Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Urteilskopf

94 II 134


22. Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. Oktober 1968 i.S. Schweiz. Bundesbahnen gegen Daldrop.

Regeste

Nichtigkeitsbeschwerde gemäs Art. 68 Abs. 1 lit. b OG
Gerichtsstand für Schadenersatzklagen gegen die SBB aus einem durch ein Dienst-Motorfahrzeug verursachten Unfall.

Sachverhalt ab Seite 134

BGE 94 II 134 S. 134

A.- Am 3. Mai 1967 stiess in der Nähe von Sursee der Personenwagen des Ch. Daldrop mit einem Dienst-Motorfahrzeug der SBB zusammen. Daldrop reichte beim Amtsgericht Sursee gegen die SBB Klage auf Ersatz des an seinem Motorfahrzeug entstandenen Schadens im Betrage von Fr. 1'282.65 nebst Zins ein.
Die SBB bestritten die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes und machten geltend, sie müssten gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1944 über die Schweiz. Bundesbahnen (BBG) an ihrem Sitz in Bern belangt werden.
BGE 94 II 134 S. 135
B.-Das Amtsgericht Sursee und das Obergericht des Kantons Luzern als Rekursinstanz verwarfen die Unzuständigkeitseinrede.

C.- Die Beklagten fechten den Entscheid des Obergerichts vom 25. Juli 1968 beim Bundesgericht mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. b OG an. Sie beantragen, den Entscheid des Obergerichts wegen Verletzung einer Gerichtsstandsbestimmung des Bundesrechts (Art. 5 BBG) aufzuheben und festzustellen, dass sie sich auf die beim Amtsgericht Sursee eingereichte Klage nicht einzulassen haben.
Der Beschwerdebeklagte und das Obergericht des Kantons Luzern beantragen, die Beschwerde abzuweisen.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 84 SVG sind Zivilklagen aus Motorfahrzeugunfällen beim Richter des Unfallortes anzubringen. Richter des Unfallortes ist im vorliegenden Fall das Amtsgericht Sursee.
Die Beschwerdeführerinnen berufen sich demgegenüber auf Art. 5 BBG, wonach die SBB grundsätzlich an ihrem Sitz in Bern zu belangen sind. Sie vertreten die Auffassung, diese Gerichtsstandsbestimmung gehe der allgemeinen Vorschrift des Art. 84 SVG vor.
Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Art. 84 SVG ist im Verhältnis zu Art. 5 BBG eine Sonderbestimmung. Art. 5 BBG lautet:
"Die Bundesbahnen haben ihren Sitz in Bern.
Sie können ausser an ihrem Sitz am Hauptort jedes Kantons von den Kantonseinwohnern belangt werden.
Für dingliche Klagen gilt der Gerichtsstand der gelegenen Sache."
Nach dieser Vorschrift befindet sich der ordentliche Gerichtsstand der SBB an ihrem Sitz, d.h. in Bern; die weiter vorgesehenen Gerichtsstände (Kantonshauptorte, Ort der gelegenen Sache) sind besondere Gerichtsstände. Diese Regelung entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass sich der ordentliche Gerichtsstand einer natürlichen Person an ihrem Wohnsitz, bezw. derjenige einer juristischen Person oder selbständigen Verwaltung an ihrem Sitz befindet. Art. 84 SVG dagegen bezeichnet in Abweichung von diesem Grundsatz den Unfallort als den ordentlichen Gerichtsstand für alle Zivilklagen, die mit einem Motorfahrzeugunfall im Zusammenhang stehen. An diesem
BGE 94 II 134 S. 136
Gerichtsstand sind daher in der Regel der Halter, der Lenker und der Haftpflichtversicherer des Halters zu belangen. Mit der Schaffung dieses einheitlichen Gerichtsstandes sollte der Gefahr vorgebeugt werden, dass es infolge der Belangung des Halters, des Lenkers und der Haftpflichtversicherung vor verschiedenen Gerichten zu einander widersprechenden Urteilen über den gleichen Unfallkomme (BotschaftdesBundesrates zum SVG, vom24. Juni 1955, BBl 1955 II S. 59). Auch spielte die Überlegung mit, dass der Richter des Unfallortes am besten in der Lage sei, die gesamten Umstände und die Schwere eines Unfalles zu beurteilen. Alle diese Überlegungen treffen auch auf Unfälle zu, an denen ein Dienst-Motorfahrzeug der SBB beteiligt ist, weshalb nicht zu ersehen ist, warum die Gerichtsstandsvorschrift von Art. 84 SVG nicht auch für sie gelten sollte.
Die Luzerner Gerichte haben somit zu Recht die von den Beschwerdeführerinnen erhobene Unzuständigkeitseinrede verworfen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Dispositiv

Referenzen

Artikel: Art. 84 SVG, Art. 5 BBG, Art. 68 Abs. 1 lit. b OG