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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_171/2020  
 
 
Urteil vom 12. Mai 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Friedauer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 17. Januar 2020 (IV.2019.00633). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1964 geborene A.________ meldete sich im November 2015 wegen eines seit Juni 2014 bestehenden Burnout-Syndroms und einer mittelschweren Depression bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich (fortan: IV-Stelle) traf erwerbliche und medizinische Abklärungen. Mit Verfügung vom 27. Januar 2017 verneinte sie einen Leistungsanspruch (keine Invalidität, Arbeitsunfähigkeit aufgrund familiärer Belastungen).  
 
A.b. Die hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. März 2018 insoweit gut, als es die Sache zu ergänzender medizinischer Sachverhaltsabklärung und erneuter Verfügung an die Verwaltung zurückwies.  
 
A.c. Die IV-Stelle holte in der Folge ein bidisziplinäres Gutachten in den Disziplinen Psychiatrie und Neuropsychologie bei Prof. Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, und Dr. phil. C.________, Fachpsychologin für Neuropsychologie FSP, ein (Expertise vom 11. April 2019). Mit Verfügung vom 9. August 2019 verneinte sie erneut einen Leistungsanspruch (keine von den psychosozialen Faktoren losgelöste Erkrankung).  
 
B.   
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die hiergegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 17. Januar 2020 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, es sei der Entscheid vom 17. Januar 2020 aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Rente, zu gewähren. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz bzw. die IV-Stelle zurückzuweisen zur "rechtskonformen Abklärung und Begründung". 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen vgl. BGE 145 V 57 E. 4 S. 61 f.). 
 
2.   
Strittig ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Verfügung der IV-Stelle vom 9. August 2019 bestätigt hat. Unbestritten ist, dass dem Gutachten vom 11. April 2019 in medizinischer Hinsicht Beweiswert zukommt. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die Rechtsgrundlagen insbesondere zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 7 f. ATSG) sowie zu den Folgen der Beweislosigkeit (BGE 144 V 50 E. 4.3 i.f. S. 54 i.f. mit Hinweis) zutreffend dargelegt. Korrekt ist auch, dass die Rechtsanwender mit besonderer Sorgfalt zu prüfen haben, ob die ärztliche Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit auch invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt, die vom sozialversicherungsrechtlichen Standpunkt aus unbeachtlich sind (BGE 130 V 352 E. 2.2.5 S. 356; etwa auch BGE 143 V 409 E. 4.5.2 S. 416). Darauf wird verwiesen. 
 
 
4.   
Das Sozialversicherungsgericht stellte gestützt auf das - unbestritten beweiskräftige (oben E. 2) - Gutachten vom 11. April 2019 im Wesentlichen fest, die Versicherte habe seit Beginn der Krebserkrankung ihres Ehemannes im Jahre 2015 bis zu dessen Tod im Jahre 2017 unter einer mittelgradigen depressiven Symptomatik gelitten, die ursprünglich durch die Erkrankung und das Versterben des Ehemannes und damit durch psychosoziale Faktoren ausgelöst worden sei. Anschliessend habe sie ab 2018 unter einer teilremittierten depressiven Symptomatik bzw. einer depressiven Restsymptomatik im Sinne eines leichten depressiven Syndroms sowie unter depressionsassoziierten kognitiven Störungen gelitten. Gemäss dem psychiatrischen Gutachter verfüge die Versicherte über eine Arbeitsfähigkeit von 60 % in einer optimal angepassten Tätigkeit (in einem kleinen Team oder vorwiegend alleine und mit der Möglichkeit, Pausen einzuhalten). Ihm zufolge sei indes nicht von einem verselbständigten psychischen Leiden auszugehen. Das kantonale Gericht erwog, der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch den psychiatrischen Gutachter könne aus rechtlicher Sicht nicht gefolgt werden, da dieser offensichtlich die psychosozialen Belastungsfaktoren, die direkt negative funktionelle Folgen zeitigten, nicht ausgeklammert habe. Eine juristische Beurteilung seiner medizinischen Indikatorenprüfung unter Berücksichtigung der normativen Vorgaben führe zur Verneinung einer Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin aus rechtlicher Sicht. Trotz umfangreicher Abklärungen seien invalidisierende Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, was sich zu Lasten der Versicherten auswirke. 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Vorinstanz liege eine deutlich ausgeprägte psychische Störung vor, welche die "konkurrierenden" sozialen Faktoren in den Hintergrund dränge, bzw. diese seien gerade als Teil der Erkrankung zu betrachten. Das kantonale Gericht habe denn auch selber in seinem ersten Entscheid (vgl. oben Sachverhalt lit. A.b) festgehalten, die psychischen Befunde liessen sich nicht mit den psychosozialen Umständen erklären. Es komme hinzu, dass die genannten Belastungsfaktoren insbesondere der finanziellen Probleme und der versicherungsrechtlichen Unklarheiten als Folge der psychischen Probleme, und nicht als deren Ursache zu werten seien. Die Aussage des Gutachters, wonach eine selbständige, von den äusseren Belastungsfaktoren unabhängige psychiatrische Erkrankung nicht vorliege, sei in einem rein medizinischen Kontext zu verstehen und gehe offensichtlich von einem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell aus im Sinne, dass die Belastungsfaktoren Teil der Erkrankung seien, aber nicht im juristischen Sinne, es läge deshalb keine verselbständigte Erkrankung vor.  
Dem kann nicht gefolgt werden. Der psychiatrische Gutachter hielt unter dem Titel "  Ggf. Abgrenzung von medizinisch begründeten und nicht medizinisch begründeten Funktionsstörungen " fest, was folgt: "Im gesamten Verlauf der depressiven Symptomatik seit 2015 sind immer wieder starke psychosoziale Faktoren an der Ausprägung der Symptomatik beteiligt. Nach dem Verlauf und in der Aktenlage beschriebenen Symptomprofil ist unwahrscheinlich, dass es sich bei der aktuellen Störung um eine selbständige, von den äusseren Belastungsfaktoren unabhängige psychiatrische Erkrankung handelt". Die vorinstanzliche Feststellung, es liege aus gutachterlicher Sicht keine verselbständigte psychiatrische Erkrankung vor, ist angesichts dieser unmissverständlichen Einschätzung des Experten nicht offensichtlich unrichtig und bindet deshalb das Bundesgericht (oben E. 1). Dass das kantonale Gericht in konkreter Würdigung der Beweise hierauf abstellte, ist nicht bereits deshalb zu beanstanden, weil es in seinem Rückweisungsentscheid vom 21. März 2018 noch zum Schluss kam, die damals vorliegenden Akten enthielten keine Hinweise darauf, die erhobenen psychischen Befunde seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die psychosozialen Umstände zu erklären beziehungsweise würden gleichsam in ihnen aufgehen. Nicht nachvollziehbar ist, inwiefern die finanziellen Probleme der Versicherten (als Belastungsfaktor) nicht Auslöser, sondern Folge der psychischen Beschwerden sein sollen, zumal aktenkundig bereits spätestens im Jahr 2013 finanzieller Druck bestand, aufgrunddessen die Versicherte eine Teilzeitstelle als Confiserie-Verkäuferin annahm.  
 
5.2. Die Vornahme einer Indikatorenprüfung ist angesichts der offensichtlich psychosozialen Genese der nicht überwiegend wahrscheinlich verselbständigten Beschwerden entbehrlich (vgl. Urteile 9C_32/2018 vom 26. März 2018 E. 2.3; 9C_755/2018 vom 9. Mai 2019 E. 4.2.6). Weiterungen zur Kritik der Versicherten an der Indikatorenprüfung des kantonalen Gerichts erübrigen sich.  
 
5.3. Ebenso besteht kein Anlass, die Sache im Sinne des Eventualantrags zwecks weiterer Abklärung an Vorinstanz oder Verwaltung zurückzuweisen, nachdem der psychiatrische Gutachter mit beweiskräftiger Expertise vom 11. April 2019 das Vorliegen eines verselbständigten psychischen Gesundheitsschadens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verneint hat.  
 
6.   
Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
7.   
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. Mai 2020 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald