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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_270/2020  
 
 
Urteil vom 13. Juli 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zug, 
Baarerstrasse 11, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27. Februar 2020 (S 2018 115). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1961, leidet seit 2001 an verschiedenen Beschwerden. Mit Verfügung vom 11. April 2013, bestätigt durch unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 16. April 2014, verneinte die IV-Stelle des Kantons Zug zum dritten Mal einen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung. 
Im Zusammenhang mit zwei Verkehrsunfällen meldete sich A.________ bei der Invalidenversicherung am 17. September 2015 erneut zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen lehnte die IV-Stelle das Neuanmeldungsgesuch wiederum ab (Verfügung vom 19. September 2019 [recte: 2018]). 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgerichts des Kantons Zug ab (Entscheid vom 27. Februar 2020). 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr nach ergänzenden Abklärungen rückwirkend eine angemessene Invalidenrente zuzusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; Urteil 9C_769/2019 vom 30. März 2020 E. 1.2.2 mit Hinweis).  
 
2.   
Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie gestützt auf das interdisziplinäre Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle Bern vom 23. Februar 2017 (nachfolgend: MEDAS-Gutachten) zwar eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bejahte, jedoch die am 19. September 2019 (recte: 2018) verfügte Verneinung eines Rentenanspruchs wiederum bestätigte. Da die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Ermittlung eines rentenausschliessenden Invaliditätsgrades von 19 % keine Einwände erhebt, ist einzig zu prüfen, ob das kantonale Gericht den rechtserheblichen medizinischen Sachverhalt bundesrechtskonform festgestellt hat. 
 
3.   
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zu Invalidität und Erwerbsunfähigkeit (Art. 4 Abs. 1 IVG und Art. 7 f. ATSG), zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG) sowie zur Neuanmeldung nach Verweigerung der Invalidenrente aufgrund eines zu geringen Invaliditätsgrades (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ATSG; vgl. auch BGE 133 V 108 E. 5 S. 110 ff. und 130 V 71 E. 3.2.3 S. 77) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2 S. 127; 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Gemäss angefochtenem Entscheid kommt dem MEDAS-Gutachten in Bezug auf die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts hinsichtlich Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit volle Beweiskraft zu. Trotz Funktionseinschränkungen der rechten Schulter und belastungsabhängiger Beschwerden am rechten Fuss sei die Versicherte in der angestammten Tätigkeit als Köchin, Reinigungskraft und Hausfrau bei einer vollzeitigen Präsenz zu 80% leistungsfähig. Hinsichtlich einer leidensangepassten, für den rechten Arm nur körperlich leichten, wechselbelastenden, überwiegend sitzend zu verrichtenden Tätigkeit sei sie voll arbeitsfähig. Die neueren Arztzeugnisse des behandelnden Dr. med. B.________ änderten nichts an der Massgeblichkeit der zumutbaren Leistungsfähigkeit gemäss MEDAS-Gutachten, welche für den Zeitraum ab Neuanmeldung vom 17. September 2015 gültig bleibe.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine unvollständige und offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung. Sie macht geltend, infolge der Progredienz des Leberleidens hätten die IV-Stelle und das kantonale Gericht die Auswirkungen der Verschlechterung des Krankheitsbildes auf die Arbeitsfähigkeit vor der hier strittigen Ablehnung des Neuanmeldungsgesuchs nochmals medizinisch aktualisieren lassen müssen. Zudem sei das MEDAS-Gutachten, insbesondere das allgemeinmedizinisch-internistische Teilgutachten des Dr. med. C.________, entgegen der Vorinstanz nicht überzeugend. Weil Dr. med. C.________ aktenwidrig und widersprüchlich argumentiere, habe die Vorinstanz dem MEDAS-Gutachten zu Unrecht vollen Beweiswert zugemessen.  
 
5.  
 
5.1. Den von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten, den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechenden Gutachten externer Spezialärzte darf voller Beweiswert zuerkannt werden, solange "nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit" der Expertise sprechen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 135 V 465 E. 4.4 S. 470; Urteil 9C_367/2019 vom 5. November 2019 E. 4.1 mit Hinweis).  
 
5.2. Mit der Vorinstanz erfüllt das MEDAS-Gutachten die rechtsprechungsgemässen Kriterien beweiskräftiger medizinischer Gutachten. Sämtliche, mehrheitlich langjährig vorbestehende Diagnosen - so auch die seit 2001 bekannte, primär biliäre Leberzirrhose - mit allgemeiner Müdigkeit und Schlafstörungen schlossen die MEDAS-Gutachter in ihre Beurteilung mit ein.  
 
5.3. Laut vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung verneinte die Versicherte anlässlich der MEDAS-Begutachtung Beschwerden von Seiten der hepatischen Erkrankung, insbesondere Müdigkeit oder Kraftminderung. Zu Recht macht sie nicht geltend, anlässlich der Begutachtung im Beisein einer Dolmetscherin die Fragen der explorierenden Ärzte missverstanden zu haben. Zudem stellten die MEDAS-Gutachter hinsichtlich der Befundkonsistenz Diskrepanzen zwischen den geklagten Beschwerden einerseits und der Behandlungsintensität sowie dem unterhalb der Nachweisgrenze liegenden Medikamentenspiegel fest. Angesichts der geklagten Schlafstörungen ist auch die von Dr. med. C.________ erwähnte "deutliche Müdigkeit am Morgen" erklärbar. Weder ist darin ein Indiz zu erblicken, welches gegen die Zuverlässigkeit des MEDAS-Gutachtens spricht, noch steht diese Feststellung unter dem Titel "Systemanamnese" im Widerspruch zu den übrigen Befunden des Dr. med. C.________. Die Versicherte legt nicht dar, weshalb dem MEDAS-Gutachten kein Beweiswert zukommen sollte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern das kantonale Gericht nicht nur den Sinn und die Tragweite des MEDAS-Gutachtens offensichtlich falsch eingeschätzt, sondern daraus auch unhaltbare Schlüsse gezogen hätte (vgl. E. 1.2 hievor).  
 
5.4. Weiter macht die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die seit 20. März 2018 angeblich neu gestellte Diagnose einer fortgeschrittenen Leberfibrose bei primär biliärer Cholangitis eine nach der MEDAS-Begutachtung eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend. Die Müdigkeit und Erschöpfungszustände seien gemäss Auszug aus Wikipedia typische Symptome dieser Lebererkrankung und daher als Folgen dieser neuen Diagnose auch bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit mitzuberücksichtigen. Die Vorinstanz habe durch Verzicht auf ergänzende medizinische Abklärungen den Sachverhalt unvollständig festgestellt und damit Bundesrecht verletzt.  
 
5.4.1. Zur Beantwortung der Frage, ob das MEDAS-Gutachten hinreichend aktuell ist, ist nicht primär auf das formelle Kriterium des Alters des Gutachtens abzustellen. Massgeblich ist vielmehr die materielle Frage, ob Gewähr dafür besteht, dass sich die Ausgangslage seit der Erstellung des Gutachtens nicht gewandelt hat. Soweit ein früheres Gutachten mit Ablauf der Zeit und zufolge veränderter Verhältnisse an Aktualität eingebüsst hat, sind neue Abklärungen unabdingbar (BGE 134 IV 246 E. 4.3 S. 254; Urteil 8C_449/2017 vom 7. März 2018 E. 3.2.3 mit Hinweis).  
 
5.4.2. Die Versicherte bringt vor, aus dem Vergleich der gemessenen Steifigkeitswerte gemäss Fibroscan-Untersuchung von 8,6 kPa im August 2017 und 9,6 kPa im März 2018 (Bericht des Spitals D.________ vom 20. März 2018 S. 2) ergebe sich eine nachweisbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Sie legt indes nicht ansatzweise dar, inwiefern diese Messwerte invalidenversicherungsrechtlich hinsichtlich zusätzlicher Einschränkungen der Leistungsfähigkeit von Relevanz wären. Denn schon der Fibroscan vom 20. September 2018 zeigte bereits wieder einen auf 8,9 kPa abgesunkenen Messwert.  
 
5.4.3. In Bezug auf die Schlussfolgerung, welche die Versicherte aus der seit 20. März 2018 neu umschriebenen Diagnose zieht, setzt sie sich nicht mit den überzeugenden Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinander. Indem sie ohne Begründung ausführt, der Wechsel der Diagnose beschränke sich entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen nicht auf eine Änderung der Bezeichnung derselben Erkrankung, "sondern erfolge (auch) im Zusammenhang mit der Verschlechterung der Erkrankung als solchen", begnügt sich die Beschwerdeführerin mit appellatorischer Kritik, worauf nicht weiter einzugehen ist (BGE 145 I 26 E. 1.3 i.f. S. 30 mit Hinweisen).  
 
5.4.4. Soweit die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung einen Bedarf an weiteren Abklärungen verneinte, kann einzig Willkür gerügt werden (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweisen; Urteil 8C_439/2019 vom 7. August 2019 E. 3.2.5 mit Hinweisen). Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt, macht die Versicherte nicht geltend und ist nicht ersichtlich.  
 
5.5. Was die Beschwerdeführerin im Übrigen gegen den kantonalen Entscheid vorbringt, ist unbegründet. Demnach bleibt es bei der vorinstanzlich zutreffend erkannten vollen Beweiskraft des MEDAS-Gutachtens. Soweit das kantonale Gericht die am 19. September 2019 (recte: 2018) verfügte Abweisung des Neuanmeldungsgesuches bestätigt hat, ist der angefochtene Entscheid nicht als bundesrechtswidrig zu beanstanden. Die Beschwerde ist folglich abzuweisen.  
 
6.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 13. Juli 2020 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli