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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_641/2022  
 
 
Urteil vom 14. Dezember 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiberin Conrad. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Orly Ben-Attia, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. Obergericht des Kantons Schaffhausen, Frauengasse 17, 8200 Schaffhausen, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Zuteilung der Obhut, Zustimmung zum Wechsel des Aufenthaltsorts, etc., 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 21. Juni 2022 (30/2021/26). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ und B.________ sind die nicht verheirateten Eltern von C.________ (geb. 2020). Sie üben die elterliche Sorge gemeinsam aus. Im Mai 2021 trennten sich die Eltern, woraufhin die Mutter mit dem Kind nach U.________ (Deutschland) zu ihrer Herkunftsfamilie zog. Auf Anordnung des Amtsgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2021 führte sie das Kind in die Schweiz zurück.  
 
A.b. Am 27. August 2021 stellte A.________ bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde des Kantons Schaffhausen (KESB) ein Gesuch betreffend superprovisorische Massnahmen. Sie beantragte, es sei ihr zu bewilligen, ihren Wohnsitz und denjenigen von C.________ nach U.________ zu verlegen. Des weiteren seien die Kinderbelange zu regeln, namentlich sei ihr das alleinige Sorgerecht zu erteilen, das Besuchsrecht des Vaters sei auf unbestimmte Zeit zu sistieren, eventualiter sei ein begleitetes Besuchsrecht anzuordnen, und der Vater sei zu verpflichten, ihr an den Kindesunterhalt einen angemessenen Betrag zu bezahlen.  
 
A.c.  
 
A.c.a. Mit Beschluss vom 23. September 2021 errichtete die KESB für C.________ eine Beistandschaft, ordnete eine Sozialabklärung an, teilte A.________ für die Dauer des kindesschutzrechtlichen Abklärungsverfahrens einstweilen die Obhut über C.________ zu und regelte das Besuchsrecht von B.________ vorsorglich. Im Übrigen entzog sie einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.  
 
A.c.b. Gegen diesen Beschluss erhoben sowohl B.________ (am 10. Oktober 2021) als auch A.________ (am 14. Oktober 2021) Beschwerde an das Obergericht des Kantons Schaffhausen, das die Verfahren mit Verfügung vom 23. November 2021 vereinigte und die Beschwerden mit Entscheid vom 21. Juni 2022 (OGE 30/2021/16, 30/2021/18 und 30/2021/20) als gegenstandslos abschrieb, soweit es darauf eintrat (Dispositivziffer 1), das Gesuch von A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abwies (Dispositivziffer 2), A.________ zwei Drittel der Verfahrenskosten auferlegte (Dispositivziffer 3) und keine Parteientschädigungen zusprach (Dispositivziffer 4).  
 
A.d.  
 
A.d.a. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2021 verweigerte die KESB A.________ und C.________ bis zum Vorliegen des Berichts der Sozialabklärung einstweilen die Zustimmung für den Wegzug nach Deutschland. Sie merkte zudem vor, die Mutter habe sich während der Dauer des vorsorglichen Massnahmeverfahrens in der Schweiz aufzuhalten und für die Realisierung des Besuchsrechts des Vaters verfügbar zu sein. Im Übrigen erweiterte sie den Auftrag der Sozialabklärung und wies die Eltern darauf hin, aktiv an dieser mitzuwirken. Ferner genehmigte sie das Gesuch der Mutter um unentgeltliche Rechtspflege und ordnete ihr rückwirkend per 27. August 2021 ihre Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin bei. Schliesslich entzog sie einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.  
 
A.d.b. Diesen Entscheid focht A.________ am 27. Dezember 2021 beim Obergericht an, welches mit Entscheid vom 21. Juni 2022 (OGE 30/2021/26) die Beschwerde als gegenstandslos abschrieb, soweit es darauf eintrat (Dispositivziffer 1), das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Rechtsmittelverfahren abwies (Dispositivziffer 2), A.________ die Kosten auferlegte (Dispositivziffer 3) und keine Parteientschädigungen zusprach (Dispositivziffer 4).  
 
A.e.  
 
A.e.a. Mit Beschluss vom 1. März 2022 teilte die KESB A.________ die alleinige Obhut für C.________ zu und erteilte die Zustimmung für den Wechsel des Aufenthaltsorts des Kindes. Weiter regelte sie das Besuchsrecht des Vaters und beantragte dem Jugendamt U.________ dessen Umsetzung und Organisation. Sodann hob sie die für das Kind errichtete Beistandschaft auf und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.  
 
A.e.b. Dagegen erhoben sowohl B.________ als auch A.________ Beschwerde an das Obergericht, das mit Entscheid vom 21. Juni 2022 (OGE 30/2022/17 und 30/2022/19) die Verfahren vereinigte (Dispositivziffer 1), auf die Beschwerden nicht eintrat (Dispositivziffer 2), das Gesuch von A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abwies (Dispositivziffer 3), den Parteien die Gerichtskosten je zur Hälfte auferlegte (Dispositivziffer 4) und den Parteien keine Parteientschädigung zusprach.  
 
B.  
Mit einer einzigen Eingabe vom 22. August 2022 (Postaufgabe: 23. August 2022) erhebt A.________ (Beschwerdeführerin) gegen alle drei am 21. Juni 2022 separat ergangenen Entscheide des Obergerichts Beschwerde beim Bundesgericht. Da sich die Anfechtungsobjekte unterscheiden, hat das Bundesgericht drei Verfahren eröffnet (5A_639/2022, 5A_640/2022 und 5A_641/2022). 
Vorliegend geht es um den Entscheid, mit welchem das Obergericht über die Beschwerde gegen den Entscheid der KESB vom 7. Dezember 2021 befunden hat (vgl. Bst. A.d. hiervor). Die Beschwerdeführerin beantragt, es sei Dispositivziffer 2 des angefochtenen Entscheids aufzuheben und es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege in auszuweisender Höhe unter Beiordnung ihrer Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu gewähren. Zudem beantragt die Beschwerdeführerin, die Dispositivziffern 3 und 4 des angefochtenen Entscheids seien aufzuheben und es sei ihr für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung in angemessener Höhe zuzusprechen und die Kostenfolgen seien ausgangsgemäss und angemessen zu verteilen. Im Übrigen ersucht die Beschwerdeführerin für das Verfahren vor Bundesgericht um unentgeltliche Rechtspflege und um Beiordnung ihrer Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdefrist beträgt 30 Tage ab der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids beim Bundesgericht (Art. 100 Abs. 1 BGG). Gesetzlich oder richterlich nach Tagen bestimmte Fristen stehen vom 15. Juli bis und mit 15. August still (Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG). Der Fristenstillstand gilt allerdings nicht in Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen (Art. 46 Abs. 2 lit. a BGG). Der Begriff der vorsorglichen Massnahme gemäss Art. 46 Abs. 2 BGG stimmt mit demjenigen in Art. 98 BGG überein (BGE 134 III 667 E. 1.3; Urteile 5A_169/2007 vom 21. Juni 2007 E. 3, in: Fampra.ch 2007 S. 953, und 5A_218/2007 vom 7. August 2007 E. 3.2, in: Pra 96/2007 Nr. 138 S. 946).  
 
1.2. Der angefochtene Entscheid betrifft in der Hauptsache vorsorgliche Massnahmen im Bereich des Kindesschutzes (vorsorgliche Bestimmung des Aufenthaltsortes des Kindes gemäss Art. 301a Abs. 2 i.V.m. Art. 445 Abs. 1 ZGB, Sozialabklärung gemäss Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 446 ZGB). Für eine dagegen erhobene Beschwerde nach Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG gilt der Fristenstillstand demzufolge nicht (Art. 46 Abs. 2 lit. a BGG). Da die hier angefochtenen Nebenpunkte - der Anspruch auf unentgeltlichen Rechtspflege und die Kosten- sowie Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens - dem Schicksal der Hauptsache folgen (vgl. BGE 134 I 159 E. 1.1; 134 V 138 E. 3; Urteil 5A_997/2018 vom 11. Januar 2019 E. 1), gilt auch hierfür der Fristenstillstand nicht (Urteil 5D_41/2007 vom 27. November 2007 E. 3.3). Daran vermag nichts zu ändern, dass die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid keinen Hinweis auf den Fristenstillstand enthält. Anders als im Anwendungsbereich der ZPO (Art. 145 Abs. 3 ZPO; vgl. BGE 139 III 78 E. 5.4) sind die Gerichte im Anwendungsbereich des BGG nicht verpflichtet, auf die Ausnahmen zum Fristenstillstand im Verfahren vor Bundesgericht hinzuweisen (BGE 135 III 374 E. 1.2.2.1).  
 
1.3. Der angefochtene Entscheid wurde der Beschwerdeführerin ihren eigenen Angaben zufolge am 1. Juli 2022 zugestellt. Damit lief die 30-tägige Beschwerdefrist am 2. August ab (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG) und erweist sich die am 23. August 2022 der Schweizerischen Post übergebene Beschwerde als verspätet, sodass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.  
 
2.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG) nicht aber entschädigungspflichtig, da keine Vernehmlassungen eingeholt wurden und dem obsiegenden Beschwerdegegner keine zu entschädigenden Kosten entstanden sind (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht ist abzuweisen, da die Beschwerde nach dem Ausgeführten von Anfang an als aussichtslos eingestuft werden muss (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Es werden keine Parteikosten gesprochen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Schaffhausen und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Dezember 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Conrad