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Urteilskopf

84 II 13


3. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Februar 1958 i.S. Treuvag, Treuwerte- und Verwaltungs-AG und Brunner, Möbel- und Innenausbau AG gegen Staub.

Regeste

1. Art. 19 Abs. 1, 22, 112 OR. Natur eines "Aussteuer-Sparvertrages" (Erw. 1).
2. Bestimmbarkeit der vom Sparer zu kaufenden Sachen und ihres Preises; Wahlrecht des Sparers (Art. 72 OR) (Erw. 2).
3. Kann gültig vereinbart werden, Rechte und Pflichten aus einem Vorvertrag dürften auf einen erst später zu bezeichnenden Dritten übertragen werden? (Erw. 3).
4. Art. 20 OR. Ob ein Vertrag gegen die guten Sitten verstösst, ist nur anhand der Folgen zu bestimmen, die sich aus seinem Sinn ergeben, nicht auch anhand der Vorgänge, die zu seinem Abschluss geführt haben. Sittenwidrigkeit des Inhaltes im vorliegenden Falle verneint (Erw. 4, 5).

Sachverhalt ab Seite 13

BGE 84 II 13 S. 13

A.- Am 6. Oktober 1956 schloss die Treuvag, Treuwerte- und Verwaltungs-AG, mit dem am 20. September
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1936 geborenen (im Texte als "Sparer" bezeichneten) Gemeindeangestellten Karl Staub in Wil SG einen von der Brunner, Möbel- und Innenausbau AG in Diessenhofen mit gedruckter Unterschrift "bestätigten" "AussteuerSparvertrag" folgenden Inhaltes ab:
"1. Der Sparer verpflichtet sich hiermit, eine Summe von Fr. 5000.-- vorzusparen, damit er später in der Lage ist, die in Ziff. 3 genannten Aussteuer-Gegenstände zu den günstigen Bedingungen eines Barzahlungskaufes anzuschaffen. Die Sparsumme ist wie folgt einzuzahlen: Eine erste Zahlung von Fr. --- erfolgt bis ---. Sodann leistet der Sparer 30 monatliche aufeinander folgende Zahlungen von mindestens Fr. 50.- ab 1. Nov. 1956. Wenn diese Einzahlungen die Summe von Fr. 1500.-- erreicht haben, kann der Sparer die Höhe und Anzahl der übrigen Einzahlungen selber bestimmen. Der ganze Restbetrag muss jedoch spätestens innert weiteren fünf Jahren voll einbezahlt sein. Es wird dem Sparer deshalb empfohlen, mit steigendem Einkommen die monatlichen Einzahlungen regelmässig zu erhöhen.
2. Zahlstelle ist die Anlagebank AG, St. Gallen, auf deren Postcheckkonto No. IX 519 sämtliche Beträge einzuzahlen sind. Anspruchsberechtigt ist die TREUVAG. Sie verpflichtet sich, alle Einzahlungen des Sparers auf ein separates, auf seinen Namen lautendes Sparheft bei der Anlagebank anzulegen. Diese untersteht dem schweiz. Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen, so dass Guthaben bis Fr. 5000.-- privilegiert sind.
Das Sparheft bleibt bei der Anlagebank hinterlegt. Die Parteien können nur gemeinsam darüber verfügen. Die TREUVAG ist also nicht berechtigt, ohne ausdrückliche Zustimmung des Sparers Abhebungen zu machen.
Das Guthaben auf dem Sparheft wird von der Anlagebank AG zu dem bei ihr üblichen Ansatz verzinst, z.Zt. 2 1/4 %.
3. Der Sparer verpflichtet sich hiermit, für die gesamte in Ziff. 1 vereinbarte Sparsumme spätestens bei seiner Verheiratung nach freier Wahl bei der Firma Brunner, Möbel- und Innenausbau AG, Diessenhofen, Möbel, Teppiche, Wäsche, Vorhänge und dergleichen zu kaufen. Massgebend sind die dannzumal in den Ausstellungsräumen angeschriebenen oder in den Prospekten enthaltenen Barzahlungspreise, sowie die in den Detail-Preislisten des Schweiz. Engros-Möbelfabrikantenverbandes aufgeführten Barzahlungspreise. Der Abschluss des Kaufvertrages erfolgt bei der Auswahl der Kaufgegenstände, wodurch sämtliche Rechte und Pflichten der TREUVAG aus dem vorliegenden Aussteuer-Sparvertrag automatisch auf die Verkaufsfirma übergehen. Der Sparer ist berechtigt, den Kaufvertrag schon abzuschliessen, bevor die ganze Sparsumme einbezahlt ist. Er muss jedoch in diesem Falle den Restbetrag entweder spätestens bei Ablieferung der Kaufgegenstände bar bezahlen
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oder zu den branchenüblichen Teilzahlungsbedingungen tilgen.
4. Sofern der Sparer in der Ausstellung der Firma Brunner, Möbel- und Innenausbau AG, Diessenhofen, nicht das Gewünschte findet, oder wenn die Auswahl bei ihr aus einem von ihr zu vertretenden Grunde nicht möglich sein sollte, ist er berechtigt bzw. verpflichtet, zu den gleichen, in Ziff. 3 genannten Konditionen die Auswahl in einer der 76 dem Schweiz. Engros-Möbelfabrikantenverband angeschlossenen Firmen zu treffen oder und seine Aussteuer bei einer auf der Rückseite dieses Vertrages aufgeführten Möbelfirma zu kaufen. Die Gültigkeit des vorliegenden Vertrages wird durch Veränderung in der Zusammensetzung der Auswahl- und der Verkaufsfirmen nicht berührt.
5. Um eine sorgfältige Lieferung zu gewährleisten, muss die Auswahl mindestens drei Monate vor dem Liefertermin getroffen werden. Die Lieferung erfolgt in der ganzen Schweiz franko Talbahnstation des Käufers.
6. Da die Verkaufsfirma den Sparer auf Grund des vorliegenden Vertrages jetzt schon zu ihren künftigen Kunden zählen kann, ist sie in der Lage, vorzeitig und günstig zu disponieren und später Reklamekosten einzusparen. Um den Sparer von diesem Vorteil profitieren zu lassen, verpflichtet sich die Verkaufsfirma, beim Bezug der Möbel eine zusätzliche Leistung in der Höhe zu erbringen, dass auf sämtliche Einlagen des Sparers bis zum Kauf der Möbel, längstens jedoch während fünf Jahren der doppelte Bankzins, höchstens aber ein Betrag von 5% pro Jahr resultiert.
Die auf der Rückseite aufgeführten Firmen haben sich durch Erklärung an die TREUVAG zur gleichen Leistung verpflichtet, für den Fall, dass die Lieferung durch sie erfolgt.
7. Der Sparer ist berechtigt, bei schwerer Invalidität oder unheilbarer Krankheit, sofern diese für ihn ein Ehehindernis bilden, sowie bei Nichtverheiratung bis zum vollendeten vierzigsten Altersjahr, ohne Entschädigung vom vorliegenden Vertrag zurückzutreten. Beim Ableben des Sparers vor Abschluss des Kaufvertrages gilt der vorliegende Vertrag automatisch als aufgehoben. In diesen vier Fällen werden sämtliche Einzahlungen nebst dem einfachen Bankzins von der TREUVAG ohne jeden Abzug zurückvergütet. Dem Sparer steht sodann das Recht zu, aus andern, beliebigen Gründen gegen ein Reugeld vom vorliegenden Vertrag zurückzutreten. Der Rücktritt kann jederzeit erfolgen, frühestens jedoch ein Jahr nach Vertragsabschluss.
Das Reugeld wird nach der Dauer des Vertrages bemessen. Es beträgt monatlich ein Prozent der vereinbarten Sparsumme, maximal jedoch achtzehn Prozent.
8. Während Militärdienst, nachgewiesener Krankheit oder nachgewiesener Arbeitslosigkeit des Sparers kann er die Zahlungen vorübergehend einstellen, sofern er die bis dahin fälligen Verpflichtungen erfüllt hat. Die TREUVAG ist jedoch rechtzeitig schriftlich zu verständigen.
9. Es steht beiden Parteien jederzeit frei, ihre Rechte und
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Pflichten aus diesem Vertrag auf einen zahlungsfähigen Dritten, der schriftlich seine Zustimmung erteilt, zu übertragen.
10. Andere als die vorgedruckten Bestimmungen sind nur gültig, wenn sie von der TREUVAG schriftlich bestätigt werden.
11. Dieser Vertrag ist fünffach ausgefertigt, dem Sparer und der Anlagebank AG je in einem Exemplar und der TREU-VAG in drei Exemplaren ausgehändigt worden."
Auf der Rückseite des Vertragsformulars sind die Namen von zehn in Freiburg, Biel, Geuensee, Chur, Bern, Olten, La Chaux-de-Fonds, Muralto, Genf und Lausanne niedergelassenen Möbelhändlern abgedruckt.
Staub leistete am 15. November 1956 die erste im Vertrag vorgesehene Teilzahlung, lehnte dann aber weitere Zahlungen ab, indem er sich auf den Standpunkt stellte, der Vertrag sei gemäss Art. 20 OR nichtig. Die Firmen Treuvag und Brunner klagten daher im Juni 1957 gegen ihn mit dem Begehren, er sei pflichtig zu erklären, die in der Zeit vom 1. Dezember 1956 bis 1. Juni 1957 fällig gewordenen Raten von zusammen Fr. 350.-- einzuzahlen. Staub beantragte, die Klage sei abzuweisen. Er erhob Widerklage mit dem Begehren, der Vertrag sei nichtig zu erklären und die Klägerinnen seien zu verpflichten, ihm Fr. 50.- zurückzuzahlen.

B.- Das Kantonsgericht von St. Gallen wies am 7. November 1957 die Klage ab, hiess die Widerklage gut und verurteilte die Klägerinnen, solidarisch die Gerichtskosten zu bezahlen und den Beklagten zu entschädigen.

C.- Die Klägerinnen haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, das Urteil sei aufzuheben, die Klage gutzuheissen und die Widerklage abzuweisen, unter Kostenfolge.
D - Der Beklagte beantragt, die Berufung sei unter Kostenfolge abzuweisen.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass der Vertrag vom 6. Oktober 1956 ein aus einem "Spareinlagevertrag" zwischen dem Beklagten und der
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Treuvag und einem Vorvertrag zu einem Kaufe zwischen dem Beklagten und der Firma Brunner gemischtes Geschäft sei.
Wenn man von einem "Spareinlagevertrag" zwischen dem Beklagten und der Treuvag sprechen will, ist jedoch zu bedenken, dass diese sich verpflichtet hat, die Einlagen des Beklagten zu verwenden, um zu seinen Gunsten ein Sparguthaben gegenüber einem Dritten, der Anlagebank AG, zu begründen, und dass der Beklagte über seine Forderung nur mit Zustimmung der Treuvag verfügen kann.
Das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Firma Brunner sodann mag insofern als "Vorvertrag" bezeichnet werden, als jedenfalls die vom Kantonsgericht vertretene Auffassung, es liege schon ein fester, wenn auch aufgeschobener Kauf vor, nicht zutrifft. Der Beklagte hat noch nicht erklärt, er kaufe, sondern sich in Ziffer 3 des Vertrages lediglich verpflichtet, das später zu tun. Auch steht noch dahin, ob der Kauf zwischen dem Beklagten und der Firma Brunner oder vielmehr zwischen ihm und einem von den auf der Rückseite der Vertragsurrkunde bezeichneten zehn andern Möbelhändler abgeschlossen werden wird. Der Beklagte hat sich nicht bedingungslos verpflichtet, bei der Firma Brunner zu kaufen, sondern kann und muss sich an einen der zehn andern Händler wenden, wenn er die Kaufgegenstände, die er wünscht, bei ihr nicht findet oder die Auswahl bei ihr aus einem von ihr zu vertretenden Grunde nicht möglich ist. Dabei haben die bedingt zum Zuge kommenden andern Händler sich dem Beklagten gegenüber noch nicht verpflichtet, den Kaufvertrag mit ihm wirklich abzuschliessen. Sie befinden sich lediglich in der Stellung Dritter, zu deren Gunsten die Klägerinnen dem Beklagten im Sinne des Art. 112 OR das (bedingte) Kaufsversprechen abgenommen haben. Angesichts dieser Besonderheiten des Rechtsverhältnisses kann man sich fragen, ob es als Vorvertrag im eigentlichen Sinne (Art. 22 OR) zu bezeichnen ist.
Darauf kommt jedoch nichts an, wie die Verbindlichkeit
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des Vertrages überhaupt nicht davon abhängt, ob er sich in Typen zergliedern lässt, für die das Gesetz besondere Bestimmungen enthält. Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden (Art. 19 Abs. 1 OR). Die Schranken, auf die der Beklagte sich beruft, sind aber die gleichen, mag die Zergliederung des vorliegenden Rechtsverhältnisses in einen "Spareinlagevertrag" und einen "Vorvertrag zu einem Kaufe" richtig sein oder nicht. Auch die Frage, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen sei oder, wie vom Beklagten geltend gemacht, mangels Bestimmbarkeit der gegenseitigen Verpflichtungen fehle, stellt sich bei jeder Vertragsart, nicht nur beim Kaufe, wo das Gesetz sie in Art. 184 Abs. 3 OR besonders berührt. Denn wenn nicht alle geschuldeten und wesentlichen Leistungen der Parteien bestimmbar sind, fehlt es an den zum Abschluss des Vertrages erforderlichen übereinstimmenden gegenseitigen Willensäusserungen über die wesentlichen Punkte (Art. 1, 2 Abs. 1 OR).

2. Der Beklagte ist der Auffassung, er sei nicht gebunden, weil die zu kaufenden Sachen und ihr Preis nicht bestimmbar seien.
Die Gegenstände des abzuschliessenden Kaufes sind einmal dadurch gekennzeichnet, dass der Beklagte sie bei der Firma Brunner oder, wenn er dort das Gewünschte nicht findet, bei einer der 76 dem Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverband angeschlossenen Firmen oder bei einem der subsidiär als Verkäufer vorgesehenen zehn Möbelhändler auszuwählen hat. In Frage kommen also nur Sachen von der Art, wie die erwähnten Firmen sie im Zeitpunkt des Kaufes in ihren Fabriken herzustellen bzw. in ihren Geschäften anzubieten pflegen. Der Vertrag enthält eine weitere Einschränkung, indem er die zu kaufenden Sachen als "Möbel, Teppiche, Wäsche, Vorhänge und dergleichen" bezeichnet (Ziffer 3), von "Aussteuer-Gegenständen" spricht (Ziffer 1) und den Zeitpunkt der Auswahl mit der Verheiratung des Beklagten in Zusammenhang
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bringt. Es ist also klar, dass nur Sachen zu kaufen sein werden, die man wie Möbel, Teppiche, Wäsche und Vorhänge zur Gründung eines eigenen Haushaltes, insbesondere zur Einrichtung einer Wohnung, üblicherweise bei der Verheiratung anschafft. Sollte eine der erwähnten Firmen im massgebenden Zeitpunkt noch andere Gegenstände herstellen oder anbieten, so wird der Beklagte nicht verpflichtet sein, sie zu kaufen. Unter den Sachen der umschriebenen Gattung, wie sie bei den genannten Fabrikanten und Händlern erhältlich sein werden, wird der Beklagte frei wählen können. Innerhalb der gezogenen Schranken wird also er bestimmen, welcher Art die zu liefernden Sachen seien. Die Kaufsachen sind somit gegenständlich bestimmbar. Es liegt eine Wahlobligation vor (Art. 72 OR), wobei die Wahl der Gattungssachen, auf die der abzuschliessende Kauf sich erstrecken soll, dem Käufer zusteht.
Diese Sachen sind auch mengenmässig bestimmbar, da die Parteien sich auf einen Preis von Fr. 5000.-- geeinigt haben und Ziffer 3 des Vertrages "die dannzumal in den Ausstellungsräumen angeschriebenen oder in den Prospekten enthaltenen Barzahlungspreise sowie die in den Detail-Preislisten des Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverbandes aufgeführten Barzahlungspreise" als massgebend erklärt, und zwar in Verbindung mit Ziffer 4 des Vertrages auch für den Fall, dass der Beklagte nicht bei der Firma Brunner, sondern bei einem der zehn anderen Möbelhändler kaufen wird. Ob das Marktpreise sein werden, ist für ihre Bestimmbarkeit unerheblich. Der Beklagte beruft sich auf den Kommentar OSER/SCHÖNENBERGER, Art. 184 N. 48, wonach der Preis für einen Gegenstand, der keinen Marktpreis hat, regelmässig nicht durch die Umstände bestimmbar sei. Die angerufenen Autoren verneinen jedoch die Bestimmbarkeit mangels Marktpreises nur, "falls der konkrete Fall nicht besondere Anhaltspunkte bietet". Das Gesetz verlangt in der Tat nicht, dass die Leistung anhand von Marktpreisen müsse bestimmt werden können; es genügt, wenn die Parteien sich ausdrücklich
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oder stillschweigend auf eine andere Art der Festsetzung geeinigt haben. Das ist im vorliegenden Falle durch die Verweisung auf die in den Ausstellungsräumen angeschriebenen oder in den Preislisten enthaltenen Barzahlungspreise geschehen. Inwiefern diese Art der Bestimmung nicht zulässig sein sollte, ist nicht zu ersehen. Die grosse Zahl der möglichen Lieferfirmen, die ja alle ausser dem Beklagten und andern durch gleiche Verträge verpflichteten "Sparern" auch sonstige Kunden gegen Barzahlung bedienen werden und dabei konkurrenzfähig sein müssen, bietet Gewähr dafür, dass der Beklagte nicht willkürlich festgesetzte Preise wird bezahlen müssen. Hievor wird ihn übrigens auch die Bestimmung bewahren, wonach jedermann in der Ausübung seiner Rechte nach Treu und Glauben zu handeln hat und der offenbare Missbrauch eines Rechtes keinen Rechtsschutz findet (Art. 2 ZGB). Ob die vom Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverband aufgestellten Detail-Preislisten an sich nur unverbindliche Richtlinien enthalten, wie der Beklagte behauptet, ist unerheblich. Im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Verkäufer werden sie kraft des vorliegenden Vertrages nichtsdestoweniger verbindlich sein. Ebensowenig hilft der Einwand, diese Listen bezögen sich nur auf Möbel, nicht auch auf "Teppiche, Vorhänge und dergleichen". Sollte das zutreffen, so bleiben die Preise für diese Ware auf Grund der Anschriften in den Ausstellungsräumen dennoch bestimmbar.

3. Der Beklagte macht geltend, der Vertrag sei widerrechtlich, weil er in Ziffer 9 bestimme, dass Rechte und Pflichten aus ihm jederzeit auf einen Dritten übertragen werden könnten.
Seine Auffassung, die Übertragbarkeit der Rechte und Pflichten aus einem Vorvertrag könne nicht vereinbart werden, hält jedoch nicht stand. Sie wird insbesondere auch nicht von BECKER, Art. 22 N. 11, vertreten, auf den der Beklagte sich im kantonalen Verfahren berufen hat. Die Äusserung dieses Autors, der Anspruch auf Abschluss
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des Hauptvertrages sei "regelmässig nicht abtretbar", betrifft nur den Fall, wo die Parteien die Abtretbarkeit nicht vereinbart haben. Es besteht kein Grund, ihnen die Übertragung auch zu verwehren, wenn die Gegenpartei sich zum vornherein damit einverstanden erklärt. Freilich kann diese dadurch in die Lage kommen, den Hauptvertrag mit jemandem abschliessen zu müssen, den sie bei der Eingehung des Vorvertrages noch nicht kennt. In einer ähnlichen Lage befindet sich aber auch, wer einen Vertrag mit einem Vertreter abschliesst, der den Vertretenen nicht nennen kann oder noch nicht nennen will. Lehre und Rechtsprechung lassen das "Handeln für denjenigen, den es angeht", grundsätzlich zu (BECKER Art. 32 N. 12; VON TUHR/SIEGWART 333 Anm. 10; OSER/SCHÖNENBERGER Art. 32 N. 9;BGE 60 II 497ff.). Steht im Falle der Stellvertretung die vorläufige Unbestimmtheit des Vertragsgegners der Verbindlichkeit eines Vertrages nicht im Wege, so kann auch nicht verboten sein, dass jemand sich durch Vorvertrag verpflichte, den Hauptvertrag mit einem Dritten einzugehen, den die Gegenpartei durch Abtretung ihrer Rechte und Pflichten erst später bezeichnen wird. Wer der Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem Vorvertrag zum vornherein zustimmt, bekundet, dass es ihm gleichgültig ist, mit wem er den Hauptvertrag einzugehen hat. Daran nimmt das Gesetz nicht grundsätzlich Anstoss, geht es doch in Art. 32 Abs. 2 OR davon aus, dass es Fälle gibt, in denen einer Partei gleichgültig ist, mit wem sie den Vertrag abschliesse.
Im einzelnen Falle können freilich die guten Sitten die Übertragung der Rechte und Pflichten aus einem Vorvertrag verbieten (Art. 20 OR). Ob die Übertragung diesen Sitten widerspreche, kann jedoch erst beurteilt werden, wenn die Umstände, unter denen sie allenfalls vorgenommen werden will, insbesondere der Erwerber, bekannt sind. Im vorliegenden Falle steht hierüber noch nichts fest. Schon aus diesem Grunde kann der Beklagte die Nichtigkeit des Vertrages heute aus dessen Ziffer 9 nicht ableiten.
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Verstiesse die unter dieser Bestimmung verurkundete Vereinbarung allgemein gegen die guten Sitten, so wäre übrigens nicht der ganze Vertrag, sondern nur diese Vereinbarung nichtig (Art. 20 Abs. 2 OR), hätte es also dabei sein Bewenden, dass die Firma Brunner und der Beklagte sich des Rechtes und der Pflicht zum Abschluss des Kaufes nicht durch Übertragung entschlagen könnten. Der Einwand des Beklagten, es könne ihm nicht gleichgültig sein, den Hauptvertrag mit einem Dritten eingehen zu müssen, der weniger leistungsfähig sei als die Firma Brunner oder dessen Ausstellungsräume sich irgendwo im Tessin oder in der Westschweiz befänden, ist deshalb für heute müssig, ganz abgesehen davon, dass Ziffer 9 ja ausdrücklich nur die Übertragung an einen Zahlungsfähigen gestattet und die Notwendigkeit der Reise an einen dem Wohnsitz des Beklagten fernen, aber immerhin noch in der Schweiz liegenden Ort zwecks Auswahl einer Aussteuer im Werte von Fr. 5000.-- nicht zum vornherein den guten Sitten widerspricht.

4. Der Beklagte hält den vorliegenden Vertrag für nichtig, weil er gegen die guten Sitten verstosse.
Über diese Einwendung ist nur anhand des Inhaltes des konkreten Vertrages zu entscheiden. Sie kann nicht schon deshalb begründet sein, weil es, wie der Beklagte geltend macht, volkswirtschaftlich bedenklich sei, wenn wenige Firmen sich auf Jahre hinaus durch solche Verträge Käufer sichern und dadurch die künftige Nachfrage zum Nachteil der Konkurrenten verringern. Auch kann nichts darauf ankommen, ob Vorauszahlungsverträge verteuernd wirken, weil der Händler zur Zeit der Lieferung ohne Rücksichtnahme auf Angebot und Nachfrage die Preise zu seinen Gunsten gestalten könne. Solche oder ähnliche Überlegungen der Volkswirtschaftspolitik mögen beim Erlass des Gesetzes getroffen werden, erlauben dagegen dem Richter nicht, den einzelnen inhaltlich den guten Sitten nicht zuwiderlaufenden Vertrag nichtig zu erklären.
a) Im kantonalen Verfahren hat der Beklagte unter
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Berufung auf FLATTET, Courrier du Comptable 1951 43 f., geltend gemacht, die persönliche Wirtschaftsfreiheit werde in einem die Sittlichkeit verletzenden Grade eingeschränkt, wenn sich jemand verpflichte, bei einem bestimmten Händler oder bei einer bestimmten Gattung von Händlern für einen Mindestbetrag und innert bestimmter Frist Waren zu kaufen. Wie das Kantonsgericht mit Recht annimmt, geht diese Auffassung zu weit. Wer einen Teil seiner wirtschaftlichen Freiheit vertraglich aufgibt, verstösst nur dann gegen die guten Sitten, wenn er dadurch seine wirtschaftliche Existenz gefährdet (BGE 51 II 167f.). Das hat der Beklagte durch das Versprechen, seine Aussteuer bei der Firma Brunner oder allenfalls bei einem der zehn anderen Händler zu kaufen, umsoweniger getan, als er berechtigt bleibt, die Auswahl bei 76 dem Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverband angehörenden Firmen zu treffen. Damit hat er sich so weitgehende Freiheit in der Auswahl der Kaufsachen und des Verkäufers vorbehalten, dass seine wirtschaftliche Existenz unmöglich auf dem Spiele stehen kann. Sie ist umsoweniger gefährdet, als das Kantonsgericht verbindlich feststellt, dass die Firma Brunner bedeutend und leistungsfähig ist.
b) Unhaltbar ist es auch, im Vertrag einen Verstoss gegen die guten Sitten zu sehen, weil die Kaufkraft des Geldes bis zum Abschluss des Kaufes abnehmen könne, der Beklagte also das Inflationsrisiko trage. Jeder, der Vermögen in Geld oder Forderungen anlegt, trägt diese Gefahr, insbesondere auch wer spart, um später eine Aussteuer kaufen zu können, die zu erwerben er sich nicht schon lange zum voraus verpflichtet. Würde man der Auffassung des Beklagten folgen, so wären z.B. alle Versicherungs- und alle Sparkassenverträge wegen Verstosses gegen die guten Sitten nichtig.
c) Eine andere Frage ist, ob die wirtschaftliche Existenz des Beklagten durch die Einlagen gefährdet werde, zu denen er sich verpflichtet hat. Auch davon kann jedoch keine Rede sein. Der Beklagte ist ein junger lediger Gemeindeangestellter,
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der nach verbindlicher Feststellung des Kantonsgerichts durchaus imstande ist, ohne allzugrosse Einschränkungen binnen siebeneinhalb Jahren Fr. 5000.-- zurückzulegen, wovon die ersten Fr. 1500.-- in dreissig aufeinanderfolgenden monatlichen Raten von Fr. 50.-. Dass die späteren Raten im Durchschnitt etwas über monatlich Fr. 50.- liegen müssen, ändert an dieser Feststellung nichts. Für den Fall des Militärdienstes, der Krankheit oder Arbeitslosigkeit räumt Ziffer 8 des Vertrages dem Beklagten das Recht ein, die Zahlungen vorübergehend einzustellen. Es ist also auch in dieser Hinsicht dafür gesorgt, dass der Vertrag ihn wirtschaftlich nicht zugrunde richten kann.
d) Der Beklagte hat seinen Standpunkt vor dem Kantonsgericht auch mit der Dauer des Vertrages zu begründen versucht. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass die Abwicklung eines Vertrages, durch den sich jemand zu ratenweisen Leistungen verpflichtet, sich über längere Zeit dahinzieht. Das trifft z.B. auch beim Kauf auf Abzahlung zu und ist an sich nicht sittenwidrig. Sogar Verträge, durch die eine Partei sich für die Dauer des eigenen Lebens oder des Lebens der Gegenpartei bindet, sind nicht grundsätzlich unzulässig (BGE 56 II 189ff.,BGE 75 III 114f.). Das Gesetz lässt eine solche Bindung z.B. für den Dienstherrn zu und gestattet auch dem Dienstpflichtigen erst nach Ablauf von zehn Jahren, einen für längere Zeit abgeschlossenen Dienstvertrag zu künden (Art. 351 OR). Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass der Vertrag auf Anschaffung einer Aussteuer im Werte von Fr. 5000.-- abzielt und die Aufbringung dieses Betrages naturgemäss mehrere Jahre beansprucht, wenn sie den Beklagten in der Befriedigung seiner übrigen Lebensbedürfnisse nicht zu stark einengen soll. Es ist durchaus normal, dass der Vertrag dafür einen Zeitraum von siebeneinhalb Jahren vorsieht. Zudem lässt er dem Beklagten alle Freiheit, die Dauer durch höhere Leistungen abzukürzen, ja die Aussteuer in jedem beliebigen Zeitpunkt gegen bar oder auf
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Abzahlung zu kaufen. Der Vertrag legt also dem Beklagten kein Hindernis in den Weg, wenn er schon vor Ablauf der siebeneinhalb Jahre einen eigenen Hausstand gründen will. Es ist auch keineswegs stossend, dass ein junger Mann im Hinblick auf die Möglichkeit der Verheiratung, die ja normalerweise im Alter von fünfundzwanzig bis dreissig Jahren erfolgt, schon vom zwanzigsten Altersjahr an einen Teil seines Verdienstes zurücklegt. Wer sich in diesem Sinne bindet, verstösst nicht nur nicht gegen die guten Sitten, sondern bekundet Verständnis für die Anforderungen, die das Leben an ihn stellt. Freilich hat der Beklagte sich nicht nur für siebeneinhalb Jahre gebunden, da er, abgesehen vom Falle schwerer Invalidität und unheilbarer Krankheit, erst dann ohne finanzielle Einbusse vom Vertrag zurücktreten kann, wenn er sich bis zur Vollendung des vierzigsten Lebensjahres nicht verheiratet. Von einer erdrückenden Bindung kann aber dennoch nicht gesprochen werden, da sie sich nach Aufbringung der Fr. 5000.--, die nach siebeneinhalb Jahren beendet sein wird, darin erschöpft, dass der Beklagte über das Sparguthaben nicht verfügen kann. Er wird sich also von da an nicht in wesentlich anderer Lage befinden als jeder Sparer, der sein Geld auflängere Zeit fest anlegt. Was daran anstössig sein sollte, ist nicht zu ersehen. Die Dauer des Vertrages lässt sich umsoweniger beanstanden, als Ziffer 7 den Beklagten schon nach Ablauf eines Jahres jederzeit berechtigt, gegen ein Reugeld von mindestens Fr. 600.-- und höchstens Fr. 900.-- vom Vertrage zurückzutreten. Dass seine wirtschaftliche Existenz vernichtet sei, wenn er einen solchen Betrag opfert, kann nicht im Ernste behauptet werden. Auch das Kantonsgericht sieht in der Dauer des Vertrages kein Hindernis für dessen Gültigkeit.
e) Der Beklagte hält daran fest, die Klägerinnen hätten dadurch gegen die guten Sitten verstossen, dass sie ihm das Versprechen der Anschaffung einer Aussteuer abgenommen hätten, bevor er wisse, ob er eine solche je nötig haben werde. Er hat sich indes zum Kaufe der Aussteuer
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nur für den Fall verpflichtet, dass er vor Vollendung des vierzigsten Altersjahres heirate. Tritt diese Bedingung ein, so wird er normalerweise auch einer Aussteuer bedürfen. Gewiss ist denkbar, dass auch seine künftige Braut mit einer solchen versehen sei oder dass ihm der Ankauf einer Aussteuer in der Schweiz lästig werde, weil er sich im fernen Ausland niederlassen möchte usw. In solche oder ähnliche Lage kann aber jeder kommen, der sich auf lange Sicht zum Erwerb einer Leistung verpflichtet, die er noch nicht nötig hat. Von einer die Sittlichkeit verletzenden Verpflichtung kann deswegen nicht gesprochen werden, da auch in diesem Falle nicht gesagt werden könnte, der Beklagte sei in seiner wirtschaftlichen Existenz vernichtet. Sollte er sich verpflichtet sehen, eine Aussteuer zu kaufen, die er nicht brauchen könnte, so bliebe ihm die Möglichkeit, sie weiterzuverkaufen oder seine Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf einen zahlungsfähigen Dritten zu übertragen. Zudem könnte er sich der Verpflichtung durch Bezahlung des vertraglichen Reugeldes entschlagen.

5. Das Kantonsgericht und mit ihm der Beklagte sind in Anlehnung an PICENONI, ZSchwR nF 75 506 ff., der Auffassung, ein Vertrag sei auch dann nichtig, wenn er auf Machenschaften beruhe, die gegen die guten Sitten verstiessen. Eine solche Machenschaft sieht das Kantonsgericht im vorliegenden Falle darin, dass der Vertrag als Sparvertrag aufgemacht sei, während sein Schwergewicht in Wirklichkeit in der Sicherung des Beklagten als Kunde der Firma Brunner liege. Ferner rechnet es mit eingehenden Erörterungen über den von der Anlagebank AG gewährten Zins und den von der Firma Brunner in Ziffer 6 des Vertrages versprochenen Zuschlag aus, dass der Vertrag dem Beklagten im Hinblick auf die Schaffung des notwendigen Kapitals durch Sparen keinerlei Vorteile biete. Ja es hält den Beklagten sogar für benachteiligt, weil er das Sparguthaben nicht in Beträgen von jeweils Fr. 1000.-- in kurzfristigen Kassenscheinen oder Obligationen zu höherem Zinsfuss anlegen könne, beim Kaufe
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keinen Barzahlungsrabatt herauszumarkten vermöge und die Auswahl mindestens drei Monate vor der Lieferung treffen müsse. Es kommt zum Schluss, der Beklagte mache "vom reinen Sparstandpunkt aus ein schlechtes Geschäft", weshalb der Vertrag "als täuschend, als sittenwidrig und deshalb gemäss Art. 20 OR als nichtig" erklärt werden müsse.
Ob ein Vertrag gegen die guten Sitten verstösst, ist nur anhand seines Inhaltes abzuwägen. Das ergibt sich deutlich aus dem französischen und dem italienischen Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 OR: "Le contrat est nul s'il a pour objet une chose impossible, illicite ou contraire aux moeurs", bzw.: "Il contratto che ha per oggetto una cosa impossibile o contraria alle leggi od ai buoni costumi è nullo." Hiefür spricht auch der französische Text des Art. 20 Abs. 2 OR, der die Teilnichtigkeit dann eintreten lässt, wenn nur gewisse Bestimmungen (clauses) des Vertrages zu beanstanden sind. Dass Art. 20 OR sich nur mit dem Inhalte des Vertrages befasst, ist auch dem deutschen Wortlaut zu entnehmen, der von einem "unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt" spricht, also einen durch widerrechtliches Vorgehen zustande gebrachten, inhaltlich dagegen der Rechtsordnung nicht widersprechenden Vertrag nicht erfasst. Zum gleichen Schlusse führt der Randtitel "E. Inhalt des Vertrages", unter dem die Art. 19-22 sich befinden. Diesem Randtitel steht gegenüber der die Art. 23-31 betreffende Randtitel "F. Mängel des Vertragsabschlusses". Den letzteren Bestimmungen ist zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die zum Abschluss führenden äussern und innern Vorgänge (Irrtum, Täuschung, Furchterregung) die Parteien ihrer Verpflichtung zu entheben vermögen. Solche Vorgänge führen zudem nie zur Nichtigkeit des Vertrages, wie Art. 20 OR sie bei unmöglichem, widerrechtlichem oder den guten Sitten widersprechendem Inhalt eintreten lässt, sondern machen den Vertrag nur einseitig unverbindlich. Das Kantonsgericht verkennt also den Sinn des Gesetzes, wenn es den
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vorliegenden Vertrag nichtig erklärt, weil der Beklagte durch "Machenschaften" zur Unterzeichnung bewogen worden sei.
Der Beklagte wendet ein, diese "Machenschaften" hätten gar nicht in täuschenden Handlungen bestanden, die dem Vertragsabschluss vorausgegangen wären, sondern beträfen den Inhalt des Vertrages, denn einzelne Bestimmungen selbst seien täuschend. Auch damit geht er aber fehl. Wenn ein Vertragschliessender sich durch die übereinstimmenden Willensäusserungen der Parteien, insbesondere durch den beurkundeten Vertragstext "getäuscht" fühlt, hat er den Vertrag entweder so gelten zu lassen, wie er ihn verstanden hat und nach Treu und Glauben verstehen durfte, oder es liegt ein Irrtum oder eine absichtliche Täuschung vor, die den Vertrag für den Irrenden oder Getäuschten allenfalls nach Art. 24 bzw. 28 OR unverbindlich machen. Von einem sittenwidrigen Inhalt des Vertrages kann keine Rede sein, wenn lediglich die Formulierung der schriftlichen oder mündlichen Willensäusserungen zu beanstanden ist, die Folgen, die sich aus ihrem verbindlichen Sinn ergeben, dagegen vor den Anforderungen der guten Sitten standhalten. Nur diese Folgen, d.h. die eingegangenen Verpflichtungen, die getroffenen Verfügungen, die verabredeten Bedingungen usw., machen den Inhalt des Vertrages aus und sind im Sinne des Art. 20 OR daraufhin zu überprüfen, ob sie den guten Sitten nicht widersprechen.
Übrigens halten die Aussetzungen, die das Kantonsgericht am Vertrage macht, nicht stand. Die Bezeichnung als "Aussteuer-Sparvertrag" ist nicht irreführend, sondern deutet zutreffend an, dass der Beklagte sich verpflichtet, im Hinblick auf den Kauf einer Aussteuer zu sparen. Angesichts dieser Verpflichtung lässt sich auch die Bezeichnung des.Beklagten als "Sparer" nicht beanstanden. Freilich ist das (zweckgebundene) Sparen nicht der einzige Gegenstand des Vertrages, da dieser den Beklagten auch schon verpflichtet, die Aussteuer zu kaufen. Diese Verpflichtung ist aber im Vertrage deutlich festgelegt, und es ist undenkbar, dass sie dem Beklagten, einem urteilsfähigen
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Gemeindeangestellten, beim Lesen des Vertrages entgangen sei. Der Beklagte behauptet das auch gar nicht. Dass es den Klägerinnen, insbesondere der Firma Brunner, beim Abschluss des Vertrages um den Verkauf der Aussteuer zu tun war, liegt ebenfalls auf der Hand. Auch hatte der Beklagte selber zu bedenken, ob er sich der Möglichkeit begebe, beim Kaufe einen Barzahlungsrabatt herauszumarkten, und ob die Verzinsung der Spareinlagen durch die Anlagebank AG sowie der von der Firma Brunner versprochene Zuschuss für ihn vorteilhaft seien. Art. 20 OR will den Richter nicht zum Vormund über Handlungsfähige erheben. Unter welchen Voraussetzungen das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen Vertrag unverbindlich macht, bestimmt Art. 21 OR, und dass diese Voraussetzungen hier erfüllt seien, ist mit Recht nicht behauptet worden. Dass endlich die Nichtigkeit auch nicht aus der dreimonatigen Lieferfrist abgeleitet werden kann, ist klar. Diese Frist vermag umsoweniger Anstoss zu erregen, als in der Regel der Zeitpunkt der Heirat und der Anschaffung einer Aussteuer mehr als drei Monate zum voraus festgesetzt werden.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Berufung wird:
a) die Klage gutgeheissen und der Beklagte verpflichtet, die bis 1. Juni 1957 fällig gewordenen Einzahlungen laut Vertrag vom 6. Oktober 1956 im Betrage von Fr. 350.-- vorzunehmen;
b) die Widerklage abgewiesen.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5

Dispositiv

Referenzen

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