117 II 16
Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Urteilskopf
117 II 16
5. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Mai 1991 i.S. X. gegen X. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste
Schutz der ehelichen Gemeinschaft; Unterhaltsbeiträge bei Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes (Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB).
Bei der Festsetzung der Unterhaltsbeiträge darf auf seiten des Unterhaltspflichtigen von einem über dem tatsächlichen Arbeitserwerb liegenden Verdienst ausgegangen werden, falls und soweit der Pflichtige bei ihm zuzumutender Anstrengung mehr zu verdienen vermöchte; soweit das Einkommen aus Vermögensertrag besteht, darf indessen nicht von einem hypothetischen Ertrag ausgegangen werden, wenn der Unterhaltspflichtige sich - aus welchen Gründen auch immer - seines Vermögens entäussert hat und der Vermögensschwund nicht rückgängig gemacht werden kann.
Aus den Erwägungen:
1. a) Das Obergericht stellt unangefochten fest, der heute vermögenslose Beschwerdeführer habe seinen beiden Kindern seit 1987 mindestens Fr. 620'000.-- geschenkt, und zwar im vollen Wissen darum, dass er gemäss aussergerichtlicher Vereinbarung vom 28. November 1973 der Beschwerdegegnerin monatliche Unterhaltsbeiträge von nunmehr Fr. 3'800.-- zu bezahlen verpflichtet sei. Die kantonale Rekursinstanz hat dieses Verhalten als rechtsmissbräuchlich bezeichnet und deshalb dafürgehalten, dass im Hinblick auf die Berechnung der der Beschwerdegegnerin zustehenden Unterhaltsbeiträge zu dem aus einer AHV-Rente von Fr. 1'200.-- bestehenden monatlichen Einkommen des Beschwerdeführers ein hypothetischer Vermögensertrag von rund Fr. 2'100.-- hinzuzuschlagen sei.
b) Insbesondere unter Hinweis darauf, dass es ihm nicht möglich sei, einen derartigen Vermögensertrag zu erzielen, hält der Beschwerdeführer die obergerichtliche Betrachtungsweise zu Recht für willkürlich:
Bei der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen darf vom tatsächlichen Leistungsvermögen des Pflichtigen, das Voraussetzung und Bemessungsgrundlage der Beitragspflicht bildet, abgewichen und statt dessen von einem hypothetischen Einkommen ausgegangen werden, falls und soweit der Pflichtige bei gutem Willen bzw. bei ihm zuzumutender Anstrengung mehr zu verdienen vermöchte, als er effektiv verdient (vgl. BGE 110 II 117 E. 2a mit Hinweisen; BGE 77 II 112 E. 2; BGE 51 II 102 E. 3; BÜHLER/SPÜHLER, N 139 f. zu Art. 145 ZGB mit Hinweisen); wo die reale Möglichkeit einer Einkommenssteigerung fehlt, muss eine solche jedoch ausser Betracht bleiben (vgl. SJZ 81/1985, S. 390 Nr. 72; KEHL-ZELLER, Die Unterhaltsansprüche der Ehegatten während der Ehe, 2. A., S. 16 f.). Was für das Einkommen und den Vermögensertrag als Bestandteil des Einkommens gilt, muss notwendigerweise und erst recht für das Vermögen als solches Regel bilden; das Äufnen von Vermögen nach Vermögensverlust ist nämlich bedeutend schwieriger und hängt in geringerem Masse vom guten Willen des Betroffenen allein ab, als dies für eine Steigerung des Erwerbseinkommens üblicherweise zutrifft (KEHL-ZELLER, a.a.O., S. 180 oben). Hat der Unterhaltspflichtige - sei es auch verschuldetermassen oder gar aus bösem Willen - sich seines Vermögens entäussert, und kann der Vermögensschwund nicht rückgängig gemacht werden, muss
BGE 117 II 16 S. 18
auf die verbleibende effektive Leistungsfähigkeit abgestellt werden, so unbefriedigend dies im Einzelfall auch erscheinen mag (vgl. SJZ 81/1985, S. 391 Nr. 72; dazu auch HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N 20 zu Art. 176 ZGB).c) Das Obergericht stellt nicht etwa fest, dass die Schenkungen des Beschwerdeführers an seine Kinder rückgängig zu machen wären. Ebensowenig ist dargetan, dass der Beschwerdeführer bei gutem Willen bzw. bei ihm zuzumutender Anstrengung den von der kantonalen Instanz eingesetzten hypothetischen Vermögensertrag von monatlich rund Fr. 2'100.-- auf andere Weise zu erzielen vermöchte. Die Festsetzung des Unterhaltsbeitrages beruht damit auf einer unhaltbaren Grundlage, so dass der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. ...