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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.36/2006 /ruo 
 
Urteil vom 29. März 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
A.________, 
Kläger und Berufungskläger, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Stauffer, 
 
gegen 
 
B.________ AG, 
Beklagte und Berufungsbeklagte. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; Entschädigung nach Kündigung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 1. Dezember 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ (Kläger) arbeitete bis zum 31. Juli 2004 bei der Migros B.________ AG (Beklagte). Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Kündigungsfrist der per Ende Mai 2004 erfolgten Kündigung wegen Krankheit des Klägers verlängert. Mit Eingabe vom 28. Januar 2005 machte der Kläger eine Forderungsklage anhängig und verlangte von der Beklagten zunächst Fr. 11'610.-- als Entschädigung gemäss Art. 336a OR. An der Vermittlungsverhandlung vom 3. März 2005 erhöhte der Kläger sein Begehren auf Fr. 12'060.--. 
B. 
Am 17. März 2005 wies das Arbeitsgericht Aarau die Klage ab, da sie erst 181 Tage nach Beendigung des Arbeitsvertrages anhängig gemacht worden sei, womit die Frist von 180 Tagen (Art. 336b Abs. 2 OR) nicht eingehalten und der Anspruch auf Entschädigung verwirkt sei. Die vom Kläger gegen dieses Urteil erhobene Appellation wies das Obergericht des Kantons Aargau am 1. Dezember 2005 ab. Gegen dieses Urteil führt der Kläger eidgenössische Berufung und beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Berufungsschrift enthält keinen materiellen Antrag, wie er nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG erforderlich ist. Der blosse Rückweisungsantrag genügt indessen, weil das Bundesgericht, sollte es die Rechtsauffassung des Klägers für begründet erachten, mangels tatsächlicher Feststellungen kein Sachurteil fällen kann, sondern die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückweisen muss (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414). 
2. 
Der Kläger ist der Auffassung, die Vorinstanz hätte die Tatsache, dass die Klage erst nach Ablauf der in Art. 336b Abs. 2 OR normierten Frist anhängig gemacht worden sei, nicht berücksichtigen dürfen, da nicht die Beklagte diese Tatsache in das Verfahren eingebracht habe. Einwendungen und rechtshindernde Tatsachen seien Rechtserlöschungsgründe, die von der betroffenen Partei vorzutragen seien. Dass die Vorinstanz sie trotzdem berücksichtigt habe, verletze in Bezug auf das Behauptungsverfahren Art. 8 ZGB und in Bezug auf die richterliche Pflicht zur Feststellung des Sachverhaltes von Amtes wegen Art. 343 Abs. 4 OR. Die Tatsache, dass es sich bei der Verwirkung nicht um eine Einrede handle, bedeute nicht, dass die Beklagte die für eine Annahme der Verwirkung notwendigen Behauptung nicht in das Verfahren einbringen müsse. 
3. 
Nach den im Berufungsverfahren für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (BGE 130 III 102 E. 2.2 S.106; 127 III 248 E. 2c S. 252, je mit Hinweisen) hat der Kläger selbst die zur Annahme der Verwirkung führenden Tatsachen in das Verfahren eingebracht. Zu prüfen bleibt einzig, ob die Vorinstanz unter diesen Umständen bundesrechtskonform darauf abstellen konnte. 
3.1 Für den Entscheid des Gerichts kommt es nicht darauf an, von welcher Partei eine Tatsache in den Prozess eingeführt worden ist. Die Regeln über die Behauptungslast kommen nur zur Anwendung, wenn eine Tatsache von keiner Partei angeführt worden ist (so schon Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 166 f.; C. Jürgen Brönnimann, Die Behauptungs- und Substanziierungslast im schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Bern 1989, Kapitel 2 II D, S. 37 f. mit weiteren Hinweisen). Das gilt auch für rechtshindernde, rechtsaufhebende und rechtshemmende Tatsachen. Sie können zu Gunsten des Beklagten auch dann berücksichtigt werden, wenn nur der Kläger sie vorgebracht hat, vorausgesetzt dass der Beklagte die entsprechende Tatsache nicht ausdrücklich bestreitet (C. Jürgen Brönnimann., a.a.O., Kapitel 2 II D 2 und 3, S. 38 mit Hinweisen; vgl. auch Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl., N. 2 zu § 131 ZPO/ZH). Nur bei eigentlichen Einreden sind strengere Anforderungen zu stellen, da auch die Tatsache, dass die Einrede erhoben wurde, in das Verfahren eingeführt werden muss (C. Jürgen Brönnimann., a.a.O., Kapitel 2 II D 3, S. 38 mit Hinweisen). Dass die Verwirkung nicht zu dieser Kategorie gehört, räumt der Kläger selbst ein, und er bestreitet die Verspätung als solche nicht. Diesbezüglich stellt sich somit auch die Frage der Beweislastverteilung beziehungsweise einer Verletzung von Art. 8 ZGB nicht, da diese Bestimmung an die Folgen der Beweislosigkeit anknüpft (BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 601 f. mit Hinweisen). 
3.2 Nach Art. 343 Abs. 4 OR hat der Richter den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Damit soll den Parteien die Durchsetzung und Abwehr streitiger Ansprüche aus sozialpolitischen Erwägungen erleichtert und ihnen die persönliche Prozessführung ohne Beizug von Anwälten mit entsprechendem Kostenrisiko ermöglicht werden. Die Untersuchungsmaxime befreit die Parteien jedoch nicht davon, an der Sammlung des Prozessstoffes aktiv mitzuwirken. Sie haben dem Richter das in Betracht fallende Tatsachenmaterial zu unterbreiten und die Beweismittel zu bezeichnen (BGE 107 II 233 E. 2c S. 236). Daraus zu folgern, anspruchsbegründende oder -hindernde Tatsachen dürften nur berücksichtigt werden, wenn sie von der Partei in das Verfahren eingebracht worden sind, zu deren Gunsten sie sich auswirken, wäre mit dem Sinn von Art. 343 Abs. 4 OR nicht vereinbar. Vielmehr hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Richter seinem Entscheid auch diejenigen in das Verfahren eingebrachten Tatsachen zu Grunde zu legen, auf die sich die Parteien nicht explizit zur Stützung ihrer Rechtsbegehren berufen (BGE 107 II 233 E. 2b S. 236 mit Hinweisen). 
3.3 Soweit Bundesrecht in Frage steht, ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden. Die Anwendung des kantonalen Prozessrechts ist der Kontrolle des Bundesgerichts im Berufungsverfahren entzogen (BGE 127 III 248 E. 2c S. 252 mit Hinweisen). Die Berufung erweist sich als offensichtlich unbegründet. Es kann im Übrigen auf die zutreffende Begründung der Vorinstanz verwiesen werden. 
4. 
Die Berufung ist insgesamt abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
4.1 Da der Streitwert unter Fr. 30'000.-- liegt, sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR). 
4.2 Die Beklagte hat sich im bundesgerichtlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten lassen. Unter diesen Umständen kann sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nur Anspruch auf eine Parteientschädigung erheben, wenn es sich um eine komplizierte Sache mit hohem Streitwert handelt, die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, welcher den üblichen Aufwand für die Besorgungen der persönlichen Angelegenheiten übersteigt, und wenn zwischen dem betriebenen Aufwand und dem Ergebnis der Interessenwahrung ein vernünftiges Verhältnis besteht (BGE 110 V 132 E. 4d S. 134 f.). Mit Ausnahme der zuletzt genannten sind diese Voraussetzungen in Bezug auf die Beklagte offensichtlich nicht erfüllt. Daher steht ihr keine Parteientschädigung zu. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach 
Art. 36a OG
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben. 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 29. März 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: