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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 293/05 
 
Urteil vom 27. März 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Parteien 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
L.________, 1957, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hoppler, Freyastrasse 21, 8004 Zürich 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Beschluss vom 20. Juli 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
L.________, geboren 1957, war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert, als sie sich am 24. März 2000 bei einem Treppensturz verletzte. Am 14. Februar 2005 hiess die SUVA die Einsprache gegen die Verfügung vom 30. Juli 2004 insoweit teilweise gut, als sie für die Dauer vom 1. April 2002 bis 31. Dezember 2003 unfallbedingt eine volle Arbeitsunfähigkeit anerkannte und im Übrigen die verfügte Einstellung der gesetzlichen Versicherungsleistungen (Taggeld per 31. Dezember 2003 und Heilbehandlung per 30. Juni 2004) bestätigte. 
B. 
Dagegen liess L.________ am 30. Mai 2005 Beschwerde einreichen. In der auf die Frage der Rechtzeitigkeit beschränkten Beschwerdeantwort beantragte die SUVA Nichteintreten auf das Rechtsmittel sowie die Sistierung des Verfahrens bis auf Weiteres. Mit Zwischenentscheid vom 20. Juli 2005 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde ein (Dispositiv-Ziffer 1), lehnte das Sistierungsgesuch ab (Dispositiv-Ziffer 2) und setzte der SUVA Frist zur materiellen Stellungnahme (Dispositiv-Ziffer 3). 
C. 
Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. 
 
Während L.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich zunächst gegen den Beschluss vom 20. Juli 2005, mit welchem das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich unter Annahme der Rechtzeitigkeit auf die Beschwerde der Versicherten vom 30. Mai 2005 eingetreten ist (Dispositiv-Ziffer 1). Da dieser Zwischenentscheid der selbstständigen Anfechtbarkeit unterliegt (SVR 1998 UV Nr. 10 S. 26 Erw. 1b mit Hinweisen; in BGE 131 V 314 nicht publizierte Erw. 1 des Urteils Z. vom 26. August 2005 [U 268/03]), ist - nachdem auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind - auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insoweit einzutreten. 
1.2 Soweit sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SUVA gegen die Ablehnung des im vorinstanzlichen Verfahren mit Beschwerdeantwort vom 14. Juni 2005 gestellten Sistierungsgesuchs (Dispositiv-Ziffer 2 des genannten Zwischenentscheids) richtet, fehlt es an einem für die selbstständige Anfechtbarkeit vorausgesetzten irreparablen Nachteil. Im Zusammenhang mit der Einstellung von vorinstanzlichen Prozessen bis zum Abschluss anderer hängiger Verfahren, von deren Ausgang auch die Beurteilung der sistierten Fälle abhängt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Eintretensvoraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils regelmässig verneint (BGE 97 V 248 f., AHI 1999 S. 138 ff., SVR 1996 IV 93 S. 281 ff., Urteil W. vom 7. Mai 2002 [I 124/02] Erw. 1). Im Übrigen ist dem Sistierungsgesuch die Grundlage entzogen, nachdem das Eidgenössische Versicherungsgericht die Frage nach dem Fristenstillstand gemäss ATSG bei mehrmonatigen Beschwerdefristen in seinem in BGE 131 V 314 teilweise publizierten Grundsatzurteil beantwortet hat. Fehlt es demnach in Bezug auf die Anfechtung des Zwischenentscheids betreffend die Ablehnung des Sistierungsgesuchs an einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten. 
2. 
Da es sich beim angefochtenen kantonalen Zwischenentscheid über die Eintretensfrage nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 OG in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b OG sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
3. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die dreimonatige Beschwerdefrist gemäss Art. 106 UVG sowie den im erstinstanzlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtenden Fristenstillstand nach Art. 60 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 ATSG (vgl. dazu BGE 131 V 327 Erw. 4 mit Hinweisen und Thomas Ackermann, Fristenstillstand gemäss ATSG im kantonalen Rechtspflegeverfahren, in: ZBJV 2005 S. 810 ff.]) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
4. 
Streitig ist die Einhaltung der Beschwerdefrist im kantonalen Verfahren. 
4.1 Das kantonale Gericht ist der Auffassung, dass der Fristenstillstand in Bezug auf die mehrmonatige Frist nach Art. 106 UVG anwendbar sei. Unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes über Ostern sei die Beschwerde deshalb am 30. Mai 2005 rechtzeitig erhoben worden. 
 
Die Beschwerde führende SUVA ist demgegenüber der Ansicht, dass die Fristenstillstandsbestimmung des Art. 38 Abs. 4 ATSG im Rechtspflegeverfahren der Unfallversicherung keine Geltung habe. Zwar erkläre Art. 60 ATSG die Verfahrensbestimmungen der Art. 38 bis 41 ATSG als sinngemäss anwendbar, jedoch werde diese Bestimmung durch Art. 106 UVG derogiert, welcher "in Abweichung von Art. 60 ATSG" eine Beschwerdefrist von drei Monaten vorsehe. Das kantonale Gericht sei sich selber nicht im Klaren, auf welche Fristenstillstandsbestimmungen es sich berufen solle. Während es hier Art. 38 Abs. 4 ATSG heranziehe, stütze sich eine andere Kammer desselben Gerichts in zwei analogen Fällen auf die kantonale Bestimmung im Sinne von § 13 Abs. 3 GSVGer. Allein schon diese gerichtsintern widersprüchliche Praxis zeige auf, dass der vorinstanzlichen Rechtsauffassung nicht gefolgt werden könne. 
4.2 In BGE 131 V 325 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht erkannt, dass der Fristenstillstand gemäss ATSG auf mehrmonatige Beschwerdefristen während der Übergangsfrist nach Art. 82 Abs. 2 ATSG solange keine Anwendung findet, bis die kantonalen Regelungen dies in Anpassung an das ATSG entsprechend vorsehen (vgl. BGE 131 V 327 Erw. 4.3 f.). Im Kanton Zürich erfolgte diese Anpassung des § 13 Abs. 3 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVGer; LS 212.81) mit Novelle vom 30. August 2004. Da die Änderung des § 13 Abs. 3 GSVGer am 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt worden ist, gilt folglich der Fristenstillstand für mehrmonatige Fristen grundsätzlich ab diesem Zeitpunkt. Dies korreliert mit der Grundregel, dass neue Verfahrensvorschriften mangels anders lautender Übergangsbestimmungen mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar sind (BGE 130 V 4 Erw. 3.2). 
4.3 Zu Recht weist die SUVA in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf die uneinheitliche vorinstanzliche Praxis betreffend Anwendung der kantonal- oder bundesrechtlichen Fristenstillstandsbestimmung hin. Auch nach Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 ist in Bezug auf die kantonale Sozialversicherungsrechtspflege über die fünfjährige Übergangsfrist gemäss Art. 82 Abs. 2 ATSG hinaus in erster Linie kantonales Verfahrensrecht massgebend (BGE 130 V 324 Erw. 2.1, Urteil P. vom 20. Oktober 2005 [U 127/04] Erw. Erw. 5.4). Entgegen dem angefochtenen Entscheid richtet sich daher der Fristenstillstand nach § 13 Abs. 3 GSVGer. Dies ändert jedoch hier mit Blick auf die seit 1. Januar 2005 im Kanton Zürich geltende Rechtslage nichts daran, dass der Fristenstillstand - unabhängig davon, ob sich dieser nach § 13 Abs. 3 GSVGer oder Art. 38 Abs. 4 ATSG bestimmt - auch betreffend die Dreimonatsfrist im Sinne von Art. 106 UVG zu beachten ist. Demnach konnte das kantonale Gericht im Ergebnis ohne Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) davon ausgehen, dass der Fristenstillstand seit 1. Januar 2005 nach den materiell identischen Bestimmungen im Sinne von Art. 38 Abs. 4 ATSG und § 13 Abs. 3 GSVGer neu auf sämtliche gesetzlichen und richterlichen Fristen - also auch auf die nach Monaten bestimmte Frist im Sinne von Art. 106 UVG - anwendbar ist. 
4.4 Die Vorinstanz hat für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich festgestellt (Art. 105 Abs. 2 OG), dass der Einspracheentscheid am 15. Februar 2005 zugestellt und die Beschwerde am 30. Mai 2005 eingereicht worden ist. Wegen des Fristenstillstandes über Ostern (§ 13 Abs. 3 lit. a GSVGer in der ab Januar 2005 geltenden Fassung; zur Anwendbarkeit des kantonalen Rechts: BGE 130 V 320) verlängert sich die Rechtsmittelfrist um fünfzehn Tage (BGE 131 V 321 Erw. 4.6), so dass die erstinstanzliche Beschwerde rechtzeitig erhoben worden und das kantonale Gericht zu Recht darauf eingetreten ist. 
5. 
Dem Prozessausgang entsprechend ist die Beschwerde führende SUVA kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 134 OG e contrario; Art. 135 OG in Verbindung Art.156 Abs. 1 OG und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 27. März 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: