Urteilskopf
126 II 443
46. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. August 2000 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Zentrum X. für Behinderte (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste
Mehrwertsteuer. Leistungen eines Behindertenheims. Subventionen. Spenden.
Art. 14 Ziff. 6 und 7 MWSTV: Von der Steuer ausgenommene Umsätze eines Behindertenheims (E. 2-4). Anforderungen an die Rechnungsstellung (E. 5).
Begriff des Leistungsaustausches (E. 6a). Subventionen sind nicht Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer.
Verhältnismässige Kürzung des Vorsteuerabzugs bei Subventionen. Verfassungsmässigkeit von
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV (E. 6b-6d). Vergleich mit dem deutschen Umsatzsteuerrecht (E. 6e) und der europäischen Richtlinienregelung (E. 6f). Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung gemäss
Art. 73 Abs. 2 lit. b und c IVG sind Subventionen (E. 7).
Mehrwertsteuerrechtliche Behandlung von Spenden, Legaten und anderen freiwilligen Zuwendungen von Dritten an karitative Organisationen (E. 8).
Art. 47 Abs. 3 MWSTV: Keine rückwirkende Änderung der Abrechnungsart bei Abrechnung nach Pauschalsteuersätzen (E. 9).
Das Zentrum X. für Behinderte ist eine Stiftung im Sinne von Art. 80 ff. ZGB. Es bezweckt die Erziehung und Ausbildung geistig behinderter Kinder in einer heilpädagogischen Tagesschule sowie die Errichtung und Führung einer Anlehr- und Dauerwerkstätte und eines Wohnheims für Behinderte.
Aufgrund seiner Tätigkeit wurde das Zentrum X. für Behinderte gestützt auf Art. 17 der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (MWSTV, SR 641.201) ins Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung eingetragen. Zusammen mit den Abrechnungen für das 1. und 2. Quartal 1995 vom 7. November 1995 brachte es zwölf vom Schweizerischen Verband von Werken für Behinderte (SVWB) vorformulierte Vorbehalte gegenüber der geltenden Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung an.
Am 29. August 1996 erliess die Eidgenössische Steuerverwaltung einen Feststellungsentscheid, den sie mit Einspracheentscheid vom 12. November 1997 wie folgt bestätigte:
2.1 Die vom Einsprecher als Behindertenwohnheim erbrachte Beförderung von behinderten Heimbewohnern ist von der Mehrwertsteuer ausgenommen, sofern die Beförderungsleistung nicht separat verrechnet wird, sondern im Pensionspreis enthalten ist.
2.2 Die vom Einsprecher als Tagesstätte für Behinderte, die nicht eine Art Arbeitstätigkeit, sondern eine betreute Tagesstruktur mit einem allfälligen Anteil an Beschäftigungstherapie anbietet, erbrachte Beförderung von Behinderten ist von der Mehrwertsteuer ausgenommen, sofern die Beförderungsleistung nicht separat verrechnet wird, sondern im Pensionspreis resp. in der Tagespauschale enthalten ist.
2.3 Werden die Beförderungsleistungen separat verrechnet, so ist die Beförderung der Behinderten zu dem für die Beförderung allgemein massgebenden Steuersatz zu versteuern.
2.4 Die vom Einsprecher als Behindertenwerkstätte erbrachte Beförderung von Behinderten ist von der Steuer ausgenommen, wenn dazu besonders eingerichtete Fahrzeuge verwendet werden, ansonsten ist die Beförderung zum massgebenden Steuersatz zu versteuern.
2.5 Die durch den Einsprecher als Behindertenwohnheim und Tagesstätte für Behinderte an die Pensionäre erbrachten gastgewerblichen Leistungen sind von der Steuer ausgenommen, sofern diese im Pensionspreis resp. in der Tagespauschale enthalten sind und nicht separat verrechnet werden.
2.6 Die vom Einsprecher an Behinderte, die in der Behindertenwerkstätte arbeiten und nicht im angegliederten Wohnheim wohnen, erbrachten gastgewerblichen Leistungen sind zu dem für diese Leistungen allgemein massgebenden Steuersatz zu versteuern.
2.7 Die vom Einsprecher an sein Personal erbrachten gastgewerblichen Leistungen sind zu dem für diese Leistungen allgemein massgebenden Steuersatz zu versteuern, selbst wenn während den Mahlzeiten Betreuungsaufgaben ausgeübt werden müssen.
2.8 Lieferungen und Dienstleistungen, die zur Mittelbeschaffung an Basaren, Festen und ähnlichen Feiern erbracht werden, sind steuerbare Umsätze, die zu den für die jeweilige Leistung massgebenden Sätzen zu versteuern sind.
2.9 Die nicht direkt einer steuerbaren Tätigkeit zuordenbaren Vorsteuern müssen im Verhältnis zu den erhaltenen Subventionen und anderen Beiträgen der öffentlichen Hand gekürzt werden.
2.10 Die nicht direkt einer steuerbaren Tätigkeit zuordenbaren Vorsteuern müssen im Verhältnis zu den erhaltenen Spenden, Legaten und anderen freiwilligen Zuwendungen gekürzt werden.
2.11 Die beim Einsprecher angewendeten Pauschalsteuersätze wurden von der ESTV korrekt ermittelt.
2.12 Der Einsprecher rechnet seit dem 1. Januar 1995, auf eigenen Antrag hin, mit Pauschalsteuersätzen ab und hat bis mindestens zum 31. Dezember 1997 nach dieser Art mit der ESTV abzurechnen.
2.13 Der Einsprecher ist ein einheitliches Steuersubjekt und hat alle von ihm erzielten steuerbaren Umsätze zu den massgebenden Sätzen zu versteuern.
Eine Beschwerde des Zentrums X. für Behinderte hiess die Eidgenössische Steuerrekurskommission mit Urteil vom 3. Februar 1999 teilweise gut.
Die Eidgenössische Steuerrekurskommission hielt zusammenfassend fest, bei den in Frage stehenden Subventionen - Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung - gehe es um sog. unechte Subventionen. Diese seien zusätzliches Entgelt für Leistungen, die das Zentrum X. für Behinderte gegenüber den behinderten Personen erbringe und die nach Art. 14 Ziff. 7 MWSTV von der Steuer unecht befreit seien. Sie könnten daher auch keine Kürzung des Vorsteuerabzuges bewirken. Soweit Art. 26 Abs. 6 lit. b MWSTV unechte Subventionen von der Bemessungsgrundlage ausnehme und Art. 30 Abs. 6 MWSTV bei Subventionen eine verhältnismässige Kürzung des Vorsteuerabzuges vorschreibe, seien diese Vorschriften verfassungswidrig.
Spenden könnten keine Vorsteuerkürzung im Sinne der Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur Folge haben. Entweder erfolgten Spenden ausserhalb eines Leistungsaustausches (in diesem Fall seien sie mehrwertsteuerrechtlich irrelevant) oder dann seien sie die Gegenleistung für eine mehrwertsteuerpflichtige Leistung (und gehörten diesfalls zur Bemessungsgrundlage). Die Zuwendungen an das Zentrum X. für Behinderte unter dem Titel Spenden seien nach diesen Kriterien auseinander zu halten.
Die hier fraglichen Beförderungs- und Verpflegungsleistungen an Behinderte, die in der Behindertenwerkstätte arbeiten, aber nicht im Behindertenheim wohnen, seien gemäss Art. 14 Ziff. 7 MWSTV von der Steuer unecht befreit. Die Anordnung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, dass Leistungen gemäss Art. 14 Ziff. 7 MWSTV einheitlich zu fakturieren seien, sei sachgerecht. Bei Missachtung durch den Steuerpflichtigen habe die Eidgenössische Steuerverwaltung den Anteil der steuerpflichtigen bzw. unecht befreiten Komponenten allenfalls nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen.
Gegen diesen Entscheid führt die Eidgenössische Steuerverwaltung Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt, hebt den angefochtenen Entscheid auf und bestätigt den Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung.
Aus den Erwägungen:
2. Zwischen den Parteien ist in erster Linie umstritten, in welchem Umfang die vom Beschwerdegegner gegenüber invaliden
BGE 126 II 443 S. 447
Personen erbrachten Beförderungsleistungen und gastgewerblichen Leistungen von der Steuer ausgenommen sind.
a) Im System der Mehrwertsteuer unterliegen nach
Art. 4 MWSTV grundsätzlich alle von einem Steuerpflichtigen getätigten entgeltlichen Umsätze der Steuer. Gewisse Umsätze sind von der Steuer befreit (mit Anspruch auf Vorsteuerabzug,
Art. 15 MWSTV), andere Umsätze sind von der Steuer ausgenommen (ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug,
Art. 13 und 14 MWSTV). Zu den nach
Art. 14 MWSTV von der Steuer ausgenommenen Umsätzen gehören unter anderen:
6. die Beförderung von kranken, verletzten oder invaliden Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen;
7. die von Einrichtungen der Sozialfürsorge und Sozialhilfe sowie der sozialen Sicherheit erbrachten Leistungen mit Einschluss der Leistungen von gemeinnützigen Alters-, Wohn- und Pflegeheimen.
Es geht um unechte Befreiungen, weil die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann (Art. 13 MWSTV).
b) Die Leistungen eines gemeinnützigen Wohnheims sind nach Art. 14 Ziff. 7 MWSTV von der Steuer explizit ausgenommen. Als Wohnheim im Sinne dieser Vorschrift gilt unbestrittenermassen auch das vom Beschwerdegegner betriebene Wohnheim für behinderte Personen. Die Beschwerdeführerin legt mit Recht dar, dass das Behindertenwohnheim anstelle des bisherigen Versorgers auftritt, weil dieser aus verschiedenen Gründen nicht mehr in der Lage ist, der behinderten Person Unterkunft und Verpflegung zukommen zu lassen. Die vom Behindertenheim im Rahmen des Heimvertrages erbrachten Leistungen stellen ein Leistungspaket dar, mit welchem die grundlegenden Bedürfnisse für ein menschenwürdiges Leben abgedeckt werden sollen. Bestandteile dieser Leistungen sind auch die im Heimvertrag enthaltenen gastgewerblichen Leistungen und Transportleistungen.
Mit den Leistungen eines Behindertenheimes vergleichbar sind auch die Leistungen, welche der Beschwerdegegner als Tagesstätte für Behinderte erbringt. Weitere Leistungen erbringt der Beschwerdegegner im Rahmen der von ihm betriebenen Behindertenwerkstätte, wobei diese Leistungen ihren Grund hauptsächlich im Arbeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdegegner und der behinderten Person haben. Der Beschwerdegegner führt im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses einerseits Beförderungen aus, indem er die betreffende Person zu Hause abholt und an den Arbeitsort und wieder nach Hause führt; andererseits erbringt er gastgewerbliche Leistungen, indem er sie am Arbeitsort verpflegt.
BGE 126 II 443 S. 448
3. Zu prüfen ist, welche dieser Leistungen nach
Art. 14 Ziff. 6 und 7 MWSTV von der Steuer ausgenommen sind. Die Beschwerdeführerin hat im Einspracheentscheid (Dispositiv Ziff. 2.1 und 2.2) festgehalten, dass Beförderungsleistungen und gastgewerbliche Leistungen, die der Beschwerdegegner im Rahmen seines Behindertenwohnheimes oder seiner Tagesstätte gegenüber seinen Pensionären erbringt, von der Steuer ausgenommen sind, sofern diese Leistungen im Pensionspreis bzw. in der Tagespauschale enthalten sind. Es handelt sich um Leistungen - Beförderungen, Verpflegungen -, welche der Beschwerdegegner als Einrichtung der Sozialfürsorge und Sozialhilfe im Sinne von
Art. 14 Ziff. 7 MWSTV erbringt und die zu Recht von der Steuer ausgenommen werden. Das entspricht auch der Auffassung der Vorinstanz, welche den Einspracheentscheid in diesen Punkten bestätigt hat.
