Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Urteilskopf

116 II 657


116. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. November 1990 i.S. B. gegen Regierungsrat des Kantons Schaffhausen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Tragweite des Bürgerrechtserwerbs der verheirateten Frau gestützt auf Art. 8b SchlT ZGB.
1. Soweit das Bürgerrecht minderjähriger Kinder in Frage steht, sind nur diese zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, nicht aber ihre Eltern. Diese sind nur als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder am Verfahren beteiligt (E. 1b).
2. Art. 8b SchlT ZGB verleiht nur der Schweizerin, die sich unter dem bisherigen Recht verheiratet hat, die Befugnis, ihr Ledigenbürgerrecht wieder anzunehmen. Ihre Kinder, die vor dem 1. Januar 1988 geboren wurden und das Schweizer Bürgerrecht der Mutter besitzen, können in den Erwerb des Ledigenbürgerrechts nicht einbezogen werden (E. 2-5).

Sachverhalt ab Seite 658

BGE 116 II 657 S. 658

A.- Die Schweizer Bürgerin M. E. heiratete am 18. Februar 1977 den ausländischen Staatsangehörigen G. B. Dieser Ehe entsprossen die beiden Töchter Johanna, geboren im Jahre 1977, und Lucie, geboren im Jahre 1979. Für M. E. B. handelte es sich um die zweite Ehe. Als ledig war sie Bürgerin von Schaffhausen. Mit ihrer ersten Eheschliessung erwarb sie statt dessen das Bürgerrecht ihres damaligen Ehemannes, nämlich dasjenige der Gemeinde X. im Kanton Solothurn. Ihre beiden Töchter aus der zweiten Ehe wurden gestützt auf Art. 57 Abs. 8 lit. a des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG; SR 141.0) am 17. April 1986 ebenfalls Bürgerinnen der Gemeinde X. SO.

B.- Am 22. November 1988 machte M. E. B. Gebrauch von der mit Art. 8b SchlT ZGB gewährten Möglichkeit, ihr angestammtes Bürgerrecht wieder zu erwerben. Diesem Begehren wurde mit Verfügung vom 14. Dezember 1988 entsprochen. Das gleichzeitig gestellte Gesuch um Einbezug ihrer beiden minderjährigen Töchter in das Bürgerrecht von Schaffhausen wies der Bürgerrechtsdienst des Volkswirtschaftsdepartementes des Kantons Schaffhausen mit Verfügung vom 2. März 1989 ab.
Das Ehepaar B. erhob für sich und die beiden Töchter am 22. März 1989 Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, den dieser mit Beschluss vom 24. Oktober 1989 abwies.

C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 21. November 1989 beantragen M. E. B., G. B. sowie Johanna und Lucie B., diese beiden vertreten durch ihre Eltern, den Beschluss vom 24. Oktober 1989 und die Verfügung vom 2. März 1989 aufzuheben. Die Rekurrentinnen Nrn. 3 und 4 seien in die Wiederaufnahme des angestammten Bürgerrechts durch die Beschwerdeführerin Nr. 2 miteinzubeziehen, es sei ihnen Wiedereinsetzung in das angestammte Bürgerrecht ihrer Mutter zu gewähren und es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerinnen Nrn. 3 und 4 Bürgerinnen der Stadt Schaffhausen sowie des Kantons Schaffhausen seien. Schliesslich sei ihnen eine zweitinstanzliche Entschädigung von Fr. 1'500.-- zuzusprechen.
Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement stellt in seiner Vernehmlassung
BGE 116 II 657 S. 659
keinen ausdrücklichen Antrag, spricht sich aber eher für Abweisung der Beschwerde aus.
Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. a) Die Frage, ob die beiden minderjährigen Töchter der Beschwerdeführerin Nr. 2 das Bürgerrecht, das ihre Mutter als ledig besass, beanspruchen können, beurteilt sich zwar nach den Bestimmungen des ZGB (Art. 271 und 161 ZGB sowie Art. 8b SchlT ZGB). Es liegt aber dennoch weder eine Zivilrechtsstreitigkeit noch eine Zivilsache vor, die mit Berufung oder allenfalls mit einer Nichtigkeitsbeschwerde dem Bundesgericht zu unterbreiten wäre. Laut Art. 22 Abs. 2 ZGB wird das Bürgerrecht nämlich durch das öffentliche Recht bestimmt. Die behauptete Verletzung des bürgerrechtlichen Anspruchs ist daher gestützt auf Art. 98 lit. g OG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lit. c. VwVG und Art. 104 OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht zu rügen.
b) Gemäss Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Es besteht kein Zweifel, dass die beiden minderjährigen Töchter ein schützenswertes Interesse an der Aufhebung des Beschlusses des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen besitzen und somit zur Erhebung der Beschwerde berechtigt sind. Hingegen gilt dies nicht auch für ihre Eltern. Der Vater, der selber nicht Schweizer Bürger ist, kann nicht ein genügendes tatsächliches oder rechtliches Interesse daran haben, dass seinen Kindern neben dem bereits bestehenden Bürgerrecht des Kantons Solothurn und der Gemeinde X. auch dasjenige des Kantons und der Stadt Schaffhausen zukommt. Aber auch die Mutter besitzt keinen subjektiven Anspruch, ihren Kindern ein Bürgerrecht zu vermitteln. Das Bürgerrecht ist vielmehr als Beziehung zwischen dem Einzelnen und dem Staat aufzufassen. Auch ihre Beschwerdelegitimation ist daher zu verneinen. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach nur insofern einzutreten, als sie von den beiden Töchtern, den Beschwerdeführerinnen Nrn. 3 und 4, erhoben wird, nicht hingegen von den Beschwerdeführern Nrn. 1 und 2, soweit sie in eigenem Namen Beschwerde führen. Sie sind jedoch
BGE 116 II 657 S. 660
als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Kinder am Verfahren beteiligt.
c) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können nur Verfügungen letzter Instanzen der Kantone angefochten werden (Art. 98 lit. g OG). Auf die vorliegende Beschwerde kann daher nur insoweit eingetreten werden, als mit ihr die Aufhebung des regierungsrätlichen Beschlusses vom 24. Oktober 1989, nicht aber, als auch die Aufhebung der Verfügung des Volkswirtschaftsdepartements des Kantons Schaffhausen vom 2. März 1989 beantragt wird.

2. Das seit dem 1. Januar 1988 in Kraft stehende revidierte Eherecht brachte mit Art. 161 ZGB für die Frauen insofern eine Neuerung, als sie - im Gegensatz zum alten Recht - ihr Ledigenbürgerrecht trotz Heirat behalten. Den Frauen, die sich noch unter altem Recht verheiratet hatten, wurde mit Art. 8b SchlT ZGB das Recht eingeräumt, innert einem Jahr seit Inkrafttreten des neuen Rechts gegenüber der zuständigen Behörde ihres ehemaligen Heimatkantons zu erklären, sie nähmen das Bürgerrecht, das sie als ledig hatten, wieder an. Diese Regelung wollte eine grundsätzliche Gleichbehandlung der Frauen, die sich unter altem Recht verheiratet hatten, mit denjenigen, die erst ab 1. Januar 1988 die Ehe eingegangen waren, bewirken. Sie sollten ab diesem Zeitpunkt für die Zukunft so gestellt sein, wie wenn sie erst unter neuem Recht geheiratet hätten. Die neue Bürgerrechtsregelung bezweckte vor allem, dem Persönlichkeitsrecht der Frau Rechnung zu tragen und die Rechtsgleichheit zwischen Ehemann und Ehefrau im Bereich des Bürgerrechts so weit als möglich zu verwirklichen (Amtl.Bull. StR 1981, S. 71 ff., NR 1983, S. 641; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N 5-7 zu Art. 161 ZGB und N 4 zu Art. 8b SchlT ZGB).
Sowohl Art. 161 ZGB als auch Art. 8b SchlT ZGB sprechen nur von der Ehefrau bzw. von der Schweizerin. Die Kinder der Frau werden in diesen Bestimmungen nicht erwähnt. Für sie gilt grundsätzlich die Regel, dass sie das Bürgerrecht des Vaters erhalten, sofern ihre Eltern miteinander verheiratet sind (Art. 271 Abs. 1 ZGB). Das Bürgerrecht ihrer Mutter erwerben sie nach Art. 271 Abs. 2 ZGB, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet und die Voraussetzungen von Absatz 3 dieser Bestimmung nicht erfüllt sind. Im Zuge der Gleichstellung von Mann und Frau erhalten seit der Revision des Bürgerrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1984, in Kraft seit dem 1. Juli 1985, grundsätzlich auch Kinder das Schweizer Bürgerrecht ihrer schweizerischen Mutter, deren Vater Ausländer
BGE 116 II 657 S. 661
ist (Art. 1 Abs. 1 lit. a BüG). Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang noch die Bestimmungen über die erleichterte Einbürgerung in Art. 58ter BüG (Fassung vom 14. Dezember 1984) und der Einbezug der Kinder in die Einbürgerung ihrer Eltern bzw. ihrer Mutter gemäss Art. 33 BüG sowie in die Wiedereinbürgerung nach Art. 20 BüG. An dieser Rechtslage wird auch die erneute Revision des Bürgerrechtsgesetzes vom 23. März 1990 nichts Entscheidendes ändern (vgl. Art. 58a Abs. 3 und Art. 58b Abs. 3 BüG vom 23. März 1990).

3. a) Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen geht im angefochtenen Entscheid davon aus, dass der Bürgerrechtserwerb gemäss Art. 8b SchlT ZGB allein die erklärende Frau betreffe. Diese Bestimmung wolle nur der Persönlichkeit der Frau Rechnung tragen. Eine Übereinstimmung des Bürgerrechts der Kinder mit allen Bürgerrechten der Mutter sei nicht vorgesehen und im Interesse der Kinder auch nicht zwingend. Könnte eine Frau, die unter altem Recht die Ehe eingegangen ist, das Bürgerrecht, das sie als ledig besass, an ihre Kinder weitergeben, würde sie gegenüber derjenigen Frau, die erst nach neuem Recht heiratet, bevorteilt. Eine derartige Besserstellung der ersteren habe der Gesetzgeber indessen nie beabsichtigt. Er habe nur die beiden Kategorien von Ehefrauen einander gleichstellen wollen. Art. 8b SchlT ZGB sei völlig eindeutig und bedürfe keiner weiteren Auslegung. Weder verstosse diese Bestimmung gegen Art. 4 Abs. 2 BV und Art. 8 EMRK, noch habe sie sich nach Art. 20 und 33 BüG zu richten.
b) Auch in der Lehre wird zum Teil die gleiche Meinung vertreten wie im angefochtenen Beschluss. Im Kommentar HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N 39 zu Art. 8b SchlT ZGB, wird betont, dass Art. 8b SchlT ZGB lediglich der Persönlichkeit der Frau Rechnung tragen wolle und ihr Bürgerrechtserwerb sich nicht auf ihre unmündigen Kinder erstrecke. Eine solche Ausdehnung würde in unerwünschter Weise die Doppelbürgerrechte fördern. GEISER, Der Name und das Bürgerrecht im neuen Eherecht, VSIV Bd. 26, S. 108, stellt fest, dass die Frau ihr Bürgerrecht zurückerhalte, wie wenn sie es nie verloren hätte. Die Wiederannahme entfalte aber keine Rückwirkung. Sie wirke auch nicht zurück auf minderjährige Kinder der Frau, die gemäss Art. 271 Abs. 2 ZGB ihr Bürgerrecht führen. HEGNAUER hat in einem Artikel in der Zeitschrift für Zivilstandswesen im Jahre 1981 dieselbe Auffassung vertreten und damit eine Ausdehnung des Ledigenbürgerrechts
BGE 116 II 657 S. 662
der Mutter auf ihre vor dem 1. Januar 1988 geborenen Kinder ausgeschlossen (Das Bürgerrecht der Ehefrau im neuen Eherecht, ZZW 1981, S. 248). In späteren Schriften hat er indessen seine Stellungnahme etwas abgeschwächt. Nach HEGNAUER, Das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Ehefrau im neuen Eherecht, ZBl 88/1987, S. 249 ff., insbes. S. 255 f., gilt für Kinder, deren Kindesverhältnis zum Ehemann der Mutter durch Anfechtungsurteil aufgehoben worden ist, dass sie sowohl das durch Heirat erworbene als auch das Ledigenbürgerrecht der Mutter erhalten. Gleiches gilt, wenn eine Witwe oder eine geschiedene Frau ausserhalb einer Ehe ein Kind zur Welt bringt. Für den Fall, dass Kinder zwischen Eheschliessung und Wiederannahme des Ledigenbürgerrechts durch die Mutter geboren sind, nimmt dieser Autor eine unechte Lücke an, weil der Gesetzgeber diese Frage nicht bedacht habe. Diese Lücke sei nach Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB in dem Sinne zu füllen, dass die Mutter ausserhalb der Ehe geborener Kinder so gestellt werde, wie wenn sie erst nach dem 1. Januar 1988 geheiratet hätte. Dazu gehöre aber, dass ihr ausser der Ehe geborenes Kind nicht nur ihr durch die Ehe erworbenes Bürgerrecht, sondern vor allem auch ihr Ledigenbürgerrecht erhalte (vgl. auch HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 3. Aufl. 1989, N 17.06 S. 116, und HEGNAUER/BREITSCHMID, Grundriss zum Eherecht, N 14.20 S. 141). Eine ähnliche Auffassung vertritt auch GUDRUN STURM, Das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Schweizerin, in: Das Standesamt, Festheft für Prof. F. Sturm, 1989, Nr. 6/7 S. 196. Sie weist zudem darauf hin, dass sich die Wiederannahme des Ledigenbürgerrechts durch die Mutter auch auf ihre vor dem 1. Januar 1988 geborenen Kinder aus einer zweiten Ehe mit einem Ausländer erstrecken sollte, so dass diese auf das aus der ersten Ehe ihrer Mutter herrührende Bürgerrecht verzichten könnten.

4. Im vorliegenden Fall dreht sich der Streit um die Auslegung von Art. 8b SchlT ZGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Gesetzesbestimmung in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. An einen klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut ist die rechtsanwendende Behörde grundsätzlich gebunden (BGE 114 II 406 E. 3). Gemäss dem Wortlaut von Art. 8b SchlT ZGB ist einzig die Schweizerin, die sich unter bisherigem Recht verheiratet hat, berechtigt, ihr Ledigenbürgerrecht wieder anzunehmen. Betrachtet man die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung, so gelangt man zu keinem andern Ergebnis.
BGE 116 II 657 S. 663
In den Beratungen der eidgenössischen Räte war stets nur von der Ehefrau die Rede. Die Möglichkeit, auch ihre Kinder, die vor dem 1. Januar 1988 geboren wurden und das Bürgerrecht der Mutter erhalten haben, darin einzuschliessen, wurde nie erwähnt. Die abgegebenen Voten lassen den Willen erkennen, mit der Übergangsregelung nur der Ehefrau die Befugnis einzuräumen, sich nachträglich für die Annahme ihres Ledigenbürgerrechts auszusprechen (Amtl.Bull. StR 1981, S. 71, NR 1983, S. 641 f. und StR 1984, S. 126 ff.). Der Entstehungsgeschichte von Art. 8b SchlT ZGB lässt sich somit nichts entnehmen, was zugunsten des Standpunktes der Beschwerdeführerinnen sprechen würde.
Wenn das Bundesgericht in BGE 114 II 404 ff. festgehalten hat, dass Art. 161 ZGB sowie Art. 8b SchlT ZGB trotz des klaren Wortlauts auslegungsbedürftig seien, so bezog sich diese Feststellung auf das Wort "ledig". Aus den Materialien ging nicht eindeutig hervor, was unter dieser Wendung zu verstehen sei. Demgegenüber decken sich Wortlaut und Entstehungsgeschichte von Art. 8b SchlT ZGB, soweit darin nur vom Bürgerrechtserwerb der Schweizerin und nicht auch von ihren Kindern, die ihr Bürgerrecht besitzen, die Rede ist. Insofern unterscheidet sich die hier zu beurteilende Rechtsfrage von derjenigen, die dem zitierten Urteil zugrunde lag. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass sich Erwerb und Verlust von Bürgerrechten grundsätzlich nach dem Recht richten, welches im Zeitpunkt galt, in welchem sich der massgebliche Sachverhalt verwirklicht hat. Dieser Grundsatz wird in Art. 57 Abs. 2 BüG ausdrücklich festgehalten. Soweit Änderungen der Bestimmungen über Erwerb oder Verlust des Bürgerrechts sich auch auf Tatbestände auswirken sollen, die sich vor dem Inkrafttreten der neuen Normen ereignet haben, wird dies regelmässig im Übergangsrecht zum Ausdruck gebracht. Dies ist denn auch in Art. 8b SchlT ZGB hinsichtlich der Ehefrau ausdrücklich geschehen, nicht aber hinsichtlich ihrer Nachkommen.
Nach dem Ausgeführten wird deutlich, dass der Gesetzgeber vom bisherigen Recht nur gerade so weit abweichen wollte, als es das Persönlichkeitsrecht der Frauen verlangte und es aufgrund von Art. 4 Abs. 2 BV unumgänglich war. Dies lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber auch keine umfassende Rückwirkung der Übergangsregelung vorsehen wollte. Er wollte der Frau nicht alle Rechte verschaffen, die ihr zustehen würden, wenn sie das Bürgerrecht, das sie als ledig besass, nie verloren hätte. Sie sollte vielmehr
BGE 116 II 657 S. 664
für die Zukunft so gestellt werden, wie wenn sie dieses Bürgerrecht immer besessen hätte (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N 37 zu Art. 8b SchlT ZGB, und GEISER, a.a.O., S. 108). Sie wird daher in Zukunft, sofern sie noch Kinder zur Welt bringen wird, deren Vater Ausländer ist oder die ausserhalb der Ehe geboren werden, diesen ihr Ledigenbürgerrecht vermitteln. Doch gilt dies nicht für jene Kinder, die bereits vor dem Zeitpunkt der Wiederannahme dieses Bürgerrechts geboren wurden.
Auch der Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie, der in der Bürgerrechtsgesetzgebung zum Teil noch verwirklicht wird (vgl. Art. 20, 28 und 33 sowie Art. 57a Abs. 2 BüG), führt zu keinem andern Ergebnis. Dieser Grundsatz gilt vor allem im Zeitpunkt der Geburt der Kinder (vgl. HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, Rz. 17.13 S. 117). Spätere Änderungen im Bürgerrecht der Eltern wirken sich hingegen nicht automatisch auf die Kinder aus. So erstreckt sich die Einbürgerung der Eltern nur dann auf die Kinder, wenn sie in diese einbezogen werden, was allerdings in der Regel zu geschehen hat (Art. 33 BüG; dies gilt auch für das Kantons- und Gemeindebürgerrecht). Anderseits können minderjährige Kinder auch selbständig um die Einbürgerung nachsuchen. Auch familienrechtliche Tatbestände, die sich auf das Bürgerrecht der Eltern auswirken, führen nicht automatisch zu einer Veränderung des Bürgerrechts der Kinder. Besitzt das Kind die Bürgerrechte der Mutter, heiratet diese aber später einen andern Mann als dessen Vater, so erhält sie das Bürgerrecht ihres Ehemannes, ohne dass das Kind ihr darin folgt. Das Kind einer geschiedenen oder verwitweten Frau erhält alle Bürgerrechte seiner Mutter. Heiratet diese später wieder, verliert sie das in der vorangegangenen Ehe erworbene Bürgerrecht, während ihr Kind es behält. Diese Beispiele zeigen, dass dem Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie nicht mehr allgemeine Anerkennung zukommt, wie das Bundesgericht bereits in BGE 108 Ib 405 festgestellt hat.
Die angestellten Überlegungen führen zum Schluss, dass sich nur die Beschwerdeführerin Nr. 2 auf Art. 8b SchlT ZGB berufen und demnach das Bürgerrecht von Stadt und Kanton Schaffhausen, das sie als ledig besass, wieder annehmen kann. Ihre beiden minderjährigen Töchter, die Beschwerdeführerinnen Nrn. 3 und 4, können hingegen in diesen Bürgerrechtserwerb nicht einbezogen werden.

5. Was in der Beschwerdeschrift über die verfassungskonforme Auslegung von Art. 8b SchlT ZGB vorgebracht wird, ist nicht
BGE 116 II 657 S. 665
geeignet, ein anderes Ergebnis herbeizuführen. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, diese Bestimmung müsse verfassungskonform ausgelegt werden, und berufen sich zunächst auf Art. 34quinquies Abs. 1 BV, welcher vorsieht, dass der Bund in der Ausübung seiner Befugnisse und im Rahmen der Verfassung die Bedürfnisse der Familie zu berücksichtigen habe. Nachdem aber der Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie - wie bereits gezeigt - nicht mehr allgemein anerkannt und verwirklicht ist, können die Beschwerdeführerinnen auch aus Art. 34quinquies BV, der im übrigen mehr einen sozialpolitischen Inhalt aufweist (vgl. HÄFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Aufl., Zürich 1988, Rz. 154 S. 46), nichts zugunsten ihres Standpunktes herleiten. Es ist nicht einzusehen, inwiefern der Einbezug der Kinder in den Erwerb des Bürgerrechts, das die Mutter als ledig besessen hatte, dem Familienschutz dienen sollte.
Im weiteren erblicken die Beschwerdeführerinnen in der Tatsache, dass sie nur das Kantons- und das Gemeindebürgerrecht des ersten Ehemannes ihrer Mutter besitzen sollen, eine Verletzung in ihren persönlichen Verhältnissen sowie eine solche von Art. 8 Abs. 1 EMRK. Dass aber der Anspruch auf Achtung des Familienlebens, der in Art. 8 Abs. 1 EMRK garantiert wird, und auf Schutz in den persönlichen Verhältnissen auch einen Einfluss auf das Kantons- und Gemeindebürgerrecht ausübe, nachdem diesen Rechten heute weder für die Niederlassung noch für die Sozialhilfe Bedeutung zukommt, erscheint als wenig einleuchtend. Demnach vermögen auch diese verfassungsmässigen Rechte den Beschwerdeführerinnen nicht zu helfen.
Schliesslich berufen sich die Beschwerdeführerinnen auch noch auf Art. 4 Abs. 2 BV. Nach ihrer Auffassung verstösst der angefochtene Entscheid gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter. Dass die Regelung von Name und Bürgerrecht im neuen Eherecht Art. 4 Abs. 2 BV widerspricht, ist zuzugeben. Doch kann im Hinblick auf Art. 113 Abs. 3 BV nichts daran geändert werden, dass sich der Gesetzgeber gegen eine volle Gleichstellung der Ehegatten in diesem Bereich entschieden hat. Die Rechtsungleichheit findet sich vor allem - was das Bürgerrecht anbetrifft - in Art. 161 und Art. 271 Abs. 1 ZGB. Dabei ist zu beachten, dass Art. 8b SchlT ZGB keine neue Ungleichheit schafft, sondern lediglich die Ungleichbehandlung, die Ehefrauen unter altem Recht erlitten haben, auf das Mass reduzieren will, das
BGE 116 II 657 S. 666
die Bürgerrechtsregelung im neuen Recht noch zulässt. Dass aber in den Bürgerrechtserwerb dieser Frauen auch ihre Kinder, die bereits vor dem 1. Januar 1988 ihr Bürgerrecht besessen haben, einzubeziehen seien, lässt sich weder Art. 4 Abs. 1 noch Abs. 2 BV entnehmen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5

Referenzen

BGE: 114 II 406, 114 II 404, 108 IB 405

Artikel: Art. 8b SchlT ZGB, Art. 271 und 161 ZGB, Art. 4 Abs. 2 BV, Art. 33 BüG mehr...