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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 319/03 
 
Urteil vom 28. September 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Parteien 
CSS Versicherung, Abteilung Recht & Compliance, Rösslimattstrasse 40, 6002 Luzern, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin, 
 
betreffend B.________, 1946 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Beschluss vom 24. Oktober 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 2. April 2003 stellte die Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend "Winterthur") die aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 15. Juli 1992 an B.________, geboren 1946, erbrachten Leistungen ein und erklärte, die Kosten der ab Mitte November 1992 erbrachten Heilbehandlung, soweit nicht verjährt, vom Krankenversicherer zurückfordern zu wollen. Dies bestätigte die "Winterthur" mit Einspracheentscheid vom 16. Juni 2003, wobei sie aber auf die Rückforderung der erbrachten Leistungen verzichtete. 
B. 
Die CSS als Krankenversicherer der B.________ erhob mit Eingabe vom 8. Oktober 2003 dagegen Beschwerde. Mit Entscheid vom 24. Oktober 2003 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde wegen verspäteter Eingabe nicht ein. 
C. 
Die CSS führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die rechtzeitige Erhebung der erstinstanzlichen Beschwerde festzustellen und das kantonale Gericht anzuweisen, darauf einzutreten. 
 
Die "Winterthur", B.________ und das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und Unfallversicherung (seit dem 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), verzichten jeweils auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 OG in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b OG sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
2.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es unter anderem ein einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt und die Rechtspflege regelt (Art. 1 Ingress und lit. b ATSG). Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen finden sich im 4. Kapitel. Dessen 2. Abschnitt (Art. 34 ff. ATSG) regelt das Sozialversicherungsverfahren und enthält in Art. 38 die Vorschriften über die Berechnung und den Stillstand der Fristen. Nach Abs. 4 dieser Norm stehen gesetzliche oder behördliche Fristen, die nach Tagen oder Monaten bestimmt sind, still: 
a. vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern; 
b. vom 15. Juli bis und mit dem 15. August; 
c. vom 18. Dezember bis und mit dem 1. Januar. 
Im 3. Abschnitt des 4. Kapitels des ATSG finden sich die Bestimmungen zum Rechtspflegeverfahren, wozu auch Art. 60 ATSG gehört. Danach ist die Beschwerde innerhalb von dreissig Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen (Abs. 1). Die Artikel 38 bis 41 sind sinngemäss anwendbar (Abs. 2). 
2.2 Nach Art. 1 Abs. 1 UVG in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung sind die Bestimmungen des ATSG auf die Unfallversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Sie finden keine Anwendung in den in Absatz 2 dieser Vorschriften genannten, hier nicht einschlägigen Bereichen. Art. 106 UVG in der ab Januar 2003 geltenden Fassung ordnet die "Besondere Beschwerdefrist" wie folgt: In Abweichung von Artikel 60 ATSG beträgt die Beschwerdefrist bei Einspracheentscheiden über Versicherungsleistungen drei Monate. 
2.3 Nach der Rechtsprechung sind neue Verfahrensvorschriften vorbehältlich anders lautender Übergangsbestimmungen in der Regel mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar (BGE 129 V 115 Erw. 2.2. mit Hinweisen). Art. 82 Abs. 2 ATSG enthält eine hier einschlägige übergangsrechtliche Regelung formeller Natur: Gemäss dieser Norm haben die Kantone ihre Bestimmungen über die Rechtspflege diesem Gesetz innerhalb von fünf Jahren nach seinem In-Kraft-Treten anzupassen; bis dahin gelten die bisherigen kantonalen Vorschriften. 
Die im ATSG enthaltenen sowie die gestützt darauf im UVG auf den 1. Januar 2003 geänderten Verfahrensbestimmungen mit Bezug auf das gerichtliche Rechtsmittelverfahren sind deshalb hier grundsätzlich zu berücksichtigen (noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichte Urteile Z. und M. vom 26. August 2005, U 268/03, Erw. 3.3, und U 308/03, Erw. 2.3). 
2.4 Im Kanton Zürich wird das Verfahren in sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeiten durch das Gesetz über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVGer; LS 212.81) geregelt. Dieses bestimmt in § 13 in der bis Ende 2004 geltenden Fassung, dass "die gesetzlichen und richterlichen Fristen, die nach Tagen bestimmt sind", stillstehen 
a) vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern, 
b) vom 15. Juli bis und mit dem 15. August, 
c) vom 18. Dezember bis und mit dem 1. Januar. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich erkannte in einem früheren Entscheid, dass diese Norm nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck sowie den Besonderheiten des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens nach UVG (längere Beschwerdefrist, vorausgehendes Einspracheverfahren) auf die nach Monaten bestimmte Frist des Art. 106 Abs. 1 UVG nicht anwendbar sei. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat diese Beurteilung weder als willkürlich befunden noch darin einen Verstoss gegen Bundesrecht erblickt, nachdem seinerzeit gegen den kantonalen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben worden war (SVR 1998 UV Nr. 10 S. 27 Erw. 2c; vgl. noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil M. vom 26. August 2005, U 308/03, Erw. 2.4). 
3. 
3.1 Das kantonale Gericht geht davon aus, dass während der fünfjährigen Übergangsfrist gemäss Art. 82 Abs. 2 ATSG die kantonalen Rechtspflegebestimmungen denjenigen des ATSG vorgingen. Somit sei auf § 13 GSVGer abzustellen, welcher jedoch für nach Monaten bestimmte Fristen keinen Fristenstillstand vorsehe. In der Folge sei die Beschwerde verspätet erhoben worden. 
 
Die CSS ist demgegenüber der Auffassung, Art. 60 Abs. 2 ATSG erkläre die Art. 38 bis 41 ATSG für sinngemäss anwendbar, so dass der Fristenstillstand durch die Bestimmungen des ATSG geregelt werde und für abweichende kantonale Normen kein Raum mehr sei. Weiter lasse die Regelung des Fristenstillstandes in Art. 38 Abs. 4 ATSG den Kantonen keinen Ermessenspielraum für eine eigene Regelung, weshalb auch keine fünfjährige Anpassungszeit notwendig sei (anders z.B. für die Einführung des Versicherungsgerichtes als einziger Instanz gemäss Art. 57 ATSG). Schliesslich führe eine teleologische Auslegung des § 13 GSVGer ZH ebenfalls zum Ergebnis, dass der Fristenstillstand auch für nach Monaten berechnete Fristen gelte. 
3.2 Der Wortlaut des Art. 82 Abs. 2 ATSG ist insoweit klar, als Gegenstand der übergangsrechtlichen Ordnung bisherige kantonalrechtliche Bestimmungen zur Rechtspflege sind und sich die Übergangsfrist auf die Art. 56 bis 61 ATSG bezieht. Davon erfasst ist daher auch Art. 60 ATSG über die Beschwerdefrist, der in Abs. 2 die Art. 38 bis 41 ATSG für sinngemäss anwendbar erklärt. Art. 38 Abs. 4 ATSG normiert, wann gesetzliche oder behördliche Fristen, die nach Tagen oder Monaten bestimmt sind, still stehen. Die primäre Bedeutung des Art. 82 Abs. 2 ATSG liegt darin, dass die kantonalrechtlichen Verfahrensvorschriften über den 1. Januar 2003 hinaus Geltung beanspruchen dürfen und dass sich das Beschwerdeverfahren bis zur Änderung der kantonalen Gerichtsorganisation, spätestens bis zum 31. Dezember 2007, nach kantonalem Verfahrensrecht richtet. Darin erschöpft sich nun allerdings die Bedeutung des Art. 82 Abs. 2 ATSG nicht, denn mit dieser Norm wird auch die intertemporalrechtliche Anwendbarkeit der Rechtspflegebestimmungen der Art. 56 ff. ATSG entsprechend eingeschränkt, und zwar in dem Masse, als es den Kantonen erlaubt wird, gestützt auf Art. 82 Abs. 2 ATSG an ihren - allenfalls mit den Rechtspflegebestimmungen des ATSG kollidierenden - Verfahrensnormen festzuhalten. Dies wird durch die Materialien bestätigt (zum Ganzen: noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichte Urteile Z. und M. vom 26. August 2005, U 268/03, Erw. 5.2, und U 308/03, Erw. 4.2). 
 
Mit der einzigen verfahrensrechtlichen Übergangsbestimmung des Art. 82 Abs. 2 ATSG hat sich der Gesetzgeber für eine kantonal unterschiedliche Verfahrensordnung während längerer Zeit entschieden, auch wenn - wie die Beschwerde führende CSS grundsätzlich zu Recht vorbringt - die Regelung des Fristenstillstandes den Kantonen keinen grossen Spielraum lässt und sie zur Anpassung ihrer entsprechenden Gesetze hinsichtlich Fristenstillstand kaum fünf Jahre Zeit brauchen werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber auch in Kauf genommen, dass der Fristenstillstand in der Sozialversicherungsrechtspflege (zumindest während der Übergangsfrist) je nach kantonaler Verfahrensordnung unterschiedlich ausfällt. Es geht nicht darum, dass die Kantone damit befugt wären, über das In-Kraft-Treten des Bundesrechts zu bestimmen, denn spätestens am 1. Januar 2008 müssen die kantonalen Regelungen an das ATSG angepasst worden sein; der Bundesgesetzgeber hat die intertemporalrechtliche Weichenstellung in Art. 82 Abs. 2 ATSG vorgenommen. Das ATSG ist zwar darauf angelegt, dass formelle Bestimmungen (z.B. für das Verwaltungsverfahren) grundsätzlich sofort in Kraft treten, jedoch besteht eine Ausnahme in Art. 82 Abs. 2 ATSG, welche für das Rechtspflegeverfahren zwingend ist, auch wenn damit während der Übergangszeit das angestrebte Ziel der Rechtseinheit (noch) nicht erreicht wird. Die Argumentation mit Sinn und Zweck des ATSG (die CSS erwähnt die einheitliche Fristenregelung) ist in diesem Zusammenhang untauglich, weil dieses Auslegungselement im intertemporalrechtlichen Kontext nicht mit der Wünschbarkeit einer einheitlichen Regelung der Fristberechnung inkl. Fristenstillstand gleichgesetzt werden darf (noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil M. vom 26. August 2005, U 308/03, Erw. 4.3). 
3.3 Die "bisherigen kantonalen Vorschriften" über die Rechtspflege im Sinne des Art. 82 Abs. 2 Satz 2 ATSG umfassen nicht nur bisherige positive, sondern auch negative kantonale Regelungen, da es sich in beiden Fällen um bisherige kantonale Vorschriften handelt, unabhängig davon, ob der Kanton ein Rechtsinstitut gesetzlich normiert hat oder nicht (noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichte Urteile Z. und M. vom 26. August 2005, U 268/03, Erw. 5.2, und U 308/03, Erw. 4.2, jeweils mit Hinweisen auf die Materialien). Da der Kanton Zürich für die nach Monaten bestimmten Fristen bis Ende 2004 keine Regelung des Fristenstillstandes kannte - mithin eine negative Regelung aufwies - und ihm von Gesetzes wegen fünf Jahre zustehen, um den in Art. 60 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 ATSG auch für solche Fristen vorgesehenen Fristenstillstand einzuführen, gilt diese (negative) Regelung spätestens bis Ende Dezember 2007 resp. bis zur vorher erfolgten Einführung des Fristenstillstandes auch für die nach Monaten bestimmten Fristen auf Januar 2005 hin (noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil M. vom 26. August 2005, U 308/03, Erw. 4.2). 
 
§ 13 Abs. 3 GSVGer ZH in der bis Ende 2004 geltenden Fassung unterwirft lediglich die nach Tagen bestimmte Frist dem Fristenstillstand. Daraus hat sich eine konstante zürcherische und vom Eidgenössischen Versicherungsgericht geschützte Praxis entwickelt, dass Monatsfristen wie diejenige von drei Monaten gemäss Art. 106 Abs. 1 UVG in der bis Ende 2002 gültigen Fassung dem Regime des Fristenstillstandes nicht unterworfen sind (SVR 1998 UV Nr. 10 S. 27 Erw. 2c). Es ist nicht Sache des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, § 13 Abs. 3 GSVGer ZH in diesem Verfahren anders als bisher auszulegen, ist doch in einem früheren Verfahren bereits entschieden worden, dass die entsprechende Regelung keine Bundesrechtsverletzung (vgl. Art. 104 lit. a OG) darstellt, abgesehen davon, dass die von der CSS gewünschte Auslegung eine grundsätzlich verpönte Auslegung contra legem darstellen würde. Die negative Regelung der Monatsfristen in § 13 Abs. 3 GSVGer ZH hat längstens bis Ende 2007 resp. bis zur vorher erfolgten Einführung des Fristenstillstands für Monatsfristen Bestand und ist deshalb hier massgebend. Das kantonale Gericht hat für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich festgestellt, dass die erstinstanzliche Beschwerde am 8. Oktober - und damit nach Ablauf der dreimonatigen Beschwerdefrist - eingereicht worden ist. Die Vorinstanz ist deshalb zu Recht darauf nicht eingetreten. 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses sind die Kosten der unterliegenden CSS aufzuerlegen (Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 500.-- werden der Beschwerde führenden CSS auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Gesundheit und B.________ zugestellt. 
Luzern, 28. September 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
i.V.