4. a) Hingegen hat die Beschwerdeführerin die Beförderung von behinderten Personen, die in der Behindertenwerkstätte des Beschwerdegegners arbeiten, als steuerpflichtig erklärt, es sei denn, die Beförderung erfolge in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen im Sinne von
Art. 14 Ziff. 6 MWSTV (Einspracheentscheid Dispositiv Ziff. 2.4). Ebenso sind nach Ansicht der Beschwerdeführerin die gastgewerblichen Leistungen für die behinderten Personen, die in der Behindertenwerkstätte beschäftigt sind und nicht im angegliederten Wohnheim wohnen, zu versteuern (Einspracheentscheid Dispositiv Ziff. 2.6). Die Vorinstanz hat den Einspracheentscheid in diesen Punkten korrigiert. Nach ihrer Auffassung sind keine Gründe dafür ersichtlich, vergleichbare oder identische Leistungen unterschiedlich zu behandeln, nur weil in einem Fall die behinderte Person im Wohnheim des Beschwerdegegners beherbergt ist und im anderen Fall nicht. In beiden Fällen sei die Steuerausnahme im Rahmen der sozialen Zielsetzungen des
Art. 14 Ziff. 7 MWSTV zu gewähren.
Es ist somit zu entscheiden, ob die Voraussetzungen von Art. 14 Ziff. 7 MWSTV für die Steuerausnahme auch dann erfüllt sind, wenn die Behindertenwerkstätte gegenüber externen, nicht im angegliederten Wohnheim untergebrachten Personen Beförderungs- und Verpflegungsleistungen erbringt.
b) Art. 13 Ziff. 6 und 7 des Entwurfs zur Mehrwertsteuerverordnung vom 28. Oktober 1993 (jetzt
Art. 14 Ziff. 6 und 7 MWSTV) sah Steuerausnahmen vor für:
6. die Beförderung von kranken und verletzten Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen;
BGE 126 II 443 S. 449
7. die mit der Sozialfürsorge und Sozialhilfe sowie der sozialen Sicherheit verbundenen Umsätze, mit Einschluss der Umsätze von Alters- und Pflegeheimen.
Im Vernehmlassungsverfahren zum Verordnungsentwurf über die Mehrwertsteuer vom 28. Oktober 1993 wurde verlangt, dass in Ziff. 6 auch die Beförderung von invaliden Personen einzubeziehen sei, weshalb Art. 14 Ziff. 6 in der definitiven Fassung der Mehrwertsteuerverordnung in diesem Punkt ergänzt wurde (vgl. Bericht des Eidgenössischen Finanzdepartements über das Vernehmlassungsverfahren zum Verordnungsentwurf über die Mehrwertsteuer vom 28. Oktober 1993, zu Art. 13 Ziff. 6).
In Bezug auf Ziff. 7 führte der Kommentar des Eidgenössischen Finanzdepartements zum Verordnungsentwurf vom 28. Oktober 1993 aus, die Bestimmung bezwecke, nebst den Leistungen von Alters- und Pflegeheimen weitere mit der Sozialfürsorge, Sozialhilfe und sozialen Sicherheit verbundene Umsätze von der Steuer zu befreien, wie das beispielsweise bei den Leistungen von Obdachlosenheimen oder Heimen für Drogenabhängige oder Alkoholsüchtige der Fall sei. Art. 14 Ziff. 7 in der definitiven Fassung der Mehrwertsteuerverordnung zählt denn auch zusätzlich zu den Alters- und Pflegeheimen die Wohnheime auf, ohne die Bestimmung aber grundsätzlich zu ändern.
Es folgt aus diesen Materialien und der Systematik der beiden Bestimmungen, dass die Beförderung von behinderten Personen, die nicht als Nebenleistung im Rahmen von Leistungen einer Einrichtung der Sozialhilfe oder Sozialfürsorge nach
Art. 14 Ziff. 7 MWSTV erfolgt (das heisst nicht im Pensionspreis oder in einer Tagespauschale miterfasst ist) ausschliesslich nach
Art. 14 Ziff. 6 MWSTV zu beurteilen ist. Befreit sind diese Beförderungsleistungen als selbständige Leistungen somit nur, wenn für die Beförderung dafür besonders eingerichtete Fahrzeuge verwendet werden. Das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (MWSTG, AS 2000 1300), dessen Referendumsfrist am 23. Dezember 1999 abgelaufen ist, führt diese Ordnung in Art. 18 Ziff. 7 und 8 grundsätzlich weiter. Es ergeben sich daraus keine Hinweise, dass die vom Bundesrat in
Art. 14 Ziff. 6 und 7 MWSTV getroffene Regelung nicht verfassungsmässig sein könnte.
Dispositiv Ziffer 2.4 des Einspracheentscheides, wonach die vom Beschwerdegegner als Behindertenwerkstätte erbrachten Beförderungen von Behinderten von der Steuer nur ausgenommen sind, wenn dazu besonders eingerichtete Fahrzeuge verwendet werden, ist daher zu bestätigen.
BGE 126 II 443 S. 450
c) Für die Verpflegung von behinderten Personen enthält die Mehrwertsteuerverordnung keine besondere, dem Art. 14 Ziff. 6 MWSTV vergleichbare Sondernorm, weshalb Art. 14 Ziff. 7 MWSTV gilt. Von der Steuer ausgenommen sind die gegenüber den Behinderten erbrachten gastgewerblichen Leistungen somit nur, wenn sie als Nebenleistung im Pensionspreis oder in der Tagespauschale inbegriffen sind. Wenn daher die Beschwerdeführerin im Einspracheentscheid (Dispositiv Ziff 2.6) festgestellt hat, dass der Beschwerdegegner gastgewerbliche Leistungen an behinderte Personen, die in der Behindertenwerkstätte arbeiten und nicht im angegliederten Wohnheim wohnen, zu versteuern habe, ist das ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Entscheid der Vorinstanz ist in diesem Punkt zu korrigieren.
5. Die Beschwerdeführerin hat im Einspracheentscheid (Dispositiv Ziffern 2.1-2.3 und 2.5) auch Anforderungen an die Rechnungsstellung formuliert. Sie verlangt vom Beschwerdegegner, dass die von ihm als Behindertenwohnheim oder Tagesstätte erbrachten gastgewerblichen Leistungen und Beförderungen im Pensionspreis bzw. in der Tagespauschale inbegriffen sein müssen, damit sie als Nebenleistungen nach
Art. 14 Ziff. 7 MWSTV von der Steuer ausgenommen sind. Bei separater Verrechnung seien diese Leistungen als Einzelleistungen nach den massgebenden Steuersätzen zu versteuern.
Über die Art der Rechnungsstellung enthält die Mehrwertsteuerverordnung keine Vorschriften. Doch verletzt es Bundesrecht nicht, wenn die Beschwerdeführerin verlangt, der Beschwerdegegner habe die unter Art. 14 Ziff. 7 MWSTV fallenden Leistungen im Pensionspreis oder in einer Tagespauschale zu fakturieren. Gemäss Art. 47 Abs. 1 MWSTV hat der Steuerpflichtige seine Geschäftsbücher so einzurichten, dass sich aus ihnen die für die Berechnung der Steuer und der abziehbaren Vorsteuern massgebenden Tatsachen leicht und zuverlässig ermitteln lassen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung kann darüber Vorschriften aufstellen. Da der Beschwerdegegner ein Unternehmen betreibt, das teilweise von der Steuer ausgenommene und teilweise unter die Steuer fallende Leistungen erbringt, ist die Anordnung der Verwaltung, dass sämtliche unter Art. 14 Ziff. 7 MWSTV fallende Leistungskomponenten pauschal fakturiert werden, sachlich geboten. Der Einspracheentscheid ist in diesem Punkt zu bestätigen.
6. Streitig zwischen den Parteien ist des Weitern, ob die Betriebsbeiträge, welche der Beschwerdegegner von der Invalidenversicherung
BGE 126 II 443 S. 451
für seine Leistungen gegenüber den behinderten Personen empfängt, als Subventionen nach
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV zu behandeln sind. Die Vorinstanz hat das verneint mit der Begründung, dass es sich bei diesen Beiträgen um ein zusätzliches Entgelt handle, welches in die Bemessungsgrundlage einfliesse.
a) Gemäss Art. 4 MWSTV unterliegen Lieferungen und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer nur, wenn sie "gegen Entgelt" erbracht werden. Damit ein steuerbarer Umsatz vorliegt, ist ein Austausch von Leistungen notwendig. Die Leistung, welche der Unternehmer erbringt, ist entweder eine Lieferung oder eine Dienstleistung. Die Gegenleistung besteht im Entgelt. Nach Art. 26 Abs. 1 MWSTV wird die Steuer vom Entgelt berechnet. Zum Entgelt gehört alles, was der Empfänger oder an seiner Stelle ein Dritter als Gegenleistung für die Lieferung oder Dienstleistung aufwendet (Art. 26 Abs. 2 MWSTV). Das Entgelt ist somit nicht nur Voraussetzung dafür, dass ein Leistungsaustausch vorliegt, sondern es ist auch Grundlage für die Berechnung der Mehrwertsteuer (vgl. YVO P. BAUMGARTNER, Die Entgeltlichkeit bei der schweizerischen Mehrwertsteuer, Steuer Revue 1996, S. 269 ff.; BUNJES/GEIST, Umsatzsteuergesetz, 5. Aufl. München 1997, § 1 N. 4; CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, Bern/Stuttgart/Wien 2000, S. 51 ff.; DZIADKOWSKI/WALDEN, Umsatzsteuer, 4. Aufl., München/Wien 1996, S. 73 ff.).
Damit ein Leistungsaustausch vorliegt, muss zwischen Leistung und Gegenleistung eine innere wirtschaftliche Verknüpfung gegeben sein. Schon unter der Warenumsatzsteuer musste zwischen der Lieferung und der geldwerten Gegenleistung ein ursächlicher Zusammenhang bestehen, wie das namentlich beim zweiseitigen Vertrag der Fall ist (DIETER METZGER, Handbuch der Warenumsatzsteuer, Muri/Bern 1983, Ziff. 530). Gemäss einer vornehmlich auf das deutsche Umsatzsteuerrecht ausgerichteten Lehrmeinung ist für die Annahme eines Leistungsaustausches seitens des die Leistung erbringenden Unternehmens erforderlich, dass dieses tätig wird, um eine Gegenleistung zu erhalten (Aspekt der Finalität), und seine Leistung die Gegenleistung auslöst oder auslösen soll (Aspekt der Kausalität), während es auf Seiten des Leistungsempfängers genügt, dass seine Gegenleistung durch die Leistung bedingt ist (WOLFRAM BIRKENFELD, Das grosse Umsatzsteuer-Handbuch, I. Abschnitt Rz. 428 ff.; BUNJES/GEIST, a.a.O.; BAUMGARTNER, a.a.O., S. 272 ff.). Anderer Meinung zufolge ist aus der Sicht des Leistungsempfängers
BGE 126 II 443 S. 452
zu beurteilen, ob dieser mit der Gegenleistung eine innere Verknüpfung zur entsprechenden Leistung herzustellen versuche (CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, a.a.O., Rz. 111; DZIADKOWSKI/WALDEN, a.a.O., S. 75; JÜRGEN STRENG, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, Köln 1999, S. 224; DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchssteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, Diss. Zürich 1998, S. 230 f.).
b) Von besonderer Bedeutung sind diese Fragen vor allem bei der mehrwertsteuerrechtlichen Beurteilung von Zuschüssen oder Subventionen der öffentlichen Hand. Gemäss Art. 26 Abs. 6 lit. b MWSTV gehören "Subventionen und andere Beiträge der öffentlichen Hand" nicht zum Entgelt. Nach Art. 30 Abs. 6 MWSTV ist überdies der Vorsteuerabzug verhältnismässig zu kürzen, soweit ein Steuerpflichtiger Subventionen oder andere Beiträge der öffentlichen Hand erhält.
Subventionen werden allgemein als Leistungen kraft öffentlichen Rechts bezeichnet, die anderen Rechtspersonen für bestimmte Zwecke zukommen, ohne dass dies zu einer unmittelbaren Gegenleistung an den Subventionsgeber führt (nach einer Umschreibung von KARL STENGEL, Zur Problematik der rechtlichen Ordnung der Subventionen, ZBl 89/1988 S. 289, die dieser aus dem Subventionsbegriff bei verschiedenen Autoren gewinnt). Eine allgemein anerkannte Umschreibung des Subventionsbegriffs gibt es im schweizerischen Recht jedoch nicht (RENÉ A. RHINOW, Wesen und Begriff der Subvention in der schweizerischen Rechtsordnung, Basel und Stuttgart 1971, S. 7 ff.; GILG STÖRI, Verhaltenssteuerung durch Subventionen, Zürcher Diss. 1992, S. 3 f.; BERNHARD TRAUFFER, Die steuerrechtliche Behandlung von Subventionen, Zürcher Diss. 1977, S. 5 ff.). Die Mehrwertsteuerverordnung umschreibt den Begriff der Subvention nicht näher. Eine Begriffsbestimmung enthält auch das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG, SR 616.1) nicht. Es definiert in Art. 3 die Begriffe Finanzhilfen und Abgeltungen und betrachtet offenbar den Ausdruck "Subvention" als Oberbegriff, wobei in der Lehre umstritten ist, ob die Abgeltungen überhaupt zu den Subventionen zu rechnen sind. Abgeltungen werden bezahlt, wenn das Gesetz bei Erfüllung bundesrechtlich vorgeschriebener oder übertragener Aufgaben eine Entschädigung vorsieht. Finanzhilfen werden demgegenüber ausgerichtet, um einem Empfänger ausserhalb der Bundesverwaltung Anreiz zu einer freiwilligen Tätigkeit
BGE 126 II 443 S. 453
zu geben. Sie sind immer zweck- bzw. verhaltensgebunden, das heisst, sie sind an die Erfüllung von bestimmten Aufgaben geknüpft (vgl. RHINOW/SCHMID/BIAGGINI, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Basel 1998, § 16 Rz. 43-68, bes. 43, 47, 49).
c) Für die Zwecke der Mehrwertsteuer verdient die Zielgerichtetheit oder Bindungswirkung der Subvention näher erörtert zu werden.
Der Subventionsbegriff ist in erster Linie ein ökonomischer Begriff (RHINOW, a.a.O., S. 7 f.). Nach ökonomischem Verständnis erfolgt die Subventionierung ohne entsprechende marktwirtschaftliche Gegenleistung an den Subventionsgeber (TRAUFFER, a.a.O., S. 21). Da jedoch der Staat grundsätzlich nicht befugt ist, irgendetwas zu "verschenken", setzt die Subvention begriffsnotwendig voraus, dass der Subventionsempfänger bestimmte Aufgaben erfüllt. Diese Aufgaben werden als im öffentlichen Interesse liegend bezeichnet (RHINOW, a.a.O., S. 105 f.; TRAUFFER, a.a.O., S. 22 f.). Auch das Subventionsgesetz des Bundes verlangt, dass eine Subvention nur zuzusprechen ist, falls das öffentliche Interesse betroffen ist (s. besonders
Art. 4-11 SuG).
Das öffentliche Interesse allein genügt indessen nicht, um eine Geldzahlung als Subvention zu charakterisieren. Bei der Gewährung von Subventionen zielt der Subventionsgeber nicht auf die Herstellung eines an sich wünschbaren Zustandes ab, sondern will ein bestimmtes Verhalten des Subventionsempfängers hervorrufen, das zur Erreichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet ist. Dieses Verhalten des Empfängers ist subventionsrechtlich als "Gegenleistung" anzusprechen. Die Subvention ist somit dadurch gekennzeichnet, dass sich der Empfänger in einer Weise verhält, die dem öffentlichen Interesse als Gegenleistung erscheint. Insofern werden Subventionen zur Erreichung bestimmter, im öffentlichen Interesse liegender Zwecke ausgerichtet (RHINOW, S. 96-127, bes. 97, 102, 105 f., 124 f.; DIETRICH SCHINDLER, Die Bundessubventionen als Rechtsproblem, Zürcher Diss. 1951, S. 141 ff.). Abgesehen von dieser Verhaltensbindung sind Subventionen aber "unentgeltlich", das heisst, ein wirtschaftlich gleichwertiges Entgelt ist für sie nicht zu entrichten (TRAUFFER, a.a.O., S. 23).
d) Handelt es sich bei den Subventionen um Beiträge, die ohne eine entsprechende marktwirtschaftliche Gegenleistung ausgerichtet werden, ist es folgerichtig, dass solche Subventionen nicht in die Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer einfliessen und daher nach
Art. 26 Abs. 6 lit. b MWSTV vom Entgelt ausgenommen sind.
BGE 126 II 443 S. 454
Andererseits ist nach Art. 30 Abs. 6 MWSTV der Vorsteuerabzug verhältnismässig zu kürzen, soweit der Steuerpflichtige Subventionen oder andere Beiträge der öffentlichen Hand erhält. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die vorsteuerbelasteten Gegenstände oder Dienstleistungen, insoweit als der Preis durch die Subvention verbilligt ist, nicht für einen steuerbaren Zweck verwendet werden. Das Vorsteuerabzugsrecht nach Art. 29 MWSTV setzt voraus, dass der Gegenstand oder die Dienstleistung in einen steuerbaren Umsatz Eingang findet. Nichts anderes bezweckt Art. 30 Abs. 6 MWSTV. In dieser Hinsicht werden die durch Subventionen verbilligten Lieferungen und Dienstleistungen gleich behandelt wie die gemäss Art. 14 MWSTV von der Steuer ausgenommenen Umsätze, die ebenfalls keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug geben (Art. 13 MWSTV). Würde demgegenüber auf Gegenständen und Dienstleistungen, die mit Subventionsgeldern finanziert (erworben) worden sind, der Vorsteuerabzug zugelassen, könnte die Steuerbelastung auf den bezogenen Leistungen mit dem Vorsteuerabzug rückgängig gemacht werden. Das würde faktisch zu einer echten Befreiung im Inland führen, was einer verfassungsmässigen oder gesetzlichen Grundlage entbehrt. Wie das Eidgenössische Finanzdepartement im Kommentar zur Mehrwertsteuerverordnung vom 22. Juni 1994 (zu Art. 30 Abs. 6) mit Recht ausführt, muss verhindert werden, dass subventionierte Steuerpflichtige bei ihren Abrechnungen jeweils einen Vorsteuerüberschuss aufweisen und auf diese Weise zu einer weiteren - indirekten - "Subventionierung" gelangen können.
Ohne diese Sonderregelung müssten die vorsteuerbelasteten Gegenstände und Dienstleistungen nach objektiven Gesichtspunkten ausgeschieden werden. Der Vorsteuerabzug wäre nur für Gegenstände und Dienstleistungen, die einem steuerbaren Umsatz zugeordnet werden können, zuzulassen (
Art. 29 Abs. 1 MWSTV); soweit das nicht der Fall ist, müsste der Vorsteuerabzug unterbleiben. Der Verordnungsgeber hat sich - wie jetzt auch der Gesetzgeber (
Art. 38 Abs. 8 MWSTG) - nicht für dieses System entschieden, sondern für eine verhältnismässige Kürzung des Vorsteuerabzuges. Es handelt sich um eine Vereinfachung, die jedoch nach
Art. 8 Abs. 2 lit. l ÜbBest.aBV (jetzt
Art. 196 Ziff. 14 Abs. 1 lit. l BV) zulässig ist. Sie bringt für den Steuerpflichtigen eine Erleichterung bei der Steuerabrechnung, weil die Ausscheidung der vorsteuerbelasteten Gegenstände und Leistungen auf die steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze oft nicht einfach vorzunehmen ist.
BGE 126 II 443 S. 455
Sie führt nicht zu ins Gewicht fallenden Steuererleichterungen oder Steuererhöhungen, weil der Anteil der steuerbaren Umsätze am Gesamtumsatz (inklusive Subventionen) ein Indikator für den Anteil der abzugsberechtigten Vorsteuern an den gesamten Vorsteuern ist. Dieses Verhältnis wäre gestört, wenn Subventionen bei der Berechnung der gesamten Umsätze nicht berücksichtigt würden. Es verhält sich gleich wie bei Gegenständen und Dienstleistungen, die sowohl für Zwecke, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für andere Zwecke verwendet werden, und bei denen die Vorsteuer nach dem Verhältnis der Verwendung ebenfalls zu kürzen ist (sog. gemischte Verwendung, Art. 32 Abs. 1 MWSTV).
e) Zur Begründung ihrer Ansicht, dass
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV mindestens teilweise verfassungswidrig seien, verweist die Vorinstanz auf die Unterscheidung zwischen echten und unechten Subventionen.
Als echte Subventionen bezeichnet die Vorinstanz solche, bei denen keine innere Verknüpfung (kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang) zwischen der Subvention und der Leistung des Subventionsempfängers besteht. Sie schliesst daraus, dass echte Subventionen mehrwertsteuerrechtlich irrelevant seien, ausserhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer stünden, und infolgedessen keine Steuerbelastung auslösen könnten, weder durch Einbezug in die Bemessungsgrundlage noch durch Kürzung des Vorsteuerabzuges. Bei den unechten Subventionen gewähre die öffentliche Hand dagegen ein zusätzliches Entgelt für eine Leistung, die der Subventionsempfänger an einen von der öffentlichen Hand verschiedenen Leistungsempfänger erbringe. Unechte Subventionen bildeten folglich Entgelt (der öffentlichen Hand) für die mehrwertsteuerrechtliche Leistung und seien Bestandteil der Bemessungsgrundlage. Andererseits dürften sie nicht zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs führen.
Mit der Unterscheidung zwischen echten und unechten Subventionen lehnt sich die Vorinstanz terminologisch an das deutsche und österreichische Umsatzsteuerrecht an, wo zwischen echten und unechten Zuschüssen unterschieden wird. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die entsprechenden Umsatzsteuergesetze keine dem
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV vergleichbare Regelung für Subventionen enthalten. Dennoch besteht Einigkeit darüber, dass zwischen den echten Zuschüssen (namentlich Subventionen) und den Beiträgen, die im Rahmen eines Leistungsaustausches als Entgelt bezahlt werden, zu unterscheiden ist. Die Abgrenzung ist im
BGE 126 II 443 S. 456
deutschen Umsatzsteuergesetz dahingehend gelöst worden, dass der Zuschuss dann zu besteuern sei, wenn es sich entweder um das Entgelt eines Dritten handelt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) oder wenn der Leistende mit dem Zuschussgeber im Verhältnis eines Leistungsaustausches steht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Genauere Abgrenzungskriterien enthält das Gesetz jedoch nicht. Doktrin und Praxis haben deshalb bei Zuschüssen und Beiträgen unter dem Gesichtspunkt des Leistungsaustausches zu entscheiden, ob es sich um einen unentgeltlichen (echten) oder entgeltlichen (unechten) Zuschuss handelt (H. SCHUHMANN in: Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl. Köln 1997, § 10 Rz. 230-279, bes. 249 ff.; STRENG, a.a.O., S. 1, 7 ff., 18 ff.).
Die schweizerische Mehrwertsteuerverordnung beruht demgegenüber auf einem anderen Konzept. Subventionen und Beiträge der öffentlichen Hand im Sinne von
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV sind zum Vornherein nicht Gegenstand eines mehrwertsteuerrechtlichen Leistungsaustausches. Sie sind nicht das Entgelt für eine vom Subventionsempfänger zu erbringende marktwirtschaftliche Leistung. Es ist daher nicht notwendig, für das schweizerische Mehrwertsteuerrecht zwischen echten und unechten Subventionen zu unterscheiden.
f) Dass der Begriff der Subvention in diesem Sinne zu verstehen ist, hat jetzt auch der Bundesgesetzgeber bestätigt, wenn er in
Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG bestimmt, dass Subventionen und andere Beiträge der öffentlichen Hand auch dann nicht zum steuerbaren Entgelt gehören, "wenn sie gestützt auf einen Leistungsauftrag ausgerichtet werden". Der Begriff "Leistungsauftrag" kann hier nicht dem Begriff "Leistungsaustausch" in
Art. 4 MWSTV gleichgestellt werden. Der Begriff "Leistungsauftrag" zeigt lediglich an, dass die Subvention voraussetzt, dass der Subventionsempfänger eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahrnimmt, und die Gewährung der Subvention in der Regel davon abhängig gemacht wird, dass diese Aufgabe fortgeführt wird. Insofern knüpft nun ebenfalls der Bundesgesetzgeber an die vorn dargestellte Bindungswirkung der Subvention an. Das gilt auch für die "andere(n) Beiträge der öffentlichen Hand", wie sie in
Art. 26 Abs. 6 lit. b MWSTV bzw.
Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG nebst den Subventionen erwähnt sind. Wenn im Bundesrecht bisweilen von Beiträgen die Rede ist, so sind damit nichts anderes als Subventionen gemeint (FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 214, mit Hinweis auf den Begriff "Beitrag" bzw. "subventions", "sussidi" in
Art. 99 lit. h OG).
BGE 126 II 443 S. 457
Wenn daher der Verordnungsgeber Subventionen von der Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer ausnimmt, so entspricht das dem Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeiner Verbrauchssteuer, die nur den Umsatz (einschliesslich Eigenverbrauch) belastet, das heisst die Lieferungen und Dienstleistungen, die ein Unternehmen im Inland gegen Entgelt ausführt (
Art. 196 Ziff. 14 Abs. 1 lit. a BV). Auch das europäische Umsatzsteuerrecht sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die nicht unmittelbar mit dem Preis der Umsätze zusammenhängenden Subventionen von der Bemessungsgrundlage ausnehmen und für diese Subventionen den Vorsteuerabzug verhältnismässig kürzen können (Art. 11 Teil A Abs. 1 lit. a, a contrario, und Art. 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977, 77/388/EWG). Die schweizerische Lösung ist mit der europäischen Richtlinienregelung durchaus kompatibel, was eine erklärte Zielsetzung des Verfassungsgebers war. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV zumindest in einem Teilbereich verfassungswidrig seien, ist mithin abzulehnen.
7. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid bilden einzig Betriebsbeiträge nach
Art. 73 Abs. 2 lit. b und c des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG, SR 831.20) Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Gemäss lit. b dieser Vorschrift kann die Versicherung Beiträge gewähren an die Errichtung, den Ausbau und die Erneuerung von öffentlichen und gemeinnützigen privaten Werkstätten für Dauerbeschäftigung von Invaliden und an die durch die Beschäftigung von Invaliden entstehenden zusätzlichen Betriebskosten. Nach lit. c kann sie Beiträge an die Errichtung, den Ausbau und die Erneuerung von Wohnheimen zur dauernden oder vorübergehenden Unterbringung von Invaliden und an die dadurch entstehenden zusätzlichen Betriebskosten leisten.
Art. 106 der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 17. Januar 1961 (SR 831.201) umschreibt diese Kosten näher: Es geht um die behinderungsbedingten Mehrkosten, die den Werkstätten durch die Beschäftigung von behinderten Personen entstehen, gemessen an den Kosten von gleichartigen Produktions- und Dienstleistungsbetrieben mit einer voll arbeitsfähigen Belegschaft. Bei den Wohnheimen sind es die Kosten (insbesondere für Personal und spezielle Einrichtungen), die den Heimen für gesunde Personen nicht erwachsen (s. auch Kreisschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherung
BGE 126 II 443 S. 458
über die Gewährung von Betriebsbeiträgen an Werkstätten für die Dauerbeschäftigung Behinderter, Ziff. 6, und über die Gewährung von Betriebsbeiträgen an Wohnheime und Tagesstätten für Behinderte, Rz. 16).
Aus dieser Regelung und Verwaltungspraxis geht hervor, dass mit den Betriebsbeiträgen der Invalidenversicherung die behinderungsbedingten Mehrkosten entschädigt werden sollen. Nur diese sind beitragsberechtigt. Die Betriebsbeiträge bemessen sich nach den invaliditätsbedingten Mehrkosten der Betriebsführung und haben keinen direkten Zusammenhang mit den Umsätzen des Beschwerdegegners aus der Produktionsstätte, wie dieser zu Recht bemerkt. Es werden mit ihnen nicht etwa der Warenverkauf gefördert oder die Beherbergungsumsätze angehoben. Das zeigt sich auch darin, dass eine Subventionierung im Bereich der steuerbaren Produktionsumsätze nach verschiedenen Bestimmungen des Invalidenversicherungsgesetzes und der zugehörigen Verordnung nicht möglich ist (
Art. 73 IVG,
Art. 101 und 106 IVV). Das deutet klarerweise auf Subventionen hin, die geleistet werden, weil das Wohnheim bzw. die Behindertenwerkstatt eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahrnimmt und diese Tätigkeit gefördert werden soll.
Art. 26 Abs. 6 lit. b und Art. 30 Abs. 6 MWSTV sind auf diese Beiträge somit grundsätzlich anwendbar. Der angefochtene Entscheid ist, was die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung der Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung beim Beschwerdegegner betrifft, zu korrigieren und der Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu bestätigen.
8. a) Die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung von Spenden, Legaten (Vermächtnissen) und anderen freiwilligen Zuwendungen von Dritten an steuerpflichtige Unternehmen ist in der Mehrwertsteuerverordnung nicht geregelt. Nach der Praxis der Beschwerdeführerin sind sie den Subventionen und anderen Beiträgen der öffentlichen Hand gleichgestellt, das heisst sie sind nicht steuerbar. Soweit ein Steuerpflichtiger solche Zuwendungen erhält, ist sein Vorsteuerabzug verhältnismässig zu kürzen (Branchenbroschüre Nr. 14 für die karitativen Organisationen, Ziff. 2.27 f.). Dementsprechend hat die Beschwerdeführerin im Einspracheentscheid, Dispositiv Ziff. 2.10, angeordnet, dass der Beschwerdegegner die nicht direkt einer steuerbaren Tätigkeit zuordenbaren Vorsteuern im Verhältnis zu den erhaltenen Spenden, Legaten und anderen freiwilligen Zuwendungen kürzen müsse.
BGE 126 II 443 S. 459
Es handelt sich um eine Verwaltungspraxis, die nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage beruht (weil die Verordnung eine Sonderregelung nur für die Subventionen und anderen Beiträge der öffentlichen Hand enthält), die aber eingreift, weil die zu den Subventionen angestellten Erwägungen auf die privaten freiwilligen Zuwendungen in gleicher Weise zutreffen. Spenden erfolgen wie Schenkungen freiwillig. Von der gewöhnlichen Schenkung unterscheidet sich die Spende darin, dass der Spender mit seiner Zuwendung bezweckt, dass der Empfänger eine bestimmte Aufgabe erfüllt. In diesem Punkt gleichen sich private Spende und öffentlichrechtliche Subvention. Wie die Subvention wird auch die Spende nicht hingegeben, damit der Leistungsempfänger eine konkrete Gegenleistung erbringt. Die Spende ist somit nicht Leistungsentgelt und fliesst nicht in die Bemessungsgrundlage ein, auch wenn sie dem Spendenempfänger dazu dient, eine Tätigkeit auszuüben. Die gleiche Zwecksetzung liegt auch den Legaten (Vermächtnissen) und anderen freiwilligen Leistungen zugunsten von karitativen Organisationen zugrunde. Allerdings ist im Einzelfall genau zu prüfen, ob eine freiwillige Zuwendung oder ein Leistungsentgelt vorliegt, weil nur Spenden (sowie Legate und andere freiwillige Zuwendungen an Einrichtungen der Sozialfürsorge und Sozialhilfe), nicht Entgelte, steuerbefreit sind (s. auch Art. 33 Abs. 2 Satz 1 MWSTG).
b) Es ist auch richtig, die Vorsteuern im Verhältnis der empfangenen Spenden, Legate und gleichgestellten Zuwendungen zu kürzen. Soweit Spenden einem steuerpflichtigen Unternehmen zukommen, das damit Leistungen (auch von der Steuer ausgenommene,
Art. 14 MWSTV) erstellt, kann nicht gesagt werden, diese Spenden lägen ausserhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer und seien mehrwertsteuerrechtlich irrelevant. Vielmehr dient die Spende in diesem Fall - wie die Subvention - der Erstellung von Leistungen (Umsätzen). Dass die Spende nicht direkt einzelnen konkreten Umsätzen zugeordnet werden kann und nicht in die Bemessungsgrundlage einfliesst, hängt damit zusammen, dass der Spender die Tätigkeit des steuerpflichtigen Unternehmens allgemein fördern will. Diese Tatsache ändert indessen nichts daran, dass Spenden - wie Subventionen - der Leistungserstellung dienen und sich auf den Preis des Produkts auswirken, unabhängig davon, ob dieses Gegenstand eines der Steuer unterliegenden oder von der Steuer ausgenommenen Umsatzes ist. Solche Spenden sind deshalb in die Kürzung des Vorsteuerabzuges einzubeziehen, weil der Vorsteuerabzug nur auf Gegenständen und Dienstleistungen vorgenommen
BGE 126 II 443 S. 460
werden darf, die für steuerbare (oder von der Steuer befreite,
Art. 15 MWSTV) Umsätze verwendet werden (
Art. 196 Ziff. 14 Abs. 1 lit. h BV;
Art. 29 MWSTV). Dieser Zweck wäre in Frage gestellt, wenn die Spenden nicht auch berücksichtigt würden. Nachdem die Notwendigkeit einer entsprechenden Praxis durch die Beschwerdeführerin erkannt worden ist und die analoge Regelung der Mehrwertsteuerverordnung zu den Subventionen und anderen Beiträgen der öffentlichen Hand nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden kann, besteht kein Grund, sie nicht zu bestätigen. Auch der Bundesgesetzgeber hat die entsprechende Regelung für Spenden, sofern sie nicht unmittelbar einzelnen Umsätzen als Gegenleistung zugeordnet werden können (
Art. 33 Abs. 2 MWSTG), in das Mehrwertsteuergesetz aufgenommen (
Art. 38 Abs. 8 MWSTG).
Aus diesen Gründen ist der Einspracheentscheid (Dispositiv Ziff. 2.10) nicht bundesrechtswidrig und zu bestätigen.
9. Der Beschwerdegegner hat von Beginn seiner Steuerunterstellung an nach Pauschalsteuersätzen abgerechnet. Er hat sich das Recht vorbehalten, diese Abrechnungsart je nach Ausgang des Verfahrens rückwirkend zu ändern. Die Beschwerdeführerin beantragt demgegenüber, es sei festzustellen, dass der nach Pauschalsteuersätzen abrechnende Beschwerdegegner die Abrechnungsart nur auf Ende des laufenden Jahres mit Frist bis 28. Februar des Folgejahres kündigen könne und eine rückwirkende Änderung der Abrechnungsart nicht möglich sei. Eine entsprechende Feststellung hat sie bereits im Einspracheentscheid (Dispositiv Ziff. 2.12) getroffen.
Die Vorinstanz hat zu Recht festgehalten, dass trotz des Vorbehalts der Steuerpflichtige seine Abrechnungsart nicht rückwirkend ändern könne. Gemäss der Regelung in der Branchenbroschüre Nr. 16 für Gemeinwesen, abgeändert durch das Merkblatt Nr. 20 vom 13. Oktober 1995, das sich auch an andere nach Pauschalsteuersätzen abrechnende Steuerpflichtige wie namentlich Pflegeheime richtet, muss der Steuerpflichtige, der die Abrechnung nach Pauschalsteuersätzen wünscht, diese Abrechnungsweise während mindestens drei Kalenderjahren beibehalten. Anschliessend ist ein schriftlicher Widerruf bis spätestens Ende Februar des Folgejahres möglich. Eine erneute Unterstellung kann dann erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Dauer beantragt werden. Der Zweck der Abrechnung mit Pauschalsteuersätzen liegt in einer administrativen und nicht in einer finanziellen Erleichterung der Abrechnung für den
BGE 126 II 443 S. 461
Steuerpflichtigen. Das ergibt sich aus
Art. 47 Abs. 3 MWSTV, wonach die Eidgenössische Steuerverwaltung unter den von ihr festzusetzenden Bedingungen Erleichterungen gewähren oder eine annäherungsweise Ermittlung der Steuer gestatten kann, sofern dem Steuerpflichtigen aus der genauen Feststellung einzelner für die Bemessung der Steuer wesentlicher Tatsachen übermässige Umtriebe erwachsen. Unter diesem Gesichtswinkel ist der Vorbehalt des Beschwerdegegners unbegründet und der Einspracheentscheid in diesem Punkt zu bestätigen.
Gegen die anzuwendenden Pauschalsteuersätze hat der Beschwerdegegner im Übrigen keine Einwendungen erhoben, sondern sie nur für den Fall bestritten, dass sich hinsichtlich der Besteuerung der Subventionen und Spenden eine gegenüber derjenigen der Beschwerdeführerin abweichende Beurteilung ergeben sollte. Das ist nicht der Fall, weshalb auf die Pauschalsteuersätze so oder anders nicht zurückzukommen ist.