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Urteilskopf

115 V 191


28. Urteil vom 28. Juni 1989 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen B. und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel

Regeste

Art. 21 IVG, Ziff. 6 HVI-Anhang. Das Cochlea-Implantat, eine elektronische Hörhilfe, füllt nicht unter den Begriff des Hilfsmittels nach Art. 21 IVG (Erw. 2).
Art. 12 IVG, Art. 2 Abs. 1 IVV. Voraussetzungen, unter denen die Invalidenversicherung das Cochlea-Implantat bei Erwachsenen als medizinische Eingliederungsmassnahme zu übernehmen hat (Erw. 4-6).

Sachverhalt ab Seite 191

BGE 115 V 191 S. 191

A.- Die 1928 geborene Ruth B. erlitt im Alter von 20 Jahren infolge der Behandlung einer Nierenkrankheit mit Streptomyzin eine Akustikusschädigung mit völliger Taubheit. Seither litt sie wiederholt an reaktiven Depressionen, die auf Ende Januar 1981 zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit als medizinische Laborantin am Kantonsspital B. und zur vorzeitigen Pensionierung führten. Seit 1. Mai 1981 bezieht sie eine ganze Invalidenrente. Bereits früher hatte die Invalidenversicherung die Kosten für ein Tonbandgerät sowie für die Montage/Demontage von optischen Signalanlagen in der Wohnung übernommen und 1983 leihweise ein Schreibtelefon mit Lichtsignalanlage abgegeben.
Am 18. Juni 1986 ersuchte Prof. P., Vorsteher der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten,
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Kantonsspital B., die Invalidenversicherungs-Kommission, Ruth B. die Kosten für ein Cochlea-Implantat in der Höhe von rund 27'000 Franken zu vergüten. Beim Cochlea-Implantat (CI) handelt es sich um eine Verbindung zwischen Chirurgie und Hörprothetik. Dabei wird einerseits chirurgisch eine Stimulationselektrode bzw. ein Elektrodenbündel ans runde Fenster der Schnecke eingelegt und fixiert. Anderseits trägt der Patient einen computergesteuerten Prozessor bei sich, der Sprachsignale in geeignete Reizströme umwandelt, die transkutan induktiv auf das Implantat übertragen werden. Dies verhilft zur Erkennung einfacher prosodischer Sprachelemente (Rhythmus, Betonung, Melodie) und ermöglicht eine rudimentäre Diskrimination von Sätzen, Wörtern und Phonemen. Die Implantation wurde am 12. August 1986 vorgenommen. Gestützt auf eine Stellungnahme des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) beschloss die Invalidenversicherungs-Kommission, das Gesuch abzuweisen; das Einsetzen der elektronischen Gehörprothese stelle im heutigen Zeitpunkt keine Eingliederungsmassnahme der Invalidenversicherung dar, weil der therapeutische Erfolg in bezug auf die Kommunikationsfähigkeit noch nicht ausgewiesen sei. Mit dieser Begründung verfügte die Ausgleichskasse Basel-Stadt am 5. Januar 1987 die Ablehnung des Leistungsbegehrens.

B.- Die Versicherte führte hiegegen Beschwerde mit dem Antrag, die Invalidenversicherung sei zur Übernahme der Kosten der Prothese zu verpflichten. In Gutheissung der Beschwerde hob die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt die angefochtene Verfügung auf und verhielt die Invalidenversicherung, das CI als Hilfsmittel abzugeben (Entscheid vom 11. Juni 1987).

C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das BSV, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
Ruth B. schliesst sinngemäss auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Vernehmlassung und verweist auf die Stellungnahme der Invalidenversicherungs-Kommission, welche das Rechtsbegehren des BSV unterstützt.

Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die Invalidenversicherung für die Kosten des CI aufzukommen hat. Dabei fällt
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eine Übernahme als Hilfsmittel nach Massgabe von Art. 21 IVG oder als medizinische Massnahme gemäss Art. 12 IVG in Betracht.

2. a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich, für die Schulung die Ausbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf. Ferner bestimmt Art. 21 Abs. 2 IVG, dass der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel hat.
Die Befugnis zur Aufstellung der Hilfsmittelliste und zum Erlass ergänzender Vorschriften im Sinne von Art. 21 Abs. 4 IVG hat der Bundesrat in Art. 14 IVV an das Eidgenössische Departement des Innern übertragen, welches die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) mit anhangsweise aufgeführter Hilfsmittelliste erlassen hat. Laut Art. 2 HVI besteht im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind (Abs. 1); Anspruch auf die in dieser Liste mit * bezeichneten Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die bei einzelnen Hilfsmitteln ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind (Abs. 2).
Nach Ziff. 6.01 HVI-Anhang gibt die Invalidenversicherung Hörapparate ab, sofern bei hochgradiger Schwerhörigkeit durch den Einsatz eines solchen Gerätes eine wesentliche Verbesserung des Hörvermögens erreicht werden kann. Laut Ziff. 6.02* besteht Anspruch auf Abgabe eines Hörapparates, sofern bei Schwerhörigkeit durch den Einsatz eines solchen Gerätes die Schulung, Ausbildung oder Berufsausübung erleichtert wird.
b) Die im Anhang zur Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) enthaltene Liste ist insofern abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt. Dagegen ist bei jeder Hilfsmittelkategorie zu prüfen, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel (innerhalb
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der Kategorie) ebenfalls abschliessend oder bloss exemplifikatorisch ist (BGE 108 V 5 Erw. 1b, 105 V 25 Erw. 1).
c) Praxisgemäss ist unter einem Hilfsmittel des IVG ein Gegenstand zu verstehen, dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile oder Funktionen des menschlichen Körpers zu ersetzen vermag (BGE 112 V 15 Erw. 1b mit Hinweis). Daraus ist zu schliessen, dass der Gegenstand ohne strukturelle Änderung ablegbar und wieder verwendbar sein muss. Dieses Erfordernis bezieht sich jedoch nicht nur auf den Gegenstand selbst, sondern auch auf den menschlichen Körper und dessen Integrität. Ein Gegenstand, der seine Ersatzfunktionen nur erfüllen kann, wenn er zuerst durch einen eigentlichen chirurgischen Eingriff ins Körperinnere verbracht wird und nur auf gleiche Weise wieder zu ersetzen ist, stellt kein Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes dar (BGE 101 V 269 Erw. 1b; vgl. auch ZAK 1986 S. 527 Erw. 2b). Sowenig die Rechtsprechung künstlichen Herzklappen (EVGE 1965 S. 262), Schrittmachern für Herzfunktionen (ZAK 1966 S. 49) oder Rückenmarkstimulatoren (BGE 101 V 267) Hilfsmittelcharakter zuerkannt hat, sowenig weist das CI diese Eigenschaft auf. Daran ändert nichts, dass nur die Stimulationselektrode chirurgisch ins Ohr eingepflanzt und das zentrale Element, der elektronische Sprachprozessor, extrakorporell getragen wird. Denn der Prozessor ist nur ein Bestandteil der gesamten Anlage. Er wäre ohne die mittels eines chirurgischen Eingriffs ins Ohr eingepflanzte Stimulationselektrode nutzlos. Es kann ihm daher keine Ersatzfunktion für den Ausfall einer Sinneswahrnehmung zukommen. Zwar liesse sich die Ansicht vertreten, die gesamte Anlage stelle eine Kombination von medizinischer Eingliederungsmassnahme (Implantat) und Hilfsmittel (Prozessor) dar. Der Prozessor lässt sich jedoch nicht in eine Hilfsmittelkategorie der HVI einordnen. Wohl sind von der Zielsetzung her Ähnlichkeiten mit einem Hörapparat im Sinne von Ziff. 6 HVI-Anhang zu erkennen; doch ist der Prozessor von seinem technischen Aufbau her nicht mit einem herkömmlichen Hörapparat zu vergleichen.
d) Kommt dem CI somit entgegen der Auffassung der Vorinstanz kein Hilfsmittelcharakter zu, ist zu entscheiden, ob die Invalidenversicherung Leistungen im Rahmen medizinischer Eingliederungsmassnahmen, zu welchen sowohl die operative Vorkehr wie auch das CI gehören, zu erbringen hat.

3. Der Versicherte hat laut Art. 12 Abs. 1 IVG Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des
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Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Behandlung des Leidens an sich ist rechtlich jede medizinische Vorkehr, sei sie auf das Grundleiden oder auf dessen Folgeerscheinungen gerichtet, solange labiles pathologisches Geschehen vorhanden ist. Eine solche Vorkehr bezweckt nicht unmittelbar die Eingliederung. Durch den Ausdruck labiles pathologisches Geschehen wird der juristische Gegensatz zu wenigstens relativ stabilisierten Verhältnissen hervorgehoben. Erst wenn die Phase des labilen pathologischen Geschehens insgesamt abgeschlossen ist, kann sich - bei volljährigen Versicherten - die Frage stellen, ob eine medizinische Vorkehr Eingliederungsmassnahme sei. Die Invalidenversicherung übernimmt daher in der Regel nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern sie die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen (BGE 112 V 349 Erw. 2, 105 V 19 und 149, 104 V 82 Erw. 1).

4. a) Die bei der Beschwerdegegnerin als Folge einer medikamentösen Therapie seit dem 20. Altersjahr bestehende Taubheit stellt einen stabilen Defektzustand dar und ist medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung daher grundsätzlich zugänglich. Diese Massnahmen müssen nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sein und den Eingliederungserfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben (Art. 2 Abs. 1 IVV).
b) Zu prüfen ist vorab, ob es sich beim CI um eine nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigte Massnahme handelt.
Im sozialen Krankenversicherungsrecht ist die gesetzliche Leistungspflicht der Krankenkassen für Krankenpflege auf die wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen beschränkt (Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. b und Ziff. 2 sowie Abs. 5 KUVG in Verbindung mit Art. 21 und 26 Vo III, Vo 8 und 9 zum KUVG; BGE 108 V 254 Erw. 1a/b, vgl. auch BGE 113 V 44 Erw. 4b, BGE 112 V 305 Erw. 2b; RKUV 1987 Nr. K 707 S. 8 Erw. 2 mit Hinweisen).
Nach der Rechtsprechung gilt eine Behandlungsart dann als bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entsprechend, wenn sie von Forschern und Praktikern der medizinischen
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Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist. Das Schwergewicht liegt auf der Erfahrung und dem Erfolg im Bereich einer bestimmten Therapie (BGE 114 V 260 Erw. 2, BGE 105 V 185 Erw. 3; vgl. auch BGE 113 V 45 Erw. 4d/aa mit Hinweisen; RKUV 1989 Nr. K 790 S. 4 Erw. 2b): Diese im Gebiet der Krankenpflege geltende Definition der Wissenschaftlichkeit findet grundsätzlich auch auf die medizinischen Massnahmen der Invalidenversicherung Anwendung (BGE 114 V 22 Erw. 1a).
c) In seiner Stellungnahme zuhanden der Invalidenversicherungs-Kommission äusserte sich das BSV zum CI am 10. November 1986 wie folgt:
"Das Cochlea-Implant wurde weltweit bei über 500 Personen angewendet. Die Methode ist an sich geeignet, auf das Innenohr resp. den Hörnerv einzuwirken und insofern wohl wissenschaftlich anerkannt. Wie bei jeder Anwendung einer Neuheit dürfte, besonders am Anfang, ein gewisser Anteil aus Erprobung, Verbesserung und Fortentwicklung bestehen. Zweifellos liegt der Zeitpunkt der funktionellen Perfektionierung noch in weiter Ferne. Wichtigstes Element beim Cochlea-Implant ist unseres Erachtens im heutigen Zeitpunkt aber die Frage des genügenden therapeutischen Erfolges dieses Hörgerätes in bezug auf die Kommunikationsfähigkeit (Proportion des Kommunikationsgewinns: reines Lippenablesen/Cochlea-Implant mit anschliessendem intensivem Hörtraining). Das System erlaubt bis jetzt nur eine grobe akustische Diskrimination. Als Hauptgewinn ist der neue akustische Kontakt mit der Umwelt zu sehen. Das Lippenablesen wird unterstützt, wobei die Erfolge, trotz strenger Indikationsstellung, sehr unterschiedlich ausfallen können. Kommunikation ohne visuellen Kontakt (d.h. ohne Zuhilfenahme des Lippenablesens) ist bisher nur rudimentär (bekannter Gesprächspartner, einfache Mitteilungen) und bei weitem nicht in allen Füllen möglich. Auch wenn die Wiedererlangung eines auch nur minimalen Sinneseindrucks subjektiv von sehr grosser Bedeutung sein mag, ist nach unserem Erachten der Kommunikationsgewinn dieser Methode im Vergleich zum reinen Lippenablesen noch zuwenig ausgeprägt, um Leistungen der Invalidenversicherung erwirken zu können."
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hält das BSV im wesentlichen an seinem Standpunkt fest. Zwar anerkennt es die Wissenschaftlichkeit der Methode, vertritt aber die Auffassung, dass die sehr kostspielige Versorgung in keinem vertretbaren Verhältnis zum erreichbaren Nutzen stehe. Schliesslich verweist es auf die Ausführungen der Eidgenössischen Fachkommission für Fragen der medizinischen Eingliederung in der Invalidenversicherung, welche in einer Stellungnahme vom 8. Dezember 1988 die vorbehaltlose Übernahme des CI durch die Invalidenversicherung abgelehnt hatte.
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d) Aufgrund der medizinischen Unterlagen ist die vorgeschriebene Wissenschaftlichkeit des CI zu bejahen. Prof. A., Chefarzt der Hals-Nasen-Ohrenklinik am Kantonsspital L., legte in einem anderen, vom Eidg. Versicherungsgericht gleichzeitig beurteilten Fall (vgl. BGE 115 V 202) diesbezüglich dar, dass bisher weltweit etwa 3000 taube Patienten implantiert worden sind. In der Schweiz seien bis Ende 1987 20 CI-Operationen an den Hals-Nasen-Ohrenkliniken Zürich, Genf, Basel und Luzern vorgenommen worden. Dies zeige, dass es sich nicht um ein Experimentierstadium, sondern um eine mittlerweile sehr differenzierte und ausgereifte Heilmassnahme zur Rehabilitation bestimmter tauber Patienten handle, die aufgrund einer ausführlichen Voruntersuchung für eine Implantation in Frage kommen. Die Methode sei in den USA anerkannt und zugelassen und werde in verschiedenen europäischen Staaten von den Krankenkassen übernommen (Stellungnahme vom 23. März 1988).
e) Zu prüfen ist des weiteren, ob die Massnahme den Eingliederungserfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstrebt, wie dies nach Art. 2 Abs. 1 IVV verlangt wird.
aa) In tatbeständlicher Hinsicht steht fest, dass die Beschwerdegegnerin eine normale Sprachentwicklung durchgemacht hat und die vollständige Ertaubung erst postlingual, im Alter von 20 Jahren, eingetreten ist. Die bei der Beschwerdegegnerin durchgeführte elektrische Stimulation ergab, dass durch Stromimpulse subjektive Töne und Geräusche verschiedener Frequenz und wechselnder Intensität ausgelöst werden können. Aufgrund der Voruntersuchungen von Prof. P. durfte angenommen werden, dass die auditive Rehabilitation der Versicherten durch ein CI möglich ist.
bb) Im Hinblick auf die geforderte Zweckmässigkeit der Versorgung mit einem CI als medizinische Eingliederungsmassnahme nach Art. 12 IVG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 IVV gilt folgendes (vgl. namentlich SPILLMANN und DILLIER, Cochlea-Implantate bei Gehörlosen: Indikation, Methode, Resultate, in: Schweizerische Rundschau für Medizin (Praxis), 74 (1985), Nr. 9, S. 211 f.; Bericht über den 3. Internationalen Kongress der Schwerhörigen vom 3. bis 8. Juli 1988 in Montreux, S. 51, 54, 60 und 66):
- Das CI kommt nur für Patienten in Frage, die so hochgradig schwerhörig bzw. gehörlos sind, dass eine konventionelle Versorgung erfolglos bleibt; Patienten, die noch über Hörreste verfügen, scheiden aus.
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- Die Gehörlosigkeit darf nicht durch einen sensoriellen, sondern muss durch einen neuralen oder einen cerebralen Ausfall bedingt sein. Voraussetzung für die Versorgung mit einem CI ist, dass der Hörnerv und das zentrale Hörsystem auf elektrische Reize reagieren und subjektive Hörempfindungen auslösen können.
- Die Auswirkungen der Gehörlosigkeit auf das Kommunikationsvermögen hängen entscheidend davon ab, ob die Ertaubung vor oder nach der Sprachentwicklung, die etwa mit 14 Jahren abgeschlossen ist, eingetreten ist (prälinguale, d.h. congenitale oder vor der Sprachentwicklung erworbene, oder postlinguale Taubheit). Das CI eignet sich vor allem für den postlingual Ertaubten mit guten Kenntnissen der Muttersprache.
- Schliesslich sind auch der Intelligenzgrad und die Motivation des Patienten massgebend.
cc) Art. 2 Abs. 1 IVV verlangt sodann, dass die medizinische Massnahme den therapeutischen Erfolg in einfacher Weise anstrebt. Dieser Verhältnismässigkeitsgrundsatz beschlägt die Relation zwischen den Kosten der medizinischen Massnahme einerseits und dem mit der Eingliederungsmassnahme verfolgten Zweck anderseits (BGE 103 V 16 Erw. 1b, BGE 101 V 53 Erw. 3d; vgl. auch BGE 112 V 399 und BGE 99 V 35 Erw. 1). Eine betragsmässige Begrenzung der notwendigen Massnahmen käme mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Bestimmung bloss in Frage, wenn zwischen der Massnahme und dem Eingliederungszweck ein derart krasses Missverhältnis bestände, dass sich die Übernahme der Eingliederungsmassnahme schlechthin nicht verantworten liesse (in diesem Sinne BGE 107 V 87 Erw. 2 bezüglich des Anspruchs auf Vergütung der Transportkosten bei der Sonderschulung).
Schliesslich hat der Versicherte nur Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren. Denn die Eingliederungsmassnahmen sind lediglich insoweit zu gewähren, als dies im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 112 V 399 mit Hinweisen; ZAK 1985 S. 172 Erw. 3a).

5. Ob die in Erw. 4e/bb und cc dargelegten Voraussetzungen hinsichtlich Zweckmässigkeit und Einfachheit der Vorkehr bei der Beschwerdegegnerin, die eine ganze Invalidenrente bezieht und im Zeitpunkt der Versorgung mit dem Gerät 58 Jahre alt war, erfüllt sind, kann offengelassen werden; denn wie aus den nachstehenden
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Darlegungen erhellt, muss die von Art. 12 Abs. 1 IVG geforderte Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges verneint werden.
a) Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung ist - im Gegensatz zu demjenigen auf eine Rente - an keinen bestimmten Invaliditätsgrad gebunden. Dieser Grundsatz gilt indessen u.a. nicht auf dem Gebiet der medizinischen Massnahmen. Denn der Versicherte kann laut Art. 12 Abs. 1 IVG nur medizinische Massnahmen beanspruchen, die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher - auch drohender (Art. 8 Abs. 1 IVG) - Beeinträchtigung zu bewahren (BGE 101 V 58 Erw. 2a).
Wesentlich im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG ist der durch eine Behandlung erzielte Nutzeffekt nur dann, wenn er in einer bestimmten Zeiteinheit einen erheblichen absoluten Grad erreicht (BGE 98 V 211 Erw. 4b). Durch die medizinischen Massnahmen soll in der Regel innerhalb einer gewissen Mindestdauer eine gewisse Mindesthöhe an erwerblichem Erfolg erwartet werden können. Inwieweit der voraussichtliche Eingliederungserfolg noch als wesentlich bezeichnet werden kann, lässt sich nicht generell sagen, sondern ist aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles zu entscheiden. Dabei werden Massnahmen, die nur eine geringfügige Verbesserung der Erwerbsfähigkeit bewirken, von der Invalidenversicherung nicht übernommen. Es muss vorausgesetzt werden, dass eine noch bedeutende Erwerbsfähigkeit vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahrt wird. Die Frage nach der Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges hängt ferner ab von der Schwere des Gebrechens einerseits sowie von der Art der vom Versicherten ausgeübten bzw. im Sinne bestmöglicher Eingliederung in Frage kommenden Erwerbstätigkeit anderseits; persönliche Verhältnisse des Versicherten, die mit seiner Erwerbstätigkeit nicht zusammenhängen, sind dabei nicht zu berücksichtigen (BGE 101 V 52 Erw. 3c und 58 Erw. 2a).
b) Der Begriff Erwerbsfähigkeit in Art. 8 Abs. 1, 12 Abs. 1 und auch 17 Abs. 1 IVG ist in einem weiten Sinne zu verstehen; er erfasst gegebenenfalls auch die Eingliederung in den bisherigen Aufgabenbereich gemäss Art. 5 Abs. 1 IVG (BGE 108 V 212 Erw. 1c). Praxisgemäss steht die Tatsache, dass eine versicherte Frau für die Belange der Invaliditätsschätzung als Erwerbstätige behandelt worden ist, der Gewährung medizinischer Massnahmen nach Art. 12 IVG zur Eingliederung in den hausfraulichen Aufgabenbereich nicht entgegen. Überdies setzt die Zusprechung einer
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Eingliederungsmassnahme grundsätzlich nicht voraus, dass diese den für den Rentenanspruch massgebenden Invaliditätsgrad beeinflusst (BGE 108 V 212 Erw. 1d mit Hinweisen).
c) Das Eidg. Versicherungsgericht hat denn auch wiederholt entschieden, dass die Ausrichtung einer halben oder sogar einer ganzen Rente die Gewährung von Eingliederungsmassnahmen nicht von vornherein ausschliesst, sofern wenigstens ein vernünftiges Verhältnis zwischen deren Kosten und Nutzen besteht (BGE 108 V 212 Erw. 1d; EVGE 1964 S. 238; MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 84 und 126). Zu berücksichtigen ist allerdings - wie erwähnt -, dass Art. 12 IVG hinsichtlich der Eingliederungswirksamkeit Wesentlichkeit voraussetzt. Das heisst, dass medizinische Massnahmen nach Art. 12 IVG von der Invalidenversicherung nicht übernommen werden können, wenn sie die Erwerbsfähigkeit nur geringfügig zu verbessern vermögen. Namentlich sieht das Gesetz in diesem Bereich keine Massnahmen vor, um einen kleinen und unsicheren Rest von Erwerbsfähigkeit zu erhalten (BGE 101 V 52 Erw. 3c; MEYER-BLASER, a.a.O., S. 126). Dies wird gerade bei Bezügern ganzer Renten, also Versicherten mit einem Invaliditätsgrad von mindestens zwei Dritteln, häufig der Fall sein.
d) Im Lichte dieser Erwägungen muss bei der 1928 geborenen Beschwerdegegnerin, die bei einem Invaliditätsgrad von 100% eine ganze Invalidenrente bezieht, 1981 vorzeitig pensioniert wurde und auch nach der Versorgung mit dem CI Rentenbezügerin bleibt, die Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges der Vorkehr verneint werden. Der vorinstanzliche Entscheid ist daher in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des BSV aufzuheben.

6. a) Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass das CI das Resultat einer biotechnischen Entwicklung darstellt, welche die kommunikativen Fähigkeiten eines postlingual Ertaubten hinsichtlich Sprachverständnis und Sprachverständlichkeit in bisher nicht gekanntem Ausmass zu verbessern vermag. Laut Ausführungen von Prof. P., Vorsteher der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Kantonsspital B. (Bericht über den 3. Internationalen Kongress der Schwerhörigen vom 3. bis 8. Juli 1988 in Montreux, S. 56), ist es unter der Voraussetzung, dass postoperativ ein intensives Hör- und Sprachtraining durchgeführt wird, möglich, dass der Gehörlose durch ein CI folgendes erreicht: Er kann Umgebungsgeräusche erkennen
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und voneinander unterscheiden; sein Sprachverständnis wird bei gleichzeitigem Lippenablesen ganz erheblich gebessert; auch ohne visuelle Hilfsmittel wird in vielen Fällen ein sozial ausreichendes, in manchen Fällen sogar vollständiges offenes Sprachverständnis wiedererlangt; der Patient erhält die Möglichkeit, seine eigene Sprache auditiv zu kontrollieren und dadurch die Verständlichkeit seiner Sprache zu verbessern und teilweise völlig zu normalisieren.
Daraus sind bezüglich der Übernahme des CI als medizinische Eingliederungsmassnahme der Invalidenversicherung nach Art. 12 IVG folgende Schlüsse zu ziehen: Im Anwendungsbereich dieser Bestimmung, d.h. in der Regel bei spätertaubten Erwachsenen, bei welchen das CI bezüglich kommunikativer Rehabilitation, die hier als Erfolg nicht genügt, den grössten Nutzen bringen kann, müssen sowohl hinsichtlich der prognostischen Beurteilung des Eingliederungserfolges als auch der Eingliederungswirksamkeit die vom Gesetz aufgestellten und von der Rechtsprechung konkretisierten Anforderungen erfüllt sein.
b) Das BSV wird - unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Eidgenössischen Fachkommission für Fragen der medizinischen Eingliederung - die Weiterentwicklung der medizinischen Erfahrung und der Technologie zu verfolgen und aufgrund konkreter Fälle zu beurteilen haben, wie und wo das CI eingliederungswirksam eingesetzt werden kann. Dabei erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das CI in die Hilfsmittelliste aufgenommen bzw. zwischen dem medizinischen Teil der Implantation und dem Sprachprozessor als Hilfsmittel unterschieden wird. Unter welchen Voraussetzungen dies zu geschehen hat, wird das BSV in enger Zusammenarbeit mit der medizinischen Wissenschaft und Praxis zu formulieren haben.
c) Wie das BSV mit Recht bemerkt, fehlen einerseits konkrete Kriterien zur prognostischen Beurteilung der Eingliederungswirksamkeit, und andererseits kann die Frage noch nicht generell beantwortet werden, ob die Methode bereits genügend entwickelt ist, dass im allgemeinen von einem hinreichenden therapeutischen Erfolg des Systems hinsichtlich der Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit gesprochen werden kann. Dabei ist prospektiv zu fragen, wie der Eingliederungserfolg ausfallen wird, d.h. in welchem Umfang der Versicherte nach der Versorgung mit dem CI wieder hören kann ("minimaler" Erfolg in Form von Wahrnehmung von Geräuschen und Tönen - "maximaler" Erfolg mit der Möglichkeit, mit oder ausnahmsweise ohne Lippenablesen
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Sprache zu verstehen). Entscheidend sind der Zeitpunkt der Ertaubung (vor oder nach dem Spracherwerb) sowie die Dauer der Gehörlosigkeit. Wie weit über Einzelfälle hinaus neben dem Erlangen von Höreindrücken und dem Erkennen von Stimmen und Geräuschen sowie der Identifikation isoliert gesprochener Worte ohne Lippenablesen ein offenes Sprachverständnis erreicht bzw. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden kann, ist schwierig zu beurteilen. Im Hinblick auf die vom Gesetz (namentlich von Art. 12 IVG) geforderte Eingliederungswirksamkeit darf der Kommunikationsgewinn sich jedenfalls nicht bloss auf die Wiedererlangung eines geringen Sinneseindruckes beschränken, so bedeutsam ein solcher subjektiv für eine vollständig taube Person auch sein mag. Aufgrund der vor der Versorgung durchzuführenden Vorabklärungen wird in jedem Einzelfall versucht werden müssen, den voraussichtlichen therapeutischen Erfolg bezüglich Kommunikationsfähigkeit und damit die Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges zu ermitteln.

Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt vom 11. Juni 1987 aufgehoben.

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Erwägungen 1 2 3 4 5 6

Dispositiv

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