82 III 63
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Urteilskopf
82 III 63
22. Entscheid vom 20. April 1956 i.S. Rionda.
Regeste
Arrestvollzug. Die Arrestierung von Gegenständen, die nach eigener Behauptung des Gläubigers nicht dem Schuldner, sondern emem Dritten gehören oder im Gesamteigentum des Schuldners und weiterer Personen stehen, ist als nichtig von Amtes wegen aufzuheben (Art. 13, 271 Abs. 1 und 274 Ziff. 4 SchKG, Art. 1 VVAG). Gilt eine Ausnahme, wenn sämtliche Teilhaber eines Gemeinschaftsverhältnisses für eine Solidarschuld belangt werden?
Ein von einem örtlich unzuständigen Betreibungsamt erlassener Zahlungsbefehl ist nicht von Amtes wegen, sondern nur auf rechtzeitige Beschwerde hin aufzuheben.
Die postalische Zustellung von Betreibungsurkunden nach Frankreich ist unzulässig (Art. 66 Abs. 3 SchKG; Art. 6 der Haager Übereinkunft vom 17. Juli 1905, Art. 2 und 7 der Erklärung zwischen der Schweiz und Frankreich vom 1. Februar 1913). Nichtigkeit solcher Zustellungen.
A.- Am 22. Februar 1939 errichtete Henry de Reding im Auftrag des Finanzministers der im Bürgerkrieg unterlegenen Regierung der Spanischen Republik in London nach englischem Recht den Spanish Refugee Trust. Verschiedene Werte des Trustvermögens wurden bei der Bank Hans Seligmann-Schürch & Co. in Basel hinterlegt. Trustee war neben Reding während mehrerer Jahre Manuel Portela Valladares. Nach dessen Tod im Jahre 1951 wurde Mariano Anso zum Cotrustee Redings ernannt.
B.- Am 29. Januar 1955 richtete Angela Rionda, die als Erbin des Manuel Portela Valladares eine Honorarforderung von Fr. 135'000.-- gegen den Trust geltend macht,
BGE 82 III 63 S. 65
an die Arrestbehörde von Basel-Stadt das Gesuch, es sei ihr für diese Forderung ein bei der Bank Seligmann zu vollziehender Arrest gegen Reding und Anso zu bewilligen. Zur Begründung dieses Gesuchs berief sie sich gegenüber dem in Frankreich wohnenden Anso auf Art. 271 Ziff. 4 SchKG (Mangel eines Wohnsitzes in der Schweiz), gegenüber dem in Saxon (Kt. Wallis) wohnhaften Reding auf Art. 271 Ziff. 2 SchKG, weil er in der Absicht, sich seinen Verbindlichkeiten zu entziehen, die Trustwerte auf den Spanischen Staat zu übertragen suche. (Reding hatte am 13. Februar 1954 im Einverständnis Ansos mit dem Spanischen Staat eine Vereinbarung geschlossen, wonach er diesem alle in der Schweiz liegenden Werte des Spanish Refugee Trust herauszugeben hat). Als Arrestgegenstände nannte das Arrestgesuch:"Sämtliche Wertschriften, Aktiven, Guthaben, Gelder oder sonstigen Werte, die im Eigentum der Herren de Reding oder Anso stehen, oder die als gegenwartiges oder früheres Eigentum des Spanish Refugee Trust bezeichnet sind.
1. Insbesondere die Konten Henry de Reding 1939, 1954 eventuell 1955, die Wertschriften gemäss Anlage II des Berichtes der Schweiz. Treuhandgesellschaft vom 27. Oktober 1949, auch wenn diese Titel bei anderen Banken auf Rechnung der Hans Seligmann-Schürch & Co. deponiert worden sind.
2. Die bei Hans Seligmann-Schürch & Co. liegenden oder von ihr verwalteten 100 Aktien zu je Fr. 1000.-- nominal der Valfruits SA
3. Das Guthaben des "Spanish Refugee" Trust gegenüber der Valfruits SA von Fr. 228'925.-- (Konto H. de Reding 1954).
4. Die Guthaben der einzelnen Konten der Bank Hans Seligmann-Schürch & Co. zu Gunsten des Spanish Refugee Trust (Konto 1939 und Henry de Reding 1939) gemäss Bericht der Schweiz. Treuhandgesellschaft vom 27. Oktober 1946 S. 56 ff., insbesondere Guthaben von Schweizer Franken 75'331.70, USA-Dollars 12'517.15, francs français 146'869.86, Liren 2'412.-- und £ 1835. 15.00.
5. Sämtliche Wertschriften, Aktiven, Konten etc., die auf Herrn Henry de Reding persönlich und privat lauten.
6. Sämtliche Konten, Wertschriften, Aktiven etc., die auf Herrn Mariano Anso persönlich und privat lauten."
Am 31. Januar 1955 erliess die Arrestbehörde gegen "Henry de Reding ... (in solidum mit Mariano Anso ..., beide als Trustees des Spanish Refugee Trust)" und gegen
BGE 82 III 63 S. 66
"Mariano Anso ... (in solidum mit H. de Reding ..., beide als Trustees des Spanish Refugee Trust)" je einen Arrestbefehl, worin die Arrestgegenstände gleich bezeichnet waren wie im Arrestgesuch. Das Betreibungsamt Basel-Stadt vollzog diese Befehle am 1. Februar 1955 (Arreste 8 und 9). Die Bezeichnung der bei der Bank Seligmann arrestierten Gegenstände in der Arresturkunde deckt sich genau mit den Angaben in den Arrestbefehlen. Die Bank weigerte sich unter Berufung auf das Bankengeheimnis, über diese Gegenstände nähere Auskunft zu erteilen.
C.- Am 14. Februar 1955 machte der Spanische Staat sein Eigentum an den in den Verfahren gegen Reding und Anso arrestierten Vermögenswerten geltend. Er verwies dabei auf eine Klage auf Herausgabe, die er am 30. März 1954 gegen die Bank Seligmann eingeleitet habe. Am 4. März 1955 verfügte das Betreibungsamt auf Ersuchen der Arrestgläubigerin und des Drittansprechers, die Fristansetzung für das Widerspruchsverfahren werde bis auf weiteres sistiert.
D.- Zur Prosequierung der Arreste leitete die Gläubigerin gegen Reding und Anso Betreibungen ein (Nrn. 41604 und 41275). Dem von Reding erklärten Rechtsvorschlag liess sie die Klage auf Anerkennung der Arrestforderung folgen. Der Zahlungsbefehl für Anso wurde diesem durch die Post übermittelt. Laut Rückschein erfolgte die Zustellung in Biarritz am 25. Februar 1955. Am 22. März 1955 sandte das Betreibungsamt der Gläubigerin die für sie bestimmte Ausfertigung des Zahlungsbefehls gegen Anso mit dem Vermerke, dass kein Rechtsvorschlag erhoben worden sei.
E.- Nachdem die Gläubigerin in der Betreibung gegen Anso das Fortsetzungsbegehren gestellt hatte, ersuchte dieser das Dreiergericht Basel-Stadt um Bewilligung des nachträglichen Rechtsvorschlags. Das Dreiergericht entsprach diesem Gesuch am 29. April 1955 unter Hinweis darauf, dass der Zahlungsbefehl staatsvertragswidrig durch die Post statt auf diplomatischem Wege zugestellt worden
BGE 82 III 63 S. 67
und daher nichtig sei. Mit Entscheid vom 30. August 1955 (schriftlich motiviert am 21. September 1955) hob das Appellationsgericht dieses Erkenntnis auf und wies die Sache an das Dreiergericht zurück. Dabei führte es aus, unter Vorbehalt des hier nicht gegebenen Falles, dass eine Betreibungshandlung offensichtlich nichtig sei, müsse die Feststellung der Nichtigkeit der Aufsichtsbehörde vorbehalten bleiben.
F.- Hierauf stellte Anso bei der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt mit Eingabe vom 3. Oktober 1955 den Antrag, die durch die Post erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls in der Betreibung Nr. 41'275 sei von Amtes wegen als nichtig aufzuheben. Die Aufsichtsbehörde holte eine Vernehmlassung des Betreibungsamtes ein und zog das Arrestbegehren und die Akten der Arreste Nr. 8 und 9 sowie der Betreibung Nr. 41'275 bei. Sie fand, die postalische Zustellung des Zahlungsbefehls an den in Frankreich wohnenden Schuldner Anso erweise sich nach Massgabe der am 17. Juli 1905 im Haag abgeschlossenen Internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht und der schweizerisch-französischen Erklärung betreffend die Übermittlung von gerichtlichen und aussergerichtlichen Aktenstücken sowie von Requisitorien in Zivil- und Handelssachen vom 1. Februar 1913 als unzulässig, zumal da die Schweiz sich ihrerseits die Postzustellung in Zivil- und Handelssachen gegenüber sämtlichen Mitgliedstaaten der Haager Übereinkunft ausdrücklich verbeten habe. Die Zustellung des Zahlungsbefehls an Anso, die übrigens der eben erwähnten Erklärung auch deshalb nicht entsprochen habe, weil der Zahlungsbefehl weder französisch abgefasst noch von einer französischen Übersetzung begleitet gewesen sei, erweise sich daher als nichtig. Nichtig sei aber auch schon der Vollzug der beiden Arreste. Es sei nämlich versäumt worden, in den Arrestbefehlen die zu arrestierenden Gegenstände eindeutig als Eigentum des vom einzelnen Befehl betroffenen Schuldners zu bezeichnen, wie es nach
BGE 82 III 63 S. 68
Art. 274 Ziff. 4 in Verbindung mit Art. 271 Abs. 1 SchKG unerlässlich gewesen wäre. Die Bezeichnung der Arrestgegenstände erwecke den Eindruck, dass der Arrest gegen Anso auch Eigentum Redings, derjenige gegen Reding auch Eigentum Ansos erfassen und dass beide Arreste sich auf Vermögenswerte des Spanish Refugee Trust erstrecken sollten. Das Trustvermögen stelle nach der Begründung des Arrestbegehrens Gesamteigentum der beiden Trustees dar, so dass sich der Arrest gegen diese nach Art. 1 der Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen vom 17. Januar 1923 (VVAG) nicht auf einzelne zu diesem Vermögen gehörende Gegenstände, sondern nur auf den dem einzelnen Schuldner zufallenden Liquidationsanteil beziehen könne. Der Arrestvollzug verstosse also gegen zwingendes Recht und hätte daher vom Betreibungsamt abgelehnt werden sollen. Die auf Rechnung der Bank Seligmann bei andern Banken hinterlegten Gegenstände (Ziff. 1) hätten im übrigen, soweit ausserhalb des Arrestkreises Basel-Stadt gelegen, vom Betreibungsamt Basel-Stadt auch wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht arrestiert werden dürfen. Das gleiche gelte auch für das unter Ziff. 3 der Arresturkunde genannte Guthaben des Spanish Refugee Trust gegen die Valfruits SA, weil Reding in Saxon, Anso in Frankreich und die Drittschuldnerin Valfruits SA in Fully (Kt. Wallis) domiziliert sei. Die Aufhebung der Arrestvollzüge entziehe einem allfälligen Widerspruchsverfahren den Boden. Nach einem allfälligen neuen Arrestvollzuge sei von einer Sistierung dieses Verfahrens, da unzweckmässig, abzusehen. Auf Grund dieser Erwägungen hat die kantonale Aufsichtsbehörde am 27. Februar 1956 erkannt:1. In Gutheissung der Beschwerde wird die Zustellung des Zahlungsbefehls vom 18. Februar 1955 in Betreibung Nr. 41'275 an den Rekurrenten als nichtig aufgehoben.
2. Ausserdem wird der Vollzug der von der Arrestbehörde Basel-Stadt am 31. Januar 1955 erlassenen und am 1. Februar 1955 durch das Betreibungsamt Basel-Stadt vollzogenen Arrestbefehle gegen Henry de Reding (Arrest Nr. 8) und Mariano Anso (Arrest Nr. 9) von Amtes wegen aufgehoben.
3. Das Betreibungsamt wird angewiesen, bei allenfalls erneutem Arrestvollzug gegen Henry de Reding oder Mariano Anso ein möglicherweise dannzumal in Bezug auf Eigentumsansprüche des Spanischen Staates einzuleitendes Widerspruchsverfahren ohne Sistierung durchzuführen.
1. Es sei in Aufhebung des Entscheides der Aufsichtsbehörde ... vom 27. Februar 1956 das Betreibungsamt anzuweisen, die von der Arrestbehörde Basel-Stadt am 31. Januar 1955 erlassenen Arrestbefehle ... gegen Henry de Reding und Mariano Anso zu vollziehen.
2. Es sei die Beschwerde des Mariano Anso vom 4. Oktober 1955 ... abzuweisen und festzustellen, dass in der Arrestprosekutionsbetreibung Nr. 41275 der Zahlungsbefehl richtig an Herrn Mariano Anso zugestellt worden ist.
3. Es sei festzustellen, dass das Betreibungsamt ... berechtigt gewesen ist, das Widerspruchsverfahren ... mit Einwilligung beider Parteien zu sistieren und es sei die das Gegenteil verfügende Anweisung der Aufsichtsbehörde ... aufzuheben.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Das Betreibungsamt hat den Vollzug eines Arrestbefehls abzulehnen, wenn hiezu Massnahmen getroffen werden müssten, die sich als Verletzung der beim Vollzug zu beachtenden Vorschriften darstellen (BGE 64 III 129,BGE 75 III 26). Vollzieht das Betreibungsamt einen Arrestbefehl, dem es keine Folge hätte geben sollen, so sind die von ihm getroffenen Massnahmen auf Beschwerde hin aufzuheben. Falls die verletzten Vorschriften zwingender Natur sind, haben die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen einzuschreiten, auch wenn die Beschwerdefrist unbenützt abgelaufen ist, sobald ihnen der Sachverhalt auf irgendeinem Wege, z.B. durch eine nach Fristablauf eingereichte Beschwerde, bekannt wird (vgl. z.B.BGE 73 III 103Erw. 3) Dies ergibt sich aus Art. 13 SchKG (vgl.BGE 79 III 9). Die Aufhebung des Arrestvollzugs wegen Verletzung der hiefür massgebenden Vorschriften hat entgegen der Auffassung der Rekurrentin mit der Arrestaufhebung im Sinne von Art. 279 Abs. 2 SchKG, die dem Richter vorbehalten ist, nichts zu tun.
2. Nach Art. 271 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger "Vermögensstücke des Schuldners" mit Arrest belegen lassen. Diese Vermögensstücke hat er zu nennen, damit sie im Arrestbefehl angegeben werden können (Art. 274 Ziff. 4 SchKG). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass ein Arrest nur solche Gegenstände erfassen kann, die nach der Meinung des Gläubigers dem Schuldner gehören.
Daraus, dass der Gläubiger die Arrestierung eines bestimmten Gegenstandes verlangt, ist in der Regel zu schliessen, dass er geltend machen will, dieser Gegenstand stehe dem Schuldner zu. An diese Rechtsbehauptung hat sich das Betreibungsamt zu halten und den Arrest zu vollziehen, sofern die übrigen Voraussetzungen hiefür gegeben sind. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Gläubiger einen Arrest auf Vermögensstücke erwirkt hat, die dem Namen nach einem Dritten gehören. Der Gläubiger, der z.B. die Arrestierung von auf den Namen eines Dritten hinterlegten Wertschriften oder von auf einen Dritten lautenden Guthaben verlangt, will damit gewöhnlich behaupten, dass diese Wertschriften oder Guthaben in Wirklichkeit dem Schuldner zustehen. Wenn dann der Schuldner die zu arrestierenden Gegenstände als Eigentum eines Dritten bezeichnet oder ein Dritter das Eigentum daran beansprucht, so kann dies nicht zur Ablehnung oder Aufhebung des Arrestvollzugs führen, sondern gibt nur Anlass zur Einleitung eines Widerspruchsverfahrens.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der Gläubiger die Gegenstände, deren Arrestierung er verlangt, selber als Eigentum eines Dritten bezeichnet. Gehören die Arrestgegenstände nach der eigenen Behauptung des Gläubigers nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten, so verstösst der Arrestvollzug offenkundig gegen die Natur des Arrestes, der nur der Sicherung des Gläubigers durch Vermögensstücke des Schuldners dienen soll, und stellt einen unzulässigen Eingriff in die Rechte einer am Verfahren nicht beteiligten Person dar. Er ist daher abzulehnen und, wenn erfolgt, als nichtig von Amtes wegen aufzuheben.
Mit einem solchen Falle hat man es hier zu tun. Die Rekurrentin liess bei jedem der beiden Arrestschuldner nicht nur die nach ihrer Auffassung dem Schuldner gehörenden Gegenstände arrestieren, sondern auch diejenigen, die im Eigentum des Dritten stehen, den sie neben dem Schuldner solidarisch für ihre Forderung haftbar macht ("Sämtliche Wertschriften ..., die im Eigentum des Arrestschuldners oder Mariano Anso stehen" und umgekehrt). Ausserdem liess sie in beiden Arrestbefehlen die als gegenwärtiges oder früheres "Eigentum" des Spanish Refugee Trust bezeichneten Werte als Arrestgegenstände aufführen, sodass man sich fragen kann, ob die beiden Arreste auch noch Vermögensstücke einer weitern Drittperson erfassen sollen. Welche Vermögenswerte sie im einen und andern Verfahren als Eigentum des Arrestschuldners und welche sie als Dritteigentum ansieht, lässt sich, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, der Aufzählung unter Ziff. 1-6 des Arrestgesuchs und Arrestbefehls nicht mit Sicherheit entnehmen. Wen sie als Eigentümer betrachtet, ist nicht einmal bei den Vermögenswerten klar, als deren Titular entweder Reding oder Anso ohne weitern Zusatz angegeben ist (Ziff. 1, 5, 6), weil die Tatsache, dass die Ziffern 3 und 4 als Guthaben des Trusts zum Teil bereits unter Ziffer 1 erwähnte Konten Redings erwähnen, darauf schliessen lässt, dass die Rekurrentin den Titular nicht ohne weiteres als den in Wirklichkeit Berechtigten betrachtete, und weil die übereinstimmende Bezeichnung der Arrestgegenstände in beiden Arresten und die den Ziffern 1-6 vorausgehende allgemeine Umschreibung zeigen, dass die Rekurrentin fand, es komme gar nicht darauf an, was dem einen oder andern Schuldner oder allenfalls dem Trust gehöre, so dass sie hierüber keine Angaben zu machen brauche. Schon wegen dieser Unklarheit hätte das Betreibungsamt den Arrestbefehlen keine Folge geben sollen und muss der erfolgte Vollzug aufgehoben werden.
BGE 82 III 63 S. 72
Nach dem Arrestgesuch und den Ausführungen in der Rekursschrift ist anzunehmen, dass die Rekurrentin sich deswegen für berechtigt hielt, in beiden Arrestverfahren neben den als Eigentum des Trusts bezeichneten Werten alle Depots und Guthaben Redings und Ansos bei der Bank Seligmann beschlagnahmen zu lassen, weil sie davon ausging, mindestens bei einem Teil dieser Vermögensstücke handle es sich wie bei den ausdrücklich auf den Namen des Trusts angelegten Werten um Trustvermögen, das für die gegen den Trust gerichtete Arrestforderung hafte. Die zum Trustvermögen gehörenden Werte stehen aber nach ihrer eigenen Behauptung in den erwähnten Eingaben im Gesamteigentum der beiden Cotrustees Reding und Anso. Gegenstände, die sich nicht im Alleineigentum des Schuldners, sondern im Gesamteigentum des Schuldners und weiterer Personen befinden, können für die Verbindlichkeiten des Schuldners nicht selber gepfändet oder arrestiert werden. Vielmehr gilt bei derartigen Verhältnissen der in Art. 1 VVAG ausgesprochene, aus dem materiellen Recht zwingend hervorgehende Grundsatz, dass die Pfändung (oder der Arrestvollzug) sich nur auf den Liquidationsanteil erstrecken kann, der dem Schuldner im Falle der Auflösung der das Gesamteigentum begründenden Gemeinschaft zufällt. Auch beim Vorliegen von blossem Miteigentum kann sich im übrigen die Pfändung oder der Arrest nicht auf den Gegenstand des Miteigentums, sondern nur auf das Anteilsrecht des Schuldners beziehen. Nur dieses ist Vermögen des Schuldners. Aus den eigenen Ausführungen der Rekurrentin ergibt sich also, dass die streitigen Arreste mindestens hinsichtlich eines Teils der arrestierten Gegenstände gegen Art. 1 VVAG verstossen. Welche Gegenstände sie als Alleineigentum des einen oder andern Cotrustees und welche sie als Trustgut und damit als Gesamteigentum beider betrachtet, hat die Rekurrentin im Arrestgesuch nicht präzisiert. Auch unter dem Gesichtspunkte von Art. 1 VVAG war es deshalb richtig, dass die Vorinstanz den Arrestvollzug hinsichtlich aller beschlagnahmten BGE 82 III 63 S. 73
Gegenstände aufhob. In der Rekursschrift nimmt die Rekurrentin nun übrigens den Standpunkt ein, dass es sich bei allen auf den Namen Redings oder Ansos oder des Trustes lautenden Vermögenswerten um Trustvermögen und mithin um Gesamteigentum handeln könne und auch handle (S. 21/22). Angesichts dieser Stellungnahme ist vollends klar, dass die Arreste vor der erwähnten Vorschrift nicht Bestand haben können.Ob nach dem einschlägigen materiellen Recht eine Liquidation des Gesamthandverhältnisses stattfinden darf oder nicht, ist entgegen der Meinung der Rekurrentin gleichgültig. Wenn eine solche Liquidation nach dem von der Rekurrentin als massgebend erachteten englischen Recht ausgeschlossen wäre, so hätte dies höchstens zur Folge, dass die Vollstreckung der Arrestforderung auf dem Wege der Schuldbetreibung in der Schweiz nicht zum Ziel führen könnte. Es kann keine Rede davon sein, dass die Betreibungsbehörden den Besonderheiten einer fremden Rechtsordnung durch ein gesetzwidriges Verfahren Rechnung tragen dürften. Im übrigen ist zu bemerken, dass die von der Rekurrentin angestrebte Verwertung von Gegenständen des Gemeinschaftsvermögens ja nichts anderes bedeutet als eine mindestens partielle Liquidation der Gemeinschaft.
Der Hinweis aufBGE 73 III 113f. kann der Rekurrentin auch nicht helfen. Es kann sich von vornherein fragen, ob die dort angestellte Erwägung, dass im Falle der Betreibung sämtlicher Teilhaber eines Gemeinschaftsvermögens für eine Solidarschuld keiner von ihnen an der Einhaltung des Grundsatzes von Art. 1 VVAG interessiert sei, wirklich den Schluss erlaube, dass in einem solchen Falle auf Verlangen des Gläubigers anstelle der Anteilsrechte der Betriebenen, die allein zu ihren Vermögen gehören, die das Gemeinschaftsgut bildenden Gegenstände selbst gepfändet werden dürfen. Diese Frage braucht hier jedoch nicht näher untersucht zu werden. Auf jeden Fall kann nämlich das in Frage stehende Verfahren höchstens dann zugelassen werden,
BGE 82 III 63 S. 74
wenn ausser Zweifel steht, dass niemand an der Befolgung des juristisch allein korrekten Verfahrens ein Interesse hat. Diese Annahme mochte sich im FalleBGE 73 III 111ff. rechtfertigen, wo man es mit übersichtlichen Verhältnissen zu tun hatte. (Die Betriebenen bildeten dort zusammen mit dem Gläubiger eine Erbengemeinschaft im Sinne des schweizerischen Rechts; mit der Betreibung wurde eine Erbschaftsschuld geltend gemacht; Gegenstand des Gesamteigentums waren genau bekannte Vermögensstücke, nämlich die Bestandteile des Nachlasses, insbesondere Liegenschaften in Nyon.) Im vorliegenden Falle sind dagegen die Verhältnisse keineswegs derart bekannt, dass die Betreibungsbehörden annehmen dürften, es sei niemand daran interessiert, dass gemäss Art. 1 VVAG vorgegangen werde.Es bleibt also dabei, dass sich die Arrestierung der in den Arrestbefehlen gegen Reding und Anso genannten Gegenstände auf Grund der eigenen Vorbringen der Rekurrentin als absolut unzulässig erweist.
4. Die Aufhebung des Arrestvollzugs gegen Reding und Anso entzieht dem Betreibungsamt Basel-Stadt die örtliche Zuständigkeit für die Durchführung der Betreibungen gegen diese beiden Schuldner, die sich allein aus Art. 62 SchKG (Betreibungsort des Arrestes) ergeben könnte. Ein Zahlungsbefehl, der von einem örtlich nicht zuständigen Amte erlassen wurde, ist jedoch wegen dieses Mangels nicht von Amtes wegen, sondern nur auf rechtzeitige Beschwerde hin aufzuheben, weil die Einleitung einer Betreibung am unrichtigen Ort anders als die durch ein unzuständiges Amt vollzogene Pfändung oder Arrestierung weder öffentliche Interessen noch Interessen dritter, nicht am Verfahren beteiligter Personen verletzt (BGE 56 III 232,BGE 68 III 35; abweichend, jedoch ohne nähere Begründung,BGE 73 III 103Erw. 3 a.E.). Der Streit darüber, ob die Zustellung des Zahlungsbefehls an Anso wegen Verletzung staatsvertraglicher Vorschriften nichtig sei, wird also durch die Aufhebung des Arrestvollzugs nicht gegenstandslos, wie die Rekurrentin anzunehmen scheint.
5. Wohnt der Schuldner im Auslande, so erfolgt die Zustellung der Betreibungsurkunden nach Art. 66 Abs. 3 SchKG durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder durch die Post. Die zweite Zustellungsart kann sich jedoch aus völkerrechtlichen Gründen als unzulässig erweisen.
Die Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht, der die Schweiz und Frankreich beigetreten sind, beschränkt die Möglichkeit, gerichtliche oder aussergerichtliche Urkunden in Zivil- und Handelssachen den im Ausland befindlichen Beteiligten durch die Post zuzustellen, auf die Fälle, wo Abkommen zwischen den beteiligten Staaten sie zulassen oder wo in Ermangelung von Abkommen der Staat, auf dessen Gebiet die Zustellung erfolgen soll, nicht widerspricht (Art. 6). Zu den hier genannten Urkunden zählen gemäss ständiger Praxis auch die Betreibungsurkunden. Ein Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich, das die Zustellung amtlicher Urkunden durch die Post als zulässig erklären würde, besteht nicht. Insbesondere enthält die Erklärung zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend die Übermittlung von gerichtlichen und aussergerichtlichen Aktenstücken sowie von Requisitorien in Zivil- und Handelssachen vom 1. Februar 1913 (BS 12, deutsch S. 298, französisch S. 286) keine solche Vorschrift. Sie bestimmt gegenteils in Art. 2, dass die gerichtlichen und aussergerichtlichen Aktenstücke, welche für Personen in Frankreich bestimmt sind, durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement oder die zuständige kantonale Behörde unmittelbar dem französischen Staatsanwalt übersandt werden, in dessen Bezirk der Adressat sich befindet (eine Zustellungsart, die gegenüber der in Art. 1 der Haager Übereinkunft vorgesehenen eine Vereinfachung bedeutet). Anderseits ist freilich ein Widerspruch gegen die Zustellung durch die Post von Seiten Frankreichs bis heute nicht erfolgt. Das Ausbleiben eines Widerspruchs lässt jedoch diese Zustellungsart nach Art. 6 der Haager Übereinkunft nur "in Ermangelung von Abkommen" ("à défaut de conventions") zwischen den beteiligten Staaten, d.h. dann als zulässig erscheinen, wenn
BGE 82 III 63 S. 76
zwischen diesen Staaten ein Sonderabkommen über die Zustellung von Urkunden der in Frage stehenden Art überhaupt nicht besteht. Ist dagegen ein solches Abkommen vorhanden, so soll es nach der erwähnten Bestimmung allein Regel machen (vgl.BGE 76 III 78/79; dass das Bundesgericht sich hier in Abweichung vonBGE 41 III 209auf die eben dargestellte Auslegung von Art. 6 der Haager Übereinkunft gestützt hat, lässt sich im Hinblick auf den ersten Satz von Erw. 3 auf S. 79 nicht bezweifeln). Da die Schweiz und Frankreich am 1. Februar 1913 ein Abkommen geschlossen haben, das die Zustellung durch die Post nicht vorsieht, muss diese demnach als durch die Haager Übereinkunft ausgeschlossen gelten, obschon Frankreich keinen Widerspruch im Sinne von Art. 6 dieser Übereinkunft erhoben hat (so im Ergebnis auch schon der Entscheid der Staatsrechtlichen Abteilung vom 13. Juli 1923 i.S. Bigorre). Mit Recht hat die Vorinstanz aber auch hervorgehoben, dass die Vornahme postalischer Zustellung nach Konventionsstaaten durch die schweizerischen Behörden schon deswegen Bedenken weckt, weil die Schweiz sich ihrerseits gegen die postalische Zustellung aus diesen Ländern verwahrt hat (vgl.BGE 76 III 79Erw. 3).Im Verhältnis zu Frankreich wird die Unzulässigkeit der Zustellung durch die Post übrigens durch Art. 7 der Erklärung vom 1. Februar 1913 bestätigt. Wenn es den diplomatischen und konsularischen Vertretern versagt ist, im andern Staate Zustellungen vorzunehmen, dann muss dies doch erst recht für die im eigenen Gebiete tätigen Behörden gelten, die eine Zustellung mit Hilfe der Post bewirken möchten. Denn es dürfte klar sein, dass Art. 7 den erwähnten Auslandvertretungen nicht bloss die eigenhändige Zustellung an den Adressaten verbietet, sondern dass sie sich für Aktenzustellungen auch nicht der Post des andern Staates bedienen dürfen. Andernfalls wäre nicht recht einzusehen, welchen Sinn Art. 7 haben soll. Wenn der zweite Satz dieser Bestimmung als Ausnahme von dem im ersten Satz aufgestellten Verbote zulässt, dass Aktenzustellungen
BGE 82 III 63 S. 77
an die eigenen Staatsangehörigen "unmittelbar" (und ohne Zwang) bewirkt werden, so kann damit vernünftigerweise nicht gemeint sein: "ohne Vermittlung der Post", woraus vielleicht geschlossen werden könnte, dass das Verbot von Satz 1 die postalische Zustellung nicht erfasse, sondern der fragliche Ausdruck kann hier offensichtlich nur bedeuten: "unter Umgehung der nach Art. 1 und 2 zuständigen Behörde des andern Staates".Eine in Verletzung staatsvertraglicher Bestimmungen vorgenommene postalische Zustellung einer Betreibungsurkunde nach dem Ausland ist nichtig (BGE 57 III 30Erw. 4).
6. Die Weisung, welche die Vorinstanz dem Betreibungsamt in Disp. 3 ihres Entscheides für den Fall eines eventuellen spätern Arrestes erteilt hat, kann nicht Gegenstand eines Rekurses sein, da erst deren spätere Befolgung eine Beschwernis für die Rekurrentin bilden könnte. In diesem Punkte ist also auf den Rekurs nicht einzutreten.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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