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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_824/2021  
 
 
Urteil 25. Januar 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Rena Zulauf, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Peyer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Persönlichkeitsschutz (vorsorgliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Zivilabteilung, vom 1. September 2021 (Z2 2020 41). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 20. Dezember 2014 fand in U.________ (ZG) eine Feier zur Ernennung des damaligen Zuger Landammanns statt (im Folgenden: Landammannfeier 2014). Nach dem offiziellen Teil der Feier kam es im Nebenraum eines Wirtshauses zwischen A.________ und C.________, zwei damaligen Mitgliedern des Zuger Kantonsrats, zu einem Sexualkontakt. Später verliessen die beiden gemeinsam die Gaststätte. Tags darauf begab sich A.________ wegen Unterleibsschmerzen in das Kantonsspital Zug. Darüber, was am 20. Dezember 2014 im Nebenraum des Restaurants tatsächlich geschah, besteht auch nach mehreren, inzwischen abgeschlossenen zivil- und strafrechtlichen Verfahren keine Klarheit. In der gegen C.________ wegen Schändung eröffneten Strafuntersuchung sprachen sowohl A.________ als auch C.________ von einem "Filmriss"; beide erklärten sinngemäss, dass sie sich, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft an die Vorkommnisse erinnern könnten. In der Folge wurden sämtliche in diesem Zusammenhang gegen A.________ und/oder C.________ eingeleiteten Strafverfahren entweder nicht an die Hand genommen oder eingestellt. In einem Vergleich verpflichtete sich A.________, künftig auf Äusserungen zu verzichten, die bei Dritten die Vermutung wecken könnten, dass sie je Opfer eines strafbaren Verhaltens von C.________ geworden sein könnte. Im Gegenzug zog C.________ sämtliche von ihm gestellten Strafanträge betreffend mehrfache üble Nachrede und mehrfache Verleumdung zurück und erklärte sein Desinteresse an der Weiterführung der Strafuntersuchung betreffend den von ihm erhobenen Vorwurf der falschen Anschuldigung.  
 
A.b. Am 24. Dezember 2014 berichtete die Zeitung "D.________" unter dem Titel "Sex-Skandal an Zuger Landammann-Feier. SVP-Kantonalpräsident in Haft. Waren K.o.-Tropfen im Spiel?" über den Vorfall. Die Zeitung nannte A.________ und C.________ mit vollem Namen und publizierte Fotos von ihnen. Die Publikation stand am Anfang eines "Medienhypes" um die Vorkommnisse vom 20. Dezember 2014. Im Zusammenhang mit der Berichterstattung vom 24. Dezember 2014 strengte A.________ gegen die E.________ AG als Herausgeberin der Zeitung "D.________" beim Kantonsgericht Zug einen Prozess betreffend Persönlichkeitsschutz an. Das Kantonsgericht hiess die Klage mit Entscheid vom 8. Mai 2019 im Wesentlichen gut. Es stellte fest, dass die E.________ AG mit der Publikation des erwähnten Artikels A.________s Persönlichkeit widerrechtlich verletzte. Der Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 18. August 2020 weitgehend bestätigt.  
 
A.c. B.________ ist als Journalistin für die Zeitung "F.________" tätig, die von der G.________ AG herausgegeben wird. Sie veröffentlichte zu den Ereignissen an der Landammannfeier 2014 und deren Folgen drei Zeitungsartikel bzw. -kolumnen und ein Erklärvideo. Am 22. Januar 2020 wandte sich B.________ per E-Mail an A.________ und teilte ihr mit, dass sie an einer "grösseren Recherche zur Skandalnacht in U.________ und den medialen Folgen" arbeite, verbunden mit dem Angebot, ihre Sicht der Ereignisse und deren Folgen in einem Gespräch darzulegen. Dieses und ein weiteres Schreiben vom 27. Januar 2020 blieben unbeantwortet. Am 26. März 2020 wandte sich A.________ über ihre Anwältin an B.________s Vorgesetzte bei der G.________ AG bzw. deren Muttergesellschaft H.________ AG und forderte diese auf, B.________s Buchvorhaben zu stoppen. Ein Dialog über das Projekt kam in der Folge nicht zustande.  
 
B.  
 
B.a. Am 4. Mai 2020 reichte A.________ beim Kantonsgericht Zug ein Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen ein. Sie stellte (soweit vor Bundesgericht noch relevant) folgende Anträge:  
 
"1. Es sei der Gesuchsgegnerin unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB zu verbieten, ein Buch, einen Artikel oder eine andersartige Veröffentlichung zu publizieren, zu verkaufen oder zu vertreiben (lassen), in dem bzw. in der Handlungen der Gesuchstellerin anlässlich der Zuger Landammann-Feier vom 20. Dezember 2014 
 
a) in Bezug auf C.________, 
b) in Bezug auf andere an der Feier anwesende Männer, 
c) in Bezug auf das Mass des Alkoholkonsums der Gesuchstellerin und 
d) in Bezug auf das Sexualverhalten der Gesuchstellerin 
 
thematisiert werden oder Spekulationen diesbezüglich geäussert werden. 
 
2. Es sei der Gesuchsgegnerin unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB zu verbieten, über die Gesuchstellerin zu verbreiten, diese würde C.________ der Vergewaltigung bezichtigen." 
 
B.b. Der Einzelrichter am Kantonsgericht folgte diesen Begehren und erliess die beantragten Verbote am 4. Mai 2020 zunächst superprovisorisch. Nach durchgeführtem Schriftenwechsel bestätigte er mit Entscheid vom 3. September 2020 die superprovisorische Verfügung und setzte A.________ im Sinne von Art. 263 ZPO eine Frist bis zum 12. Oktober 2020 zur Einreichung der Klage im ordentlichen Verfahren, verbunden mit der Androhung, dass die vorsorglichen Massnahmen im Unterlassungsfall dahinfallen. B.________ erhob Berufung beim Obergericht des Kantons Zug. Dieses hiess das Rechtsmittel gut, hob den Entscheid vom 3. September 2020 auf und wies das Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen ab. Das Urteil datiert vom 1. September 2021 und wurde am Folgetag an die Parteien versandt.  
 
C.  
 
C.a. Mit Beschwerde vom 4. Oktober 2021 wendet sich A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und den erstinstanzlichen Entscheid zu bestätigen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ihrem Begehren, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entsprach das Bundesgericht in dem Sinne, dass die erstinstanzlich angeordneten Massnahmen einstweilen bestehen bleiben (Präsidialverfügung vom 21. Oktober 2021). In prozessualer Hinsicht verlangt die Beschwerdeführerin zudem, die Beschwerdebeilagen 59a-c und 60a-b aufgrund überwiegender schützenswerter Interessen Dritter gegenüber B.________ (Beschwerdegegnerin) nicht offenzulegen.  
 
C.b. Am 12. November und 21. Dezember 2021 sandte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht zwei weitere Eingaben samt Beilagen.  
 
C.c. Das Bundesgericht hat sich die kantonalen Akten überweisen lassen, in der Sache jedoch keinen Schriftenwechsel angeordnet.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 II 168 E. 1; 144 II 184 E. 1). 
 
2.  
Das vorinstanzliche Urteil betrifft den vorläufigen Rechtsschutz im Persönlichkeitsrecht (Art. 28 und Art. 28a Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 261 ff. ZPO). Das ist eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) nicht vermögensrechtlicher Natur (vgl. BGE 127 III 481 E. 1a). Die Vorinstanz ist ein oberes Gericht, das als letzte kantonale Instanz auf Rechtsmittel hin entschieden hat (Art. 75 BGG). Der angefochtene Entscheid heisst die Berufung der Beschwerdegegnerin gut, lautet insofern also zum Nachteil der Beschwerdeführerin (Art. 76 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). 
 
3.  
Der angefochtene Entscheid beschlägt ein vorprozessual gestelltes Gesuch um vorsorgliche Massnahmen zum Schutz der Persönlichkeit. 
 
3.1. Entscheide über vorsorgliche Massnahmen gelten nur dann als Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbständig eröffnete Massnahmeentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens bzw. nur unter der Bedingung Bestand haben, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar (BGE 144 III 475 E. 1.1.1; 138 III 76 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; zum vorsorglichen Persönlichkeitsschutz Urteil 5A_373/2012 vom 11. Juli 2012 E. 2.1). Dies gilt auch dann, wenn das Massnahmegesuch - wie hier von der Berufungsinstanz - abgewiesen wird (Urteil 5A_84/2018 vom 8. November 2018 E. 1.2 mit Hinweisen). Der angefochtene Massnahmeentscheid ist somit ein Zwischenentscheid. Er unterliegt dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel (vgl. BGE 137 III 261 E. 1.4) und damit der Beschwerde gemäss Art. 72 ff. (s. oben E. 2).  
 
3.2. Abgesehen vom hier nicht einschlägigen Art. 92 BGG betreffend Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand kann ein selbständig eröffneter Vor- und Zwischenentscheid nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 Bst. a und b BGG angefochten werden. Vorliegend fällt nur die Variante gemäss Buchstabe a in Betracht (vgl. BGE 134 I 83 E. 3.1). Demnach ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (s. dazu BGE 141 III 395 E. 2.5; 138 III 333 E. 1.3.1; 137 III 380 E. 1.2.1, 522 E. 1.3). Nach der Rechtsprechung obliegt es der Beschwerde führenden Partei darzutun, dass eine der beiden Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt ist (BGE 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2), es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 141 III 80 E. 1.2; 138 III 46 E. 1.2). Äussert sich die Beschwerde führende Partei aber überhaupt nicht dazu, weshalb ein selbständig anfechtbarer Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG vorliegt, übersieht sie mithin diese Eintretensfrage schlechthin, so kann das Bundesgericht mangels hinreichender Begründung nicht auf die Beschwerde eintreten (Urteile 5A_715/2020 vom 28. September 2020 E 3.2; 5A_70/2020 vom 18. Juni 2020 E. 3.2; 4A_203/2019 vom 11. Mai 2020 E. 1.3.1, nicht publ. in: BGE 146 III 254; 5D_111/2015 vom 6. Oktober 2015 E. 2.2; 5A_620/2011 vom 16. November 2011 E. 3.2; 4A_250/2007 vom 12. September 2007 E. 2.1; vgl. zur Rechtsprechung unter der Herrschaft des OG BGE 118 II 91 E. 1a).  
 
3.3. Die Beschwerdeführerin äussert sich in ihrem Schriftsatz zu verschiedenen Voraussetzungen, von denen die Zulässigkeit ihrer Beschwerde an das Bundesgericht abhängt (vgl. oben E. 2). Sie verliert jedoch kein Wort darüber, inwiefern der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könne. Bloss zu behaupten, das Bundesgericht sei zur Beurteilung dieser Beschwerde zuständig, und hierzu pauschal auf Art. 72 ff. und Art. 90 ff. BGG zu verweisen, genügt nicht. Dementsprechend kann das Bundesgericht nicht auf die Beschwerde eintreten.  
 
4.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird das Begehren der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin die Beschwerdebeilagen 59a-c und 60a-b nicht offenzulegen (s. Sachverhalt Bst. C.a), gegenstandslos. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin, die sich lediglich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu vernehmen hatte, mit ihren dort gestellten Anträgen aber nicht durchdrang, ist keine Parteientschädigung geschuldet. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Zivilabteilung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Januar 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Monn