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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_75/2019  
 
 
Urteil vom 26. Februar 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Stadelmann, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Kanton Aargau, 
handelnd durch den Regierungsrat des Kantons Aargau, Regierungsgebäude, 5000 Aarau, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Tomas Poledna, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1.       A.________, 
2.       B.________, 
beide vertreten durch Daniel Staffelbach 
und/oder Regula Fellner, Rechtsanwälte, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 5. Dezember 2018 (WNO.2018.1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der Regierungsrat des Kantons Aargau ergänzte mit Beschluss vom 6. Dezember 2017 die kantonale Spitalverordnung vom 2. November 2011 (SpiV; SAR 331.212) um die §§ 7a, 14c und um den Anhang 1. Die Änderungen wurden im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 22. Dezember 2017 publiziert und traten per 1. Januar 2018 in Kraft. Die ergänzten Bestimmungen der Verordnung haben folgenden Wortlaut: 
§7a * Förderung von ambulanten Eingriffen in der Akutsomatik 
 
1 Sofern die ambulante Durchführung von Untersuchungen und Behandlungen in der Regel zweckmässiger und wirtschaftlicher ist als die stationäre Durchführung (siehe Eingriffsliste in Anhang 1), beteiligt sich der Kanton nicht an den entsprechenden Kosten. Das Departement teilt den Spitälern jeweils Ende des Vorjahres die im Anwendungsjahr betroffenen CHOP-Codes mit Bezeichnung und alphanumerischem Kürzel mit. 
 
2 Der Kanton beteiligt sich nur dann an den Kosten von Eingriffen gemäss Anhang 1, wenn besondere Umstände eine stationäre Durchführung erfordern. Besondere Umstände liegen vor, wenn die Patientin oder der Patient 
 
a)       besonders schwer erkrankt ist, 
b)       an schweren Begleiterkrankungen beziehungsweise einer                     ausgeprägten Multimorbidität leidet, 
c)       einer besonderen Behandlung oder Betreuung bedarf oder 
d)       wenn besondere soziale Umstände vorliegen. 
 
3 Der Prozentsatz an zulässigen stationären Eingriffen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Eingriffe richtet sich nach Anhang 1. 
 
4 Überschreitet ein Spital den Prozentsatz, sind dem Kanton die entsprechenden Behandlungskosten in der Regel zurückzuerstatten. Das Departement macht die Rückforderung geltend. Es werden keine Verzugszinsen verlangt. 
 
5 Die Einhaltung des Prozentsatzes wird vom Departement im Nachhinein überprüft. Die Spitäler sind verpflichtet, dem Departement auf Aufforderung hin entsprechende Unterlagen zur Verfügung zu stellen und umfassende Einsicht in die Patientenunterlagen zu gewähren. 
 
§ 14c * Übergangsrecht zur Änderung vom 6. Dezember 2017 
 
1 Für die Jahre 2018 und 2019 kann das Departement mit den Regionalspitälern nach Massgabe der spitalspezifischen Rahmenbedingungen und abweichend von Anhang 1 einen höheren Prozentsatz an stationären Eingriffen vereinbaren. 
 
Anhang 1 (Stand 1. Januar 2018) 
 
Förderung von ambulanten Eingriffen in der Akutsomatik 
(§ 7a Spitalverordnung) 
 
Bei den unten aufgeführten Eingriffen (Untersuchungen und Behandlungen) ist die ambulante Durchführung in der Regel zweckmässiger und wirtschaftlicher als die stationäre Durchführung. Der stationäre Prozentsatz (Anteil der stationären Eingriffe) darf nicht überschritten werden. 
 
Untersuchungen und Behandlungen  
Stationärer Prozentsatz  
Operation grauer Star  
2 %  
Teilgebiete der Handchirurgie (Dekompression bei Karpaltunnelsyndrom und weitere kleine Eingriffe an der Hand)  
4 %  
Rekonstruktion und Resektion bei Deformitäten der Kleinzehen (ohne Hallux)  
7 %  
Periphere Osteosynthesematerial-Entfernung  
6 %  
Kniearthroskopien inkl. Eingriffe am Meniskus  
10 %  
Diagnostische Herzuntersuchungen [Herzkatheteruntersuchung/PTCA (perkutane transluminale coronare Angioplastie; Erweiterung der Herzkranzgefässe)]  
10 %  
Herzschrittmacherimplantation  
40 %  
Perkutan transluminale Angioplastik inkl. Ballondilatation (Gefässuntersuchungen)  
15 %  
Einseitige Krampfaderoperation der unteren Extremität  
40 %  
Hämorrhoideneingriffe  
25 %  
Zirkumzision  
2 %  
Untersuchungen / Eingriffe am Gebärmutterhals oder der Gebärmutter  
10 %  
Nierensteinzertrümmerung/extrakorporale Stosswellenlithotripsie (ESWL) [nichtinvasive mechanische Zertrümmerung von Präzipitaten (vor allem Nierensteinen und Harnleitersteinen, aber auch z.B. Gallensteinen)]  
5 %  
 
 
 
B.   
Mit Normenkontrollbegehren vom 1. Februar 2018 liessen B.________ und A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau beantragen, es seien die §§ 7a und 14c sowie der Anhang 1 SpiV aufzuheben. Mit Entscheid vom 5. Dezember 2018 hiess das Verwaltungsgericht das Normenkontrollbegehren gut und hob die §§ 7a und 14c sowie den Anhang 1 SpiV auf (Dispositiv-Ziffer 1). Es wies den Regierungsrat an, innert 30 Tagen seit der Zustellung des Entscheids Ziffer 1 des Urteilsdispositivs im Amtsblatt des Kantons Aargau sowie in der Aargauischen Gesetzessammlung (AGS) zu veröffentlichen und dem Verwaltungsgericht die Publikation zukommen zu lassen (Dispositiv-Ziffer 2). 
 
C.   
Der Kanton Aargau führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des kantonalen Urteils vom 5. Dezember 2018. Eventualiter sei das Urteil aufzuheben und der folgende Satz von Anhang 1 der Spitalverordnung aufzuheben: "Der stationäre Prozentsatz (Anteil der stationären Eingriffe) darf nicht überschritten werden." Weiter sei der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt im Sinne der Ausführungen unter Ziff. 9-13 der Beschwerde nach Art. 95 und Art. 105 Abs. 2 BGG zu ergänzen. 
 
D.   
Die Beschwerdegegner und die Vorinstanz beantragen Abweisung der Beschwerde. Beschwerdeführer und Beschwerdegegner reichten je weitere Eingaben ein. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 135 II 94 E. 1 S. 96; 134 V 138 E. 1 S. 140). Der Beschwerdeführer hat seine Eingabe hinreichend zu begründen und in diesem Rahmen nötigenfalls auch darzulegen, dass und inwiefern er die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 134 II 120 E. 1 S. 121; Urteil 8C_78/2017 vom 16. Mai 2017 E. 2 mit Hinweis).  
 
1.2.  
 
1.2.1. Verwaltungsverbände (Bund, Kantone, Gemeinden, etc.) sind vorab dann zur Beschwerde an das Bundesgericht ermächtigt, wenn sie sich auf eine der in Art. 89 Abs. 2 lit. a-d BGG umschriebenen besonderen Legitimationsklauseln berufen können (Urteil 8C_1025/2009 vom 19. August 2010 E. 3.1 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall lässt sich die Beschwerdebefugnis des Kantons Aargau auf keine besondere Ermächtigungsnorm nach Art. 89 Abs. 2 BGG stützen. Der Kanton leitet denn seine Legitimation auch selber einzig aus dem allgemeinen Beschwerderecht gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ab. Diesbezüglich ist vorab in Erinnerung zu rufen, dass diese Norm grundsätzlich auf Privatpersonen zugeschnitten ist. Gemeinwesen und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften können das allgemeine Beschwerderecht nur beanspruchen, wenn sie entweder durch den angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie Private betroffen sind oder aber in qualifizierter Weise in schutzwürdigen hoheitlichen Interessen berührt sind. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft ihnen dagegen keine Beschwerdebefugnis im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG. Insbesondere ist es der im Rechtsmittelverfahren unterlegenen Erstinstanz benommen, einzig gestützt auf die allgemeine Legitimationsnorm gegen den sie desavouierenden Entscheid der Zweitinstanz an das Bundesgericht zu gelangen. Öffentlich-rechtliche Körperschaften sind daher nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen. Besondere Zurückhaltung ist geboten, wenn sich Organe desselben Gemeinwesens gegenüberstehen, namentlich die kantonalen Exekutivbehörden und das kantonale Verwaltungsgericht, da Streitigkeiten zwischen der obersten Exekutivbehörde und der obersten Justizbehörde eines Kantons nicht vom Bundesgericht entschieden werden sollen, erst recht dann nicht, wenn es um die Auslegung und Anwendung von kantonalem Recht geht. Das Gesagte auf einen kleinen Nenner gebracht, heisst: Welche Interessen der beschwerdeführende Kanton auch geltend macht, sie müssen für ihn von essentieller Bedeutung sein (Urteil 2C_1023/2017 vom 21. Dezember 2018 E. 3.3.1 mit Hinweisen auf die konstante Rechtsprechung).  
 
1.2.2. Der Beschwerdeführer beantragt im Hauptbegehren die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Die streitbetroffenen Regelungen der SpiV erachtet er - selbstredend - als bundesrechtskonform. Das zitierte Urteil 2C_1023/2017 erging im Rahmen einer identischen Konstellation: Ein kantonaler Erlass wurde anlässlich einer abstrakten Normenkontrolle von der kantonalen Rechtsmittelinstanz aufgehoben, worauf der Kanton mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangte; dabei verlangte er ebenfalls bloss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids (resp. die Bestätigung des kantonalen Erlasses). Das Bundesgericht liess die Frage nach dem Anfechtungsobjekt offen (a.a.O., E. 2.6). Diejenige nach der Beschwerdelegitimation verneinte es jedoch mangels eines hinreichend bedeutsamen Interesses klar (a.a.O., E. 3.3).  
 
1.2.3. Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation mit "bedeutsamen gesundheitspolizeilichen und -politischen Interessen". Eine Substanziierung - welche Pflicht ihm obliegt (vgl. E. 1.1 hievor) - fehlt in jeder Hinsicht. Der blosse Verweis auf BGE 135 II 12 genügt nicht. Dies gilt umso mehr, als sich die dortige Sachlage von der vorliegenden erheblich unterscheidet (vgl. E. 1.2.2 hievor).  
 
1.3. Zusammenfassend ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
2.   
Dem Kanton Aargau sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Indessen hat der Kanton den Beschwerdegegnern eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Februar 2020 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner