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Urteilskopf

113 Ia 192


31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. April 1987 i.S. Stadt Uster gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Gemeindeautonomie. Abgrenzung der kommunalen von der kantonalen Pflicht zur Nutzungsplanung im Zürcher Recht.
1. Grundsätze (E. 2).
2. Anwendungsfall, in dem weder die Gemeinde noch der Kanton für bestimmte Gebiete (die nach dem kantonalen Gesamtplan/Richtplan vollständig oder teilweise im Landwirtschaftsgebiet bzw. im Anordnungsspielraum sind) die Nutzungsplanung festsetzen wollen (E. 3-6).

Sachverhalt ab Seite 193

BGE 113 Ia 192 S. 193
Mit Beschluss vom 29. Januar 1986 genehmigte der Regierungsrat des Kantons Zürich die vom Gemeinderat der Stadt Uster (Legislative) am 4. Juni 1984 angenommene Bau- und Zonenordnung mit zugehörigem Zonenplan. Doch lud er gleichzeitig die Stadt Uster ein, die nicht von der kantonalen Landwirtschaftszone erfassten Gebiete, welche die Gemeinde ausgezont hatte und deren Eigentümer nicht bereit waren, eine Erklärung über den Verzicht auf Entschädigungsforderungen abzugeben, einer kommunalen Zone zuzuweisen. Zur Begründung verwies der Regierungsrat zur Hauptsache auf die ständige Praxis der Baudirektion, die für die Festsetzung kantonaler Landwirtschaftszone anstelle von bisheriger Bauzone Erklärungen der Grundeigentümer über den Verzicht auf Forderungen gegenüber dem Staat Zürich verlangt. Diese Erklärungen seien für die in Frage stehenden Gebiete nicht beigebracht worden. Zum Gebiet Langweid, das bisher keiner kommunalen Bauzone zugewiesen war, hält der Entscheid fest, es handle sich um ein kleines Restareal, für welches der Erlass von kantonaler Landwirtschaftszone nicht in Frage komme.
Die Stadt Uster erhob gegen die regierungsrätliche Weisung staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung ihrer Autonomie gemäss Art. 48 der Kantonsverfassung und wegen Willkür. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde insoweit gut, als sie sich auf das Gebiet Winikon bezieht.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. - (a bis c bb: Allgemeines zur Autonomie der Zürcher Gemeinden beim Erlass einer Bau- und Zonenordnung; vgl. BGE 112 Ia 282 E. 3a bis c.)
cc) Im Bereiche abgelegener Ortsteile und Weiler sieht der Siedlungsplan als Teil des Gesamtplanes allerdings davon ab, Siedlungsgebiet zu bezeichnen, weil dies der Unschärfe der Richtplanung widersprechen würde. Der Bericht des Kantonsrates zum Gesamtplan führt hiezu folgendes aus (Beschluss des Kantonsrates vom 10. Juli 1978, S. 12 f.):
"Abgelegene Ortsteile oder Weiler: Die planliche Darstellung von Kleinsiedlungen wie Weilern und abgelegenen Ortsteilen als Siedlungsgebiet im Gesamtplan würde zu einem systemwidrigen, der Unschärfe der Richtplanung widersprechenden Eingriff in die Ortsplanung führen. Um indessen solche Kleinsiedlungen lebensfähig erhalten zu können, wird in vielen Fällen eine Einzonung auf Gemeindestufe notwendig sein. Da solche Zonenfestlegungen jedoch nur im Rahmen des vom kantonalen Gesamtplan
BGE 113 Ia 192 S. 194
auszuscheidenden Siedlungsgebietes möglich sind, werden auch Weiler und abgelegene Ortsteile, allerdings ohne dass dies im Plan zum Ausdruck kommt, als Siedlungsgebiet betrachtet. Eine Darstellung im Plan selbst erfolgt nur ausnahmsweise, etwa dann, wenn es sich bei einem solchen Weiler um die einzige kompaktere Siedlungseinheit einer verstreuten Gemeinde handelt. Der Ortsplanung bleibt es vorbehalten, je nach der vorherrschenden tatsächlichen Nutzung, die im Einzelfall zweckmässige baurechtliche Ordnung zu bestimmen. Dabei werden folgende Grundsätze zu beachten sein:
- die Zonengrenzen haben die Kleinsiedlung eng zu umfassen;
- eine über den bestehenden Siedlungsumfang hinausgreifende bauliche Entwicklung darf nicht ermöglicht werden."
Hieraus ergibt sich, dass bei den abgelegenen Ortsteilen und Weilern die Gemeinden bei der Ortsplanung die im Einzelfall zweckmässige baurechtliche Ordnung, zu der die Festsetzung und Begrenzung einer allfälligen Bauzone zählt, festzulegen haben. Insoweit enthält das kantonale Recht ebenfalls keine abschliessende Regelung, weshalb den Gemeinden auch in dieser Hinsicht Autonomie zusteht.
d) Wann eine Gemeinde durch den Entscheid einer kantonalen Rechtsmittel- oder Genehmigungsinstanz in ihrer Autonomie verletzt ist, hängt vom Umfang der Prüfungsbefugnis der kantonalen Behörde ab. Der Zonenplan unterliegt der regierungsrätlichen Genehmigung (Art. 26 RPG; § 2 lit. a und § 89 PBG). Dem Regierungsrat steht dabei die Prüfung des Plans auf Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Angemessenheit zu (§ 5 Abs. 1 PBG). Bei dieser umfassenden Prüfungsbefugnis kann die Gemeinde nur dann mit Erfolg eine Verletzung ihrer Autonomie geltend machen, wenn die teilweise Nichtgenehmigung des Zonenplans sich nicht mit vernünftigen, sachlichen Gründen vertreten lässt. Auch darf der Regierungsrat nicht einfach das Ermessen der Gemeinde durch sein eigenes Ermessen ersetzen. Er hat es in Übereinstimmung mit der Regel von Art. 2 Abs. 3 RPG der Gemeinde zu überlassen, unter mehreren verfügbaren und zweckmässigen Lösungen zu wählen. Der Regierungsrat kann jedoch bei seiner Zweckmässigkeitskontrolle nicht erst einschreiten, wenn die Lösung der Gemeinde ohne sachliche Gründe getroffen wurde und schlechthin unhaltbar ist. Die kantonalen Behörden dürfen sie vielmehr korrigieren, wenn sie sich auf Grund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder wenn sie den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt. Verlangt die kantonale Behörde
BGE 113 Ia 192 S. 195
von der Gemeinde mit vernünftiger, sachlicher Begründung eine Änderung des Zonenplans, um ihn mit den gesetzlichen Anforderungen in Übereinstimmung zu bringen, so kann sich die Gemeinde nicht mit Erfolg über eine Verletzung ihrer Autonomie beklagen (BGE 112 Ia 284 E. 3d mit Hinweisen).

3. Im folgenden ist anhand der dargelegten Grundsätze zu prüfen, ob die umstrittenen Anweisungen des Regierungsrates die Autonomie der Stadt Uster verletzen.
Hiefür ist zwischen dem Weiler Winikon einerseits und den Gebieten Langweid und Hegetsberg anderseits zu unterscheiden. Der Weiler Winikon befindet sich nach dem kantonalen Gesamtplan zwar vollständig im Landwirtschaftsgebiet, doch gilt für ihn der kantonsrätliche Vorbehalt, wonach die Gemeinde trotzdem ermächtigt ist, den Weiler einer Bauzone zuzuweisen (s. E. 2c cc). Das Gebiet Langweid liegt nach dem Gesamtplan teilweise, die Aussichtslage Hegetsberg vollständig im Bereich des sogenannten Anordnungsspielraumes.

4. Der Weiler Winikon liegt etwa 150 m bis 200 m von den Bauzonen der Stadt Uster entfernt. Die von der Gemeinde im Anschluss an die Dorfzone vorgesehene Reservezone reicht bis etwa 100 m an die städtischen Bauzonen heran. Das den Weiler umgebende, bisher eingezonte Gebiet wird - vom ausgedehnten Areal einer Baumschule abgesehen - wie die anstossenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Die frühere Bauzonengrenze, der nun die kantonale Landwirtschaftszone folgt, durchschneidet das Landwirtschaftsgebiet in einer planerisch nicht zu rechtfertigenden Weise.
a) Die Lage des Weilers Winikon lässt erkennen, dass er kaum als "abgelegener Ortsteil" bezeichnet werden kann. Das Wachstum der nahen Stadt in Richtung des Weilers ist an den immer näher rückenden Wohnbauten sowie den nahegelegenen Sportanlagen in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zu erkennen. Der Zonenplan sieht denn auch kennzeichnenderweise südwestlich angrenzend an die bestehende Weilerüberbauung eine verhältnismässig ausgedehnte Reservezone vor, wobei der Eigentümer des entsprechenden Areals sogar deren definitive Einzonung fordert.
Mit der - im Blick auf die bauliche Entwicklung verständlichen - Schaffung der Reservezone hat die Stadt Uster selbst zu erkennen gegeben, dass sie der kantonalen Praxis, bei bisher eingezonten Weilern eine über die enge Begrenzung der kleinen Siedlung hinausgehende Bauzonenfestsetzung zuzulassen, zustimmt. Ihre Berufung
BGE 113 Ia 192 S. 196
auf die gemäss dem kantonsrätlichen Bericht zum Gesamtplan zu beachtenden Grundsätze überzeugt daher nicht.
b) Die Instruktionsverhandlung hat ferner ergeben, dass im Landwirtschaftsgebiet von Uster bereits seit zehn Jahren ein Meliorationsverfahren im Gange ist, dessen Perimeter auf die frühere, nun mit der kantonalen Landwirtschaftszone übereinstimmende Bauzonengrenze abgestimmt ist. Im Interesse der notwendigen Koordination landwirtschaftlicher Bodenverbesserungen mit der Ortsplanung (s. Art. 77 ff. des eidgenössischen Landwirtschaftsgesetzes, SR 910.1; Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Abs. 3 der Bodenverbesserungsverordnung, SR 913.1) dürfte sich in jedem Falle eine Korrektur des Perimeters und dessen Abstimmung auf die Bauzone gemäss dem vom Regierungsrat genehmigten Zonenplan aufdrängen, und zwar unabhängig davon, ob die umstrittenen ausgezonten Flächen einer kommunalen oder einer kantonalen Landwirtschaftszone zugewiesen werden.
Wenn der Kanton sich bei der Festsetzung der Landwirtschaftszone in Übereinstimmung mit dem im Gange befindlichen Meliorationsverfahren an die bisherige Bauzonengrenze gehalten hat, so ist dies verständlich. Ebenfalls einleuchtend sind seine Überlegungen, die im umstrittenen Bereich zwischen den von der Auszonung betroffenen Eigentümern und der mit der Durchführung der Melioration beauftragten Schweizerischen Vereinigung für Industrie und Landwirtschaft möglicherweise laufenden Bemühungen, auf gütlichem Wege eine Verständigung herbeizuführen, nicht durch eine kantonale Landwirtschaftszone gefährden zu wollen. Jedenfalls handelt es sich dabei nicht um sachfremde Erwägungen. Wie das Bundesgericht bereits in der Sache Hombrechtikon (BGE 112 Ia 281) festgestellt hat, sind die mit den örtlichen und persönlichen Verhältnissen vertrauten Behörden der Gemeinde oft besser in der Lage, bei Parzellarordnungsmassnahmen eine Verständigung herbeizuführen. Auch kommt für den Kanton einzig die Festsetzung einer Landwirtschaftszone in Betracht, während die Gemeinde über die breitere Palette der Ortsplanungsmassnahmen verfügt.
c) Unter diesen Umständen ist der Beschluss des Regierungsrates hinsichtlich der bei Winikon umstrittenen Flächen grundsätzlich nicht als willkürlich zu bezeichnen. Hingegen ist es unhaltbar, wenn der Regierungsrat von der Gemeinde vorbehaltlos verlangt, von den betroffenen Eigentümern Erklärungen über den Verzicht von Forderungen gegenüber dem Staat beizubringen. Gewiss zählen
BGE 113 Ia 192 S. 197
auch finanzielle Erwägungen zu den bei der Ortsplanung sowie der Raumplanung im allgemeinen zu berücksichtigenden Gesichtspunkten, doch geht es nicht an, der Entschädigungsfrage gegenüber den übrigen für die Planung massgebenden Grundsätzen (Art. 1 und 3 RPG) ohne nähere Prüfung einen derart absoluten Vorrang zuzubilligen, wie dies gemäss dem angefochtenen Beschluss getan wurde.
Der Regierungsrat hat sich im Beschwerdeverfahren grundsätzlich bereit erklärt, kantonale Landwirtschaftszonen festzusetzen, sofern die Gemeinden die verlangten Erklärungen vorlege. Er bringt damit zum Ausdruck, dass die Landwirtschaftszone, deren Festsetzung gemäss § 38 PBG primär ihm obliegt, planerisch sachgerecht wäre. Der Augenschein hat dies bestätigt, da sich die bisherige schematische Bauzonenbegrenzung, der die kantonale Landwirtschaftszone nun folgt, nicht mit planerischen Erwägungen im Sinne der heutigen Anforderungen rechtfertigen lässt. Die Begrenzung der Landwirtschaftszone ist vielmehr als willkürlich zu bezeichnen. Es ist zwar haltbar, die Gemeinde anzuweisen, bei den ausgezonten Flächen - wenn möglich in Verständigung mit den Eigentümern und in Abstimmung mit dem Meliorationsverfahren - eine sachgerechte Abgrenzung der kommunalen Zonen von der vom Kanton festzusetzenden Landwirtschaftszone vorzunehmen. Doch ist es geradezu unhaltbar, die sich aufdrängende Anpassung der kantonalen Landwirtschaftszone von einer Erklärung der Grundeigentümer über den Verzicht auf Entschädigungsforderungen gegenüber dem Staat abhängig zu machen. Der Kanton hat vielmehr seiner Planungspflicht (Art. 2 RPG; §§ 8 ff. PBG) in gleicher Weise wie die Gemeinden nachzukommen. Weil der Staat die primär ihm obliegende Festsetzung der Landwirtschaftszone allein mit Berufung auf die fehlenden Verzichtserklärungen ablehnt, ist die staatsrechtliche Beschwerde, soweit sie das Gebiet Winikon betrifft, im Sinne der Erwägungen gutzuheissen.

5. Das bisher keiner Zone zugewiesene Gebiet Langweid liegt, wie der Augenschein bestätigt hat, teils im Anordnungsspielraum, teils im Landwirtschaftsgebiet. Es ist auf drei Seiten von Wald, welcher der eidgenössischen Forstgesetzgebung untersteht, umgeben. Im Süden grenzt es an eine mit einem Schulhaus überbaute Zone für öffentliche Bauten und Anlagen sowie an die Wohnzone für zweigeschossige Überbauung an. Die von der Wohnzone herkommende, dem Wald und der Langweid entlang gezogene Strasse
BGE 113 Ia 192 S. 198
führt zu der mit einem Zeughaus überbauten Zone für öffentliche Bauten und Anlagen.
Die Langweid ist somit ein von Wald und kommunalen Zonen begrenztes Areal, dessen Einbezug in eine kommunale Zone sich aufdrängt. Eine kantonale Landwirtschaftszone wäre als nicht sachgerecht zu bezeichnen. Ihrer Lage und Grösse entsprechend zählt die Langweid zum Siedlungsgebiet von Uster, über deren ortsplanerische Behandlung richtigerweise die Gemeinde zu entscheiden hat. Es liegt dies übrigens in ihrem Interesse, bleibt ihr doch damit auch auf weite Sicht ihre Entscheidungsfreiheit gewahrt. Damit ist für das vor der Baurekurskommission III des Kantons Zürich hängige Rekursverfahren nichts präjudiziert, so dass sich eine Sistierung des Bundesgerichtsverfahrens für das Gebiet Langweid nicht aufdrängte. Die Beschwerde ist somit hinsichtlich der Langweid abzuweisen.

6. Beim Hegetsberg handelt es sich, wie der Augenschein bestätigt hat, um eine Aussichtslage. Sie ist im Siedlungs- und Landschaftsplan der Region Oberland als Aussichtspunkt gekennzeichnet, was der gegebenen topographischen Lage insofern nicht gerecht wird, als es nicht etwa um eine markante Erhöhung geht. Es handelt sich vielmehr um eine der Höhenkurve von 523 m entlang verlaufende, leicht geneigte Fläche, die zum nördlich gelegenen, 527 m hohen Wald des Forhölzli leicht ansteigt, von dem sie in südöstlicher Richtung zum Pfisterberg abfällt (520,9 m). Im Bericht zum regionalen Gesamtplan Oberland wird der Hegetsberg richtigerweise als Aussichtslage bezeichnet. In Hanglage unterhalb 520 m schliesst das der Landhauszone zugewiesene Wohngebiet an, wobei dieses mit grüner Schraffur als empfindliches Gebiet gekennzeichnet ist. Die Stadt Uster hat mit Bauhöhenbeschränkungen die ungehinderte Aussicht von der heute landwirtschaftlich genutzten Fläche des Hegetsberges sichergestellt. Dass diese Aussicht schutzwürdig ist, hat das Bundesgericht bereits mit Entscheid vom 22. Dezember 1978 betreffend Anordnung einer Planungszone festgestellt.
a) Das umstrittene Gebiet liegt gemäss dem kantonalen und regionalen Richtplan im Anordnungsspielraum, über den in der Nutzungsplanung sowohl die Gemeinde als auch der Kanton nach sachgerechten Erwägungen verfügen können. Die kantonale Landwirtschaftszone folgt der früheren Bauzonengrenze, welche die umstrittene Fläche der Landhauszone zuwies. Sie stimmt mit dem Verlauf bestehender Flurwege überein.
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Die Stadt Uster ist der Meinung, der Kanton habe gemäss § 211 PBG zur Sicherung der Aussichtslage kantonale Schutzmassnahmen anzuordnen und demgemäss eine Nutzungszone bis zur Grenze der kommunalen Landhauszone festzusetzen. Sie vermöchte mit diesem Begehren nur durchzudringen, wenn das Planungs- und Baugesetz dem Kanton die Planungspflicht derart eindeutig zuweisen würde, dass die entgegenstehende Auffassung des Kantons als schlechterdings unhaltbar zu bezeichnen wäre.
b) Aus dem kantonalen Gesamtplan ergibt sich die Planungspflicht des Kantons nicht. Die Stadt Uster macht dies auch nicht geltend. Sie beruft sich vielmehr auf den im regionalen Richtplan Oberland eingetragenen Aussichtspunkt.
Der Beschwerdeführerin ist insoweit zuzustimmen, als sich aus der Bezeichnung eines Aussichtspunktes oberhalb des im Plan angegebenen Höhenpunktes von 520,9 m die regionale Bedeutung der Aussicht ergibt, doch kann dem entsprechenden Hinweis kaum eine verpflichtende Anweisung an den Kanton entnommen werden, die gesamte ausgedehnte, sich auf eine Länge von über 500 m erstreckende Fläche einer kantonalen Nutzungszone zuzuweisen, auch wenn berücksichtigt wird, dass im Bericht zum regionalen Richtplan von einer Aussichtslage gesprochen wird.
c) Aus der mit § 211 PBG begründeten Zuständigkeit der Baudirektion, mit Planungsmassnahmen (§ 205 PBG) die Objekte zu schützen, denen über den Gemeindebann hinausgehende Bedeutung zukommt, kann ebenfalls eine solche Verpflichtung nicht zwingend hergeleitet werden. Auch wenn diese Vorschrift anordnet, "die Baudirektion trifft die Schutzmassnahmen...", so ergibt sich hieraus bei einer Aussichtslage weder das Ausmass des Schutzes, noch kann aus ihr der Ausschluss der Kompetenz der Gemeinde, im Rahmen der Ortsplanung geeignete Anordnungen zu treffen, hergeleitet werden.
Gemäss § 75 PBG ist der Aussichtsschutz, der in der kommenden Bau- und Zonenordnung getroffen werden kann, umfassend. Auch innerhalb der Siedlungsgebiete gibt es - wie der Richtplan Oberland bestätigt - Aussichtspunkte von regionaler Bedeutung, die mit Massnahmen der Ortsplanung geschützt werden.
d) Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Auffassung des Kantons, die Gemeinde habe mit kommunalen Planungsmitteln die Aussichtslage Hegetsberg zu schützen, mit guten Gründen vertretbar. Zwar weckt die Auffassung der Vertreter der Baudirektion, eine begrenzte Überbauung mit Sicherung von Durchblicken wäre
BGE 113 Ia 192 S. 200
möglich, Bedenken. Der Augenschein hat gezeigt, dass die umstrittene Fläche zusammen mit dem angrenzenden Landwirtschaftsgebiet eine Einheit darstellt. Das prägende Bild der grosszügigen Weite, welche die Aussichtslage mit Blick auf die Stadt Uster und die anschliessenden mehrfachen Gebirgskulissen vom Pfannenstiel über die Voralpen bis zu den Weggitaleralpen vermittelt, ginge verloren.
Doch ändert diese Feststellung nichts daran, dass der Kanton es ohne Willkür als Sache der Gemeinde bezeichnen durfte, die zum Schutze nötigen Anordnungen zu treffen. Hiefür spricht auch, dass es der Gemeinde zweifellos möglich ist, im Interesse ihrer Bewohner differenziertere Anordnungen zu treffen, als dies dem Kanton möglich wäre. In Frage käme etwa die Festsetzung einer kommunalen Landwirtschaftszone gemäss § 38 Satz 2 PBG, welche den der Nutzung entsprechenden Zusammenhang mit der kantonalen Landwirtschaftszone herstellen würde. Die landwirtschaftliche Nutzung zählt zu dem die Landschaft prägenden Bild. Die Stadt könnte auch - allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt - teilweise eine Freihaltezone anordnen, welche an geeigneter Stelle für die Erholung der Bevölkerung als Anlage zum Genuss der Aussicht ausgestaltet würde. Jedenfalls spricht die grössere Freiheit, über welche die städtischen Behörden bei Anerkennung der kommunalen Kompetenz verfügen, für die vom Regierungsrat getroffene Anordnung.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2 3 4 5 6

Referenzen

BGE: 112 IA 282, 112 IA 284, 112 IA 281

Artikel: § 211 PBG, Art. 26 RPG, § 2 lit. a und § 89 PBG, § 5 Abs. 1 PBG mehr...