 340
Vorsorgeverhältnis an sich nicht betroffen sei. Die gleichnamige Leistung im Sinne von § 16 Abs. 1 PKD bei unverschuldeter Nichtwiederwahl oder Entlassung mag zwar ähnlichen Zwecken dienen wie die arbeitsvertragliche Abgangsentschädigung. Es lässt sich jedoch nicht sagen, die hier umstrittene kantonale Abgangsentschädigung beschlage nicht im besonderen die vorsorgerechtliche Stellung des bei der kantonalen Pensionskasse versicherten Beamten, kann doch der unverschuldet Nichtwiedergewählte oder Entlassene anstelle des Austrittsguthabens nach § 12 und der Abgangsentschädigung nach § 16 Abs. 1 eine Rente nach den Ansätzen von § 33 PKD beanspruchen. Damit besteht klarerweise ein enger Zusammenhang mit spezifischen Leistungen der beruflichen Vorsorge, wobei in der Streitbeziehung der Anspruchsberechtigte, sein Arbeitgeber und die Vorsorgeeinrichtung auftreten.
d) Wie das Austrittsguthaben stellt auch die Abgangsentschädigung eine Kassenleistung dar. Vorsorgeeinrichtungen der öffentlichen Hand pflegen nämlich über die Berufsvorsorge im engeren Sinne (Absicherung gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität) hinaus ihre Mitglieder überdies gegen das Risiko der unverschuldeten Nichtwiederwahl oder Entlassung zu versichern (vgl. JUD, Besonderheiten öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse nach schweizerischem Recht, insbesondere bei deren Beendigung aus nichtdisziplinarischen Gründen, Diss. St. Gallen 1975, S. 249 ff.). Eine solche Erweiterung des klassischen Versicherungszweckes, die sich in der Ausgestaltung an die Regelung für das Altersrisiko anlehnt, kennt auch die kantonale Pensionskasse Schaffhausen (§ 1 Abs. 1 PKD). Diese berufliche Vorsorge im weitern Sinne fällt nicht aus dem Zuständigkeitsbereich von Art. 73 BVG heraus (MEYER-BLASER, a.a.O., S. 614). Die Abgangsentschädigung bei unverschuldeter Nichtwiederwahl oder Entlassung nach § 16 Abs. 1 PKD bzw. die Rente nach § 16 Abs. 4 PKD stellt eine Kassenleistung dar, auch wenn dies in der Systematik des Dekretes nicht zum Ausdruck kommt, dessen Abschnitt VI "Leistungen der Versicherungskasse" (§§ 30 ff. PKD) diese Leistungsarten nicht erwähnt. So qualifiziert sich auch das Austrittsguthaben nach § 12 PKD, das als Freizügigkeitsleistung nicht geringer sein darf als das BVG-Altersguthaben (Art. 28 Abs. 1 BVG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 und 3 PKD), als Kassenleistung. An dieser Rechtsnatur der umstrittenen Leistungen ändert der Umstand nichts, dass nach § 16 Abs. 5 PKD Renten und Abgangsentschädigungen an unverschuldet Nichtwiedergewählte oder Entlassene zu Lasten des Arbeitgebers
BGE 116 V 335 S. 341
gehen, soweit ihr Wert das vorhandene Deckungskapital des Versicherten übersteigt.

3. a) Sodann erhebt sich die Frage, ob auch dann eine Streitigkeit von spezifisch vorsorgerechtlicher Natur gegeben ist, wenn der Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 PKD - in Verbindung mit der Nichtwiederwahlverfügung oder wie vorliegend in einem separaten Beschluss - entscheidet, dass die Nichtwiederwahl nicht unverschuldet erfolgt ist, und der Beamte nur diese Feststellung anficht. Grundlage eines solchen Streites ist die Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber (Kanton) und Arbeitnehmer (Beamter), die aus administrativen Gründen aufgelöst worden ist. Die Feststellung über die Verschuldet- oder Unverschuldetheit der Nichtwiederwahl ist tatsächlich und rechtlich im Dienstverhältnis zu treffen. Dies dürfte den Gesetzgeber aus praktischen Gründen (Beweis usw.) bewogen haben, die Befugnis zum Entscheid über die Unverschuldetheit einer administrativen Auflösung des Dienstverhältnisses aus dem Kompetenzbereich der Kassenorgane auszugliedern und darüber in einem Entscheid ausserhalb der Kasse befinden zu lassen (so auch Art. 32 Abs. 3 der EVK-Statuten vom 2. März 1987 (SR 172.222.1), wonach bei administrativer Auflösung des Dienstverhältnisses die Wahlbehörde das Verschulden des Bediensteten beurteilt). Da die Verschuldensermittlung aber keinen dienstrechtlichen Selbstzweck hat, greift der diesbezügliche Entscheid direkt in die Rechtsbeziehung des Beamten zu seiner Pensionskasse ein. Derartige Feststellungsentscheide haben mithin eine doppelte Funktion, indem sie einerseits das Dienstverhältnis angehen und anderseits sich auf das Vorsorgeverhältnis auswirken. Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, Entscheide über das Selbstverschulden des Beamten im vorsorgerechtlichen Sinne (vgl. BGE 103 Ib 261) würden nicht spezifische Fragen der beruflichen Vorsorge betreffen.
b) Wie der vorliegende Fall zeigt, wirft das Nebeneinander von dienstrechtlichen und vorsorgerechtlichen Gesichtspunkten verschiedene Probleme des Rechtsweges auf. Auszugehen ist davon, dass der regierungsrätliche Beschluss, die Nichtwiederwahl gelte als verschuldet, einen Feststellungsentscheid über einen Teilaspekt des Rechtsverhältnisses des Nichtwiedergewählten zu seiner Pensionskasse darstellt. Es fragt sich zunächst, ob bei solchen Entscheidungen angesichts des Rechtsweges nach Art. 73 BVG ein davon verschiedener, separater innerkantonaler Rechtsmittelzug von Bundesrechts wegen überhaupt zulässig ist. Sodann erhebt
BGE 116 V 335 S. 342
sich die weitere Frage der Zweckmässigkeit einer doppelten Rechtsmittelmöglichkeit, ergibt sich doch insofern eine verfahrensmässige Doppelspurigkeit, als immer dann, wenn das Nichtverschulden Anspruchsvoraussetzung für eine Pensionskassenleistung bildet, dieser Punkt im vorsorgerechtlichen Streit ohnehin (nochmals) geprüft werden muss. Im dienstrechtlichen Rechtsmittelverfahren hätte sich im Kanton Schaffhausen das Obergericht als allgemeines Verwaltungsgericht auf die blosse Rechtskontrolle mit Einschluss der Rüge von Ermessensüberschreitung bzw. -missbrauch sowie der unrichtigen oder unvollständigen Sachverhaltsfeststellung zu beschränken (§ 36 des Schaffhausischen Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (VRG/SH)), während im Falle der Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde das Bundesgericht bloss eine Willkürprüfung vornehmen würde. Demgegenüber steht bundesrechtlich fest, dass der mit einer Klage nach Art. 73 BVG befasste kantonale Richter sich mit allen dienstrechtlichen Belangen befassen muss, soweit sie vorsorgerechtlich relevant sind. Weder darf ihm die Rechtskraft eines dienstrechtlichen Entscheides entgegengehalten werden, der sich (auch) über vorsorgerechtliche Aspekte einer administrativen Auflösung des Dienstverhältnisses ausspricht, noch können Zuständigkeit und Kognition dieses Richters von der jeweiligen Ausgestaltung des dienstrechtlichen Rechtsmittelsystems abhängen. Andernfalls wäre die vom Gesetzgeber auch rechtswegmässig gewollte Gleichstellung der privatrechtlichen mit den öffentlich-rechtlichen Pensionskassen angetastet (vgl. BGE 115 V 230; PFITZMANN, Die öffentlich-rechtlichen Pensionskassen im BVG-Obligatorium, in: SZS 1985 S. 234; MEYER-BLASER, a.a.O., S. 615). Den aufgeworfenen Fragen braucht indessen im vorliegenden Fall nicht abschliessend nachgegangen zu werden, weil die Vorinstanz das Leistungsbegehren von X zutreffend als Rechtspflegeorgan nach Art. 73 BVG und nicht als allgemeines Verwaltungsgericht nach § 34 VRG/SH an die Hand genommen und mit voller Kognition überprüft hat.

4. Wenngleich die Vorinstanz die Streitsache des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der sachlichen und unbestrittenermassen auch der zeitlichen Zuständigkeit zu Recht als Richter nach Art. 73 BVG an die Hand genommen hat, ist damit die Frage nach den sonstigen formellen Anforderungen an Gültigkeit und Ordnungsmässigkeit des vorinstanzlichen Verfahrens noch nicht abschliessend beantwortet.
BGE 116 V 335 S. 343
a) Nach der Regelung des BVG können auch die öffentlichrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen keine Verfügungen im Rechtssinne erlassen, sondern nur Stellungnahmen abgeben (BGE 115 V 228 Erw. 2). Sieht man von der vorsorgerechtlich relevanten Verlautbarung des Regierungsrates im Entscheid vom 20. September 1988 ab, so lag bis zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens bei der Vorinstanz am 11. Oktober 1988 keine Stellungnahme der schaffhausischen Pensionskasse vor. Vielmehr hat sich die Vorsorgeeinrichtung erstmals mit Schreiben vom 5. April 1989 an X zu dessen Leistungsansprüchen geäussert, und zwar - im Hinblick auf das bei der Vorinstanz laufende Verfahren - nur provisorisch.
b) Der Beschwerdeführer verlangte bei der Vorinstanz nicht einfach die Feststellung der unverschuldeten Nichtwiederwahl, sondern er machte gleichzeitig auch einen Rentenanspruch nach § 16 Abs. 4 in Verbindung mit § 33 PKD geltend. Primär ging es dem Beschwerdeführer dabei um Rentenleistungen, deren Durchsetzung eben von der Beseitigung der Feststellung abhängt, die Nichtwiederwahl gelte als selbstverschuldet. Dieser Rentenanspruch kann sich aber allein gegen die Pensionskasse richten (§§ 30 ff. PKD). Die Pensionskasse ist sodann eine selbständige "öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit" (§ 1 Abs. 2 PKD). Sie ist demzufolge - im Gegensatz zu der im Urteil BGE 116 V 198 beteiligten unselbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt - selber partei- und prozessfähig. Bei dieser Rechtslage hätte die Vorinstanz zunächst die Frage der Passivlegitimation klären müssen, nachdem der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 11. Oktober 1988 sowie in der dazugehörigen Ergänzung vom 24. Januar 1989 den Regierungsrat und nicht die Pensionskasse als Gegenpartei angeschrieben hatte. Da dies nicht geschehen ist, fragt sich nach den Rechtsfolgen dieses Verfahrensmangels.
Der Umstand, dass ein kantonales Gericht gemäss Art. 73 BVG den Prozess formell im Beschwerde- anstatt richtigerweise im Klageverfahren durchgeführt hat, stellt - für sich allein betrachtet - keinen Grund dafür dar, den vorinstanzlichen Entscheid von Amtes wegen aufzuheben (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 115 V 243, dem in diesem Punkt ein wesentlich anderer Sachverhalt zugrunde lag). Dagegen bildet die Tatsache, dass im vorinstanzlichen Verfahren der Regierungsrat und nicht die kantonale Pensionskasse als Gegenpartei ins Recht gefasst und der vorinstanzliche Entscheid nicht gegen die Kasse gefällt wurde, einen schwerwiegenden prozessualen Mangel, der im letztinstanzlichen
BGE 116 V 335 S. 344
Verfahren nicht geheilt werden kann. Denn es geht hier nicht bloss um die formelle Berichtigung einer Parteibezeichnung in einem Verfahren, in welchem die Identität der Partei von Anfang an eindeutig feststand, deren Benennung aber falsch war (vgl. BGE 110 V 349 Erw. 2). Entscheidend ist vielmehr, dass das Verfahren gar nicht mit jener Partei geführt worden ist, gegen welche der Beschwerdeführer überhaupt erst finanzielle Ansprüche geltend machen kann. Mangels passivlegitimierter Hauptpartei lässt sich der begangene Verfahrensfehler auch nicht bloss durch Beiladung der Pensionskasse im letztinstanzlichen Verfahren beheben. Bei dieser prozessualen Lage kann die materielle Seite des Streitfalles nicht geprüft werden und muss der vorinstanzliche Entscheid insoweit aufgehoben werden, als er die vorsorgerechtliche Frage des Verschuldens an der Nichtwiederwahl zum Gegenstand hat. Dabei ist eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit diese die bei ihr eingereichten Eingaben als Klage gegen die Pensionskasse behandle, nicht möglich, weil dies auf die Anordnung eines Parteiwechsels hinausliefe. Die Frage eines Parteiwechsels kann sich hier aber gar nicht stellen, weil - wie erwähnt - das Verfahren von Anfang an gegen die falsche Partei durchgeführt worden ist. Unter diesen Umständen kann nur ein neues (Klage-)Verfahren im Kanton in Betracht kommen, wobei in diesem Falle der Regierungsrat auf dem Wege der Beiladung oder der Einforderung eines Amtsberichtes ins Verfahren einbezogen werden kann.

5. (Kostenpunkt)

Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 7. Juli 1989 aufgehoben wird, insofern er die vorsorgerechtliche Frage des Verschuldens an der Nichtwiederwahl zum Gegenstand hat.

Inhalt

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Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5

Dispositiv

Referenzen

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