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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_782/2021  
 
 
Urteil vom 3. Mai 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
handelnd durch seine Eltern B.A.________ und C.A.________, 
und diese vertreten durch 
Rechtsanwältin Michèle Wehrli Roth, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Nidwalden, 
Stansstaderstrasse 88, 6371 Stans, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Geburtsgebrechen; medizinische Massnahme), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Nidwalden vom 27. September 2021 (SV 21 5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der am 21. Januar 2020 geborene A.________ leidet an einer Hypospadie und Epispadie (Urogenitale Fehlbildung; Geburtsgebrechen Ziffer 352). Seine Eltern, B.A.________ und C.A.________, ersuchten die Invalidenversicherung am 21. Juli 2020 um Kostenübernahme der operativen Behandlung derselben bei Prof. Dr. med. B.________, Kinderchirugie, Klinik C.________, Deutschland. Am 23. September 2020 teilte die IV-Stelle Nidwalden den Eltern mit, der benötigte Eingriff sei auch in der Schweiz möglich, weshalb die Durchführung der Operation in Deutschland nicht als einfach und zweckmässig angesehen werden könne. In der Folge bestätigte die IV-Stelle mit Verfügung vom 14. Januar 2021 die Abweisung des Leistungsbegehrens in Form von Kostengutsprache für medizinische Massnahmen im Ausland. 
 
B.  
Die dagegen geführte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 27. September 2021 ab. 
 
C.  
Die Eltern von A.________ lassen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die IV-Stelle zu verpflichten, die Kosten im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung des Geburtsgebrechens Ziffer 352 bis zum Umfang, in welchem die Leistung in der Schweiz zu erbringen gewesen wäre, zu übernehmen. Die Sache sei zur Ergänzung des Sachverhalts bezüglich der in der Schweiz zu erbringenden Leistung und Feststellung der Höhe des Anspruchs auf Vergütung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die vorinstanzlichen Partei- und Gerichtskosten seien der IV-Stelle zu überbinden. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Fraglich ist vorab, ob der verfahrensrechtliche (Haupt-) Antrag des Beschwerdeführers ein neues und damit grundsätzlich unzulässiges Rechtsbegehren darstellt.  
 
1.2. Gemäss Art. 99 Abs. 2 BGG sind neue Begehren vor Bundesgericht unzulässig. Die Neuheit eines Begehrens bezieht sich auf den Streitgegenstand (BGE 136 V 362 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Streitgegenstand vor Bundesgericht kann nur sein, was die Vorinstanz überhaupt entschieden hat oder zu entscheiden gehabt hätte. Der Streitgegenstand kann vor Bundesgericht zwar eingeschränkt (minus), nicht aber ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden (BGE 142 I 155 E. 4.4.2; Urteil 2C_206/2019 vom 25. März 2021 E. 3.1). Ob dies der Fall ist, bemisst sich nach den im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Anträgen und dem Dispositiv des angefochtenen Urteils (BGE 144 V 210 E. 1.2; 136 V 362 E. 3.4.2 f.; Urteil 2C_1049/2020 vom 20. Dezember 2021 E. 1.2).  
Streitgegenständlich war im vorinstanzlichen Entscheid die Frage, ob die Beschwerdegegnerin für sämtliche Kosten hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Geburtsgebrechen Ziffer 352 durchgeführten medizinischen Massnahmen im Ausland aufzukommen hat. Der letztinstanzliche Antrag des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, die Kosten im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung des Geburtsgebrechens Ziffer 352 bis zum Umfang, in welchem die Leistung in der Schweiz zu erbringen gewesen wäre, weitet den Streitgegenstand weder aus noch ändert er ihn ab. Ein neues Rechtsbegehren im Sinne von Art. 99 Abs. 2 BGG liegt daher nicht vor, weshalb - da auch die übrigen Sachverhaltsvoraussetzungen erfüllt sind - auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1).  
 
2.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1). Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf (BGE 135 II 145 E. 8.1). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (BGE 142 II 369 E. 4.3; 129 I 8 E. 2.1). Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1; Urteil 9C_805/2016 vom 21. Juni 2017 E. 1.3 mit Hinweisen). Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2).  
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die einen Anspruch auf Kostenübernahme für medizinische Massnahmen im Ausland verneinende Verfügung der IV-Stelle vom 14. Januar 2021 bestätigte.  
 
3.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.  
 
3.3. Nach Art. 13 Abs. 1 IVG haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG) notwendigen medizinischen Massnahmen. Der Bundesrat bezeichnet die Gebrechen, für welche diese Massnahmen gewährt werden (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 IVG). Dies ist, gestützt auf den Verweis in Art. 3 IVV, in der hier anwendbaren Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV; SR 831.232.21; hier anwendbar und in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2021) und ihrem Anhang erfolgt. Gemäss Art. 2 Abs. 3 GgV gelten als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben. Erweist sich die Durchführung einer Eingliederungsmassnahme in der Schweiz als unmöglich, insbesondere weil die erforderlichen Institutionen oder Fachpersonen fehlen, so übernimmt die Versicherung die Kosten einer einfachen und zweckmässigen Durchführung im Ausland (Art. 9 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 23bis Abs. 1 IVV). Die Versicherung übernimmt die Kosten für die einfache und zweckmässige Durchführung medizinischer Massnahmen, die notfallmässig im Ausland durchgeführt werden (Art. 23bis Abs. 2 IVV). Wird eine Eingliederungsmassnahme aus anderen beachtlichen Gründen im Ausland durchgeführt, so vergütet die Versicherung die Kosten bis zu dem Umfang, in welchem solche Leistungen in der Schweiz zu erbringen gewesen wären (Art. 23bis Abs. 3 IVV).  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz erwog, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer an einer Hypospadie, einem invalidenversicherungsrechtlich anerkannten Geburtsgebrechen (Ziffer 352 Anhang GgV) leide und deswegen in Deutschland von Prof. Dr. med. B.________ nach der sog. Slit-like Mathieu Technik (SLAM) operiert worden sei. Die Hypospadie sei gerichtsnotorisch ein vergleichsweise häufig auftretendes und - laut entsprechenden Auskünften - in der Schweiz korrigierbares Geburtsgebrechen. Dr. med. D.________, Oberärztin an der Kinderchirurgie des Spitals E.________, habe ausdrücklich die routinemässige Durchführung von Hypospadiekorrekturen mittels Tubalurized incised plate (TIP) nach Snodgrass bestätigt. Auch die von der Beschwerdeführerin eingeholten Auskünfte bei den Dres. med. G.________ (Spital F._______) und H.________ (Klinik I.________) liessen auf nichts Gegenteiliges schliessen, sondern bestätigten eine mögliche Hypospadiekorrektur im Inland). Ob mit der in Deutschland von Prof. Dr. med. B.________ angewandten Methode gleichzeitig eine zufriedenstellende Korrektur der Penisschaftverkrümmung möglich sei und/oder vorhauterhaltend operiert werde, sei bei der Frage nach der Möglichkeit einer in der Schweiz durchführbaren Behandlung des Geburtsgebrechens irrelevant. Es lägen keine Hinweise für die Notwendigkeit der durchgeführten Operation in Deutschland vor, weshalb eine Kostengutsprache nach Art. 23bis Abs. 1 IVV ausscheide.  
Hinsichtlich der geltend gemachten beachtlichen Gründe für die Durchführung der Behandlung in Deutschland erwog die Vorinstanz, die Komplikationsrate bei der TIP-Technik betrage nach Literaturangabe von Dr. med. D.________ 10 %, wogegen Prof. Dr. med. B.________ bei der SLAM-Technik von einer 5 %-igen Komplikationswahrscheinlichkeit mit möglicher Korrektur anlässlich der zweiten Operation ausgehe. Dies suggeriere, dass sich die Angabe von 5 % lediglich auf die erste Operation beziehe. Jedenfalls sei die potenzielle Differenz von 5 % vernachlässigbar und stelle keinen beachtlichen Grund dar. Dass die von Prof. Dr. med. B.________ angewandte Methode die Vorhaut rekonstruiere und eine Beschneidung vermieden werden könne, stelle ebenso wenig einen beachtlichen Grund dar, da nur die im Einzelfall notwendige, aber genügende Versorgung von der Invalidenversicherung zu gewährleisten sei. Überdies bringe die SLAM-Methode nach Prof. med. B.________ zwei operative Eingriffe mit sich, und damit auch zwei Anästhesien, die bei Kleinkindern im ersten Lebensjahr nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Eine Rekonstruktion der Vorhaut sowie die optische Streckung sei aus Sicht des Betroffenen allenfalls wünschenswert, jedoch nicht notwendig. Eine Penisschaftverkrümmung (Chordee) könne überdies vorgängig nicht objektiviert werden. Prof. Dr. med. B.________ habe bestätigt, dass eine Chordee erst intraoperativ nach Erektionstest feststellbar sei. Für die Beantwortung der Frage, ob beachtliche Gründe bestanden hätten für die Operation in Deutschland, spiele das Vorliegen einer solchen damit keine Rolle. Eine Kostenübernahme bloss für die zweite Operation falle gemäss Art. 23bis Abs. 1 und 3 IVV ausser Betracht, da die gewählte Eingliederungsmassnahme als Ganzes zu beurteilen sei, unabhängig von den notwendigen einzelnen Behandlungsschritten. Hier sei zudem unmittelbar nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs mit der Behandlung begonnen worden, bevor ein Leistungsentscheid vorgelegen habe. 
 
4.2. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, der angefochtene Entscheid habe die Austauschbefugnis rechtsverletzend ausser Acht gelassen, die auch bei einer Behandlung im Ausland gelte. Die Beschwerdegegnerin habe danach die Kosten, wie sie für die notwendige Behandlung in der Schweiz angefallen wären, zu übernehmen. Es sei nicht gerechtfertigt, hierfür beachtliche Gründe nach Art. 23bis Abs. 3 IVV zu verlangen, wie dies die Vorinstanz getan habe. Überdies habe sie bei der Beurteilung, ob für die Wahl der SLAM-Methode beachtliche Gründe gemäss Art. 23bis Abs. 3 IVV vorgelegen hätten, nicht sämtliche einzubeziehenden Aspekte berücksichtigt (Penisschaftverkrümmung, vorhauterhaltende Operation) und gleichzeitig Umstände beachtet, die nicht hätten in die Beurteilung einfliessen dürfen (Anästhesieren im ersten Lebensjahr) sowie einzelne Punkte falsch beurteilt (Differenz der Komplikationsrate, Notwendigkeit einer Korrektur der Penisschaftverkrümmung und einer vorhauterhaltenden Operation).  
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer wendet sich zu Recht nicht gegen die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach in Bezug auf die streitige Behandlung der Hypospadie im Ausland die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach Art. 23bis Abs. 1 erster Halbsatz IVV ("Erweist sich die Durchführung einer Eingliederungsmassnahme in der Schweiz als unmöglich, insbesondere weil die erforderlichen Institutionen oder Fachpersonen fehlen,...") nicht gegeben sind. Zu prüfen sind hingegen die Voraussetzungen nach Art. 23bis Abs. 3 IVV.  
 
5.2. Rechtsprechungsgemäss sind beachtliche Gründe im Sinne von Art. 23bis Abs. 3 IVV lediglich solche von erheblichem Gewicht, was prognostisch zu beurteilen ist (BGE 143 V 190 E. 7.2; 110 V 99 E. 2). Andernfalls würde nicht nur Abs. 1 von Art. 23bis IVV bedeutungslos, sondern auch Art. 9 Abs. 1 IVG unterlaufen, wonach Eingliederungsmassnahmen (nur) "ausnahmsweise" im Ausland gewährt werden (vgl. vorstehende E. 3.3). So führt beispielsweise bei Vornahme einer komplizierten Operation der Umstand, dass eine spezialisierte Klinik im Ausland über mehr Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet verfügt, für sich allein noch nicht zu einer Anwendung von Art. 23bis Abs. 3 IVV. Wenn eine besonders seltene Krankheit vorliegt, mit welcher ein in der Schweiz tätiger Spezialist noch kaum konfrontiert wurde und deren Behandlung eine genaue Diagnose erfordert, ist Art. 23bis Abs. 3 IVV hingegen praxisgemäss anwendbar (SVR 2007 IV Nr. 12 S. 43, I 120/04 E. 4.1 mit weiteren Hinweisen). Beachtliche Gründe können sodann vorliegen, wenn die vorangegangenen, im Inland verfügbaren Therapien erfolglos waren, oder wenn ein durch die nachhaltige Empfehlung der behandelnden Ärzte geschaffenes alleiniges Vertrauen in die neue, im Inland nicht verfügbare Therapieform begründet wurde (SVR 2007 IV Nr. 12 S. 43, I 120/04 E. 4.2.1). Gemäss den Urteilen 8C_800/2009 vom 1. Juni 2010 E. 2.2.2 und I 601/06 vom 12. März 2008 E. 5.5.3 (mit Hinweisen) ist für die Gewährung einer Auslandbehandlung vorausgesetzt, dass vorgängig ärztlicherseits eine dringliche Empfehlung vorgelegen haben muss. Ergänzend sei auf das Kreisschreiben des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung (KSME), gültig ab 1. Juli 2020, Rz. 1239, verwiesen. Danach liegen beachtliche Gründe für die Durchführung medizinischer Massnahmen im Ausland insbesondere vor, wenn die Fortsetzung oder der Abschluss einer begonnenen Behandlung durch den gleichen Arzt nur im Ausland möglich ist, spezialisierte Kliniken im Ausland über mehr Erfahrung auf dem Gebiet für seltene und komplizierte Operationen und in der Nachbehandlung verfügen und dadurch das Operationsrisiko nachweislich deutlich vermindert werden kann, oder bei einem längeren Geschäfts- oder Sprachaufenthalt im Ausland.  
 
5.3. Wie die Vorinstanz willkürfrei feststellte, ist die medizinische Behandlung des vorliegenden Geburtsgebrechens in der Schweiz ohne Weiteres möglich. Unbestrittenermassen sind hierzu sowohl Behandlungsstellen als auch Fachpersonen vorhanden, zumal die Hypospadie eine häufige angeborene urologische Fehlbildung des Knaben ist. So steht ausser Frage, dass eine entsprechende Behandlung in der Schweiz regelmässig stattfindet. Hinweise darauf, dass eine Notwendigkeit für die Behandlung in Deutschland bestanden hätte oder dass eine Behandlung in der Schweiz unmöglich oder nicht ausführbar gewesen wäre, liegen nicht vor, was auch nicht geltend gemacht wird. Die Vorinstanz hat damit das Vorliegen von beachtlichen Gründen nach Art. 23bis Abs. 3 IVV bundesrechtskonform verneint. Auch wenn nachvollziehbare Motive zum Entscheid der Eltern, die operative Versorgung im Ausland mittels der SLAM-Methode durchführen zu lassen, vorliegen mögen, kann darin kein beachtlicher Grund im Sinne der soeben skizzierten Rechtsprechung gesehen werden. Dies gilt auch für die vorinstanzliche Verneinung eines beachtlichen Grundes bezüglich der ärztlicherseits angegebenen Komplikationsrate mit einer Differenz von 5 % und des Umstands, dass in der Schweiz mit der TIP-Methode nicht vorhauterhaltend operiert wird. Dass eine Rekonstruktion der Vorhaut für die Versorgung des Geburtsgebrechens notwendig ist, wird denn auch nicht behauptet. Nachdem fest steht, dass sich eine Penisschaftverkrümmung erst intraoperativ feststellen lässt und keine Hinweise bestehen, dass eine solche nur mit der SLAM- und nicht ebenso auch im Rahmen der TIP-Methode operativ versorgt werden kann, erkannte die Vorinstanz insgesamt in nicht zu beanstandender Weise, dass die Behandlung in Deutschland keine wesentlichen Vorteile im Sinne von Art. 23bis Abs. 3 IVV bietet. Den Feststellungen der Vorinstanz und ihren daraus gezogenen Schlüssen vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen und sie sind weder offensichtlich unrichtig noch sonstwie bundesrechtswidrig. Es ist nochmals zu betonen, dass die Invalidenversicherung nicht für die bestmögliche Versorgung aufzukommen hat, sondern nur für das, was im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (Urteil I 601/06 vom 12. März 2008 E. 5.5.1).  
 
6.  
Kein anderes Ergebnis hat die vom Beschwerdeführer angerufene Rechtsfigur der Austauschbefugnis als Anspruchsgrundlage zur Folge. Eingliederungsmassnahmen werden grundsätzlich in der Schweiz und nur ausnahmsweise, nach den soeben dargelegten, in Art. 23bis IVV restriktiv umschriebenen, Voraussetzungen, im Ausland gewährt (Art. 9 Abs. 1 IVG; BGE 145 V 266 E. 6.3.3). Rechtsprechungsgemäss schliesst diese gesetzgeberische Regelung eine Austauschbefugnis generell aus (SVR 2007 IV Nr. 12 S. 43, I 120/04 E. 8), was der Beschwerdeführer übersieht. Die Beschwerde ist insgesamt unbegründet. Es hat beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden. 
 
7.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs.1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht Nidwalden, Sozialversicherungsabteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Mai 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla