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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_3/2023  
 
 
Urteil vom 16. Januar 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Merz, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Schläpfer, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, 
Fachbereich Auslieferung, 
Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Deutschland; Auslieferungsentscheid, unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 14. Dezember 2022 (RR.2022.205). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Amtsgericht Waldshut-Tiengen (D) verurteilte den deutsch-brasilianischen Staatsangehörigen A.________ mit Urteil vom 15. Juni 2020 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten wegen Computerbetrugs in elf Fällen sowie Erschleichung von Leistungen in fünf Fällen, bei einem gesamthaften Deliktsbetrag von EUR 2'150.40. Mit Beschluss vom 23. November 2021 widerrief das Amtsgericht Waldshut-Tiengen die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung und ordnete die Vollstreckung der Freiheitsstrafe an, weil A.________ in der laufenden Bewährungszeit mehrere neue vorsätzliche Straftaten begangen haben soll. 
Am 13. Mai 2022 ersuchte Deutschland die Schweiz um Inhaftnahme und Auslieferung von A.________. Das Bundesamt für Justiz bewilligte die Auslieferung am 22. September 2022. Auf eine Inhaftierung wurde vorläufig verzichtet. 
Die gegen den Entscheid vom 22. September 2022 erhobene Beschwerde von A.________ wies das Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, mit Entscheid vom 14. Dezember 2022 ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 2. Januar 2023 beantragt A.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben und dem Bundesamt für Justiz sei seine Auslieferung zu untersagen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung und Einräumung einer angemessenen Frist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung, womit die Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist.  
Weiter ist gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG). Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen, sondern auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1.1 mit Hinweisen). Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Auch bei Auslieferungsentscheiden kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4). 
 
1.2. Laut Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Satz 1). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 BGG vorliegt, ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Satz 2).  
 
1.3. Gemäss Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer begründet das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falls mit einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Da ihm das Bundesamt für Justiz nicht bestätigt habe, dass keine weiteren Unterlagen vorhanden seien, könne er nicht davon ausgehen, in sämtliche Akten des Auslieferungsverfahrens Einsicht erhalten zu haben. Damit alleine vermag er keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör darzutun. Die Vorinstanz hielt in diesem Zusammenhang fest, gemäss Einvernahmeprotokoll sei dem Beschwerdeführer eine Kopie des Auslieferungsersuchens inklusive Beilagen ausgehändigt worden. In seiner Stellungnahme habe er zudem verschiedene Beilagen des Auslieferungsersuchens zitiert. Damit sei nachgewiesen, dass ihm nebst dem Auslieferungsersuchen auch sämtliche dazugehörigen Beilagen übergeben worden seien. Eine Gehörsverletzung ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Inwiefern sich vorliegend die nach Auffassung des Beschwerdeführers höchstrichterlich zu klärende Frage stellen soll, wann das Bundesamt für Justiz selber Akteneinsicht zu gewähren habe, ist nicht nachvollziehbar.  
 
2.2. Dass aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall gegeben sein soll, wird vom Beschwerdeführer weder geltend gemacht noch ist dies ersichtlich. Insbesondere in Bezug auf die beidseitige Strafbarkeit kann auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden, wonach es noch kein Auslieferungshindernis darstellen würde, dass ein Staat eine Tat strafrechtlich anders gewürdigt habe oder andere Strafrahmen als die Schweiz kenne. Im Übrigen sind Eingriffe in das Familienleben, die auf rechtmässige Strafverfolgungsmassnahmen zurückzuführen sind, nach der Praxis des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte grundsätzlich zulässig (vgl. Urteil 1C_420/2022 vom 29. Juli 2022 E. 2.3 mit Hinweisen). Ein Ausnahmefall (vgl. Urteil 1A.263/1996 vom 1. November 1996 E. 3e, nicht publ. in: BGE 122 II 485; s. auch TPF 2020 81 E. 2.4-2.7; zum Ganzen: Urteil 1C_420/2022 vom 29. Juli 2022 E. 2.3; je mit Hinweisen) ist hier nicht ersichtlich.  
 
2.3. Ein besonders bedeutender Fall im oben dargelegten Sinn (E. 1.1) liegt somit nicht vor. Es kann auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten. Das Gesuch um Einräumung einer angemessenen Frist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung (vgl. Art. 43 lit. a BGG) und das Gesuch um aufschiebende Wirkung werden damit gegenstandslos. Der Beschwerde kommt im vorliegenden Fall ohnehin schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG). 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Seiner finanziellen Lage ist durch reduzierte Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; vgl. Urteil 1B_531/2021 vom 20. Oktober 2021 E. 8 mit Hinweis). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Januar 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck