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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_748/2021  
 
 
Urteil vom 10. Dezember 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwälte Olivier Ciric, Dragan Zeljic und Darya Gasskov, 
und Rechtsanwalt Philippe Neyroud, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an die USA, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 16. November 2021 des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer (RR.2021.127, RR.2021.149). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Schreiben vom 20. März 2021 ersuchten die USA die Schweiz um Verhaftung des russischen Staatsangehörigen A.________ (alias C.________) zwecks Auslieferung. Am 21. März 2021 wurde er in der Schweiz festgenommen und am 23. März 2021 erliess das Bundesamt für Justiz (BJ) einen Auslieferungshaftbefehl. Die von A.________ dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Urteil 1C_279/2021 vom 20. Mai 2021). 
Mit diplomatischer Note vom 19. April 2021 ersuchten die USA die Schweiz um Auslieferung von A.________ für die ihm im Haftbefehl des Bundesbezirksgerichts von Massachusetts vom 6. April 2021 bzw. in der Anklageschrift vom 6. April 2021 zur Last gelegten Straftaten. 
Am 24. Juni 2021 bewilligte das BJ die Auslieferung für die den Auslieferungsersuchen zugrunde liegenden Straftaten. Da A.________ die Einrede des politischen Delikts erhoben hatte, erfolgte der Entscheid unter dem Vorbehalt von deren Beurteilung durch das Bundesstrafgericht. Am 28. Juli 2021 erhob A.________ Beschwerde ans Bundesstrafgericht. Mit Entscheid vom 16. November 2021 vereinigte dieses das Beschwerdeverfahren mit dem Verfahren betreffend die Einrede des politischen Delikts. Es wies sowohl die Einrede als auch die Beschwerde und ein akzessorisches Haftentlassungsgesuch ab. Auf den ebenfalls gestellten Antrag um Haftentschädigung trat es nicht ein. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Dezember 2021 beantragt A.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben, die Einrede des politischen Delikts gutzuheissen und auf das Auslieferungsersuchen nicht einzutreten. Eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid ans BJ zurückzuweisen. Dieses sei einzuladen, bei den amerikanischen Behörden Informationen zu einer geheimen Anklage gegen ihn anzufordern. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt.  
Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG; BGE 145 IV 99 E. 1 S. 104 ff. mit Hinweisen). 
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 S. 104 f. mit Hinweisen). 
Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 S. 107 mit Hinweisen). 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seinem Mitarbeiter B.________ werde vom Justizdepartement der USA vorgeworfen, mit Hacking gegen die Demokratische Partei und deren Kandidatin Hillary Clinton in die Präsidentschaftswahlen von 2016 eingegriffen zu haben. Dieser politisch motivierte Vorwurf treffe auch ihn selber. Das Auslieferungsverfahren wegen Delikten aus dem Finanzmarktbereich scheine deshalb vorgeschoben. Der Entscheid des Bundesstrafgerichts, das insofern pauschal auf die Unabhängigkeit der Justiz der USA und den Spezialitätsvorbehalt verweise, entleere den in Art. 3 Abs. 1 des Auslieferungsvertrags vom 14. November 1990 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika (SR 0.353.933.6; im Folgenden: AVUS) vorgesehenen Einwand des politischen Delikts seines Gehalts. Ein US-amerikanisches Gericht könnte ihn zudem mit dem Hinweis auf die angebliche Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Hackern strenger bestrafen, ohne den Spezialitätsvorbehalt zu verletzen.  
Nach Art. 3 Abs. 1 AVUS lehnt der ersuchte Staat die Auslieferung ab, wenn das Ersuchen politisch begründet erscheint. Das Bundesstrafgericht hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Bestimmung korrekt wiedergegeben. Es hat zu Recht festgehalten, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet sind, objektive Zweifel an der Unabhängigkeit der US-amerikanischen Gerichte zu wecken (vgl. BGE 132 II 469 E. 2.4 und 115 Ib 68 E. 5a zu den entsprechenden innerstaatlichen Bestimmungen von Art. 2 lit. b und c IRSG [SR 351.1]; 113 Ib 175 E. 6a betr. die US-amerikanische Justiz; je mit Hinweisen). Würden diese Gerichte den Beschwerdeführer wegen nicht Grundlage der Auslieferung bildender Delikte strenger bestrafen, läge darin nicht nur eine Umgehung des Spezialitätsvorbehalts (Art. 18 AVUS), sondern auch eine Verletzung der Unschuldsvermutung (Art. 14 Abs. 2 UNO-Pakt II [SR 0.103.2]). Mangels gegenteiliger Anzeichen ist gestützt auf das völkerrechtliche Vertrauensprinzip davon auszugehen, dass sich die USA an ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen halten werden (BGE 104 Ia 49 E. 5b mit Hinweisen; Urteil 1C_432/2019 vom 4. September 2019 E. 2). 
Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, es bestünden weitere Gründe, aus denen der vorliegende Fall als besonders bedeutend angesehen werden müsste. 
 
2.  
Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Dezember 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold