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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_141/2020, 1B_142/2020  
 
 
Urteil vom 20. August 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Kneubühler, Bundesrichterin Jametti, 
Bundesrichter Haag, Müller 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1B_141/2020 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwältin Noëmi Erig, 
 
Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung 
des Kantons Zürich, 
 
Direktion der Justiz und des Innern 
des Kantons Zürich, 
 
und 
 
1B_142/2020 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Noëmi Erig, 
 
gegen  
 
Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung 
des Kantons Zürich, 
 
Direktion der Justiz und des Innern 
des Kantons Zürich, 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Verlegung/Verbleib in Sicherheitsabteilung, 
 
Beschwerden gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, 
vom 6. Februar 2020 (VB.2019.00300). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie weiterer Delikte. Ausgangspunkt für die Strafuntersuchung bildete ein Vorfall vom 28. Juni 2017, der sich im Rahmen des Vollzugs eines früher angeordneten Freiheitsentzugs ergeben hatte. Nachdem das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich (früher: Amt für Justizvollzug) den Vollzug der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies (nachfolgend: JVA Pöschwies) genehmigt hatte, wurde A.________ am 17. August 2018 dorthin verlegt und in die Sicherheitsabteilung eingewiesen. 
Am 4. Oktober 2018 stellte A.________ ein Gesuch um Verlegung aus der Sicherheitsabteilung der JVA Pöschwies in ein Untersuchungsgefängnis. Mit Verfügung vom 29. Oktober 2018 wies der damalige Leiter des Amtes für Justizvollzug und Wiedereingliederung das Gesuch ab. Am 17. November 2018 ordnete die JVA Pöschwies seinen weiteren Verbleib in der Sicherheitsabteilung an. 
Gegen beide Verfügungen erhob A.________ am 29. November 2018 Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich. Er beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügungen, seine Verlegung in ein geeignetes Untersuchungsgefängnis und eventuell die anstaltsinterne Verlegung innerhalb der JVA Pöschwies. Mit Entscheid vom 4. April 2019 wies die Direktion die Rekurse ab. 
Am 25. April 2019 ordnete das Bezirksgericht Dielsdorf als Zwangsmassnahmengericht für A.________ Sicherheitshaft an. 
 
B.   
Mit Beschwerde vom 8. Mai 2019 focht A.________ den Rekursentscheid der Direktion vom 4. April 2019 beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich an. Er beantragte im Wesentlichen erneut seine Verlegung in ein geeignetes Untersuchungsgefängnis, vorschlagsweise ins Gefängnis Zürich, oder in ein anderes Gefängnis und subsidiär die anstaltsinterne Verlegung, wobei sicherzustellen sei, dass er nicht unter der Aufsicht von Personen stehe, die am Vorfall vom 28. Juni 2017 beteiligt gewesen seien. 
Mit Schreiben vom 28. November 2019 lud der Präsident der 3. Abteilung des Verwaltungsgerichts das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich zu einem Meinungsaustausch über die Zuständigkeit für die beantragten Verlegungen ein. Die drei Strafkammern des Obergerichts teilten am 10. Dezember 2019 mit, aus ihrer Sicht seien die Vollzugsbehörden zuständig. Die Oberstaatsanwaltschaft vertrat am 20. Dezember 2019 den gegenteiligen Standpunkt, Verlegungsgesuche seien bei der Verfahrensleitung einzureichen bzw. an diese weiterzuleiten. 
Mit Urteil vom 6. Februar 2020 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab, soweit es darauf eintrat. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, zuständig für die strittigen Verlegungsgesuche sei nicht der Justizvollzug und damit kantonal letztinstanzlich das Verwaltungsgericht, sondern die Verfahrensleitung und damit das Obergericht. 
 
C.   
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 19. März 2020 an das Bundesgericht beantragt die Oberstaatsanwaltschaft, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2020 aufzuheben und dieses zu verpflichten, die Beschwerde von A.________ vom 8. Mai 2019 inhaltlich zu prüfen und gestützt darauf darüber zu entscheiden. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, die Strafprozessordnung des Bundes behalte den Entscheid über die Verlegung von Beschuldigten im Rahmen der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht der jeweiligen Verfahrensleitung im Strafverfahren vor. Da nach der Zuständigkeitsregelung des Kantons Zürich die Vollzugsbehörde kompetent sei, verletze das Urteil des Verwaltungsgerichts Bundesrecht. 
Das Bundesgericht eröffnete dazu das Verfahren 1B_141/2020. A.________ reichte innert Frist keine Stellungnahme ein. Das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung sowie die Direktion für Justiz und Inneres schliessen sich der Argumentation der Beschwerde an, wobei einzig die Direktion einen förmlichen Antrag auf Gutheissung der Beschwerde stellt. Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
D.   
Mit Beschwerde in Strafsachen und eventuell subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 20. März 2020 an das Bundesgericht beantragt A.________ ebenfalls, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2020 aufzuheben und dieses anzuweisen, auf seine Beschwerde vom 8. Mai 2019 einzutreten. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, es verstosse gegen die Strafprozessordnung des Bundes sowie Bundesverfassungsrecht, die Zuständigkeit für die Verlegung von Beschuldigten in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft der Verfahrensleitung zuzuweisen. In prozessualer Hinsicht wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. 
Das Bundesgericht eröffnete dazu das Verfahren 1B_142/2020. Die Oberstaatsanwaltschaft verweist ohne förmliches Rechtsbegehren auf ihre Beschwerde im Parallelverfahren 1B_141/2020. Das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung sowie die Direktion für Justiz und Inneres schliessen sich der Argumentation der Beschwerde an, wobei einzig die Direktion einen förmlichen Antrag auf Gutheissung der Beschwerde stellt. Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die zwei bundesgerichtlichen Verfahren 1B_141/2020 und 1B_142/ 2020 richten sich gegen dasselbe Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich und stehen mit denselben Verfahrensbeteiligten in einem engen inhaltlichen Zusammenhang. Es rechtfertigt sich daher, die beiden Verfahren zu vereinigen. 
 
2.  
 
2.1. Der angefochtene Entscheid betrifft die Versetzung eines Beschuldigten, der im Rahmen der Sicherheitshaft in eine Justizvollzugsanstalt eingewiesen wurde, in ein Untersuchungsgefängnis oder eventuell in ein anderes Gefängnis. Gegen letztinstanzliche Entscheide im Zusammenhang mit dem Vollzug der Untersuchungs- und wie hier Sicherheitshaft nach Art. 234 ff. StPO steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen (BGE 143 I 241 E. 1 S. 244; Urteil des Bundesgerichts 1B_82/2020 und 1B_83/ 2020 vom 31. März 2020 E. 1.2). Der angefochtene Entscheid ist kantonal letztinstanzlich nach Art. 80 BGG, weshalb sich die Beschwerde in Strafsachen als grundsätzlich zulässig erweist.  
 
2.2. Nach Art. 113 BGG ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nur zulässig, soweit keine andere Beschwerde nach Art. 72-89 BGG zur Verfügung steht. Da gegen den angefochtenen Entscheid bereits die Beschwerde in Strafsachen offen steht, erweist sich die vom Beschwerdeführer im Verfahren 1B_142/2020 eventuell erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde als ausgeschlossen, weshalb darauf nicht eingetreten werden kann.  
 
2.3. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Soweit die Vorinstanz kantonales Recht anzuwenden hatte, kann im Wesentlichen geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Bundesrecht, hier die Strafprozessordnung und die Bundesverfassung. Dabei prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts nur auf Willkür hin (vgl. BGE 138 I 143 E. 2 S. 149 f.).  
 
2.4. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
3.   
Fraglich erscheint, ob es sich beim angefochtenen Urteil um einen Zwischen- oder Endentscheid handelt. Bei einem Endentscheid wird ein Verfahren abgeschlossen (Art. 90 BGG). Zwar wird im vorliegenden Zusammenhang das Verfahren der Verwaltungsrechtspflege abgeschlossen, was die Annahme eines gemäss Art. 90 BGG anfechtbaren Endentscheids nahelegen würde; dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht von einer Überweisung bzw. Weiterleitung des Antrags des Beschwerdegegners an die Verfahrensleitung abgesehen hat. Dass gleichzeitig der hauptsächliche Streitpunkt der Verlegung des Beschuldigten in ein anderes Gefängnis nicht definitiv entschieden ist, spricht demgegenüber eher für einen Zwischenentscheid. Soweit sich dieser auf die Frage der Zuständigkeit bezieht, handelt es sich dabei jedoch wiederum um einen gemäss Art. 92 BGG ebenfalls anfechtbaren selbstständig eröffneten Zwischenentscheid. 
 
4.  
 
4.1. Im Verfahren 1B_141/2020 stellt sich die Frage der Legitimation der Oberstaatsanwaltschaft. Damit hat sich das Bundesgericht erst kürzlich in analoger Weise im Urteil 1B_82/2020 und 1B_83/2020 vom 31. März 2020 auseinandergesetzt. Danach ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG nennt dazu beispielhaft ausdrücklich die Staatsanwaltschaft. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat die Staatsanwaltschaft in Strafsachen grundsätzlich immer ein rechtlich geschütztes Interesse, indem sich ihre Legitimation aus dem staatlichen Strafanspruch ableitet, den sie zu vertreten hat (vgl. BGE 134 IV 36 E. 1.4.3 S. 40 ff.). Legitimiert ist dabei nur die oberste kantonale Anklagebehörde (vgl. die Urteile des Bundesgerichts 6B_389/2019 vom 28. Oktober 2019 E. 1 und 6B_949/2013 vom 3. Februar 2014 E. 2.2). Erforderlich ist aber auch insofern ein aktuelles und praktisches Interesse an der Beschwerdeführung und eine formelle und materielle Beschwer, d.h. das Unterliegen im vorinstanzlichen Verfahren. Wieweit sich die Beschwerdelegitimitation der Staatsanwaltschaft nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG von der abstrakten Beschwerdebefugnis von Bundesbehörden gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG unterscheidet, bei der kein spezifisches schutzwürdiges (öffentliches) Interesse vorausgesetzt wird, muss hier nicht abschliessend entschieden werden. Jedenfalls wird auch dort zumindest verlangt, dass es der beschwerdeführenden Behörde nicht um die Behandlung abstrakter Rechtsfragen des objektiven Rechts, sondern um konkrete Rechtsfragen eines tatsächlichen Einzelfalles geht und ein entsprechendes praktisches Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. BGE 135 II 338 E. 1.2.1 S. 341 f.).  
 
4.2. Im vorliegenden Zusammenhang handelt es sich bei der Oberstaatsanwaltschaft zweifellos um die oberste kantonale Anklagebehörde. Fraglich ist allerdings, ob sie als Beschwerdeführerin über ein aktuelles praktisches Rechtsschutzinteresse verfügt. Auf ein solches könnte nach der Rechtsprechung allenfalls verzichtet werden, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung möglich wäre (vgl. BGE 138 II 42 E. 1.3 S. 45 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall ist eine solche höchstrichterliche Prüfung aber schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil der Beschuldigte selbst ebenfalls mit analoger Begründung wie die Oberstaatsanwaltschaft Beschwerde beim Bundesgericht führt. Vor allem aber sind die Oberstaatsanwaltschaft und das von ihr im bundesgerichtlichen Verfahren vertretene Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung hier vom angefochtenen Urteil nicht beschwert. Im Ergebnis wird dem Gesuch des Beschuldigten auf Verlegung in Übereinstimmung mit dem Entscheid des Amts für Justizvollzug und Wiedereingliederung nicht stattgegeben. Damit ist das Amt in der Sache mit seinem Rechtsstandpunkt durchgedrungen.  
 
4.3. Unwesentlich ist insofern, dass das Verwaltungsgericht die bei ihm hängige Beschwerde in Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils "im Sinne der Erwägungen" abgewiesen hat und nicht vollständig darauf eingetreten ist. Der Vorbehalt der Erwägungen dient hier lediglich dem Verweis auf die Begründung. Eine selbstständige rechtliche Bedeutung, wie dies etwa bei einer Rückweisung an eine untere Instanz zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen zutrifft, wenn diese das weitere Vorgehen oder die Rechtslage eingrenzen und umschreiben, kommt der Einschränkung nicht zu. Das Verwaltungsgericht hätte es im Unterschied zu einem solchen Vergleichsfall auch bei einer reinen Abweisung bewenden lassen können. Das Nichteintreten bezieht sich im Übrigen ohnehin nur auf die Beschwerdeberechtigung des Beschuldigten bzw. auf die Frage, ob dieser im vorinstanzlichen Verfahren rechtsgültig vertreten war, und betrifft die Rechtsstellung des Amts für Justizvollzug und Wiedereingliederung bzw. indirekt der Oberstaatsanwaltschaft nicht.  
 
4.4. Die Oberstaatsanwaltschaft ist demnach mangels Beschwer nicht zur Beschwerde legitimiert, weshalb auf ihre Beschwerde im Verfahren 1B_141/2020 nicht eingetreten werden kann.  
 
5.  
 
5.1. Im Verfahren 1B_142/2020 ist der Beschuldigte als Beschwerdeführer vom Ergebnis des angefochtenen Entscheids beschwert und er hat auch am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Damit ist er nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Da auch seine Rechtsvertretung vor dem Bundesgericht rechtsgültig bestellt wurde, ist auf seine Beschwerde einzutreten.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer vertritt in Übereinstimmung mit den übrigen Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme des Verwaltungsgerichts die Auffassung, die Strafprozessordnung schreibe nicht vor, dass für Entscheide über die Verlegung eines Beschuldigten im Rahmen von Sicherheitshaft die Verfahrensleitung zuständig sei.  
 
5.3. Art. 235 StPO regelt den Vollzug von Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Die Bestimmung weist die Kompetenz für Kontakte und Besuche der inhaftierten Person mit anderen Personen, für die Kontrolle der Post sowie für ausnahmsweise zulässige Beschränkungen des Verkehrs mit der Verteidigung der Verfahrensleitung zu (Abs. 2-4). Das Gesetz sieht auch ausdrücklich vor, dass die Kantone die Rechte und Pflichten der inhaftierten Personen, ihre Beschwerdemöglichkeiten, die Disziplinarmassnahmen sowie die Aufsicht über die Haftanstalten regeln (Abs. 5). Nach Art. 236 StPO ist die Verfahrensleitung überdies zuständig für die Bewilligung des vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzugs, wobei Bund und Kantone bestimmen können, dass es dazu der Zustimmung der Vollzugsbehörden bedarf.  
 
5.4. Nach Art. 123 Abs. 2 BV sind auf dem Gebiet des Strafrechts unter anderem für die Organisation der Gerichte und den Straf- und Massnahmenvollzug die Kantone zuständig, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht. Die Strafprozessordnung trifft dementsprechend keine abschliessende Ordnung im Bereich des Massnahmenvollzugs. Sie enthält insbesondere keine integrale Kompetenzzuweisung für alle Entscheide im Zusammenhang mit dem Vollzug von Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Sie schreibt einzig die Zuständigkeit der Verfahrensleitung für einzelne konkrete Entscheide vor, die für die Strafverfolgung von Bedeutung sind. Die Schlussfolgerung, die Verfahrensleitung müsse auch für alle anderen Entscheide zuständig sein, ist genauso wenig zwingend wie der Umkehrschluss, diese stünden den Vollzugsbehörden zu. In BGE 143 I 241 E. 4.4 entschied das Bundesgericht zwar, vor allem zwecks Vermeidung einer sachwidrigen und vom Bundesrecht nicht vorgesehenen Gabelung und damit der Komplizierung der Zuständigkeiten und Rechtsmittelwege sei es bundesrechtswidrig, den Entscheid über die Bewilligung von Besuchen der Verfahrensleitung und denjenigen über Urlaube den Vollzugsorganen zuzuweisen. Dabei handelte es sich aber um zwei eng miteinander verknüpfte Haftmodalitäten. Daraus lässt sich nicht die Zuständigkeit einer bestimmten Behörde für alle Fragen im Zusammenhang mit dem Vollzug von Untersuchungs- und Sicherheitshaft ableiten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Strafprozessordnung insofern mit Blick auf Art. 123 Abs. 2 BV keine abschliessende Kompetenzregelung vorsieht. Obwohl mit der Strafprozessordnung das Strafverfahren in der Schweiz grundsätzlich vereinheitlicht worden ist, bedeutet das nicht, dass auch die Zuständigkeitsordnungen aller Kantone integral gleichgeschaltet wurden. Die entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalte kantonaler Regelungen in Art. 235 Abs. 5 und Art. 236 Abs. 3 StPO belegen, dass der Gesetzgeber den Kantonen durchaus gewisse Regelungskompetenzen überlassen hat. Daraus ist zu schliessen, dass die Strafprozessordnung für die hier zu entscheidende Streitsache, nämlich die Verlegung eines Häftlings von einem Gefängnis in ein anderes, nicht vorschreibt, welche kantonale Behörde dafür zuständig sein soll. Es ist kennzeichnend, dass im vorliegenden Fall verschiedene Auffassungen über die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Strafprozessordnung bestehen und dass die Oberstaatsanwaltschaft insoweit zwischen dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und demjenigen vor dem Bundesgericht eine Kehrtwende vollzogen hat. Damals hatte sie sich für die Zuständigkeit der Verfahrensleitung mit dem Obergericht als letzter kantonaler Instanz, entweder als Beschwerdeinstanz bei Untersuchungshaft oder als einzige Instanz bei Sicherheitshaft, ausgesprochen, währenddem sie sich heute für die Kompetenz der Vollzugsorgane mit dem Verwaltungsgericht als letzter kantonaler Instanz einsetzt.  
 
5.5. Der Bundesgesetzgeber hat den Vollzug bei Untersuchungs- und Sicherheitshaft gerade nicht umfassend geregelt, weshalb im Schrifttum mitunter auch der Erlass eines entsprechenden Bundesgesetzes gefordert wird (vgl. MATTHIAS HÄRRI, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Schweizerische Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, Basler Kommentar, 2. Auf., 2014, Art. 235 StPO, N. 64). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, wieweit der Bund in die kantonale Organisationshoheit eingreifen dürfte (vgl. dazu TARKAN GÖKSU, in: Waldmann/Belser/Epiney [Hrsg.], Bundesverfassung, Basler Kommentar, 2015, Art. 123, N. 21 f.). Jedenfalls ist die Strafprozessordnung so auszulegen, dass den Kantonen gewisse Kompetenzen beim Massnahmenvollzug verbleiben, solange der Bund nicht ausdrücklich anders legiferiert. Der Strafprozessordnung lässt sich demnach nicht verbindlich entnehmen, ob die Verfahrensleitung oder die Vollzugsorgane über ein Verlegungsgesuch bei strafprozessualer Haft zu entscheiden haben. Indem das Verwaltungsgericht sich insofern auf die Strafprozessordnung beruft, verstösst der angefochtene Entscheid daher gegen Bundesrecht.  
 
6.  
 
6.1. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Entscheid auch im Ergebnis rechtswidrig ist. Lässt sich die Zuständigkeit nicht dem Bundesrecht entnehmen, sondern liegt deren Regelung in der Organisationskompetenz des Kantons, kommt es auf das entsprechende kantonale Recht an. Auch insoweit vertreten die Verfahrensbeteiligten unterschiedliche Auffassungen zur Auslegung der einschlägigen Bestimmungen. Die Auslegung von kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht allerdings nur auf Willkür hin (vgl. vorne E. 2.3).  
 
6.2. Gemäss der ständigen Praxis des Bundesgerichts ist ein Entscheid willkürlich, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 144 I 170 E. 7.3 S. 174 f. mit Hinweisen; 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 167 E. 2.1 S. 168; 137 I 1 E. 2.4 S. 5; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; je mit Hinweisen).  
 
6.3. Nach § 6 der zürcherischen Justizvollzugsverordnung vom 6. Dezember 2006 (JVV; LS 331.1) vollzieht das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung zur Sicherung von Strafverfahren unter anderem Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Im Vordergrund steht dabei gemäss ausdrücklicher Normierung die Sicherung des Strafverfahrens (§ 13 Abs. 1 lit. b JVV). Das Amt ist insbesondere zuständig für die Bewilligung der Durchführung von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft in der JVA Pöschwies (§ 10 Abs. 3 JVV). Die Leitung der Vollzugseinrichtungen erlässt Anordnungen über die Durchführung des Vollzugs (§ 92 i.V.m. § 128 Abs. 1 JVV). Über Einzelhaft entscheidet hingegen die Verfahrensleitung (§ 130 i.V.m. § 128 Abs. 1 JVV). Der Entscheid über die Anordnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie die Entlassung daraus richtet sich demgegenüber nach der Strafprozessordnung und steht entweder der Verfahrensleitung oder dem Zwangsmassnahmengericht zu (vgl. Art. 220 ff. StPO).  
 
6.4. Zwar liesse sich § 6 JVV so auslegen, dass es sich um eine subsidiäre Generalkompetenz des Amts für Justizvollzug und Wiedereingliederung handelt. Aus den besonderen Kompetenzzuweisungen das Gegenteil abzuleiten, erscheint aber nicht unhaltbar. Der angefochtene Entscheid ist insofern nicht willkürlich. Dasselbe gilt allerdings auch für die vom Beschwerdeführer geltend gemachte und von der Oberstaatsanwaltschaft im bundesgerichtlichen Verfahren sowie vom Obergericht eingenommene Gegenposition. Auch deren Auslegung, welche den Justizvollzugsorganen überall dort gestützt auf § 6 JVV die Zuständigkeit zuweist, wo das kantonale Recht nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, ist nicht willkürlich. Beide Auslegungen sind sachlich vertretbar. Auch dafür ist die von der Oberstaatsanwaltschaft vorgenommene Kehrtwende symptomatisch. Daraus ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang die unbefriedigende Pattsituation eines negativen Kompetenzkonflikts. Zwar hat das Obergericht im vorliegenden Fall gar nicht ausdrücklich über seine Zuständigkeit entscheiden müssen. In einem analogen Fall hat es seine Zuständigkeit verneint, subsidiär aber doch in der Sache entschieden (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1B_264/2020 vom 17. Juni 2020 E. 4). Das ist auf Dauer unbefriedigend. Aufgrund des vom Obergericht im Meinungsaustausch mit dem Verwaltungsgericht vertretenen Standpunkts ist überdies eindeutig davon auszugehen, dass es sich als unzuständig erachtet. Bezeichnen sich beide höchsten kantonalen Gerichte jeweils selbst als unzuständig, führt dies zu einem negativen Kompetenzkonflikt.  
 
7.  
 
7.1. Ein negativer Kompetenzkonflikt läuft für den betroffenen Rechtssuchenden, der wie hier einen Anspruch auf Behandlung eines von ihm eingereichten Begehrens hat, auf eine formelle Rechtsverweigerung hinaus. Soweit gerichtliche Verfahren angesprochen sind, wird dadurch Art. 30 Abs. 1 BV verletzt, und soweit es um Verwaltungsbehörden geht, liegt ein Verstoss gegen Art. 29 Abs. 1 BV vor. Überdies wird dem Beschwerdeführer die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV verweigert, da er überhaupt nicht an ein Gericht gelangen kann. Wegen dieser Verfassungsverletzungen ist der angefochtene Entscheid bundesrechtswidrig und aufzuheben.  
 
7.2. Damit ist freilich noch nicht darüber entschieden, welche kantonale Behörde bzw. welches kantonale Gericht in letzter Instanz für die Streitfrage zuständig ist. Die Kompetenzfrage bedarf der Klärung. Es ist jedoch nicht Sache des Bundesgerichts, darüber gestützt auf kantonales Recht, das willkürfrei unterschiedlich ausgelegt werden kann, anstelle der kantonalen Instanzen zu entscheiden. Vielmehr obliegt es den beiden höchsten kantonalen Gerichten, also dem Verwaltungs- und dem Obergericht des Kantons Zürich, im Bedarfsfall unter Beizug des Kantonsrats Zürich als Oberaufsichtsinstanz bzw. unter dessen Leitung, die Zuständigkeit miteinander festzulegen und damit für entsprechende Klarheit zu sorgen. Sollte es sich als notwendig erweisen, wäre das kantonale Gesetzes- bzw. Verordnungsrecht anzupassen (vgl. dazu schon die Urteile des Bundesgerichts 1B_82/2020 und 1B_83/2020 vom 31. März 2020 E. 3.5 sowie 1B_264/2020 vom 17. Juni 2020 E. 4.3).  
 
7.3. Hingegen ist die Rüge des Beschwerdeführers auf Verletzung seines verfassungsmässigen Anspruches auf gerichtliche Beurteilung seines Gesuches begründet. Der Beschwerdeführer hat einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, dass über sein Gesuch um Verlegung in ein anderes Gefängnis entschieden wird. Da kein kantonales Gericht über dieses Gesuch entschieden hat und insofern auch kein kantonal letztinstanzlicher Entscheid vorliegt, ist es dem Bundesgericht verwehrt, reformatorisch über den Streitgegenstand zu befinden. Hingegen hat das Bundesgericht hinsichtlich der Zuständigkeit für die Streitfrage eine Übergangsregelung zu treffen, die bis zur Klärung der Rechtslage die Einhaltung des Verfassungsrechts gewährleistet (vgl. BGE 123 II 193 E. 4c S. 201 f.). Dafür ist zurzeit davon auszugehen, dass im Sinne einer weiten Auslegung von § 6 JVV als subsidiäre Generalkompetenz für die Verlegung eines Häftlings in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft in ein anderes Gefängnis das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung und damit letztinstanzlich das Verwaltungsgericht zuständig ist. Diese vorübergehende Anordnung des Bundesgerichts ist aber nicht als präjudiziell für die von den kantonalen Organen vorzunehmende Klärung der Rechtslage zu verstehen. Damit ist die Streitsache zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.  
 
8.   
Das Verwaltungsgericht stellte in E. 2 des angefochtenen Urteils in Frage, ob der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren rechtsgültig vertreten war. Es bezweifelte insbesondere, ob die vom damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eingereichte Vollmacht tatsächlich dem Willen des Beschwerdeführers entsprach, der dokumentiert mehrmals ausgesagt habe, gar nicht in ein anderes Gefängnis verlegt werden zu wollen. Das Verwaltungsgericht liess diese Frage im Ergebnis jedoch offen. Mit der Rückweisung des Streitfalles wird das Verwaltungsgericht nicht mehr umhin kommen, die Frage zu prüfen. Je nach dem wird es sich in der Folge inhaltlich mit dem Verlegungsgesuch zu befassen haben. So oder so stünde es dem Beschwerdeführer frei, jederzeit bei der ersten Instanz ein neues Verlegungsgesuch einzureichen. 
 
9.   
Demnach ist im Verfahren 1B_141/2020 auf die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft nicht einzutreten. Im Verfahren 1B_142/2020 ist die Beschwerde des Häftlings gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann; der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Streitsache an die Vorinstanz zurückzuweisen zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. 
Verfahrenskosten sind keine zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich dieser am Verfahren 1B_141/2020 nicht beteiligt hat (vgl. Art. 68 BGG). Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung braucht bei diesem Ausgang nicht entschieden zu werden. 
Mit Blick auf E. 7.2 wird dieses Urteil auch dem Obergericht des Kantons Zürich sowie dem Kantonsrat Zürich zur Kenntnisnahme zugestellt. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die bundesgerichtlichen Verfahren 1B_141/2020 und 1B_142/2020 werden vereinigt. 
 
2.   
Auf die Beschwerde im Verfahren 1B_141/2020 wird nicht eingetreten. 
 
3.   
Die Beschwerde im Verfahren 1B_142/2020 wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Februar 2020 wird aufgehoben. Die Streitsache wird an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. 
 
4.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
5.   
Der Kanton Zürich hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers im Verfahren 1B_142/2020, Rechtsanwältin Noëmi Erig, für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
6.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich, der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, dem Obergericht des Kantons Zürich sowie dem Kantonsrat Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. August 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax