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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_283/2009 
 
Urteil vom 26. Oktober 2009 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jann Six, 
 
gegen 
 
Bezirksamt Bremgarten, Rathausplatz 3, Postfach, 
5620 Bremgarten. 
 
Gegenstand 
Hafturlaubsgesuch, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 30. September 2009 des Obergerichts des Kantons Aargau, 
Präsidium der Beschwerdekammer. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Bezirksamt Bremgarten führt gegen X.________ eine Strafuntersuchung wegen räuberischer Erpressung, einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerhandlung gegen das Ausländergesetz. X.________ befindet sich seit dem 10. Juli 2009 in Untersuchungshaft. Ihr Haftentlassungsgesuch vom 11. September 2009 wurde am 12. Oktober 2009 vom Bundesgericht letztinstanzlich abgewiesen (Verfahren 1B_279/2009). 
 
B. 
Mit Gesuch vom 28. September 2009 beantragte X.________ dem Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau, ihr einen Hafturlaub von drei Stunden zu gewähren, um mit Y.________ vor dem Regionalen Zivilstandsamt Mellingen das Ehevorbereitungsverfahren einleiten zu können. Eventuell sei Y.________, der zuständigen Zivilstandsbeamtin sowie der Dolmetscherin die Erlaubnis zu erteilen, das für das Ehevorbereitungsverfahren erforder-liche Gespräch im Bezirksgefängnis durchzuführen. 
Das Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts wies das Gesuch am 30. September 2009 ab, soweit es darauf eintrat. Es erwog, es sei aus dem Haftentlassungsverfahren aktenkundig, dass das Zivilstandsamt Mellingen mit Verfügung vom 25. August 2009 die erneute Ausstellung einer Trauungsermächtigung für die Eheschliessung zwischen Y.________ und X.________ im Hinblick auf das laufende Strafverfahren wegen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz (Eingehen einer Scheinehe gemäss Art. 118 Abs. 2 AuG) verweigert habe. Es bestehe daher zurzeit keine Notwendigkeit für ein weiteres Ehevorbereitungsverfahren und damit kein Anlass für die Gewährung von Hafturlaub. Für die Bewilligung von Besuchen im Bezirksgefängnis sei allein das Bezirksamt zuständig, weshalb auf das Eventualbegehren nicht einzutreten sei. 
 
C. 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diese obergerichtliche Präsidialverfügung aufzuheben und ihr Hafturlaub zur Durchführung des Ehevorbereitungsverfahrens zu gewähren. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
Das Bezirksamt Bremgarten und das Obergericht verzichten auf Vernehmlassung. Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. X.________ verzichtet auf Stellungnahme dazu. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Strafsache (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 BGG). Er schliesst das Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin nicht ab, ist mithin ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG. In der Verweigerung des Hafturlaubs liegt ein Nachteil, der sich naturgemäss nicht wiedergutmachen lässt (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene Entscheid sei "krass willkürlich" und verletze ihren von Art. 14 BV und Art. 8 EMRK garantierten Anspruch auf Eingehung einer Ehe. 
 
2.1 Die Beschwerdeführerin und Y.________ reichten am 6. März 2009 beim Regionalen Zivilstandsamt Mellingen ein Gesuch um Vorbereitung der Eheschliessung ein. Am 28. März 2009 stellte dieses fest, dass die Voraussetzungen für die Eheschliessung erfüllt seien und das Ehevorbereitungsverfahren abgeschlossen werden könne. Da die Trauung nicht in Mellingen stattfinden sollte, wurde Y.________ eine Trauungsermächtigung ausgestellt. Gestützt darauf hätte die Trauung zwischen dem 5. Juni und dem 27. August 2009 überall in der Schweiz vorgenommen werden können. Die Brautleute planten, am 10. Juli 2009 in Baden zu heiraten. Dazu kam es nicht, weil die Beschwerdeführerin (ebenso wie der Bräutigam) kurz vor der geplanten Trauung verhaftet wurde. 
 
2.2 Unbestritten ist, dass der erfolgreiche Abschluss des Ehevorbereitungsverfahrens den Brautleuten am 28. März 2009 mitgeteilt wurde und sie danach gemäss Art. 100 Abs. 1 ZGB längstens drei Monate Zeit hatten, sich trauen zu lassen. Die Frist ist unbenützt abgelaufen, weshalb die Beschwerdeführerin und Y.________, um heiraten zu können, eine neues Vorbereitungsverfahren bestehen müssen. Die Beschwerdeführerin liess am 28. September 2009 ein entsprechendes Gesuch stellen. Dessen Behandlung setzt nach Art. 98 Abs. 2 ZGB grundsätzlich das persönliche Erscheinen der Brautleute auf dem Zivilstandsamt voraus. 
 
2.3 In der Zwischenzeit hat das Bezirksamt Bremgarten indessen den Verdacht geschöpft, die Beschwerdeführerin und Y.________ könnten eine Scheinehe zur Umgehung des Ausländerrechts im Sinn von Art. 97a ZGB planen und die Kantonspolizei beauftragt, den Bräutigam wegen Widerhandlung im Sinn von Art. 118 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (SR 142.20) zu verzeigen. Das Regionale Zivilstandsamt Mellingen hat von dieser Verzeigung Kenntnis. Nach Art. 97a Abs. 1 ZGB hat der Zivilstandsbeamte auf ein Gesuch um Einleitung des Vorbereitungsverfahrens nicht einzutreten, wenn die Brautleute offensichtlich keine Lebensgemeinschaft eingehen, sondern zur Umgehung des Ausländerrechts eine Scheinehe abschliessen wollen. Er hat dazu die Brautleute anzuhören und ist befugt, bei Behörden und Drittpersonen Auskünfte einzuholen Art. 97a Abs. 2 ZGB
 
2.4 Bei dieser Sach- und Rechtslage erscheint es ausgeschlossen, dass das Regionale Zivilstandsamt Mellingen das Ehevorbereitungsverfahren in Kenntnis der erwähnten Verzeigung abschliessen könnte, bevor der Verdacht auf Scheinehe im Strafverfahren ausgeräumt ist. Es wird somit ohnehin dessen Abschluss abwarten müssen, und zwar gleichgültig darum, ob die Brautleute jetzt oder später um die Einleitung des Ehevorbereitungsverfahren ersuchen. 
Nicht auszuschliessen ist zudem, dass das für die Einleitung des Ehevorbereitungsverfahrens erforderliche persönliche Gespräch unter Umständen auch im Gefängnis durchgeführt werden kann, sofern sich das Zivilstandsamt darauf einlässt und die Teilnehmer die erforderlichen Besuchsbewilligungen erhalten. Dies ist offen, nachdem sich die obergerichtliche Beschwerdekammer als für die Behandlung der entsprechenden Gesuche nicht zuständig erklärt hat. Die Beschwerdeführerin kritisiert das obergerichtliche Nichteintreten auf ihren Eventualantrag zwar, nennt aber keine stichhaltigen Gründe, weshalb das Obergericht sie für die Behandlung ihrer Gesuche um Besuchsbewilligungen nicht an das dafür zuständige Bezirksamt hätte verweisen sollen. 
 
2.5 Es steht somit keineswegs fest, dass die Beschwerdeführerin nicht umgehend, allenfalls noch während der Untersuchungshaft, ein weiteres Ehevorbereitungsverfahren wird einleiten können. Unter diesen Umständen ist der angefochtene Entscheid, mit welchem der Beschwerdeführerin ein Sachurlaub für die Einleitung des Vorbereitungsverfahrens verweigert wird, jedenfalls im Ergebnis haltbar und verstösst nicht gegen das Willkürverbot von Art. 9 BV. Da er die angestrebte Eheschliessung der Beschwerdeführerin nicht oder jedenfalls höchstens kurzzeitig verzögert, ist er auch unter dem Gesichtspunkt der Ehefreiheit von vornherein nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet. 
 
3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches indessen abzuweisen ist, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Bezirksamt Bremgarten und dem Obergericht des Kantons Aargau, Präsidium der Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 26. Oktober 2009 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Störi