Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_941/2019  
 
 
Urteil vom 29. Juni 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Heinrich Eggenberger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Schweizerische Eidgenossenschaft, 
vertreten durch den Kanton 
Appenzell Ausserrhoden, 9100 Herisau, 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Ludwig, 
2. C.________ AG, 
Beschwerdegegnerinnen, 
 
Betreibungsamt Appenzeller Vorderland, Paradiesweg 2, Haus Eden, 9410 Heiden. 
 
Gegenstand 
aufschiebende Wirkung (Grundpfandverwertung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, Präsident, 
vom 18. November 2019 (ABP 19 4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Das Grundstück Nr. xxx in U.________ ist am 18. Juli 2008 in 23 Stockwerkeinheiten unterteilt worden. Die C.________ AG ist Eigentümerin von 9 Stockwerkeinheiten, wovon 7 seit dem 30. April 2009 mit Inhaberschuldbriefen zu Gunsten der Schweizerischen Eidgenossenschaft belastet sind. Die A.________ AG ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. yyy in U.________, zu dessen Gunsten und zulasten des Stammgrundstückes Nr. xxx im Jahre 2010 zwei Dienstbarkeiten errichtet wurden. Sie umfassen ein Benützungsrecht an 10 oberirdischen Parkplätzen und an 24 Tiefgaragenparkplätzen.  
 
A.b. Das Betreibungsamt Appenzeller Vorderland führt auf Ersuchen der Bank B.________ AG ein Grundpfandverwertungsverfahren gegen die C.________ AG (Schuldnerin und Pfandeigentümerin) durch. Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat in diesem Verfahren ihre Forderungen angemeldet. Die Versteigerung ist auf den 25. November 2019 angesetzt worden. Am 25. Oktober 2019 hat das Betreibungsamt das Lastenverzeichnis erstellt und den Beteiligten zugestellt. Die zehntägige Bestreitungsfrist ist unbenutzt abgelaufen.  
 
A.c. Am 8. November 2019 hat das Betreibungsamt auf Antrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft den Doppelaufruf der 7 Stockwerkeinheiten angeordnet. Dagegen hat die A.________ AG Beschwerde an das Obergericht Appenzell Ausserrhoden als Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs erhoben (AB 19 7). Gleichzeitig hat sie um aufschiebende Wirkung ersucht.  
 
A.d. Der Präsident der Aufsichtsbehörde verfügte am 18. November 2019 die Abweisung des Gesuchs (ABP 19 4).  
 
B.  
 
B.a. Am 20. November 2019 ist die A.________ AG mit einer Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der Verfügung vom 18. November 2019, die Gutheissung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung und die Verschiebung der auf den 25. November 2019 angesetzten Versteigerung.  
Mit superprovisorischer Verfügung vom 21. November 2019 wurde angeordnet, dass die auf den 25. November 2019 angesetzte Versteige rung nicht stattfinden darf. Im Sinne einer vorsorglichen Massnahme wurde am 9. Dezember 2019 zudem angeordnet, dass während des bundesgerichtlichen Verfahrens kein neuer Versteigerungstermin festgelegt werden darf. 
Das Obergericht und die Schweizerische Eidgenossenschaft (Beschwerdegegnerin 1) haben auf eine Vernehmlassung verzichtet, das Betreibungsamt und die C.________ AG (Beschwerdegegnerin 2) haben sich nicht vernehmen lassen. 
 
B.b. Die A.________ AG hat eine weitere Beschwerde gegen die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung durch die Aufsichtsbehörde eingereicht, welches kantonale Verfahren sich auf die von der Bank B.________ AG bezüglich ihrer Stockwerkeinheiten verlangten doppelten Aufruf bezieht (ABP 19 3). Darüber wird das Bundesgericht in einem eigenen Verfahren entscheiden (5A_940/2019).  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist die Verfügung einer kantonalen Aufsichtsbehörde, die als Rechtsmittelinstanz einer betreibungsrechtlichen Beschwerde gegen die Zwangsversteigerung von Grundstücken die aufschiebende Wirkung (Art. 36 SchKG) verweigert hat. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid (Art. 93 Abs. 1 BGG), gegen den die Beschwerde in Zivilsachen gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75 Abs.1 und Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG; Urteil 5A_266/2020 vom 25. Mai 2020 E. 2.1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Die im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführerin ist als Dienstbarkeitsberechtigte vom angeordneten Doppelaufruf besonders berührt und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Der Entscheid über ein Gesuch um aufschiebende Wirkung stellt eine vorsorgliche Massnahme dar (Art. 98 BGG; BGE 137 III 475 E. 2). Demnach kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden. Das Bundesgericht prüft einzig die vorgetragenen Rügen, die zudem rechtsgenüglich zu begründen sind. Gemäss dem Rügeprinzip hat der Beschwerdeführer konkret und einlässlich darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte seiner Ansicht nach missachtet wurden. Eine bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist nicht zulässig (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
Strittig ist die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung, um welche die Beschwerdeführerin die kantonale Aufsichtsbehörde ersucht hat. In der Sache wehrt sie sich dagegen, dass das Betreibungsamt auf Antrag der Grundpfandgläubigerin für die Zwangsversteigerung den Doppelaufruf in die Steigerungsbedingungen aufgenommenen hat. 
 
2.1. Der betreibungsrechtlichen Beschwerde nach Art. 17 SchKG kommt von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu. Die kantonale Aufsichtsbehörde kann diese auf Gesuch des Beschwerdeführers oder von Amtes wegen anordnen (Art. 36 SchKG). Damit wird die Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung gehemmt und die Situation vor dem Erlass der Verfügung wird beibehalten. Die Gewährung der aufschiebenden Wirkung stellt eine Ermessensfrage dar. Es geht darum, zwischen dem Interesse am Fortgang der Betreibung und der Aufrechterhaltung der konkreten Situation vor Erlass der angefochtenen Verfügung abzuwägen. Das Gesuch ist gutzuheissen, sofern die Beschwerde nicht offensichtlich aussichtslos ist und andernfalls ein nicht oder nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Urteil 5A_265/2018 vom 9. Juli 2018 E. 3.3.1; COMETTA/MÖCKLI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 13 zu Art. 36; BAERISWYL/MILANI/SCHMID, in: Schulthess Kommentar SchKG, 2017, N. 5 f., 10 zu Art. 36; ERARD, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N., 12 zu Art. 36).  
 
2.2. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz den nicht wieder rückgängig zu machenden Erfolg der Verwertungsmassnahme bejaht. Hingegen hat sie die Beschwerde als aussichtslos erachtet. Infolgedessen hat sie das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.  
 
2.3. Zu prüfen ist nur, ob die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte darstellt. Konkret geht es um die Beurteilung der Prozessaussichten einer gegen den Doppelaufruf erhobenen Beschwerde. Hingegen bleibt die materielle Behandlung der Anträge der Beschwerdeführerin der kantonalen Aufsichtsbehörde überlassen.  
 
2.3.1. Im vorliegenden Verfahren vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass einzig die Gewährung der aufschiebenden Wirkung eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen eines Doppelaufruf gemäss Art. 142 SchKG und die Garantie eines rechtsstaatlichen Verfahrens, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), gewährleiste. Mit dieser Sichtweise strebt die Beschwerdeführerin eine automatische Gewährung der aufschiebenden Wirkung an, welche der Beschwerde nach Art. 17 SchKG gerade fremd ist. Zudem verkennt sie das Wesen des angefochtenen Zwischenentscheides, der eine bloss vorübergehende Regelung während der Verfahrensdauer bezweckt und auf einer Prüfung der Prozessaussichten beruht.  
 
2.3.2. Die Vorinstanz hat die einzelnen Vorbringen der Beschwerde geprüft und ist zum Ergebnis gelangt, dass aus dieser Sicht dem Doppelaufruf nichts entgegenstehe. Sie hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass das Lastenverzeichnis unangefochten geblieben und damit in Rechtskraft erwachsen sei. Ihr Vorbringen, das Grundpfand sei nachrangig zu den zwei Dienstbarkeiten errichtet worden, laufe indes auf eine materielle Prüfung des Lastenverzeichnisses hinaus. Es ginge dabei um das Rangverhältnis von Grundpfandrechten zu Dienstbarkeiten, die Frage der Zustimmung zur nachträglichen Errichtung eines beschränkt dinglichen Rechtes und damit die Anwendung von Art. 812 Abs. 2 ZGB. In diesen Zusammenhang gehöre auch der gegenüber der grundpfandberechtigten Gläubigerin erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, der von einer Zustimmung zu nachrangigen Begründung der Dienstbarkeiten ausgehe. Schliesslich müsse beim Doppelaufruf geklärt werden, wie beim Stockwerkeigentum zu verfahren sei, wenn das Stammgrundstück mit einer Dienstbarkeit und zugleich die Stockwerkanteile mit einem Grundpfand belastet seien. Die materiellrechtlichen Fragen könnten keinesfalls Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 17 SchKG darstellen, sondern wären vom Richter aufgrund einer Klage gegen das Lastenverzeichnis zu beantworten gewesen, und das verfahrensrechtliche Vorgehen entspreche der Lehre und der kantonalen Rechtsprechung.  
 
2.3.3. Mit diesen Erläuterungen hat die Vorinstanz nicht etwa die aufsichtsrechtlichen und gerichtlichen Verfahren vermengt, wie die Beschwerdeführerin meint, sondern nur die Zuständigkeit der jeweiligen Behörde dargelegt und abgegrenzt. Worin hier eine gesetzeswidrige "Koppelung" der Verfahren und damit eine willkürliche Rechtsanwendung liegen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin geht aus dem angefochtenen Entscheid auch nicht hervor, dass die Steigerungsbedingungen und damit der angeordnete Doppelaufruf nicht mit Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde anfechtbar sein sollten. Ob das Betreibungsamt ihr vorgängig Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben sollen, wird im kantonalen Verfahren zu prüfen sein.  
 
2.4. Insgesamt erhebt die Beschwerdeführerin keine rechtsgenüglich begründeten Rügen, welche den angefochtenen Entscheid im Ergebnis als willkürlich erscheinen lassen. Auch eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte wird aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht erkennbar.  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist insgesamt nicht einzutreten. Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, Präsident, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 29. Juni 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied :       Der Gerichtsschreiber: 
 
Escher       Levante