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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1176/2017  
 
 
Urteil vom 18. Januar 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Moses. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ LLC, 
vertreten durch Rechtsanwalt Renaud Dufeu, 
c/o Rechtsanwalt Didier Plantin, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel, 
2. X.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Maurice Courvoisier, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Urkundenfälschung, Erschleichung einer falschen Beurkundung etc.), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 24. Juli 2017 (BES.2016.47). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.________ LLC erstattete am 8. Januar 2016 Strafanzeige gegen X.________. Sie wirft ihr vor, sie habe am 14. Juni 2013 in Basel in einem Affidavit unwahre Tatsachen notariell beurkunden lassen. Diese Urkunde habe sie dann in einem Zivilprozess in den USA gegen die A.________ LLC verwendet. Dadurch habe sich X.________ insbesondere der Urkundenfälschung und der Erschleichung einer Falschbeurkundung schuldig gemacht. 
 
B.  
Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt verfügte am 2. März 2016 die Nichtanhandnahme eines Strafverfahrens. Die von der A.________ LLC dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 30. Juni 2017 ab. 
 
C.  
Die A.________ LLC führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der Entscheid des Appellationsgerichts sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, eine Strafuntersuchung gegen X.________ zu eröffnen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Privatkläger ist zur Beschwerde in Strafsachen nur legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). In erster Linie geht es um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG hat der Beschwerdeführer darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind. Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat der Privatkläger nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung geltend gemacht. Selbst wenn er bereits adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend gemacht hat (vgl. Art. 119 Abs. 1 lit. b StPO), werden in der Einstellungsverfügung keine Zivilklagen behandelt (Art. 320 Abs. 3 StPO). In jedem Fall muss der Privatkläger im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). 
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass mit dem Affidavit ein Zivilprozess gegen sie habe eingeleitet werden können. Als Folge davon habe sie einen über die Kosten der Rechtsvertretung hinausgehenden Schaden von etwa 100 Millionen US-Dollar erlitten. Ob dies genügt, um die Legitimation der Beschwerdeführerin zu begründen, ist zweifelhaft. Die Frage kann aber offenbleiben, zumal die Beschwerde ohnehin abzuweisen ist. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Staatsanwaltschaft habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör und auf einen doppelten Instanzenzug sowie das Prinzip der Waffengleichheit verletzt, indem sie ihr nicht die Gelegenheit gegeben habe, sich vor dem Erlass der Nichtanhandnahmeverfügung zu äussern. Dies verstosse gegen Art. 6 EMRK. In der Sache bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Beschwerdegegnerin habe in dem zur Diskussion stehenden Affidavit geschworen, die Wahrheit zu sagen. Die Vorinstanz verkenne die besondere Bedeutung, die einer solchen Erklärung im amerikanischen Zivilprozess zukomme. Diese habe auch deshalb eine besondere Beweiskraft, weil sie zusammen mit einem anderen, von B.________ abgegebenen Affidavit verwendet worden sei. Entscheidend sei schliesslich auch, dass die Erklärung in der Form einer öffentlichen Urkunde ergangen sei, welche auch eine Apostille trage. Die Vorinstanz habe es unterlassen, die Wirkungen der öffentlichen Beurkundung in dem in den USA pendenten Prozess zu ermitteln.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Die Staatsanwaltschaft verfügt nach Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind. Eine Nichtanhandnahme darf nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Es muss sicher feststehen, dass der Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt. Im Zweifelsfall ist eine Untersuchung zu eröffnen (BGE 137 IV 285 E. 2.3 mit Hinweisen).  
 
2.2.2. Gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB macht sich unter anderem strafbar, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt.  
Nach Art. 253 StGB wird bestraft, wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt. Die Bestimmung regelt einen Spezialfall der mittelbaren Falschbeurkundung. 
Die Falschbeurkundung betrifft die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen. Sie erfordert eine qualifizierte schriftliche Lüge. Eine solche nimmt die Rechtsprechung an, wenn dem Schriftstück eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat ihm daher ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Dies ist der Fall, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten, die gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen (BGE 142 IV 119 E. 2.1; BGE 138 IV 130 E. 2.1; BGE 132 IV 12 E. 8.1). 
 
2.2.3. Eine objektive Garantie für die Wahrheit kann sich unter anderem aus einer garantenähnlichen Stellung des Ausstellers ergeben bzw. wenn dieser in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Empfänger steht (BGE 138 IV 130 E. 2.2.1). Keine erhöhte Glaubwürdigkeit kommt in der Regel einseitigen Erklärungen zu, welche der Aussteller in eigenem Interesse macht, etwa Selbstauskünften gegenüber Kreditinstituten (MARKUS BOOG, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, N. 104 zu Art. 251 StGB; siehe auch DANIEL KINZER, in: Commentaire romand, Code pénal II, 2017, N. 82 zu Art. 251 StGB).  
Das Affidavit vom 14. Juni 2013 enthält ausschliesslich die einseitige Darstellung eines Sachverhalts, wie er sich aus Sicht der Beschwerdegegnerin zugetragen haben soll. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, handelt es sich dabei um blosse Parteibehauptungen, welchen keine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt. Unerheblich ist, dass die Erklärung der Beschwerdegegnerin zusammen mit einem anderen Affidavit verwendet worden sein soll. Einerseits ist bloss die Erstellung, nicht die nachträgliche Verwendung der Urkunde noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Andererseits stellt auch das Affidavit von B.________ keine strafbare Falschbeurkudung dar (vgl. Urteil im parallelen Verfahren 6B_961/2017). 
Entsprechend der Darstellung der Beschwerdeführerin bewirkte die Abgabe eines Eides, dass der Zivilprozess in den USA in der Form eines "verified complaint" gegen sie habe eingeleitet werden können. Somit sei es möglich gewesen, die Phase des "pre-trial" zu überspringen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ihr daraus ein erheblicher Schaden entstanden sei und der Erklärung der Beschwerdegegnerin auch unter diesem Blickwinkel eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme. Dem ist nicht zu folgen. Allfällige zivilprozessuale Erleichterungen implizieren nicht, dass die im Affidavit enthaltenen Darstellungen ohne Weiteres als wahr angesehen werden. Bereits die Vorinstanz erwägt zutreffend, dass in dem Zivilprozess in den USA ein Beweisverfahren stattgefunden habe, um gerade den im Affidavit beschriebenen Sachverhalt zu überprüfen. Die Beschwerdeführerin stellt dies nicht in Abrede. Auch eine allfällige Strafbarkeit wegen Meineids im Ausland verleiht der Erklärung keine erhöhte Glaubwürdigkeit. 
 
2.2.4. Erhöhte Glaubwürdigkeit kommt namentlich öffentlichen Urkunden zu (MARKUS BOOG, a.a.O., N. 85 zu Art. 251 StGB). Gemäss Art. 9 Abs. 1 ZGB erbringen diese für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen wird. Die verstärkte Beweiskraft von Art. 9 Abs. 1 ZGB beschränkt sich auf diejenigen Tatsachen, die in der öffentlichen Urkunde als richtig bescheinigt werden, mithin auf das, was der Notar kraft eigener Wahrnehmung festgestellt hat oder auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen verpflichtet ist, unabhängig davon, ob er im Einzelfall die Prüfung vorgenommen hat oder nicht (STEPHAN WOLF, in: Berner Kommentar, 2012, N. 48 zu Art. 9 ZGB). Was die Urkundsperson persönlich festzustellen hat, bestimmt im Wesentlichen das kantonale Recht (MICHEL MOOSER, in: Commentaire romand, Code civil I, 2010, N. 23 zu Art. 9 ZGB). Nicht von Art. 9 Abs. 1 ZGB erfasst ist der nicht verifizierte Inhalt eidesstattlicher Erklärungen oder von öffentlich beurkundeten Inventaren, wenn diese bloss nicht überprüfte oder nicht überprüfbare Angaben der Beteiligten wiedergeben (MICHEL MOOSER, a.a.O., N. 25 zu Art. 9 ZGB; STEPHAN WOLF, a.a.O., N. 50 zu Art. 9 ZGB; anders noch Urteil 6S.258/2006 vom 3. November 2006 E. 4). Art. 253 StGB bezieht sich auf die in der Schweiz erstellten öffentlichen Urkunden. Massgebend ist somit einzig, ob diesen gemäss schweizerischem Recht erhöhte Beweiskraft zukommt.  
Gemäss § 46 des Notariatsgesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 18. Januar 2006 (SG 292.100) sollen Wissenserklärungen (eidesstattliche Erklärungen, Affidavits) nur beurkundet werden, wenn sie von der erklärenden Person mit Wahrheitsbekräftigung (Eid, Handgelübde) zuhanden ausländischer Empfängerinnen oder ausländischer Empfänger abgegeben werden (Abs. 1). Die erklärende Person hat vor der Notarin oder dem Notar persönlich zu erscheinen. Ihre Personalien sind zu überprüfen und in der Urkunde anzugeben. Sie ist zur Wahrheit anzuhalten. Sie hat die Wahrheitsbekräftigung in der Weise zu leisten, wie sie in der Urkunde bezeugt wird (Abs. 2). Die Notarin oder der Notar bezeugt die erfolgte Erklärungsabgabe, nicht deren Inhalt (Abs. 3). Die Erklärung ist durch die erklärende Person und die Notarin oder den Notar zu unterzeichnen (Abs. 4). Bereits aus dem kantonalen Recht ergibt sich, dass der Inhalt der Erklärung nicht Gegenstand der öffentlichen Beurkundung ist, sondern ausschliesslich der Umstand, dass ein Eid oder eine eidesstattliche Erklärung abgegeben worden ist. Der Notar überprüfte die Angaben der Beschwerdegegnerin auch nicht. Den Erklärungen der Beschwerdegegnerin kommt keine erhöhte Beweiskraft im Sinne von Art. 9 Abs. 1 ZGB zu. Der Tatbestand der Falschbeurkundung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB und Art. 253 StGB ist nicht erfüllt. Die Apostille auf einer öffentlichen Urkunde bestätigt einzig die Echtheit der Unterschrift, die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls die Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist (Art. 5 Abs. 2 des Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung vom 5. Oktober 1961 [SR 0.172.030.4]). In Bezug auf den Inhalt der Urkunde und deren Beweiskraft hat die Apostille keine Bedeutung. 
 
2.2.5. Selbst wenn der Inhalt des Affidavits unwahr sein sollte, wäre kein Straftatbestand erfüllt. Die Staatsanwaltschaft durfte von der Eröffnung einer Untersuchung absehen und die Nichtanhandnahme verfügen. Art. 310 StPO verlangt nicht, dass die Staatsanwaltschaft den Erlass der entsprechenden Verfügung dem Anzeigeerstatter ankündigt. Die Beschwerdeführerin konnte sich sowohl in der Anzeige selbst als auch im Rechtsmittelverfahren uneingeschränkt äussern, womit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vorliegt. Darüber hinaus kann sich die Beschwerdeführerin als geschädigte Person nicht auf Art. 6 EMRK berufen, um ein Strafverfahren gegen Dritte einzuleiten (Urteil 6B_479/2013 vom 30. Januar 2014 E. 3.1 mit Hinweisen).  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Kosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, weil ihr im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Januar 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Moses