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[AZA 0/2] 
2A.275/2001/bie 
 
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG *********************************** 
 
 
10. August 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Hartmann, präsidierendes 
Mitglied der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichterin 
Yersin, Ersatzrichter Zünd und Gerichtsschreiberin Diarra. 
 
_________ 
 
In Sachen 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
L.________, Beschwerdegegner, Amt für Militär des Kantons Nidwalden, Wehrpflichtersatzverwaltung, Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, 
betreffend 
 
Militärpflichtersatz für das Ersatzjahr 1998, 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- Mit Veranlagungsverfügung der Wehrpflichtersatzverwaltung des Kantons Nidwalden vom 14. Mai 1999 wurde L.________ für das Ersatzjahr 1998 mit einem Rechnungsbetrag von Fr. 1'027. 20 definitiv veranlagt. Dabei wurden zwei Tage Zivilschutzdienst, welche L.________ im Ersatzjahr geleistet hatte, angerechnet. Gegen diese Veranlagungsverfügung für das Ersatzjahr 1998 erhob L.________ am 25. Mai 1999 Einsprache und beantragte die Überprüfung der Veranlagungsverfügungen 1997 und 1998 bezüglich der geleisteten Zivilschutzdiensttage. Mit Einspracheentscheid der Wehrpflichtersatzverwaltung Nidwalden vom 8. Juni 1999 wurde die Einsprache für das Ersatzjahr 1998 abgewiesen, während darauf nicht eingetreten wurde, soweit sie sich gegen die in Rechtskraft erwachsene Verfügung vom 4. Mai 1998 für das Ersatzjahr 1997 richtete. 
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden hiess hingegen die von L.________ erhobene Beschwerde gut, hob den Einspracheentscheid vom 8. Juni 1999 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Wehrpflichtersatzverwaltung Nidwalden zurück. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Beschwerdegegner habe 1997 mehrere Zivilschutzdiensttage geleistet, die ihm damals nicht angerechnet worden seien. Zwar sei richtig, dass die Diensttage im jeweiligen Ersatzjahr anzurechnen seien. Doch sei die Annahme des Ersatzpflichtigen, die nicht angerechneten Diensttage würden noch im Folgejahr berücksichtigt, nicht abwegig, zumal sich auch die Steuerperioden der Einkommenssteuer über zwei Jahre erstreckten und bei einer früheren Veranlagung vom 15. April 1997 für das Ersatzjahr 1996 ein Saldovortrag aus dem (Vor-) Jahr 1995 in Abzug gebracht worden sei. Es bestehe kein Grund, im vorliegenden Fall nicht auch die im Vorjahr geleisteten Diensttage als Saldovortrag 1997 vom Rechnungsbetrag für das Ersatzjahr 1998 in Abzug zu bringen. 
 
Am 6. Juni 2001 hat die Eidgenössische Steuerverwaltung fristgerecht Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben mit dem Antrag, den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2000 aufzuheben und den Einspracheentscheid der kantonalen Ersatzbehörde vom 8. Juni 1999 zu bestätigen. 
 
 
Die Wehrpflichtersatzverwaltung des Kantons Nidwalden beantragt im bundesgerichtlichen Verfahren die Gutheissung der Beschwerde. Das kantonale Verwaltungsgericht verweist auf das angefochtene Urteil, während sich der Pflichtige nicht hat vernehmen lassen. 
 
2.- a) Bei der Berechnung des Wehrpflichtersatzes nach dem Bundesgesetz vom 12. Juni 1959 über den Wehrpflichtersatz (WPEG; SR 661) ermässigt sich die nach den Vorschriften dieses Gesetzes berechnete Ersatzabgabe um einen Zehntel für jeden Tag Schutzdienst im Ersatzjahr (Art. 24 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1994 über den Zivilschutz [Zivilschutzgesetz, ZSG; SR 520. 1] in Verbindung mit Art. 32 der Verordnung vom 19. Oktober 1994 über den Zivilschutz [ZSV; SR 520. 11]). Nach Art. 25 Abs. 1 WPEG wird die Ersatzabgabe jährlich veranlagt, wobei Veranlagungsjahr in der Regel das auf das Ersatzjahr folgende Kalenderjahr ist (Abs. 2). Die Veranlagungsverfügung ist dem Ersatzpflichtigen schriftlich zu eröffnen. Sie hat den Rechtsgrund der Ersatzpflicht, die Bemessungsgrundlagen, den Abgabebetrag und den Zahlungstermin anzugeben und auf das Einspracherecht hinzuweisen (Art. 28 Abs. 1 WPEG). Veranlagungsverfügungen können innert 30 Tagen nach der Eröffnung durch schriftliche Einsprache bei der Veranlagungsbehörde angefochten werden (Art. 30 Abs. 1 WPEG). 
 
b) Die Schutzdiensttage sind im jeweiligen Ersatzjahr zu berücksichtigen. Für das Ersatzjahr 1998 ist dies mit der Verfügung vom 14. Mai 1999 geschehen, hingegen wurden die vom Beschwerdegegner 1997 geleisteten Schutzdiensttage in der Verfügung vom 4. Mai 1998 für das Ersatzjahr 1997 nicht berücksichtigt. Diese Verfügung blieb seitens des Beschwerdegegners aber unangefochten und ist in Rechtskraft erwachsen. Eine rechtskräftig gewordene Verfügung kann nur ausnahmsweise in Frage gestellt werden, wenn ein Revisionsgrund besteht. Dies ist gemäss Art. 40 der Verordnung vom 30. August 1995 über den Wehrpflichtersatz (WPEV; SR 661. 1) der Fall, wenn neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden (Abs. 1 lit. a), die Behörde aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen hat (lit. b) oder wesentliche Verfahrensgrundsätze, insbesondere das Recht auf Akteneinsicht oder auf rechtliches Gehör, verletzt hat (lit. c). Die Revision ist aber ausgeschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können (Abs. 2). Die geleisteten Schutzdiensttage waren nicht im Sinne von Art. 40 Abs. 1 lit. b WPEV aktenkundig, denn sie sind der Wehrpflichtersatzverwaltung unstreitig nicht gemeldet worden, so dass dieser Revisionsgrund nicht greift. Zudem hätte der Beschwerdegegner Einsprache erheben können. Er hätte bei genügend sorgfältiger Prüfung der Veranlagungsverfügung erkennen können, dass die geleisteten Schutzdiensttage nicht berücksichtigt worden sind, zumal die Erläuterungen, die der Veranlagungsverfügung beiliegen, den Hinweis enthalten, dass sich die Ersatzabgabe für jeden im Ersatzjahr geleisteten Schutzdiensttag um einen Zehntel ermässigt. 
Eine Revision der Veranlagungsverfügung für das Ersatzjahr 1997 fällt damit ausser Betracht. 
 
c) Die Vorinstanz will dem Beschwerdegegner aber ermöglichen, die 1997 geleisteten Schutzdiensttage für das Ersatzjahr 1998 anrechnen zu lassen, was der Rechtslage widerspricht. Eine vom Gesetz abweichende Entscheidung ist allenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. 
Art. 9 BV) zulässig, wenn sonst das berechtigte Vertrauen des Bürgers in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörde enttäuscht würde (BGE 126 II 377 E. 3a S. 387; 122 II 113 E. 3b/cc S. 123; 117 Ia 285 E. 2b S. 287). Die Voraussetzungen hierfür sind aber vorliegend klarerweise nicht gegeben. Wenn das Nidwaldner Steuerrecht eine zweijährige Steuerperiode vorsieht, so lässt sich daraus nichts für das Wehrpflichtersatzrecht schliessen. Auch aus dem Umstand, dass vom Rechnungsbetrag für das Ersatzjahr 1996 ein Saldovortrag aus dem (Vor-)Jahr 1995 in Abzug gebracht wurde, lässt sich nichts ableiten. Es ging dabei lediglich darum, dass die Ersatzbehörde den Beschwerdegegner für das Ersatzjahr 1995 zunächst provisorisch (Art. 28 Abs. 2 WPEG) mit einem Betrag von Fr. 1'400.-- veranlagt hatte, weil die definitiven Steuerfaktoren noch nicht bekannt waren. Der Betrag wurde vom Beschwerdegegner am 12. September 1996 überwiesen. Am 15. April 1997 erfolgte die definitive Veranlagung über Fr. 1'254.--. Den Differenzbetrag von Fr. 146.-- verrechnete die Ersatzbehörde mit dem Rechnungsbetrag der am gleichen Tag eröffneten (definitiven) Veranlagungsverfügung für das Ersatzjahr 1996, womit administrative Umtriebe vermieden werden konnten. Aus diesem Vorgang lässt sich indessen nicht schliessen, dass Schutzdiensttage von einem Jahr auf das andere übertragen werden könnten. Von einem entsprechende Erwartungen begründenden Verhalten der Behörde kann jedenfalls nicht gesprochen werden. 
3.- Es bleibt demnach dabei, dass die Wehrpflichtersatzverwaltung die Veranlagung für das Ersatzjahr 1998 korrekt vorgenommen hat, eine Revision derjenigen für das Ersatzjahr 1997 nicht in Betracht fällt, sodann ein Übertrag der Schutzdiensttage von einem Ersatzjahr auf das andere gesetzlich nicht zulässig ist und schliesslich auch der Vertrauensgrundsatz nicht zu rechtfertigen vermag, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung ist somit begründet, der Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts aufzuheben und der Einspracheentscheid der Wehrpflichtersatzverwaltung vom 8. Juni 1999 zu bestätigen. 
 
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der unterliegende Beschwerdegegner die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dass er im bundesgerichtlichen Verfahren keine Vernehmlassung eingereicht hat, ändert daran nichts. Für die Regelung der Kostenfolgen des kantonalen Verfahrens ist die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom 18. Dezember 2000 aufgehoben und der Einspracheentscheid der Wehrpflichtersatzverwaltung vom 8. Juni 1999 bestätigt. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdegegner, L.________, auferlegt. 
3.- Für die Regelung der Kostenfolgen des kantonalen Verfahrens geht die Sache an das Verwaltungsgericht zurück. 
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien, dem Amt für Militär, Wehrpflichtersatzverwaltung, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 10. August 2001 
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Das präsidierende Mitglied: 
 
Die Gerichtsschreiberin: