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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_157/2018  
 
 
Urteil vom 11. Oktober 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Gysler, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Unfallversicherung Stadt Zürich, Stadelhoferstrasse 33, 8001 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung 
(Kausalzusammenhang; psychisches Leiden), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2017 (UV.2017.00067). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geboren 1983, Mutter von damals zwei Kindern, arbeitete seit dem 10. Mai 2010 mit einem 60 %-Pensum bei der Organisation B.________ als hauswirtschaftliche Mitarbeiterin sowie etwa sieben Stunden pro Woche als Hauswartin beim Amt C.________. Die Organisation B.________ meldete der Unfallversicherung Stadt Zürich (nachfolgend: Unfallversicherung), wo A.________ für die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert war, am 20. Juni 2011, dass sie sich am 16. Juni 2011 bei einem Treppensturz am rechten Fussgelenk verletzt habe. Gemäss Bericht des Spitals D.________, Klinik für Unfallchirurgie, vom 17. Juni 2011 hatte sie sich eine Kalkaneuskontusion sowie eine Distorsion des oberen Sprunggelenks zugezogen. Eine ossäre Läsion wurde bildgebend ausgeschlossen. Auch ein MRI vom 25. August 2011 zeigte gemäss Bericht des Dr. med. E.________, Spezialarzt FMH für Rheumaerkrankungen, vom 31. August 2011 einen unauffälligen Befund. Zwecks Behandlung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) wurde sie vom 20. September bis zum 5. Oktober 2011 sowie vom 7. Dezember 2011 bis zum 9. Januar 2012 in der Klinik F.________ hospitalisiert. Nach einer Infiltration am 21. Dezember 2011 klagte A.________ über eine Parese des rechten Beines. Sie hielt sich deswegen vom 9. bis zum 29. Januar 2012 in der Klinik G.________ auf (Bericht vom 8. Februar 2012). Am 26. Juni sowie am 4. Oktober 2012 wurde sie in der Klinik H.________ abgeklärt. Es folgte ein Aufenthalt in der Klinik I.________ vom 13. Januar bis zum 9. Februar 2013 zur psychosomatischen Rehabilitation. Gemäss Aktenbeurteilung des Vertrauensarztes der Unfallversicherung, Dr. med. J.________, innere Medizin, speziell Rheumatologie FMH, vom 26. September 2014 handelte es sich bei den geklagten Beschwerden - nach radiologischem und elektrophysiologischem Ausschluss pathologischer Veränderungen - um eine Pseudolähmung im Sinne einer dissoziativen Somatisierungsstörung. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2014 stellte die Unfallversicherung ihre Leistungen am 30. September 2014 ein. Daran hielt sie auch nach Einholung der Gutachten der Dres. med. K.________, Neurologie FMH, Medizinische Abklärungsstelle MEDAS, vom 21. April 2015, L.________, Orthopädische Chirurgie FMH, vom 20. Mai 2015, und M.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 3. Juli 2015 fest (Einspracheentscheid vom 12. August 2015). Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 24. Februar 2016 in dem Sinne gut, als es den Einspracheentscheid vom 12. August 2015 aufhob und die Sache an die Unfallversicherung zurückwies zu neuer Entscheidung nach Gewährung des rechtlichen Gehörs zu den eingeholten Gutachten.  
 
A.b. Mit Verfügung vom 22. Juni 2016 und Einspracheentscheid vom 1. Februar 2017 stellte die Unfallversicherung ihre Leistungen erneut per 30. September 2014 ein. Dabei berücksichtigte sie auch das Gutachten des Universitätsspitals Basel, asim, vom 3. Oktober 2016 mit internistischer, psychiatrischer, rheumatologischer und neurologischer Abklärung, welches die Invalidenversicherung nach einer Observation der Versicherten eingeholt hatte.  
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. Dezember 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen. Sie beantragt die Zusprechung weiterer Heilkosten und Taggelder, eventualiter einer Invalidenrente sowie einer Integritätsentschädigung von mindestens 50 %. Des Weiteren ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Die Unfallversicherung schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Beide Parteien haben sich mit je einer weiteren Eingabe vernehmen lassen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Leistungseinstellung durch die Unfallversicherung per 30. September 2014 unter Qualifikation der von der Versicherten geklagten Beinparese als organisch objektiv nicht ausgewiesene Beschwerden ohne adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Unfallereignis vor Bundesrecht standhält. 
 
3.   
Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzten natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang im Allgemeinen (BGE 142 V 435 E. 1 S. 438; 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181) und bei organisch objektiv nicht ausgewiesenen Beschwerden nach der Praxis zu den psychischen Unfallfolgen im Besonderen (BGE 115 V 133 E. 6 und 7 S. 138 ff.; 134 V 109 E. 6.1 S. 116) sowie zum Fallabschluss nach Art. 19 UVG (BGE 134 V 109 E. 4.1 S. 113; Urteil 8C_736/2017 vom 20. August 2018 E. 2) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der Rechtsprechung zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352). Es wird darauf verwiesen. 
 
4.   
Die Vorinstanz hielt fest, dass die geklagten rechtsseitigen Fuss- und Beinbeschwerden spätestens seit September 2014 (Aktenbeurteilung durch Dr. med. J.________) keinem organischen Substrat zugeordnet werden könnten. Insbesondere sei danach auch kein CRPS mehr festzustellen gewesen. Ob die Beschwerden in natürlichem Kausalzusammenhang mit dem Unfallereignis stünden, liess sie offen. In Anwendung der Rechtsprechung zu den psychischen Unfallfolgen verneinte sie die adäquate Kausalität unter Qualifikation des Unfalls als banal bis leicht; sie sei aber selbst bei Annahme eines Ereignisses im mittleren Bereich nicht gegeben. 
 
5.   
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass auch nach dem 30. September 2014 eine organisch ausgewiesene Fussproblematik bestanden habe. Dass sie diese nun statt der geklagten Beinparese in den Vordergrund stellen will, vermag nicht zu überzeugen. Übereinstimmend gingen die Gutachter (Dr. med. K.________, Dr. med. L.________ sowie die asim-Gutachter PD Dr. med. N.________ und Frau Dr. med. O.________) in ihren orthopädischen beziehungsweise rheumatologischen Einschätzungen wie auch aus neurologischer Sicht - in Kenntnis der im Zeitraum von November 2013 bis Februar 2014 erhobenen Observationsergebnisse - davon aus, dass kein CRPS mehr vorliege. Die von PD Dr. med. N.________ erwähnte, bei der Röntgenuntersuchung vom 22. Juni 2016 gezeigte Arthrose am os cuneiforme mediale und am ersten Mittelfussknochen war gemäss Stellungnahme des Dr. med. J.________ schon in einem MRI vom 30. Juni 2011 zu erkennen gewesen und sei nicht unfallbedingt, sondern degenerativ. Ohnehin aber sei die Beschwerdeführerin deswegen nach Einschätzung des PD Dr. med. N.________ in der Arbeitsfähigkeit - bei Ausübung leichter körperlicher Tätigkeiten in Wechselbelastung, insbesondere in sitzender Postition - zeitlich nicht eingeschränkt. Dr. med. L.________ erwähnte in seinem orthopädischen Gutachten, dass er eine Verbesserung der funktionellen Störung als erforderlich erachte für eine berufliche Eingliederung. Er räumte aber ausdrücklich ein, dass Behandlungen des Bewegungsapparates wie etwa Physiotherapie nicht im Vordergrund stünden. Dass die Vorinstanz den Fallabschluss per 30. September 2014 mangels noch behandlungsbedürftiger objektivierbarer Befunde bestätigte, ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden. Rechtsprechungsgemäss ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass sie den natürlichen Kausalzusammenhang der nicht objektivierbaren Beschwerden offen gelassen hat (BGE 135 V 465 E. 5.1 S. 472). Deren Adäquanz war gesondert nach der Rechtsprechung zu den psychischen Unfallfolgen zu prüfen. 
 
6.   
Die vorinstanzliche Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs mit Qualifikation des Ereignisses als leicht beziehungsweise höchstens mittelschwer und Bejahung lediglich eines Kriteriums (des schwierigen Heilungsverlaufs) wird beschwerdeweise nicht beanstandet und gibt keinen Anlass zu Weiterungen (vgl. SVR 2010 UV Nr. 25 S. 100, 8C_897/2009 E. 4.5; Urteil 8C_414/2017 vom 26. Februar 2018 E. 3.4). Die Adäquanz der Beinparese ist zu verneinen, und es besteht daher kein Anspruch auf eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung. 
 
7.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Gemäss Art. 64 Abs. 1 BGG wird einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege nur gewährt, wenn sie bedürftig ist (vgl. dazu BGE 141 III 369 E. 4.1 S. 371 f.) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Gemäss den eingereichten Unterlagen steht den Ehegatten ein Einkommen von 7'633 Franken zur Verfügung (Gehalt des Ehegatten einschliesslich des 13. Monatslohns sowie der Kinderzulagen von monatlich 700 Franken). Dem steht ein um 20 % erhöhter Grundbedarf des Ehepaars (1'700 Franken) und der drei 2003, 2004 und 2014 geborenen Kinder (zwei mal 600, ein mal 400 Franken) von 3'960 Franken gegenüber. Gemäss den Angaben im Erhebungsbogen für die unentgeltliche Rechtspflege und den eingereichten Belegen fallen Auslagen von 1'363 Franken für Miete an. Die Krankenkassenprämien für alle Familienmitglieder belaufen sich auf 946 Franken (417, 268 und drei mal 87 Franken). An Steuern sind monatlich 339 Franken zu bezahlen. Des Weiteren werden für auswärtige Verpflegung 220 Franken sowie für den Sportunterricht der Kinder insgesamt 190 Franken geltend gemacht. Ob diese Kosten anzurechnen oder, insbesondere die Ausgaben für den Sportunterricht, nicht bereits im erweiterten Grundbedarf enthalten sind, kann offen bleiben. Ratenzahlungen (hier für ein Auto-Leasing, 508 Franken) sowie Prämien für die Hausratversicherung (27 Franken) haben praxisgemäss unberücksichtigt zu bleiben (Urteil 5C.256/2006 vom 21. Juni 2007 E. 6.1.1, nicht publ. in: BGE 133 III 620; Urteil 8C_201/2012 vom 5. Juni 2012 E. 6.2.2). Gleiches gilt für die Elternbeiträge für die Kindertagesstätte, in der der jüngste Sohn betreut wird (350 Franken), nachdem die Versicherte keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (Urteil 8C_381/2011 vom 7. Oktober 2011 E. 2.2). Damit verbleibt den Ehegatten ein Überschuss von mindestens (auch unter Berücksichtigung der Kosten für die auswärtige Verpflegung und den Sportunterricht) 615 Franken. Dies erlaubt eine Tilgung der Kosten des Prozesses innert Jahresfrist. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann daher rechtsprechungsgemäss nicht entsprochen werden (Pra 2006 Nr. 143 S. 987, 5P.441/2005 E. 1.2; Urteil 8C_92/2015 vom 22. April 2015 E. 5). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Oktober 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo