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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_674/2022  
 
 
Urteil vom 1. September 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Michael Barrot und Markus Huber, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-AT), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 8. August 2022 (A-2234/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 16. Februar 2017 richtete das Central Liaison Office for International Cooperation (nachfolgend: ersuchende Behörde) des Bundesministeriums für Finanzen der Republik Österreich gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 30. Januar 1974 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CH-AT; SR 0.672.916.31) ein Amtshilfeersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). 
 
A.a. Als vom Ersuchen betroffene Personen nannte die ersuchende Behörde mutmasslich in Österreich steuerpflichtige Personen, die anhand von Kundenstammnummern gemäss einer dem Ersuchen beigelegten Liste identifizierbar seien. Aus der Liste gehe hervor, dass diese Bankverbindungen und Vermögensdaten Personen zuzuordnen seien, die einen steuerlichen Bezug zu Österreich hätten (Domizilcode). Die Aufstellung enthalte 8'312 eindeutig zuordenbare Kundennummern, jedoch keine Namen oder sonstigen Daten der betroffenen Personen. Damit sei eine weitere Ermittlungstätigkeit gegenüber den betroffenen Personen ohne Mithilfe der Schweiz nicht möglich. Als Informationsinhaberin in der Schweiz wurde die C.________ AG (nachfolgend: Informationsinhaberin) genannt. Die Informationen würden für die Erhebung der Einkommenssteuer, die Kapitalertragssteuer und der Körperschaftssteuer für die Steuerperioden 2012 bis 2015 benötigt. Mit Schreiben vom 4. Juli 2017 erklärten A.A.________ und B.A.________ ihre Verfahrensteilnahme als vom Amtshilfeersuchen betroffene Personen.  
 
A.b. In Erwartung eines Grundsatzurteils des Bundesgerichts bezüglich eines ähnlichen Amtshilfeersuchens der französischen Behörden, das auf Daten derselben Quelle basierte, setzte die ESTV die Bearbeitung der auf dem Amtshilfeersuchen der ersuchenden Behörde vom 16. Februar 2017 basierenden Verfahren vorübergehend aus. Im Anschluss an das (teilweise) amtlich publizierte Bundesgerichtsurteil 2C_653/2018 vom 26. Juli 2019 (BGE 146 II 150) informierte die ESTV mit Schreiben vom 16. Januar 2020 die ersuchende Behörde über die neusten Entwicklungen in der Rechtsprechung. Mit Schreiben vom 24. Januar 2020 wies die ersuchende Behörde auf die innerstaatliche Verjährungsfrist von zehn Jahren für die Abgabefestsetzung hin. Allerdings sei eine Verlängerung dieser Festsetzungsverjährung gewährleistet, wenn die Abgabefestsetzung von der Erledigung einer Beschwerde abhänge.  
 
B.  
Nachdem die ESTV A.A.________ und B.A.________ das rechtliche Gehör zur beabsichtigten Datenübermittlung gewährt hatte, qualifizierte sie mit Schlussverfügung vom 7. April 2021 das Amtshilfeersuchen der ersuchenden Behörde als zulässig und ordnete die Amtshilfeleistung in Bezug auf die von der ersuchenden Behörde erfragten und von der Informationsinhaberin edierten Bankkundeninformationen betreffend A.A.________ und B.A.________ an. 
Gegen die Schlussverfügung vom 7. April 2021 erhoben A.A.________ und B.A.________ am 10. Mai 2021 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragten die Aufhebung der Schlussverfügung vom 7. April 2021. Die von der Informationsinhaberin bis zum Abschluss dieses Beschwerdeverfahrens an die ESTV gelieferten Bankunterlagen und Informationen seien von der ESTV unverzüglich an die Informationsinhaberin zurückzugeben. 
Mit Urteil vom 8. August 2022 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. August 2022 gelangen A.A.________ und B.A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des Urteils vom 8. August 2022 und der Schlussverfügung vom 7. April 2021. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die von der Informationsinhaberin bis zum Abschluss dieses Beschwerdeverfahrens an die ESTV gelieferten Bankunterlagen und Informationen seien von der ESTV unverzüglich an die Informationsinhaberin zurückzugeben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 146 II 276 E. 1; 141 II 113 E. 1). 
 
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 133 IV 131 E. 3).  
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_1037/2019 vom 27. August 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 II 116). 
 
1.2. Die Beschwerdeführer bringen vor, es lägen keine Hinweise für ein gesetzeswidriges Verhalten ihrerseits vor. Listenersuchen zu blossen Veranlagungszwecken ohne Verdachtsmomente seien unzulässig. Konkrete Anhaltspunkte, die eine Missachtung steuerrechtlicher Verpflichtungen durch die Beschwerdeführer in rechtsgenüglicher Weise deutlich machen könnten, fehlen sowohl im Amtshilfeersuchen als auch in der Korrespondenz zwischen der ersuchenden Behörde und der ESTV. Ausserdem sei weder erstellt, dass die Beschwerdeführer ihre Vermögenswerte vor der Auflösung ihres Bankkontos nicht ordnungsgemäss deklariert hätten, noch sei geklärt, ob sie im relevanten Zeitraum überhaupt in Österreich ansässig und steuerpflichtig gewesen seien.  
Überdies, so die Beschwerdeführer weiter, handle es sich vorliegend zwar um ein Bankkonto, an dem sie wirtschaftlich berechtigt gewesen seien. Jedoch sei das Bankkonto per 7. Dezember 2012 saldiert und das Guthaben auf ein anderes Bankkonto bei der Informationsinhaberin übertragen worden. Anschliessend sei eine Regularisierung des neuen Bankkontos gestützt auf Art. 7 des Abkommens vom 13. April 2012 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (SR 0.672.916.33; Inkrafttreten: 1. Januar 2013 [AS 2013 97 ff.]; Aufhebung: 1. Januar 2017 [AS 2016 5097 ff.]) erfolgt. Sie hätten in diesem Zusammenhang je EUR 538'992.56 bezahlt. Die ersuchten Informationen seien daher nicht mehr voraussichtlich erheblich. Auch eine Verifikation falle ausser Betracht. 
 
1.3. Die Beschwerdeführer unterbreiten dem Bundesgericht keine konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Sie führen bloss aus, aufgrund ihrer Vorbringen sei das Vorliegen einer Grundsatzfrage zu bejahen. Den Beschwerdeführern ist nicht zu folgen.  
 
1.3.1. Das Bundesgericht hat bereits mehrfach bestätigt, dass im Zusammenhang mit den Listen der Informationsinhaberin der Domizilcode einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für eine potenzielle Steuerpflicht darstellt (vgl. BGE 146 II 150 E. 6.2.5 f.; Urteile 2C_622/2022 vom 29. Juli 2022 E. 1.2.1; 2C_552/2022 vom 14. Juli 2022 E. 1.3; 2C_55/2022 vom 27. Januar 2022 E. 1.3.2; 2C_56/2022 vom 27. Januar 2022 E. 1.3.2) und keine "fishing expedition" vorliegt (vgl. BGE 146 II 150 E. 6.3). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach Auffassung der Beschwerdeführer keine Hinweise für ein gesetzeswidriges Verhalten ihrerseits vorliegen. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, im ersuchten Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 an einem Bankkonto bei der Informationsinhaberin wirtschaftlich berechtigt gewesen zu sein. Vielmehr legen sie dar, dieses Bankkonto sei am 7. Dezember 2012 saldiert worden. Mit diesem Vorbringen stellen sie die ständige Rechtsprechung indes weder infrage noch werfen sie eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG auf.  
 
1.3.2. Überdies gilt nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass die Bestimmung des Steuerwohnsitzes der betroffenen Person im internationalen Kontext eine materielle Frage darstellt, die von der ESTV nicht im Rahmen des Amtshilfeverfahrens zu klären ist, sondern in die Zuständigkeit der Behörden des ersuchenden Staats fällt (vgl. BGE 145 II 112 E. 2.2.2; 142 II 218 E. 3.6 f.; 142 II 161 E. 2.2.2; Urteil 2C_622/2022 vom 29. Juli 2022 E. 1.2.1). Die Konstellation, in der sich die betroffene Person auf eine (unbeschränkte) Steuerpflicht in einem anderen Land beruft, ist in der Rechtsprechung bereits behandelt worden (vgl. BGE 142 II 161 E. 2.2 ff.). Insofern ergibt sich aus dem Vorbringen, wonach nicht geklärt sei, ob die Beschwerdeführer im relevanten Zeitraum überhaupt in Österreich ansässig und steuerpflichtig gewesen seien, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG.  
 
1.3.3. Gleiches gilt mit Blick auf die Ausführungen der Beschwerdeführer zur Regularisierung des neuen Bankkontos bei der Informationsinhaberin, auf welches das Guthaben des am 7. Dezember 2012 saldierten Bankkontos floss. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung verlangt das Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit lediglich, dass die ersuchten Informationen einen Bezug zum im Amtshilfeersuchen dargestellten Sachverhalt aufweisen (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; 143 II 185 E. 3.3.2; 142 II 161 E. 2.1.1). Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern die Regularisierung der ständigen Rechtsprechung zum Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit entgegensteht und nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer bringen überdies vor, eine Verifikation falle ausser Betracht. In der Rechtsprechung ist geklärt, in welchen Fällen die Amtshilfe zu Verifikationszwecken zulässig ist (vgl. Urteile 2C_455/2021 vom 31. Mai 2022 E. 5.1; 2C_615/2018 vom 26. März 2019 E. 7.4 f.). Es liegt auch diesbezüglich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG vor.  
 
2.  
Die aufgeworfenen Fragen betreffen lediglich die Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall, ohne dass ihnen ein Grundsatzcharakter zukommt (vgl. Urteil 2C_321/2021 vom 29. April 2021 E. 3.1 i.f.). Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. September 2022 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger