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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_562/2018  
 
 
Urteil vom 14. November 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Vorinstanzliches Verfahren), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 13. Juli 2018 (OG V 18 17, OG V 18 18). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1961 geborenen A.________ wurde mit Verfügung der IV-Stelle vom 9. März 2018 eine Viertelsrente ab 1. November 2017 und mit Verfügung vom 22. März 2018 ab 1. November 2017 eine Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades aufgrund lebenspraktischer Begleitung zugesprochen. 
 
B.   
Auf die gegen die beiden Verfügungen vom 9. und 22. März 2018 erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerden der A.________ trat das Obergericht des Kantons Uri - nach Vereinigung der beiden Verfahren - mit Entscheid vom 13. Juli 2018 nicht ein. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die Beschwerden betreffend Invalidenrente und Hilflosenentschädigung einzutreten. 
Die IV-Stelle schliesst sich der Begründung in der Beschwerde an, ohne formell einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Streitig ist die prozessuale Frage, ob das kantonale Gericht zu Recht mit der Begründung fehlenden Rechtsschutzinteresses (vgl. Art. 59 ATSG) auf die Beschwerden der Versicherten vom 19. April 2018 gegen die Verfügungen der IV-Stelle vom 9. und 22. März 2018 nicht eingetreten ist. 
 
2.   
Das kantonale Gericht stellte fest, die Versicherte habe beschwerdeweise eine ganze Invalidenrente und eine Hilflosenentschädigung basierend auf einer schweren Hilflosigkeit beantragt. Mit Verfügung vom 9. März 2018 habe die IV-Stelle einen Rentenanspruch ab 1. November 2017 bejaht und gleichzeitig festgehalten, sie prüfe eine Anpassung der Invalidenrente mittels Revision. In ihrer Vernehmlassung vom 22. Mai 2018 habe die IV-Stelle sodann ausgeführt, die geltend gemachte Verschlechterung des Gesundheitszustands, eingetreten ab 8. Januar 2018, müsse weiter abgeklärt werden. Eine allfällige Rentenerhöhung erfolge per Januar 2018 (Art. 88bis Abs. 1 lit. a IVV). Die Vorinstanz hielt weiter fest, die Beschwerdeführerin bestreite den Anspruch auf eine Viertelsrente ab November 2017 nicht substanziiert. Für den Zeitraum danach liege sodann noch keine Verfügung vor, habe doch die IV-Stelle in der angefochtenen Verfügung vom 9. März 2018 weitere Abklärungen und den Erlass einer neuen Verfügung in Aussicht gestellt. Alsdann würde eine allfällige Rentenerhöhung gemäss IV-Stelle rückwirkend gewährt. Die entsprechende Verfügung wäre wiederum mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Damit fehle es an der Prozessvoraussetzung des schutzwürdigen Interesses, weshalb auf die Beschwerde betreffend Invalidenrente nicht einzutreten sei. Dasselbe gelte sinngemäss für die Beschwerde betreffend Hilflosenentschädigung. 
 
3.   
Der angefochtene Entscheid hält vor Bundesrecht nicht stand, wie sich aus dem Folgenden ergibt. 
 
3.1. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, waren im kantonalen Beschwerdeverfahren die (höheren) Leistungsansprüche (bereits) ab November 2017 streitig.  
 
3.1.1. Bereits im Verwaltungsverfahren liess sie mit Schreiben vom 12. September 2017 zu den Abklärungsberichten Haushalt und Hilflosigkeit vom 26. Oktober resp. 19. Juni 2017 (Erhebung vom 13. Juni 2017) Stellung nehmen. Dabei wurde zusammenfassend geltend gemacht, dass in den Berichten die Einschränkungen der Versicherten nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Im Einwand gegen den Vorbescheid betreffend Invalidenrente wies die Beschwerdeführerin weiter auf eine gesundheitliche Verschlechterung seit August 2017 hin. Sie beantragte eine Dreiviertelsrente. Desgleichen machte sie unter Hinweis auf eine "starke Verschlechterung" ab August 2017 einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung mittleren Grades geltend.  
 
3.1.2. Vor dem kantonalen Gericht verlangte die Versicherte sodann eine ganze Rente und eine Hilflosenentschädigung basierend auf einer schweren Hilflosigkeit. Sie begründete dies damit, dass sich ihr Gesundheitszustand seit der Haushaltsabklärung am 13. Juni 2017 sukzessive verschlechtert habe, weshalb der Abklärungsbericht nicht mehr massgebend sei. Aus den Facharztberichten des Spitals B.________ resp. der Klinik C.________ ergebe sich in schlüssiger Weise, dass die Verschlechterung im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügungen vom 9. und 22. März 2018 bereits drei Monate angedauert habe. Demnach hätte sie berücksichtigt werden müssen (Art. 88a Abs. 2 IVV), zumal der Gesundheitszustand bei Erlass der Verfügung massgebend sei. Ausserdem machte die Beschwerdeführerin geltend, dass die Abklärung vor Ort nicht schlüssig gewesen sei und eine höhere Einschränkung vorgelegen habe. In einer weiteren Eingabe vom 1. Mai 2018 reichte sie schliesslich einen Bericht der Klinik C.________ vom 30. April 2018 ein, worin von einer Einschränkung im Haushalt von mindestens 70 % seit Anfang 2017 und einer Verschlechterung des Gesundheitszustands im Zusammenhang mit der Hilfsbedürftigkeit die Rede ist.  
 
3.1.3. Anfechtungsgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren bildeten die Verfügungen vom 9. und 22. März 2018, mit welchen die IV-Stelle einen Anspruch auf eine (unbefristete) Viertelsrente und eine Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades, je ab November 2017, bejahte. In den Verfügungen wurde jeweils festgehalten, dass die Verschlechterungen im August 2017 bereits berücksichtigt worden seien. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerden zielten in der Folge auf einen höheren Rentenanspruch und eine höhere Hilflosenentschädigung bereits ab November 2017, wurde doch - mit Verweis auf medizinische Berichte - eine gesundheitliche Verschlechterung seit der Abklärung vor Ort im Juni 2017 geltend gemacht und ausserdem die Schlüssigkeit der Abklärungsberichte bestritten. Die Verwaltung stellte dagegen eine allfällige Rentenerhöhung erst per Januar 2018 in Aussicht. Damit ist ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 59 ATSG an der gerichtlichen Überprüfung der angefochtenen Verfügungen evident.  
 
3.2. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verfügung (hier: 9. und 22. März 2018) eingetretenen Sachverhalt abzustellen hat (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit Hinweisen). Verschlechterungen  nach diesem Zeitpunkt wären im Rahmen einer Neuanmeldung geltend zu machen (Art. 87 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 IVV; Urteil 9C_399/2017 vom 10. August 2017 E. 3.6). Im hier zu beurteilenden Fall hat die Beschwerdeführerin indessen eine Verschlechterung  vor Verfügungserlass geltend gemacht, weshalb die Vorinstanz die geltend gemachte Veränderung hätte prüfen müssen. Soweit sie ihren Nichteintretensentscheid damit begründete, dass im Zuge des von der IV-Stelle in Aussicht gestellten Revisionsverfahrens eine Rentenanpassung rückwirkend erfolgen würde, ist auf Folgendes hinzuweisen: Im Revisionsverfahren ist zu prüfen, ob seit der formell rechtskräftigen Leistunszusprechung eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sind. Auf den Zeitraum davor kann der Versicherungsträger lediglich dann zurückkommen, wenn ein Rückkommenstitel im Sinne von Art. 53 Abs. 1 oder 2 ATSG vorliegt. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch der versicherten Person auf Wiedererwägung besteht indessen nicht (BGE 133 V 50 E. 4.1 S. 52; 117 V 8 E. 2a S. 13). Insoweit liefe die Beschwerdeführerin im hier zu beurteilenden Fall nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügungen vom 9. und 22. März 2018 Gefahr, die geltend gemachten Leistungsansprüche für den Zeitraum vor Erlass der beiden Verfügungen einzubüssen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin an der gerichtlichen Beurteilung der beiden Verfügungen vom 9. und 22. März 2018 zu bejahen.  
 
3.3. Nach dem Gesagten verstösst der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid gegen Bundesrecht. Die Sache wird deshalb an das kantonale Gericht zurückgewiesen, damit es auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen die Verfügungen vom 9. und 22. März 2018 eintrete und nötigenfalls - in Nachachtung des Untersuchungsgrundsatzes gemäss Art. 61 lit. c ATSG - für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts sorge.  
 
4.   
Die offensichtlich begründete Beschwerde wird im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. b BGG erledigt. Die Gerichtskosten sind demnach der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es besteht kein Anlass, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 13. Juli 2018 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. November 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest