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Urteilskopf
120 Ia 101
15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. März 1994 i.S. W. gegen K., E. und A. sowie Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste
Legitimation des Opfers zur staatsrechtlichen Beschwerde. BG vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten OHG).
Intertemporales Verfahrensrecht. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des OHG sind anwendbar, wenn der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten des OHG ergangen ist (E. 1).
Voraussetzungen der seit dem Inkrafttreten des OHG erweiterten Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 8 Abs. 1 OHG; Änderung der Rechtsprechung; E. 2).
Umfang des dem Opfer zustehenden Gehörsanspruchs nach dem Opferhilfegesetz und nach Art. 4 BV. Beweislast im Strafverfahren, soweit zivilrechtliche Ansprüche betroffen sind (E. 3).
W. fuhr am 21. Oktober 1991 in Zürich mit dem Fahrrad zur Arbeit. Bei einer Baustelle am Russenweg geriet ein Gerüsthaken aus Metall in das Vorderrad ihres Fahrrades und blockierte dieses sofort. W. stürzte auf die Strasse und erlitt einen Kieferbruch, Rissquetschwunden am Kinn und an Ober- und Unterlippen sowie verschiedene Zahnschäden.
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Das Haus Russenweg Nr. 14 wurde im Zeitpunkt des Unfalls eingerüstet. Deshalb fiel auf K., E. und A., welche damals am Gerüst arbeiteten, der Verdacht, den Gerüsthaken auf die Strasse oder sogar direkt in das Vorderrad des Fahrrads geworfen zu haben und damit für den Unfall verantwortlich zu sein. Die Bezirksanwaltschaft Zürich stellte jedoch das Verfahren am 3. August 1992 ein, weil nicht bewiesen werden könne, dass einer der drei Arbeiter den Gerüsthaken auf die Strasse geworfen habe.
Die Rekurskommission der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich wies mit Beschluss vom 16. Dezember 1992 einen gegen die Verfügung der Bezirksanwaltschaft erhobenen Rekurs von W. ab.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 29. Januar 1993 stellt W. den Antrag, der Beschluss der Rekurskommission der Staatsanwaltschaft vom 16. Dezember 1992 sei wegen Willkür aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
Aus den Erwägungen:
1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 117 Ia 2 E. 1, mit Hinweisen).
a) Nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts war der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Dies wurde damit begründet, dass der Geschädigte an der Verfolgung und Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches oder mittelbares, nicht aber ein rechtlich geschütztes, eigenes und unmittelbares Interesse im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 88 OG habe. Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren gehe, stehe ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftrete oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt werde (BGE 108 Ia 99 E. 1 mit Hinweisen).
b) Am 1. Januar 1993 trat das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5; AS 1992 2465) in Kraft. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Legitimation der Beschwerdeführerin zur staatsrechtlichen Beschwerde grundsätzlich aus den
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Bestimmungen dieses Gesetzes. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei Opfer einer fahrlässigen Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 StGB) geworden. Dieses Delikt richtet sich gegen die körperliche Integrität, weshalb die Beschwerdeführerin nach Art. 2 Abs. 1 OHG als Opfer gilt. Allerdings fragt sich zunächst, ob es das Übergangsrecht zulässt, dass die Beschwerdeführerin ihre Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde aus dem Opferhilfegesetz ableitet, weil sich ihr Unfall schon vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ereignet hat.Das Opferhilfegesetz selber enthält keine Übergangsregelung. Aus Art. 12 Abs. 2 der Verordnung des Bundesrates vom 18. November 1992 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfeverordnung, OHV; SR 312.51) kann grundsätzlich nicht abgeleitet werden, dass eine allenfalls erweiterte Legitimation auch für Fälle gelten solle, in denen der angefochtene Entscheid noch unter altem Recht ergangen ist. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Übergangsbestimmungen in den Prozessgesetzen des Bundes heranzuziehen.
Das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 betreffend die teilweise Revision des OG enthält die folgende Übergangsbestimmung:
"Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts anwendbar, auf ein Beschwerde- oder Berufungsverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist."
Die Schlussbestimmungen der Änderung des OG vom 20. Dezember 1968 sahen unter Ziff. III Abs. 2 die folgende übergangsrechtliche Regelung vor:
"Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens vor dem Bundesgericht oder dem Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten und auf Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen."
Mit Rücksicht auf diese Bestimmungen rechtfertigt es sich grundsätzlich, auf den Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Entscheides abzustellen. Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde bestimmt sich mithin, unabhängig vom Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung, nach dem alten Recht, wenn der angefochtene Entscheid noch unter der Herrschaft des alten Rechts ausgefällt worden ist; sie bestimmt sich nach dem neuen Recht, wenn der
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angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts ausgefällt worden ist (für die Nichtigkeitsbeschwerde siehe BGE 120 IV 47 E. I/1b/bb.; vgl. auch BGE 115 II 97 ff.). Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde richtet sich also nach dem Recht, das zu dem Zeitpunkt galt, als der angefochtene Entscheid gefällt wurde; Art. 8 OHG ist anwendbar auf Beschwerden gegen Entscheide, die am 1. Januar 1993 oder später gefällt wurden. Im vorliegenden Fall kann allerdings offenbleiben, ob auf die Beschwerde gemäss altem Recht nicht einzutreten ist oder ob sie gemäss neuem Recht auch materiell zu beurteilen ist. Die materiell-rechtliche Beurteilung der Beschwerde wird ergeben, dass die Beschwerde unbegründet ist; unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Frage einer allenfalls erweiterten Legitimation des Geschädigten oder des Opfers einer Straftat zur staatsrechtlichen Beschwerde zu prüfen, selbst wenn das Übergangsrecht eine Beurteilung nach neuem Recht nicht zulassen sollte. Ohnehin waren nach der alten Praxis des Bundesgerichts neue Verfahrensvorschriften sofort und uneingeschränkt anzuwenden, wenn die Kontinuität des materiellen Rechts dadurch nicht gefährdet wurde und Übergangsbestimmungen nicht ausdrücklich etwas anderes vorsahen (BGE 115 II 101, mit Hinweis).Art. 8 Verfahrensrechte
1 Das Opfer kann sich am Strafverfahren beteiligen. Es kann insbesondere:
a. seine Zivilansprüche geltend machen;
b. den Entscheid eines Gerichts verlangen, wenn das Verfahren nicht eingeleitet oder wenn es eingestellt wird;
c. den Gerichtsentscheid mit den gleichen Rechtsmitteln anfechten wie der Beschuldigte, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.
2 ...
Art. 8 OHG richtet sich zunächst an den kantonalen Gesetzgeber, welcher verpflichtet wird, im kantonalen Strafprozessrecht dem Opfer bestimmte Mindestgarantien zu gewähren. Zudem ist Art. 8 OHG im kantonalen Strafverfahren in beschränktem Umfang auch unmittelbar anwendbar (vgl. die Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S. 974 und 985-987). Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG gibt dem Opfer einer Straftat das Recht, den über die Einstellung des Strafverfahrens ergangenen Gerichtsentscheid innerhalb bestimmter Grenzen mit den gleichen Rechtsmitteln anzufechten wie der Beschuldigte. Aus dem
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Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung geht nicht hervor, dass diese nur im kantonalen Verfahren gelten würde oder dass mit dem Ausdruck "Rechtsmittel" nur ordentliche Rechtsmittel gemeint wären. Daher liegt es nahe, Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG auch im Verfahren vor Bundesgericht gelten zu lassen und auf das ausserordentliche Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde anzuwenden. Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG ist demnach lex specialis zu Art. 88 OG und gibt dem Opfer das Recht zur staatsrechtlichen Beschwerde, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann. Mit andern Worten: Das Interesse des Opfers an der Durchführung oder Ergänzung der Strafuntersuchung ist seit der Inkraftsetzung des Opferhilfegesetzes in dessen Art. 8 rechtlich geschützt und genügt deshalb auch im Sinne von Art. 88 OG, um seine Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde zu begründen.Nach dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG stehen dem Opfer allerdings nur dann dieselben Rechtsmittel wie dem Beschuldigten zu, wenn der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.
b) Das Opferhilfegesetz will unter anderem dem Opfer die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafverfahren erleichtern und eine Verweisung dieser Ansprüche durch den Strafrichter auf den Zivilweg wesentlich erschweren. Das Opfer soll seine Zivilansprüche nicht mehr in einem oft aufwendigen und mit erheblichem Kostenrisiko verbundenen Zivilprozess geltend machen müssen, sondern es soll sie auf dem vergleichsweise einfachen Weg des Strafverfahrens adhäsionsweise geltend machen können. Der Strafrichter kann die Zivilforderungen nur dann beurteilen, wenn sie im Strafverfahren überhaupt geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass das Opfer seine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend macht (Art. 8 Abs. 1 lit. a OHG) und dass der Strafrichter, solange der Täter nicht freigesprochen oder das Verfahren nicht eingestellt ist, auch über diese Zivilansprüche des Opfers entscheidet (Art. 9 Abs. 1 OHG) respektive die Zivilansprüche später behandelt (Art. 9 Abs. 2 OHG) oder sie jedenfalls dem Grundsatz nach beurteilt (Art. 9 Abs. 3 OHG). Das Opfer ist indessen nicht selten erst in einem relativ späten Verfahrensstadium überhaupt in der Lage, seine Zivilforderungen aus der angeblichen strafbaren Handlung geltend zu machen. Das in Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG statuierte Recht des Opfers, den Entscheid
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eines Gerichts zu verlangen, wenn das Verfahren nicht eingeleitet oder wenn es eingestellt wird, setzt deshalb, anders als die Rechtsmittellegitimation nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG, nicht voraus, dass sich der Einstellungsbeschluss auf die Beurteilung der Zivilforderung auswirken kann (vgl. das erwähnte Urteil vom 23. Februar 1994, E. I/4a, mit zahlreichen Hinweisen auf die Botschaft des Bundesrates).Wenn aber das Recht des Opfers, gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG einen Gerichtsentscheid zu verlangen, nicht die Geltendmachung von Zivilforderungen voraussetzt, dann muss auch die staatsrechtliche Beschwerde gegen den den Einstellungsbeschluss bestätigenden Gerichtsentscheid unabhängig davon möglich sein, ob das Opfer bis dahin im Strafverfahren Zivilforderungen geltend gemacht hat. Etwas anderes würde höchstens gelten, wenn das Opfer ausdrücklich darauf verzichtet hätte, im Strafverfahren Zivilforderungen geltend zu machen.
c) Gegen das Strafurteil, durch das der Angeschuldigte beispielsweise freigesprochen wird, kann das Opfer Rechtsmittel im Strafpunkt aber grundsätzlich nur dann erheben, wenn es, soweit zumutbar, seine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat. Dies wird in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG zwar nicht deutlich gesagt, ergibt sich aber aus Sinn und Zweck von Art. 8 und 9 OHG . Das Opfer soll nach der Konzeption des OHG nicht gewissermassen "mit Hilfe" eines von ihm allenfalls erst im Rechtsmittelverfahren erstrittenen, für es günstigen Strafurteils erstmals in einem gesonderten Zivilprozess Zivilansprüche einbringen, sondern es soll, soweit zumutbar, seine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend machen. Wenn es dies tut, ist es unter den in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG ausdrücklich genannten Voraussetzungen zur Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt legitimiert. Wohl ist es dem Opfer freigestellt, ob es im Strafverfahren eine Zivilforderung geltend machen wolle oder nicht; verzichtet es aber auf die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafprozess, obschon die Einbringung einer solchen Forderung im Hauptverfahren zumutbar wäre, dann ist es zur Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG nicht legitimiert. Die Behörden haben im Rahmen ihrer Informationspflicht (Art. 8 Abs. 2 OHG) das Opfer in diesem Sinne zu belehren. Ob die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafprozess zumutbar war oder nicht, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab.
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Unter Umständen steht während des Strafprozesses, und zwar auch noch im Hauptverfahren, noch nicht fest, ob infolge des Gegenstand des Verfahrens bildenden Verhaltens des Angeschuldigten überhaupt ein Schaden entstanden sei, oder die Höhe des Schadens lässt sich noch nicht zuverlässig abschätzen. In solchen Fällen beispielsweise kann die Legitimation des Opfers zur Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt nicht davon abhängen, ob es im Strafverfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht habe (BGE 120 IV 53, E. I/4b, mit Hinweisen).
d) Die Rechtsmittellegitimation des Opfers im Strafpunkt setzt gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG voraus, dass es sich vorher am Verfahren beteiligt hat. Die Form der Beteiligung am Strafverfahren wird nicht durch das Opferhilfegesetz, sondern durch das kantonale Prozessrecht geregelt (vgl. dazu BGE 119 IV 172 E. 6). Die Kantone können mithin die Rechtsmittellegitimation des Opfers an die Voraussetzung einer bestimmten Form der Beteiligung am Strafverfahren knüpfen; die diesbezüglichen Regelungen dürfen aber nicht derart sein, dass dadurch die Durchsetzung der Zivilansprüche des Opfers im Strafverfahren im Widerspruch zu Sinn und Zweck des Opferhilfegesetzes erheblich erschwert würde (BGE 120 IV 55, E. I/5a).
e) Das Opfer ist zur Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG nur dann legitimiert, wenn sich der Entscheid auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann. Das Opfer bzw. der Geschädigte ist demnach dann und insoweit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert, als sich der Strafentscheid im Ergebnis und aufgrund der darin enthaltenen Begründung negativ auf die Beurteilung der Zivilforderung auswirken kann. In BGE 120 IV 56 E. I/6 hielt das Bundesgericht fest, dafür genüge es, dass sich der Zivilrichter faktisch an den Strafentscheid gebunden fühle. Das Opferhilfegesetz sagt indessen nicht, ob eine tatsächliche Bindung des Zivilrichters an den Entscheid des Strafrichters für die Legitimation des Opfers zur Ergreifung von Rechtsmitteln genüge, oder ob dafür erforderlich ist, dass der Zivilrichter rechtlich an den Strafentscheid gebunden ist.
Art. 53 Abs. 2 OR bestimmt, ein strafgerichtliches Erkenntnis sei mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich. Diese Vorschrift stellt einen auf die Schuldfrage und die Schadensbestimmung beschränkten Eingriff des Bundesgesetzgebers in das sonst im allgemeinen den Kantonen vorbehaltene Prozessrecht dar; in bezug auf diese beiden Problemkreise ist demnach eine
BGE 120 Ia 101 S. 108
Bindung des Zivilrichters an ein vorausgegangenes Strafurteil im Interesse des materiellen Bundeszivilrechts ausgeschlossen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts stand es jedoch den Kantonen von Bundesrechts wegen frei, die Verbindlichkeit eines Strafurteils für den Zivilrichter vorzusehen, insbesondere was die Feststellung der Tat als solcher und deren Widerrechtlichkeit anbetraf (BGE 107 II 158 E. b, mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung ist heute zu präzisieren, soweit das Opferhilfegesetz angewandt werden muss.Wie bereits erwähnt, will das Opferhilfegesetz unter anderem dem Opfer die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafverfahren erleichtern, indem das Opfer seine Zivilansprüche auf dem vergleichsweise einfachen Weg des Strafverfahrens adhäsionsweise soll durchsetzen können. Dieses Ziel des Opferhilfegesetzes wird nur erreicht, wenn der Strafrichter, welcher adhäsionsweise über die Zivilansprüche des Opfers urteilt (Art. 9 Abs. 1 OHG) oder später darüber entscheidet (Art. 9 Abs. 2 OHG), an seine eigenen Feststellungen rechtlich gebunden ist. Diese Bindung des Adhäsionsrichters an seine eigenen Feststellungen galt übrigens schon vor dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes und gilt auch in Verfahren, in denen das Opferhilfegesetz nicht anwendbar ist (GEORGES SCYBOZ, L'effet de la chose jugée au pénal sur le sort de l'action civile, Freiburg 1976, S. 46 ff.).
Diese Regel gilt auch dann, wenn der Strafrichter unter den Voraussetzungen des Opferhilfegesetzes das Opfer an das Zivilgericht verweist. Für diesen Fall schreibt Art. 9 Abs. 3 OHG ausdrücklich vor, dass das Strafgericht die Zivilansprüche in jedem Fall dem Grundsatz nach entscheiden muss, bevor deren vollständige Beurteilung dem Zivilrichter überlassen wird. Diese Bestimmung erfüllt nur dann ihren Sinn und Zweck, wenn der Zivilrichter an die grundsätzliche Beurteilung der Zivilansprüche durch den Strafrichter rechtlich gebunden ist. Sofern das Opfer seine Zivilansprüche im Strafverfahren geltend gemacht hat, ist demnach der Strafrichter im Adhäsionsverfahren oder der Zivilrichter im Verfahren nach Art. 9 Abs. 3 OHG von Bundesrechts wegen (und nicht bloss nach allfälligen Vorschriften des kantonalen Zivilprozessrechts) an das Urteil des Strafrichters im rechtlichen Sinn gebunden. Das Opfer ist dementsprechend dann im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG zur Ergreifung von Rechtsmitteln legitimiert, wenn der Strafentscheid Auswirkungen rechtlicher Natur auf die Beurteilung seiner privatrechtlichen Ansprüche haben kann. Im übrigen ist das Opfer
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auch nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG nur soweit zur Anfechtung des freisprechenden Urteils berechtigt, als es sich gegen Bestimmungen im angefochtenen Urteil wendet, die in direktem Zusammenhang mit seinen Zivilansprüchen stehen. Nicht angefochten werden kann beispielsweise die Art und Höhe der Strafe (vgl. die Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S. 987).f) Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin in keiner Weise auf zivilrechtliche Ansprüche gegenüber dem (bisher unbekannten) Täter verzichtet. Die Einstellungsverfügung der Bezirksanwaltschaft vom 3. August 1992 wurde damit begründet, es könne nicht bewiesen werden, dass ein bestimmter der drei beteiligten Arbeiter die behauptete Straftat begangen habe. Damit verhindert die Verfügung, dass die Beschwerdeführerin gegenüber einem dieser Arbeiter ihre zivilrechtliche Schadenersatzforderung durchsetzen könnte. Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, ist nach dem Gesagten auf die Beschwerde einzutreten.
3. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, zwar sei auch nach ihrer Auffassung die Schuld der drei Beschwerdegegner nicht bewiesen, doch hätten weitere Untersuchungsmassnahmen getroffen werden müssen, um den tatsächlich Schuldigen zu finden. Weil die Rekurskommission der Staatsanwaltschaft den Entscheid der Bezirksanwaltschaft geschützt habe, wonach keine weiteren Beweise zu erheben seien, sei ihr das rechtliche Gehör verweigert worden.
a) Das Opferhilfegesetz enthält mehrere Bestimmungen, welche dem Opfer bestimmte Rechte im Strafverfahren garantieren. Diese Bestimmungen gehören zum eidgenössischen Gesetzesrecht; ihre Verletzung ist daher mit der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts zu rügen (vgl. Art. 269 BStP). Zu den mit Nichtigkeitsbeschwerde zu rügenden Verfahrensrechten des Opferhilfegesetzes gehören vor allem diejenigen Garantien, welche dem Schutz des Opfers und der Durchsetzung seiner Zivilansprüche dienen (Art. 5, 6, 7, 9 und 10 OHG). Art. 8 Abs. 1 OHG gibt dem Opfer das allgemeine Recht, sich am Strafverfahren zu beteiligen, während in lit. a, b und c der Bestimmung dieses Recht konkretisiert wird. Grundsätzlich gibt die Bestimmung dem Opfer nicht die gleichen Teilnahme-, Antrags-, Äusserungs- und Informationsrechte wie dem Beschuldigten (Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S. 985). Der Anspruch auf rechtliches Gehör und damit auf Abnahme beantragter Beweise ist in Art. 8 OHG nicht enthalten. Demnach folgt dieser Anspruch auch nach dem Inkrafttreten des
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Opferhilfegesetzes unmittelbar aus Art. 4 BV und ist mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen.b) Nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts konnte sich der durch eine strafbare Handlung Geschädigte mit staatsrechtlicher Beschwerde indessen nur wegen einer formellen Rechtsverweigerung, das heisst wegen einer Verletzung von prozessualen Vorschriften beschweren, die ihm bestimmte "Parteirechte" einräumen. Er vermochte demnach nur ganz bestimmte Verfahrensmängel zu rügen, nicht aber geltend zu machen, die Begründung eines im vorgeschriebenen Verfahren zustandegekommenen Entscheids über die Einstellung eines Strafverfahrens verstosse gegen Art. 4 BV (BGE 99 Ia 109 E. 1, mit Hinweisen). Mit dieser Rechtsprechung wurde verhindert, dass sich der Anzeiger oder Geschädigte auf dem Umweg über die Behauptung einer Gehörsverweigerung die Beschwerdelegitimation in der Sache selbst verschaffte (nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts vom 29. Dezember 1992 i.S. K., E. 2b, und vom 26. September 1991 i.S. G., E. 2b, je mit weiteren Hinweisen).
Seit der Inkraftsetzung des Opferhilfegesetzes ist indessen auf diese Einschränkung zu verzichten, sofern die Beschwerdeführerin als Opfer gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert ist. Das Opfer kann die Verweigerung des rechtlichen Gehörs im gleichen Umfang rügen wie der Beschuldigte. Im vorliegenden Fall ist die Rüge der Beschwerdeführerin somit zulässig.