Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_544/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 11. Dezember 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
X.________, 
vertreten durch Fürsprecher Bruno Studer, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Betrug, betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 14. Februar 2017 (SK.2016.48). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 25. Oktober 2016 erhob die Bundesanwaltschaft beim Bundesstrafgericht Anklage gegen X.________. Sie wirft ihm vor, sich an Wettbetrügen beteiligt zu haben. Er habe Fussballspieler kontaktiert, die bereit gewesen seien, gegen Entgelt den Verlauf und Ausgang bestimmter Spiele zu beeinflussen. Nach Zusicherung der Spieler zur Beeinflussung der Spiele habe A.________ über den in London domizilierten Wettvermittler B.________ Ltd. Wetten auf die Spiele bei asiatischen Wettanbietern - namentlich C.________.com und D.________.com - abgeschlossen. Die Mitarbeiter von B.________ Ltd. hätten von der Beeinflussung der Spiele Kenntnis gehabt, nicht dagegen die asiatischen Wettanbieter. Letztere hätten erhebliche Wettgewinne auf ein von B.________ Ltd. geführtes Konto überwiesen, an dem A.________ verfügungsberechtigt gewesen sei. X.________ sei für seine Dienste entschädigt worden und habe seinerseits den Spielern die diesen versprochenen Geldbeträge übergeben. 
 
X.________ sei in der Zeit von April bis September 2009 insbesondere an der Beeinflussung von fünf im Einzelnen bezeichneten schweizerischen Fussballspielen der Challenge League beteiligt gewesen. Dadurch habe er sich der Mittäterschaft zum gewerbsmässigen Betrug schuldig gemacht (Anklageschrift Ziffer I.1.1.1-I.1.1.5). Eventualiter sei insoweit Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug anzunehmen (Anklageschrift Ziffer I.1.2). 
 
Im Sommer 2009 habe eine bosnische Fussballmannschaft in der Schweiz ein Trainingslager durchgeführt und hier drei Freundschaftsspiele ausgetragen. Auf den Verlauf und das Ergebnis dieser Spiele sei unter Beteiligung des Trainerstabs und von Spielern der bosnischen Mannschaft in gleicher Weise Einfluss genommen worden. X.________ habe die bosnische Mannschaft in der Schweiz betreut und jemandem im Auftrag eines Tatbeteiligten Bargeld zur Begleichung offener Rechnungen im Zusammenhang mit dem Trainingslager übergeben. Für seine Dienste habe X.________ eine Entschädigung erhalten. Insoweit habe er sich der Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug schuldig gemacht (Anklageschrift Ziff. I.1.5). 
 
 
B.   
Am 14. Februar 2017 sprach der bundesstrafgerichtliche Einzelrichter X.________ frei. 
 
C.   
Die Bundesanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Einzelrichters betreffend den Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs (Anklageschrift Ziff. I.1.1), eventuell der Gehilfenschaft dazu (Anklageschrift Ziff. I.1.2) und der Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug (Anklageschrift Ziff. I.1.5) aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an den Einzelrichter zurückzuweisen. 
 
D.   
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gegen das angefochtene Urteil ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben. 
 
Nach Art. 80 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts zulässig. 
 
Die Beschwerde eingereicht hat der Staatsanwalt des Bundes, der die Anklage erhoben und vertreten hat. Die Beschwerdebefugnis ist somit gegeben (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 3 BGG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 lit. a StBOG; PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 32 zu Art. 81 BGG). 
 
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
 
2.   
 
2.1. Die Vorinstanz gibt für den Freispruch eine Haupt- und verschiedene Hilfsbegründungen. Sie erwägt zunächst, die Anklageschrift bezeichne als getäuschte und geschädigte Person in sämtlichen acht Anklagepunkten die asiatischen Wettanbieter C.________.com und D.________.com, wobei bei jedem Anklagepunkt "namentlich C.________.com oder D.________.com" angegeben werde. Das Wort "namentlich" lasse auf weitere potentielle Geschädigte schliessen. "Namentlich" sei jedoch keine bzw. keine hinreichend genaue Beschreibung der geschädigten Person und stelle in diesem Zusammenhang deshalb lediglich eine Leerformel dar. Beim Beschwerdegegner dürften angesichts der Anklageschrift keine Zweifel darüber bestehen, dass es sich nach der Anklage bei der geschädigten Person jeweils entweder um C.________.com oder D.________.com handle. Aufgrund des Anklageprinzips gemäss Art. 9 StPO könnten damit lediglich diese beiden als geschädigte Personen Grundlage für eine Verurteilung sein (angefochtener Entscheid E. 2.3.1 S. 10). Die Vorinstanz kommt sodann in Würdigung der Beweise zum Schluss, die Behauptung in der Anklageschrift, die hier relevanten Wetten (mit Einsätzen zwischen 7'000 und 80'000 Euro) seien bei C.________.com oder D.________.com platziert worden, finde in den Akten keinerlei Stütze (angefochtener Entscheid E. 2.3.3.1 S. 13).  
 
Dass diese Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig und damit geradezu willkürlich sei (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244), legt die Beschwerdeführerin - wozu sie gemäss Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG verpflichtet gewesen wäre (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375) - nicht substanziiert dar und ist nicht erkennbar. Die Sachverhaltsannahme der Vorinstanz ist für das Bundesgericht daher verbindlich (Art. 105 Abs. 1 f. BGG). Damit ist der zur Anklage gebrachte Sachverhalt nicht erwiesen. Die Vorinstanz lehnt es mit Blick auf den Anklagegrundsatz gemäss Art. 9 StPO ab, die Täuschung bzw. Schädigung irgendwelcher unbestimmter asiatischer oder sonstiger Wettanbieter genügen zu lassen. Inwiefern die Vorinstanz damit Art. 9 StPO verletzt habe, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Diese setzt sich mit Art. 9 StPO nicht auseinander. Das Bundesgericht könnte damit nur eingreifen, wenn eine Verletzung dieser Bestimmung offensichtlich wäre (BGE 143 V 208 E. 2 S. 209; 140 III 115 E. 2 S. 116; je mit Hinweisen). Dies trifft nicht zu. Gemäss Art. 9 Abs. 1 StPO kann eine Straftat nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines  genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat. Es verletzt diese Bestimmung jedenfalls nicht offensichtlich, wenn die Vorinstanz von einem in der Anklage genau umschriebenen Sachverhalt nur in Bezug auf die Wettanbieter C.________.com und D.________.com ausgeht; dies umso weniger, als nach Art. 325 Abs. 1 lit. e StPO die Anklageschrift die geschädigte Person zu bezeichnen hat.  
 
Ist der zur Anklage gebrachte Sachverhalt nicht erwiesen (dass also der Beschwerdegegner C.________.com oder D.________.com getäuscht und diese geschädigt bzw. dazu Gehilfenschaft geleistet haben soll), verletzt der Freispruch schon aus diesem Grund kein Bundesrecht. 
 
2.2. Selbst wenn die Platzierung der Wetten bei C.________.com oder D.________.com erwiesen gewesen wäre, hätte dies aus folgenden Gründen am Ergebnis nichts geändert.  
 
2.2.1. Die Vorinstanz erwägt hilfsweise, es könne nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass bei der Entgegennahme oder anschliessenden Abwicklung der fraglichen Wetten bei den Wettanbietern natürliche Personen involviert gewesen seien. Insoweit sei die Beweislage diffus. Zugunsten des Beschwerdegegners sei daher anzunehmen, dass bei den fraglichen Wetten keine persönliche Gegenprüfung beim Wettanbieter stattgefunden habe (angefochtener Entscheid E. 2.3.3.2 f. S. 14 f.).  
 
Die Beweiswürdigung der Vorinstanz insoweit ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht willkürlich. Die Vorinstanz stützt ihre Sachverhaltsannahme insbesondere auf die Aussagen des Zeugen E.________ (angefochtener Entscheid E. 2.3.3.2 S. 14 f.). Dieser gab an, die Wetten mit höheren Einsätzen seien bei B.________ Ltd. über einen sog. Brokerage-Service abgewickelt worden. Auch wenn bei einem Buchmacher (d.h. Wettanbieter) eine Limite gelte, könne die Wette aufgeteilt werden, und zwar auf eine beliebige Anzahl Konten bei einem Buchmacher oder über mehrere gesplittet bei verschiedenen Buchmachern. Konkret zu einer Wette mit einem Einsatz von 65'000 Euro befragt, sagte E.________ aus, er wüsste nicht, wie B.________ Ltd. die Wette platziert habe. Alles sei möglich. Er glaube, es sei am wahrscheinlichsten, dass die Wette über das Internet, durch Verwendung verschiedener Internetkonten, durchgeführt worden sei, oder dass direkt mit dem Agenten kommuniziert worden sei. Auf Nachfrage, ob es möglich sei, dass eine solche Wette mit einem derartigen Betrag für ein Zweitligaspiel (gemeint: Challenge League) lediglich über das Internet platziert worden sei, ohne dass dabei eine Person beim Wettanbieter die Wette akzeptiert habe, erklärte E.________, das sei möglich, wenn die Wette über verschiedene Konten platziert worden sei. Die Vorinstanz misst den Aussagen des Zeugen E.________ besonderes Gewicht zu, da er aufgrund seiner früheren Anstellung bei B.________ Ltd. über spezifische Kenntnisse darüber verfügt, wie Wetten dort abgewickelt wurden. Dies ist nicht zu beanstanden. Auch die Zeugen F.________ und G.________, die ihre Aussagen im Gegensatz zu jenen des Zeugen E.________ lediglich auf ihre allgemeine Erfahrung in der Wettspielbranche stützten und insbesondere mit den Geschäftsabläufen bei B.________ Ltd. nicht vertraut waren, gaben im Übrigen nicht an, die hier zur Diskussion stehenden Wetten seien beim Wettanbieter sicher von einer natürlichen Person akzeptiert worden. Wenn die Vorinstanz in Würdigung dessen zum Schluss kommt, es sei nicht hinreichend bewiesen, dass bei der Entgegennahme und Abwicklung der Wetten bei den Wettanbietern natürliche Personen involviert waren, ist das jedenfalls nicht schlechthin unhaltbar und damit nicht willkürlich. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 141 I 211 E. 3.2 S. 214/215 mit Hinweisen). 
 
Der Einwand, die Vorinstanz stelle im vorliegenden Zusammenhang überhöhte Anforderungen an das Beweismass, ist unbegründet. Die Vorinstanz kommt - wie dargelegt - zum Schluss, die Beweislage im Zusammenhang mit der Involvierung natürlicher Personen bei der Entgegennahme und Abwicklung der Wetten bei den Wettanbietern sei diffus. Die Vorinstanz hatte somit insoweit nicht zu unterdrückende Zweifel. Wenn sie diese zugunsten des Beschwerdegegners berücksichtigt und die Involvierung natürlicher Personen bei den Wettanbietern nicht als bewiesen erachtet hat, ist das nicht zu beanstanden (Art. 10 Abs. 3 StPO). 
 
War auf Seiten der Wettanbieter keine natürliche Person involviert, scheidet Betrug gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB aus. Danach ist strafbar, wer "jemanden", also einen Menschen, täuscht (TRECHSEL/ CRAMERI, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 147 StGB; GERHARD FIOLKA, in: Strafrecht II, Basler Kommentar, 3. Aufl. 2013, N. 6 zu Art. 147 StGB; MIRJAM TRUNZ, Ein globaler Lösungsansatz zur Bekämpfung der Spiel- und Wettspielmanipulation im Sport, 2016, S. 234). Die Beschwerdeführerin stellt das nicht in Abrede. 
 
2.2.2. Damit könnte sich nur noch fragen, ob sich - was die Vorinstanz verneint (angefochtener Entscheid E. 2.4 S. 17 f.) - der Beschwerdegegner wegen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 147 StGB bzw. der Gehilfenschaft dazu strafbar gemacht habe. Hierzu kann sich das Bundesgericht jedoch nicht äussern. Dem steht das Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin entgegen. Darüber darf das Bundesgericht gemäss Art. 107 Abs. 1 BGG nicht hinausgehen. Die Beschwerdeführerin beantragt nicht die vollumfängliche Aufhebung des bundesstrafgerichtlichen Urteils. Vielmehr schränkt sie ihr Rechtsbegehren ausdrücklich ein. Sie beantragt, das vorinstanzliche Urteil "sei betreffend den Tatvorwurf des gewerbsmässigen Betruges (Ziff. I.1.1 der Anklageschrift; hiernach: AKS), eventuell der Gehilfenschaft dazu (Ziff. I.1.2 AKS) und der Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug (Ziff. I.1.5 AKS) aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen." Die Aufhebung des angefochtenen Urteils betreffend den Tatvorwurf des gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage bzw. der Gehilfenschaft dazu verlangt die Beschwerdeführerin nicht. Die Einschränkung auf den Tatvorwurf des Betrugs bzw. der Gehilfenschaft dazu ergibt sich bereits klar aus dem Wortlaut des Rechtsbegehrens und wird zusätzlich bestätigt durch die darin enthaltenen Hinweise auf die entsprechenden Ziffern in der Anklageschrift. In deren Ziffer I.1.1 wirft die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner Mittäterschaft beim gewerbsmässigen Betrug vor, in Ziffer I.1.2 Gehilfenschaft dazu und in Ziffer I.1.5 wiederum Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug. Den Vorwurf des gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 147 StGB bzw. der Gehilfenschaft dazu erhebt die Beschwerdeführerin in den Ziffern I.1.3, I.1.4 und I.1.6 der Anklageschrift. Hierauf nimmt das Rechtsbegehren keinen Bezug. Äusserte sich das Bundesgericht zum Tatbestand des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, ginge es demnach über das Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin hinaus, was unzulässig wäre. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um keinen Laien, sondern eine Fachbehörde. Schränkt eine solche ihr Rechtsbegehren eindeutig ein, muss sie sich darauf behaften lassen und kann das Bundesgericht darüber nicht hinwegsehen. Die Interpretation im Lichte der Beschwerdebegründung ist bei zweideutigen und damit auslegungsbedürftigen Rechtsbegehren vorzunehmen (BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 107 BGG). Ein derartiges Begehren liegt hier nicht vor.  
 
3.   
Die Beschwerde ist daher abzuweisen. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Dezember 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri