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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_619/2022  
 
 
Urteil vom 6. September 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch B.________, Rechtsanwalt, 
 
2. C.________ AG, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Verrechnungssteuer, Steuerperioden 2007-2009, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 8. Juni 2022 (A-2592/2019). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (nachfolgend: der Aktionär) hat Wohnsitz in V.________ (RU). Aufgrund einer Verrechnungssteuerkontrolle zu den Steuerperioden 2006 bis und mit 2009 bei der inländischen C.________ AG (nachfolgend: die Steuerpflichtige) hielt die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) mit Verfügung vom 20. Oktober 2015 fest, dass die Steuerpflichtige der ESTV Verrechnungssteuern von insgesamt Fr. 12'313'366.10 schulde, nebst Verzugszinsen. Weiter erklärte sie den Aktionär solidarisch haftbar für Fr. 10'870'007.40, nebst Verzugszinsen, bzw., für den Fall seiner strafrechtlichen Verurteilung gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR, solidarisch mit der Steuerpflichtigen im Umfang von Fr. 12'313'366.10, ebenfalls nebst Verzugszinsen.  
 
1.2. Dagegen erhoben die Steuerpflichtige und der der Aktionär Einsprache, was zur Abweisung führte, soweit auf die Einsprache einzutreten war (Einspracheentscheid vom 10. April 2019).  
 
1.3. Gegen diesen Einspracheentscheid der ESTV gelangte der Aktionär an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Entscheid A-2592/2019 vom 8. Juni 2022 erkannte dieses, soweit hier interessierend:  
 
1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Die Steuerpflichtige schuldet Verrechnungssteuern gemäss Verzugszinsen gemäss Ziff. 2. Der Aktionär haftet solidarisch im Umfang der in Ziff. 3 festgesetzten Beträge und Verzugszinsen. Der Haftungsbetrag gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR wird gemäss Ziff. 4 festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
2. Die Steuerpflichtige schuldet Verrechnungssteuern in der Höhe von Fr. 13'062'681, dies nebst (detailliert ermittelten) Verzugszinsen. 
3. Der Aktionär haftet solidarisch mit der Steuerpflichtigen gemäss Art. 12 Abs. 2 VStrR und schuldet der ESTV die Verrechnungssteuer im Betrag von Fr. 10'591'514.15, dies nebst (detailliert ermittelten) Verzugszinsen. 
4. Der Haftungsbetrag gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR beläuft sich auf Fr. 12'532'615.20 nebst Zins zu 5,0 Prozent auf Fr. 507'255.35 seit Ablauf von 30 Tagen nach der Genehmigung der Jahresrechnung 2008 sowie Zins zu 5,0 Prozent auf Fr. 11'234'001.10 seit 20. Juni 2009 sowie dem gesetzlichen Verzugszins auf Fr. 791'358.75 seit 3. Januar 2010. 
Zusammenfassend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Beschwerde sei einzig mit Bezug auf den Zinsenlauf teilweise gutzuheissen, soweit darauf einzutreten sei (angefochtener Entscheid E. 10, S. 113). 
 
1.4. Mit dreiseitiger Eingabe vom 22. Juli 2022 gelangt der Aktionär an das Bundesgericht. Die C.________ AG erhebt keine Beschwerde. Der Aktionär lässt sich dabei von dem in W.________ (DE) ansässigen Rechtsanwalt B.________ vertreten. Dieser erklärt, der angefochtene Entscheid werfe zahlreiche komplexe Fragen auf und umfasse rund 120 Seiten, weshalb schon nur die Übersetzung (wohl in die russische Sprache) zwei Wochen erfordern werde. Hinzu komme die Rückübersetzung ins Deutsche. Aufgrund der "gegenwärtig schwierigen politischen Situation" in Russland seien, so der deutsche Anwalt, "fast alle bekannten Kommunikationswege versperrt". Flugreisen könnten nur über Umwege unternommen werden, und die weltweit tätigen Kuriere hätten die "Bearbeitung des russischen Marktes eingestellt". Der Korrespondenzweg über die Schweizer Botschaft in Moskau stehe aber weiter offen. Insgesamt ersuche er namens seines Klienten um die Verlängerung der Beschwerdefrist um drei Monate. Sollte dem Erstreckungsgesuch nicht stattgegeben werden, sei die vorliegende Eingabe als "formale Beschwerde" zu betrachten, sodass die "Einlegung jedenfalls als fristgerecht anzusehen ist". Er behalte sich einen "weiteren Vortrag (...) aber ausdrücklich vor". Mit E-Mail vom selben Tag, das der Aktionär an die Präsidentin der Schweizerischen Bundesgerichts richtete, ersuchte auch der Aktionär um dreimonatige Erstreckung der Beschwerdefrist.  
 
1.5. Mit Schreiben vom 26. Juli 2022 teilte das Bundesgericht dem ausländischen Rechtsanwalt mit, dass innerhalb von 30 Tagen schriftlich eine Person in der Schweiz zu bezeichnen sei, an welche gerichtliche Zustellungen mit verbindlicher Wirkung erfolgen können (Art. 39 Abs. 3 BGG).  
 
1.6. In der Folge ging am 25. August 2022 beim Bundesgericht ein (nicht zertifiziertes) E-Mail ein, das allem Anschein nach der Aktionär versandt hatte. Darin bestätigte dieser, dass er sich durch den ausländischen Anwalt vertreten lasse und - "in Absprache" mit seinem Rechtsvertreter - die D.________ GmbH in U.________/ZG als Zustellungsdomizil bekanntgebe.  
 
2.  
 
2.1. Rechtsschriften an das Bundesgericht haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 115 E. 2). Die Begründung muss in der Beschwerdeschrift selbst erfolgen. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, dass und inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Enthält eine Eingabe keine hinreichende Begründung, tritt das Bundesgericht darauf nicht ein (BGE 145 V 161 E. 5.2).  
 
2.2. Um fristwahrend zu wirken, muss die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist erhoben werden (BGE 143 II 283 E. 1.2.3; 135 I 19 E. 2.2). Gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG ist die Beschwerdeschrift gegen einen Entscheid innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen. Gesetzlich oder gerichtlich nach Tagen bestimmte Fristen stehen in den Fällen von Art. 46 Abs. 1 BGG still. Bei der 30-Tage-Frist handelt es sich, wie aus Art. 47 Abs. 1 BGG ausdrücklich hervorgeht, um eine gesetzliche Frist, die als solche nicht erstreckbar ist (Urteile 2C_152/2022 vom 15. Februar 2022 E. 2.4; 2C_741/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.1). Die Befristung der Beschwerdemöglichkeit dient nicht nur der Rechtssicherheit, sie ist gleichzeitig Ausdruck des Legalitätsprinzips (Art. 5 Abs. 1 BV) und des allgemeinen Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV). Mit Blick auf diese rechtsstaatlichen Grundprinzipien bleibt kein Raum für eine Erstreckung der gesetzlichen Frist (Urteil 6B_28/2018 vom 7. August 2018 E. 3.2.1). Ebenso wenig sieht das Gesetz die Möglichkeit einer nachträglichen, d.h. nach Fristablauf eingereichten Beschwerdeergänzung vor (Urteil 2D_3/2011 vom 20. April 2011 E. 2.3). Während laufender Beschwerdefrist ist eine Verbesserung aber möglich. Die blosse Behebung eines Mangels im Sinne von Art. 42 Abs. 5 und 6 BGG (wie etwa die fehlende Angabe eines Zustellungsdomizils) kann auch nach Fristablauf noch rechtsgültig eingereicht werden (Jean-Maurice Frésard, in: Florence Aubry Girardin et al. [Hrsg.], Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022 [nachfolgend: Comm. LTF], N. 8 zu Art. 47 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer lässt sich im bundesgerichtlichen Verfahren durch einen ausländischen Rechtsanwalt vertreten. Dieser macht nicht geltend, in einem kantonalen Anwaltsregister oder in der EU-/EFTA-Anwaltsliste eines Kantons eingetragen zu sein, was im vorliegenden abgaberechtlichen Zusammenhang aber unschädlich ist. In öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten herrscht vor Bundesgericht kein Anwaltsmonopol (Art. 40 Abs. 1 BGG e contrario; BGE 139 III 249 E. 1; 134 III 520 E. 1.2; näher dazu: Florence Aubry Girardin, in: Comm. LTF, a.a.O., N. 16 zu Art. 40 BGG).  
 
3.2. Die Zulassung eines ausländischen, in der Schweiz anwaltsrechtlich nicht eingetragenen Rechtsanwalts ändert aber nichts daran, dass dieser seinen Beruf ebenso sorgfältig und gewissenhaft auszuüben hat, wie dies von anderen berufsmässigen Vertretern zu verlangen und zu erwarten ist (vgl. zu den in der Schweiz zugelassenen ausländischen Rechtsanwälten insb. Urteil 4A_83/2008 vom 11. April 2008 E. 2.2; Florence Aubry Girardin, in: Comm. LTF, a.a.O., N. 13 S. 414 f. zu Art. 40 BGG). Zu den Regeln, die auch ein ausländischer Rechtsvertreter zu kennen hat, zählt insbesondere Art. 47 Abs. 1 BGG. Ein pflichtbewusst handelnder Rechtsvertreter mit Ansässigkeit im Ausland muss wissen, dass es sich bei der 30-Tage-Frist um eine gesetzliche Frist handelt, die als solche unter keinen Umständen erstreckbar ist. Das im vorliegenden Verfahren erhobene Gesuch, die Beschwerdefrist sei um drei Monate zu erstrecken, war von vornherein aussichtslos, da unzulässig.  
 
3.3. Nach der elektronischen Sendungsverfolgung "Track & Trace" der Post CH AG wurde der angefochtene Entscheid dem heutigen Beschwerdeführer am 24. Juni 2022 eröffnet. Unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes (Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG) ist die 30-tägige Frist am 25. August 2022 verstrichen. Bis dahin ist dem Bundesgericht einzig das dreiseitige Schreiben des ausländischen Anwalts vom 22. Juli 2022 zugekommen. Eine Ergänzung der Beschwerdeschrift, die - wie der ausländische Rechtsvertreter bei sorgfältiger Prozessführung hätte wissen können und müssen - innert Frist einzureichen gewesen wäre, ist bis dahin unterblieben. Dem Bundesgericht ist lediglich ein inländisches Zustellungsdomizil bekanntgegeben worden. Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass die formellen Voraussetzungen an eine Beschwerdeschrift, wie sie aus Art. 42 BGG hervorgehen, nicht erfüllt sind.  
 
3.4. Damit ist mangels rechtsgenüglicher Begründung (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dies hat im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin zu geschehen.  
 
4.  
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Aktionär aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. September 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher