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Bundesgerich 
ribunal fédéral 
ribunale federale 
ribunal federal 
 
                 
 
 
1C_311/2020  
 
 
Urteil vom 16. Juli 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ Inc., 
Britische Jungferninseln, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwalt Ivan Paparelli, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 
an die Vereinigten Staaten von Amerika; 
Herausgabe von Kontenunterlagen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 20. Mai 2020 (RR.2020.67). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Behörden der USA und anderer Staaten führen komplexe Strafuntersuchungen gegen diverse Personen, die mit dem brasilianischen Unternehmen B.________ SA und mit ihm assoziierten Firmen bzw. Tochtergesellschaften in Verbindung stehen. Die Beschuldigten werden verdächtigt, Bestechungszahlungen insbesondere an Amtspersonen bzw. Organe des brasilianischen (halbstaatlichen) C.________-Konzerns (D.________ SA) geleistet und Geldwäscherei betrieben zu haben. In diesem Zusammenhang ersuchten die amerikanischen Behörden die Schweiz am 2. Mai 2017 (ergänzt am 13. Oktober 2017, 18. April 2018 bzw. 8. April 2019) um Rechtshilfe. 
 
B.   
In seinem ergänzenden Ersuchen vom 8. April 2019 beantragte das US-Justizministerium die Herausgabe von Bankunterlagen zu zwei Konten. Inhaberin der Konten ist die auf den British Virgin Islands domizilierte A.________ Inc. 
 
C.  
Mit Verfügung vom 5. Juni 2019 trat das Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA (BJ), auf das Ersuchen ein. Es betraute die Bundesanwaltschaft (BA), welche gegen einen der Beschuldigten am 24. Februar 2017 eine separate Strafuntersuchung wegen Geldwäschereiverdachts eröffnet hatte, mit der Ausführung des ergänzenden Ersuchens vom 8. April 2019. Die fraglichen Bankunterlagen liess die BA edieren. Am 26. Juli 2019 übermittelte sie diese an das BJ. 
 
D.   
Am 13. November 2019 teilte das BJ der betroffenen Konteninhaberin mit, dass es in Erwägung ziehe, die Bankunterlagen an die ersuchende Behörde herauszugeben. Am 6. Dezember 2019 stellte die BA das gegen den oben genannten Beschuldigten eröffnete Strafverfahren wegen Geldwäschereiverdachts ein. 
 
E.   
Mit Schlussverfügung vom 31. Januar 2020 bewilligte das BJ die rechtshilfeweise Herausgabe der Kontenunterlagen an die USA. Eine von der betroffenen Gesellschaft dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, mit Entscheid vom 20. Mai 2020 ab. 
 
F.   
Gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichtes gelangte die Konteninhaberin mit Beschwerde vom 4. Juni 2020 an das Bundesgericht. Sie beantragt im Hauptstandpunkt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Abweisung des Rechtshilfeersuchens. 
Das Bundesstrafgericht liess sich am 16. Juni 2020 vernehmen. Das BJ beantragt mit Stellungnahme vom 23. Juni 2020, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin replizierte am 13. Juli 2020. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Verfahren vor Bundesgericht wird in einer Schweizer Amtssprache geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheides. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden (Art. 54 Abs. 1 BGG). Zwar wurde die Beschwerdeschrift auf Italienisch abgefasst. Die Schlussverfügung und der angefochtene Entscheid ergingen jedoch in deutscher Sprache. Wie sich aus den Akten ergibt, ist auch der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der deutschen Sprache ausreichend mächtig. Das Urteil ist daher auf Deutsch abzufassen. 
 
2.  
 
2.1. Zwar geht es im vorliegenden Fall um die rechtshilfeweise Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich (Bankunterlagen) und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten - gemäss Artikel 84 Absatz 1 BGG - insoweit zulässig wäre (BGE 133 IV 125 E. 1.4 S. 128 f.; 132 E. 1.3 S. 133 f.). Zu prüfen ist jedoch zusätzlich noch, ob es sich hier um einen besonders bedeutenden Fall - im Sinne von Artikel 84 Absatz 2 BGG - handelt:  
Ein besonders bedeutender Fall liegt gemäss Artikel 84 Absatz 2 BGG "insbesondere" vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher ragweite aufwerfen, sondern überdies auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1.1 S. 104 mit Hinweisen; vgl. Donatsch/Heimgartner/Meyer/Simonek, Internationale Rechtshilfe, 2. Aufl., Zürich 2015, S. 155-157; Marc Forster, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 84 N. 29-32d; Seiler/von Werdt/Güngerich/Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., Bern 2015, Art. 84 N. 14; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, Praxiskommentar BGG, 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 84 N. 9). 
 
2.2. Artikel 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 S. 104 mit Hinweisen). Gerade im Bereich der sogenannten "kleinen" (akzessorischen) Rechtshilfe kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich namentlich keine wichtigen bzw. erstmals zu beurteilenden Rechtsfragen, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedürften (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22; 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 29; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, a.a.O., Art. 84 N. 7, 10; Alain Wurzburger, in: Commentaire de la LF, 2. Aufl., Bern 2014, Art. 84 N. 8).  
Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann auch die drohende Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren einen besonders bedeutenden Fall begründen. Diesbezüglich sind die Gesetzeswortlaute von Artikel 84 Absatz 2 BGG auf Deutsch und Italienisch massgeblich (BGE 145 IV 99 E. 1.3 S. 105 f.; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 31; Wurzburger, a.a.O., Art. 84 N. 14). Das blosse pauschale Vorbringen des Rechtsuchenden, die Behörden hätten elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, lässt einen Rechtshilfefall indessen noch nicht als besonders bedeutend erscheinen. Vielmehr müssen dafür ernsthafte Anhaltspunkte objektiv vorliegen (BGE 145 IV 99 E. 1.4 S. 106 f.; 133 IV 125 E. 1.4 S. 129; je mit Hinweisen). 
 
3.   
In der Beschwerdeschrift wird das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falles im Wesentlichen wie folgt begründet: 
Der angefochtene Entscheid verletze elementare Verfahrensgrundsätze, insbesondere den in Artikel 3 Ziff. 1 lit. b RVUS und Artikel 5 Abs. 1 lit. a IRSG verankerten internationalstrafrechtlichen Grundsatz "ne bis in idem" (Doppelverfolgungsverbot). Zugunsten einer in das ausländische Strafverfahren implizierten Person habe die Bundesanwaltschaft (BA) am 6. Dezember 2019- für denselben untersuchten Sachverhalt, der auch dem Ersuchen zugrunde liege - bereits eine Einstellungsverfügung erlassen. Die streitigen Rechtshilfehandlungen zugunsten der USA verstiessen daher gegen das Verbot der doppelten Strafverfolgung. 
 
4.  
 
4.1. Die Rechtshilfe an die USA kann verweigert werden, soweit das Ersuchen sich auf die Strafverfolgung einer anderen als einer unter Artikel 6 Ziff. 2 RVUS fallenden Person bezieht und Handlungen betrifft, aufgrund derer sie in der Schweiz wegen einer im wesentlichen entsprechenden Straftat rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, und eine allfällig verhängte Sanktion noch vollzogen wird oder bereits vollzogen ist (Art. 3 Ziff. 1 lit. b RVUS; vgl. auch Art. 5 Abs. 1 lit. a IRSG).  
Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeschrift sind der inkriminierte Sachverhalt laut Ersuchen und der Gegenstand der Einstellungsverfügung vom 6. Dezember 2019 nicht identisch. Die BA hat untersucht, ob der fragliche Beschuldigte in der Schweiz Geldwäscherei betrieben hat. Die USA werfen ihm hingegen laut Ersuchen noch weitere Sachverhalte vor, nämlich insbesondere die eilnahme an Korruptionsdelikten (in den USA und Südamerika) sowie Geldwäscherei in den USA (u.a. mittels Immobilienkäufen). Darüber hinaus hat die BA ihre Einstellung ausdrücklich auf Artikel 8 Abs. 3 StPO gestützt. Danach kann die BA von der Strafverfolgung absehen, sofern nicht überwiegende Interessen der Privatklägerschaft entgegenstehen und die konnexe Straftat bereits von einer ausländischen Behörde verfolgt wird. Die fragliche Einstellungsverfügung entfaltet auch aus diesem Grund keine Ausschlusswirkung (im Sinne des Grundsatzes "ne bis in idem") im Rechtshilfeverkehr mit den USA. 
 
4.2. Nach dem Gesagten bestehen hier keine objektiven Anhaltspunkte für eine Verletzung des internationalstrafrechtlichen Grundsatzes "ne bis in idem". Über das Dargelegte hinaus kann offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin überhaupt legitimiert wäre, eine Doppelverfolgung des fraglichen Beschuldigten als Verstoss gegen elementare Verfahrensmaximen zu rügen (vgl. Art. 89 Abs. 1 lit. b-c BGG; s.a Urteil 1C_534/2015 vom 22. Oktober 2015 E. 1.2).  
 
4.3. Über das oben Erörterte hinaus legt die Beschwerdeführerin nicht substanziiert dar, inwiefern (weitere) elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden wären oder der Rechtshilfefall in anderer Weise besonders bedeutend erschiene (vgl. Art. 42 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 84 BGG). Dies gilt namentlich, soweit sie geltend macht, die streitigen Bankdokumente bezögen sich auf hohe Vermögenswerte. Zum einen verkennt sie, dass hier weder eine rechtshilfeweise Vermögensherausgabe streitig ist, noch eine vorläufige Beschlagnahme von Kontenguthaben. Zum anderen erstrecken sich ihre diesbezüglichen Vorbringen grossteils nicht auf Bankunterlagen zu ihren eigenen von der Rechtshilfe betroffenen Konten, sondern zu Bankverbindungen von Drittpersonen (vgl. Art. 89 Abs. 1 lit. b-c BGG).  
 
5.   
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Juli 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster