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Urteilskopf

119 Ia 433


50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. November 1993 i.S. B. und Mitbeteiligte sowie Apothekerverein des Kantons Schaffhausen gegen G., Regierungsrat und Obergericht des Kantons Schaffhausen (staatsrechtliche Beschwerden)

Regeste

Art. 4, 31 BV; Zulassung der Selbstdispensation (Medikamentenverkauf durch Ärzte); Legitimation der Apotheker.
1. Gleichbehandlung der Gewerbegenossen. Keine direkte Konkurrenz zwischen Apothekern und Ärzten hinsichtlich des Medikamentenverkaufs (E. 2b).
2. Bejahung der Legitimation des Apothekers zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV gegen die gesetzwidrige Zulassung der Selbstdispensation durch einen im gleichen Einzugsbereich tätigen Arzt (E. 2c).
3. Aufhebung eines kantonalen Rechtsmittelentscheides, welcher die Verfassungsmässigkeit einer gesetzlichen Selbstdispensationsbeschränkung willkürlich verneint (E. 3, 4).

Sachverhalt ab Seite 434

BGE 119 Ia 433 S. 434
Art. 17 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Schaffhausen (GesG) vom 19. Oktober 1970 hat folgenden Wortlaut:
"Die Ärzte in Gemeinden mit weniger als zwei öffentlichen Apotheken sind berechtigt, eine den Vorschriften entsprechende Privatapotheke zu führen, unter Anzeige an das Departement des Inneren.
In Gemeinden mit wenigstens zwei öffentlichen Apotheken ist für die Führung einer Privatapotheke die Bewilligung des Departementes des Innern erforderlich. Sie wird erteilt aufgrund einer verbindlichen Empfehlung der paritätischen Kommission der im Kanton tätigen Ärzte und Apotheker. Das Departement kann Weisungen für die Bestellung dieser Kommission erlassen. Die Kommission entscheidet, ob die Bewilligung für die ärztliche Betreuung der Bevölkerung notwendig ist."
In einem Entscheid aus dem Jahre 1982 bezeichnete das Obergericht des Kantons Schaffhausen Art. 17 Abs. 2 GesG als verfassungswidrige Bedürfnisklausel und daher nicht anwendbare Bestimmung. In der Folge machten die zuständigen kantonalen Behörden die Bewilligung zur Führung einer Privatapotheke nicht mehr davon abhängig, dass ihre Erteilung für die ärztliche Betreuung der Bevölkerung notwendig sei.
Am 22. Februar 1985 erteilte die Sanitätsdirektion des Kantons Schaffhausen Dr. med. G. die Bewilligung zur Führung einer Arztpraxis in Schaffhausen. Dabei nahm die Sanitätsdirektion zur Kenntnis, dass Dr. G. eine Privatapotheke führen werde, machte ihn aber unter Hinweis auf einen beim Bundesgericht hängigen und die Frage der Selbstdispensation der Ärzte betreffenden Fall darauf aufmerksam, dass er die Selbstdispensation werde einstellen müssen, "sollte das Bundesgericht (...) zur Auffassung gelangen, ein partielles oder vollständiges Verbot der Selbstdispensation verstosse nicht gegen die Handels- und Gewerbefreiheit".
BGE 119 Ia 433 S. 435
Am 23. Januar 1986 forderte die Sanitätsdirektion Dr. G. unter Berufung auf Art. 17 Abs. 2 GesG und zwei am 25. April 1985 ergangene, allerdings die Kantone Waadt (unveröffentlichtes Urteil i.S. W.) und Freiburg (BGE 111 Ia 184) betreffende Entscheide des Bundesgerichts auf, entweder ein Gesuch zur Führung einer Privatapotheke einzureichen oder aber die Selbstdispensation spätestens bis 31. März 1987 einzustellen. Auf Rekurs von Dr. G. hin bestätigte der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen diese Verfügung mit Entscheid vom 10. Juli 1990.
Dagegen beschwerte sich Dr. G. beim Obergericht des Kantons Schaffhausen mit dem Antrag, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und festzustellen, dass er berechtigt sei, eine den Vorschriften entsprechende Privatapotheke zu führen und hierfür keiner zusätzlichen kantonalen Bewilligung bedürfe. Mit Urteil vom 19. Juni 1992 hiess das Obergericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hob die Entscheide des Regierungsrates und der Sanitätsdirektion auf und stellte fest, dass Dr. G. weiterhin berechtigt sei, eine den Vorschriften entsprechende Privatapotheke zu führen.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 22. August 1992 beantragen B. und Mitbeteiligte die Aufhebung des Entscheides des Obergerichtes vom 19. Juni 1992. Separat hat auch der Apothekerverein des Kantons Schaffhausen staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts erhoben. Das Bundesgericht heisst die beiden Beschwerden gut und hebt das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 19. Juli 1992 auf.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen und der Beschwerdegegner Dr. G. beantragen in erster Linie, auf die Beschwerden nicht einzutreten.
a) Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Entscheide oder Verfügungen erlitten haben. Gemäss ständiger Rechtsprechung kann mit staatsrechtlicher Beschwerde lediglich die Verletzung in rechtlich geschützten Interessen gerügt werden; zur Verfolgung bloss tatsächlicher Vorteile oder zur Geltendmachung allgemeiner öffentlicher Interessen ist die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegeben (BGE 118 Ia 232 E. 1 S. 234,
BGE 119 Ia 433 S. 436
46 E. 3a S. 51; BGE 117 Ia 90 E. 2a S. 93, je mit Hinweisen). Die eigenen rechtlichen Interessen, auf die sich der Beschwerdeführer berufen muss, können entweder durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder aber auch unmittelbar durch ein angerufenes spezielles Grundrecht geschützt sein, sofern die Interessen auf dem Gebiet liegen, welches die betreffende Verfassungsbestimmung beschlägt; das in Art. 4 BV enthaltene allgemeine Willkürverbot verschafft für sich allein noch keine geschützte Rechtsstellung im Sinne von Art. 88 OG (BGE 118 Ia 46 E. 3a S. 51 mit Hinweisen). Die Legitimation bestimmt sich ausschliesslich nach Art. 88 OG. Unmassgeblich ist daher, dass die Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren beigeladen wurden und demzufolge Parteistellung erhielten (BGE 118 Ia 112 E. 2a S. 116).
b) Die Beschwerdeführer berufen sich zur Begründung ihrer Legitimation in erster Linie auf Art. 31 BV, d.h. auf den Anspruch auf Gleichbehandlung der Gewerbegenossen, den sie als verletzt betrachten, da für Apotheker und Ärzte hinsichtlich der Abgabe von Medikamenten unterschiedliche Regelungen namentlich über die räumliche Ausstattung und die Betriebsführung, aber auch den Notfalldienst bestünden. Daraus resultiere zu Lasten der Apotheker eine Wettbewerbsverzerrung.
Ob Art. 31 BV einen besonderen Anspruch auf Gleichbehandlung der Gewerbegenossen gewährleistet, der nicht schon aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot von Art. 4 BV folgt, ist in der neueren Doktrin umstritten (bejahend: RENÉ A. RHINOW, Kommentar BV, N. 176 ff., insbesondere N. 183 zu Art. 31 BV; verneinend: GEORG MÜLLER, Kommentar BV, N. 29 zu Art. 4 BV; vgl. auch YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Bd. II: Grundrechte, 1982, S. 187 f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, 2. Aufl., Bern 1991, S. 362 Anmerkung 59; ETIENNE GRISEL, Liberté du commerce et de l'industrie, vol. I, Bern 1993, Rz. 320 ff. S. 125 ff.). Die II. öffentlichrechtliche Abteilung hat die Frage, unter Hinweis auf die in der Doktrin erhobene Kritik, in BGE 112 Ia 30 E. 3a S. 34 f. und BGE 106 Ia 267 E. 5a S. 275 ausdrücklich offengelassen. Sie braucht auch hier nicht entschieden zu werden.
Auf den Anspruch auf Gleichbehandlung der Gewerbegenossen können sich jedenfalls nur direkte Konkurrenten berufen. Als solche gelten die Angehörigen der gleichen Branche, die sich mit gleichen Angeboten an dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen (BGE 106 Ia 267 E. 5a S. 274 mit Hinweisen).
BGE 119 Ia 433 S. 437
Nach diesen Kriterien hat das Bundesgericht etwa ein direktes Konkurrenzverhältnis zwischen Inhabern von "Peep-Shows" einerseits und von Kiosken, Kinos und Nightclubs anderseits (BGE 106 Ia 267), zwischen Kinos einerseits und Theatern sowie Cabaret/Dancings anderseits (BGE 93 I 305 E. 2a S. 309 mit Hinweis), aber auch zwischen Apotheken und Drogerien (BGE 89 I 27 E. 4 S. 35) verneint. Der Verkauf von auch andernorts angebotenen Artikeln durch die Apotheken ist hinsichtlich der nur bei diesen erhältlichen Produkte bloss akzessorischer Natur und vermag daher keine direkte Konkurrenzsituation zwischen Apotheken und Drogerien zu begründen (BGE 89 I 27 E. 4 S. 35). Unter diesem Gesichtswinkel sind die Beschwerdeführer, welche sich als Apotheker nicht mit gleichen Angeboten wie ein Arzt an das gleiche Publikum richten, nicht zur Anrufung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen legitimiert.
c) Es fragt sich weiter, ob die Beschwerdeführer sich auf das Willkürverbot von Art. 4 BV berufen können.
Die Regelung von Art. 17 GesG, wonach in Gemeinden mit mehr als einer Apotheke die Selbstdispensation durch Ärzte nur bewilligt werden darf, wenn "die Bewilligung für die ärztliche Betreuung der Bevölkerung notwendig ist", will eine genügende Medikamentenversorgung sichern, indem sie die Apotheken unter gewissen Voraussetzungen vor der Konkurrenz durch selbstdispensierende Ärzte schützt. Dieser Schutz ist zwar nicht das eigentliche Ziel der Norm, sondern nur ein Mittel zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zweckes. Dies ändert indessen nichts daran, dass der Konkurrenzschutz keine blosse faktische Reflexwirkung, sondern vom Gesetzgeber durchaus beabsichtigt ist. Ob diese Regelung und deren Zielsetzung verfassungsrechtlich zulässig ist, ist eine Frage der materiellen Beurteilung der Beschwerde; für die Legitimation der Beschwerdeführer ist die Frage unerheblich.
Dient Art. 17 GesG im erwähnten Sinne auch dem Konkurrenzschutz der Apotheken, so haben deren Inhaber an der Befolgung dieser gesetzlichen Regelung, soweit es um die Zulassung der ärztlichen Selbstdispensation in ihrem Einzugskreis geht, ein rechtlich geschütztes Interesse. Die vorliegende Situation lässt sich mit jener im Bereich des öffentlichen Baurechts vergleichen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist der Nachbar zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen eine Baubewilligung dann legitimiert, wenn er die Verletzung von Bauvorschriften rügt, die ausser dem Schutz der Allgemeinheit auch oder in erster Linie den Interessen der
BGE 119 Ia 433 S. 438
Nachbarn dienen; darüber hinaus muss er sich (räumlich) im Schutzbereich der betreffenden Vorschriften befinden (BGE 118 Ia 232 E. 1a S. 234). Die fünf beschwerdeführenden Apotheker aus der Stadt Schaffhausen stehen zwar zum Beschwerdegegner in keinem direkten Konkurrenzverhältnis und können sich damit nicht auf Art. 31 BV berufen; sie befinden sich aber räumlich im Schutzbereich von Art. 17 GesG und sind daher nach dem Gesagten legitimiert, das Urteil des Obergerichts wegen willkürlicher Verletzung dieser Gesetzesvorschrift mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten.
d) Zu prüfen bleibt die Legitimation des Apothekervereins Schaffhausen. Der Beschwerdegegner bestreitet diese, weil von vornherein höchstens fünf Geschäftsinhaber, mithin die Minderheit der Vereinsmitglieder betroffen sein könnten.
Einem Verein wird die Beschwerdelegitimation zur Wahrung der Interessen seiner Mitglieder zugestanden, wenn er eine juristische Person ist, die einzelnen Mitglieder zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert wären, die Wahrung der durch ein verfassungsmässiges Recht geschützten Interessen der Mitglieder zu seinen statutarischen Aufgaben gehört und tatsächlich ein Interesse der Mehrheit oder doch einer Grosszahl seiner Mitglieder geltend gemacht wird (BGE 114 Ia 452 E. 1d, aa S. 456; vgl. auch BGE 119 Ia 197 E. 1c, bb S. 201).
Zum statutarischen Zweck des Apothekervereins des Kantons Schaffhausen gehört unter anderem die Wahrung der gemeinsamen Berufsinteressen seiner Mitglieder. Von den 15 Mitgliedern sind nur deren fünf als Inhaber einer Apotheke im engeren Einzugsbereich der Arztpraxis des Beschwerdegegners vom angefochtenen Entscheid direkt betroffen, während einige weitere Vereinsmitglieder zwar Apotheken leiten, aber nicht Geschäftsführer sind und insoweit auch kaum persönlich zur Beschwerde befugt sein dürften. Dies ändert indessen nichts daran, dass das Interesse eines relativ grossen Anteils der Mitglieder geltend gemacht wird. Der Apothekerverein ist daher zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert.

3. Nach Art. 17 Abs. 1 GesG ist Ärzten die Führung einer Privatapotheke (Selbstdispensation) in Gemeinden mit weniger als zwei öffentlichen Apotheken generell gestattet.
In Gemeinden mit zwei oder mehr öffentlichen Apotheken bedarf die Selbstdispensation der Bewilligung des zuständigen kantonalen Departementes. Die Zustimmung wird gemäss Art. 17 Abs. 2 GesG erteilt aufgrund einer "verbindlichen Empfehlung der paritätischen Kommission der im Kanton tätigen Ärzte und Apotheker", welche darüber
BGE 119 Ia 433 S. 439
zu befinden hat, "ob die Bewilligung für die ärztliche Betreuung der Bevölkerung notwendig ist".
a) Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hat im angefochtenen Entscheid festgestellt, der Beschwerdegegner, dem als in der Stadt Schaffhausen tätigem Arzt keine Bewilligung zur Selbstdispensation erteilt wurde, sei weiterhin auch ohne eine solche Bewilligung berechtigt, eine den Vorschriften entsprechende Privatapotheke zu führen. Damit hat das Obergericht es abgelehnt, Art. 17 Abs. 2 GesG zur Anwendung zu bringen, obwohl in der Gemeinde Schaffhausen neun öffentliche Apotheken bestehen, so dass der Beschwerdegegner gemäss der klaren gesetzlichen Regelung von Art. 17 GesG für die Führung einer Privatapotheke einer Bewilligung bedürfte, die nur zu erteilen wäre, wenn "die Bewilligung für die ärztliche Betreuung der Bevölkerung notwendig ist". Im Ergebnis wirkt sich das Urteil des Obergerichts so aus, als wäre dem Beschwerdegegner gemäss Art. 17 Abs. 2 GesG eine generelle Bewilligung zur Führung einer Privatapotheke erteilt worden.
b) Die Beschwerdeführer machen geltend, es fehlten wichtige Gründe, welche die Nichtbeachtung der Vorschrift durch das Obergericht zu rechtfertigen vermöchten; das Obergericht sei durch die Nichtanwendung von Art. 17 Abs. 2 GesG in Willkür verfallen.

4. Ein Entscheid ist willkürlich, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 118 Ia 129 E. 2 S. 130).
Das Bundesgericht hat das Verbot bzw. die Beschränkung der Selbstdispensation als grundsätzlich mit Art. 31 BV vereinbare sozialpolitische Massnahme betrachtet (vgl. BGE 111 Ia 184). Setzt sich ein kantonales Gericht, wie im vorliegenden Fall das Obergericht des Kantons Schaffhausen, über eine vom kantonalen Gesetzgeber erlassene klare Regelung wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit derselben hinweg, obwohl vergleichbare Regelungen anderer Kantone vom Bundesgericht als verfassungsmässig betrachtet worden sind, so hält ein solches Vorgehen nur dann vor dem Willkürverbot stand, wenn sich das Gericht für die behauptete Verfassungswidrigkeit auf triftige Gründe stützen kann.
a) Das Obergericht hat die von ihm festgestellte Verfassungswidrigkeit von Art. 17 Abs. 2 GesG unter anderem damit begründet, dass die Norm ihr Ziel gar nicht zu erreichen vermöge, weil die Versorgung mit Medikamenten nicht primär in jenen Gemeinden gefährdet sei, in denen zwei oder mehr öffentliche Apotheken bestünden,
BGE 119 Ia 433 S. 440
sondern in jenen, wo lediglich eine einzige, knapp ihr Auskommen findende Apotheke vorhanden sei; gerade hier könne jedoch die Selbstdispensation nach Art. 17 GesG nicht untersagt werden.
Eine ähnliche Ordnung wie die in Art. 17 GesG verankerte kennt auch der Kanton Bern, welcher die Selbstdispensation ebenfalls nur in "Ortschaften" zulässt, in welchen die Medikamentenversorgung nicht durch "mehrere öffentliche Apotheken" gewährleistet ist (vgl. Art. 29 Abs. 2 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Bern vom 2. Dezember 1984). Massgebender Gesichtspunkt einer solchen Regelung ist die Sicherstellung des lokalen Notfalldienstes, welcher das Vorhandensein von mehr als einer Apotheke voraussetzt. Neben dem Ziel der Erhaltung eines (räumlichen) Versorgungsnetzes durch öffentliche Apotheken legt eine solche Ordnung zugleich Gewicht auf eine zeitlich durchgehende Medikamentenversorgung und schränkt die Selbstdispensation zugunsten dieses Aspektes weniger stark ein als andere Kantone, welche die Selbstdispensation überhaupt erst dann zulassen, wenn keine öffentliche Apotheke in der Nähe liegt (so etwa die in BGE 111 Ia 182 beurteilte freiburgische Regelung). Allein deshalb, weil Art. 17 GesG den öffentlichen Apotheken in grösseren Gemeinden einen besseren Schutz gewährt als den in kleineren Gemeinden allein vorhandenen Apotheken, erweist sich die im Kanton Schaffhausen geltende Ordnung indessen nicht als unverhältnismässig oder, wie das Obergericht im angefochtenen Entscheid meint, gar als sinn- und zwecklos. Auch eine solche, zugunsten eines optimalen Notfalldienstes abgeschwächte Selbstdispensationsbeschränkung trägt immer noch zur Erhaltung des Apothekennetzes bei. Das Bundesgericht hat denn auch die mit Art. 17 GesG vergleichbare Ordnung des bernischen Rechts als verfassungsmässig erachtet (vgl. BGE 118 Ia 175).
b) Das Obergericht übersieht zudem, dass sich die beanstandete Beschränkung der Selbstdispensation nicht bloss mit dem erwähnten Ziel der Strukturerhaltung rechtfertigen lässt, sondern dass noch weitere gesundheitspolitische Argumente für eine Aufgabenteilung zwischen Ärzten und Apotheken angeführt werden können. Auf deren Darlegung im einzelnen kann hier verzichtet werden (vgl. dazu BGE 111 Ia 184 E. 4 S. 188 ff.; 118 Ia 175 E. 3 S. 181 ff.
c) Andere triftige Gründe für die angebliche Verfassungswidrigkeit von Art. 17 GesG führt das Obergericht nicht an, und es sind auch keine solchen erkennbar. Insbesondere liegt darin, dass die Selbstdispensation nach Art. 17 Abs. 2 GesG im Interesse einer genügenden Medikamentenversorgung lediglich dort zugelassen
BGE 119 Ia 433 S. 441
wird, wo dies für die Medikamentenversorgung der Bevölkerung notwendig ist, entgegen der Auffassung des Obergerichts keine "grundsätzlich unzulässige Bedürfnisklausel". Mit der Erhaltung einer ausreichenden Medikamentenversorgung der Bevölkerung verfolgt Art. 17 GesG, auch wenn das Selbstdispensationsverbot (bzw. die Selbstdispensationsbeschränkung) im Ergebnis einen Konkurrenzschutz für die Apotheken bewirkt, keinen wirtschaftspolitischen, sondern einen mit Art. 31 BV vereinbaren sozialpolitischen Zweck (vgl. BGE 111 Ia 184).