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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
B 105/03 
 
Urteil vom 14. März 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Widmer 
 
Parteien 
Vorsorgestiftung Z.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle Vetter-Schreiber, Seestrasse 6, 8002 Zürich, 
 
gegen 
 
W.________, 1980, Beschwerdegegner, vertreten durch die Winterthur-ARAG Rechtsschutz, Gartenhofstrasse 17, 8004 Zürich 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 3. Oktober 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1980 geborene W.________ leidet an angeborener Epilepsie (Ziff. 387 GgV-Anhang). Die Invalidenversicherung erbrachte verschiedene Leistungen zur Behandlung des Geburtsgebrechens, übernahm die Transportkosten zum Besuch der Volksschule (Oberstufensonderschule) sowie die Kosten für das Berufsvorbereitungsjahr und eine Anlehre als Holzbearbeiter im Rahmen der erstmaligen beruflichen Ausbildung in der Eingliederungsstätte X.________ vom 11. August 1997 bis 10. August 1999. Ferner gab sie dem Versicherten, der seit Kindheit an Innenohrschwerhörigkeit litt, ein Hörgerät ab. 
Am 1. August 1999 trat W.________ bei der AG H.________ eine Stelle als Zimmereiarbeiter an und war bei der Vorsorgestiftung Z.________ für die berufliche Vorsorge versichert. Nachdem er der Arbeit aus gesundheitlichen Gründen vom 2. bis 27. August 2000 hatte fernbleiben müssen, wurde das Anstellungsverhältnis in gegenseitigem Einvernehmen auf den 30. November 2000 aufgelöst. Mit Verfügung vom 15. Juni 2001 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich W.________ ab 1. Juli 2001 bei einem Invaliditätsgrad von 75 % eine ganze Invalidenrente zu. 
Mit Schreiben vom 1. Oktober und 6. Dezember 2001 lehnte die Vorsorgestiftung Z.________ das Gesuch des Versicherten um Ausrichtung von Invalidenleistungen aus der beruflichen Vorsorge ab. 
B. 
In Gutheissung der von W.________ am 28. August 2002 eingereichten Klage verpflichtete das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Vorsorgestiftung mit Entscheid vom 3. Oktober 2003, dem Versicherten ab 9. März 2003 auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 75 % eine Invalidenrente im Sinne der Erwägungen, zuzüglich Zins zu 5 % auf den seit Rentenbeginn bis zur Eröffnung des Entscheides fällig gewordenen Rentenbetreffnissen, auszurichten. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Vorsorgestiftung, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben; eventuell sei sie zu verpflichten, dem Versicherten ab 9. März 2003 bei einem Invaliditätsgrad von 75 % eine Invalidenrente aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge auszurichten. 
Während W.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Anspruch auf Invalidenleistungen aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 Abs. 1 BVG), den Umfang des Invalidenrentenanspruchs (Art. 24 Abs. 1 BVG), den Beginn des Anspruchs (Art. 26 Abs. 1 BVG in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 IVG) sowie die Rechtsprechung zur Abgrenzung der Leistungspflicht bei Übertritt eines Versicherten in eine neue Vorsorgeeinrichtung (BGE 123 V 264 Erw. 1c, 120 V 117 f. Erw. 2c) richtig dargelegt. Ebenso hat das kantonale Gericht zutreffend festgehalten, dass der Beschluss der Invalidenversicherung betreffend Zusprechung einer ganzen Rente an den Versicherten für die Beschwerdeführerin nicht bindend ist, der Invaliditätsgrad und der Beginn der Arbeitsunfähigkeit vielmehr frei zu prüfen sind, nachdem die Vorsorgeeinrichtung nicht in das iv-rechtliche Verfahren einbezogen worden ist (BGE 129 V 73 ff.). Darauf kann verwiesen werden. 
Zu verdeutlichen ist, dass im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge das Versicherungsprinzip gilt (BGE 123 V 262; Urteil M. vom 15. Juli 2003, B 40/01; unveröffentlichte Urteile B. vom 29. Januar 1998, B 17/97 und B. vom 7. Oktober 1998, B 48/97). Tritt eine Person, welche bereits Bezügerin einer Invalidenrente ist, einer Vorsorgeeinrichtung bei, so haftet diese bei einer Verschlechterung des vorbestandenen Gesundheitszustandes nicht. Dies gilt sowohl, wenn die Person vor dem Anschluss an die Vorsorgeeinrichtung im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit keiner Pensionskasse angehörte (z.B. wegen eines Geburtsgebrechens, unveröffentlichtes Urteil B. vom 7. Oktober 1998, B 48/97), als auch wenn eine teilzeitbeschäftigte Person im bisherigen Rahmen weiterarbeitet und für den nicht versicherten Aufgabenbereich eine halbe Invalidenrente erhält (SZS 2001 S. 85; Urteil M. vom 15. Juli 2003, B 40/01). Ebenso hat eine Person, die vor ihrer Unterstellung unter das BVG bereits teilweise arbeitsunfähig war, keinen Anspruch auf Leistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge, wenn sich dieser vorbestandene Gesundheitszustand nach dem Eintritt in die Vorsorgeeinrichtung verschlechtert. Vorausgesetzt ist, dass die vorbestandene Arbeitsunfähigkeit erheblich ist, was zutrifft, wenn sie mindestens 20 % beträgt (unveröffentlichte Urteile B. vom 21. Januar 1998, B 17/97 und B. vom 7. Oktober 1998, B 48/97). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdegegner bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, welche eine Invalidität zur Folge hatte und zur Zusprechung einer ganzen Rente der Invalidenversicherung ab 1. Juli 2001 führte, bei der Vorsorgestiftung Z.________ versichert war. 
Wie die Vorinstanz in einlässlicher und sorgfältiger Würdigung der Akten der Invalidenversicherung festgestellt hat, war der Beschwerdegegner wegen des Geburtsgebrechens seit früher Kindheit in verschiedener Hinsicht beeinträchtigt. Er litt an verzögerter Entwicklung, Wahrnehmungsstörungen mit Schulschwierigkeiten, kognitiven Defiziten sowie beidseitiger Schwerhörigkeit und erlitt mehrere Hörstürze. Die Medikamente zur Behandlung der Epilepsie konnten 1995 abgesetzt werden. Seither traten keine Anfälle mehr auf. Am 10. August 1999 beendete der Versicherte die von der Invalidenversicherung als erstmalige berufliche Ausbildung übernommene Anlehre zum Holzbearbeiter mit Erfolg. Am 1. August 1999 konnte er bei der AG H.________ zu einem Monatslohn von Fr. 2900.- eine Stelle als Zimmereiarbeiter antreten. Ab 2. August 2000 musste er krankheitsbedingt der Arbeit fernbleiben und psychiatrisch behandelt werden. Am 28. August 2000 konnte er seine Tätigkeit wieder aufnehmen, benötigte aber nach wie vor psychiatrische Betreuung, und auf Ende November 2000 wurde das Anstellungsverhältnis einvernehmlich aufgelöst. Der Psychiater Dr. med. Y.________ diagnostizierte im Bericht vom 19. September 2000 zuhanden der Invalidenversicherung nebst verschiedenen schwerwiegenden Beeinträchtigungen seit der Geburt wiederholte depressive Episoden im Rahmen einer schwierigen psychosozialen Belastungssituation und assoziierten Erkrankungen aus dem ORL-Bereich und führte aus, dass der Beschwerdegegner während der Anstellung auf dem Bau mehrere Hörstürze und einen schweren Sturz vom Baugerüst erlitten habe. Er sei mit der Arbeit überfordert gewesen und habe immer mehr Hilfsarbeiten ausführen müssen, was er als kränkend und herabsetzend erlebt habe. Dadurch sei es zu einer zunehmenden depressiven Verstimmung gekommen, zeitweilig mit aggressiven Ausbrüchen gegen andere und gegen sich selbst gerichtet. Die Arbeitsfähigkeit sei durch depressive Antriebslosigkeit und Konzentrationsstörungen schwerwiegend beeinträchtigt und bezüglich Ausdauer herabgesetzt. Die Übernahme von selbst kleinen Arbeiten sei nicht möglich, und die Verständigung mit Mitarbeitern sei erschwert. Eine Arbeitsfähigkeit in einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit erachtete Dr. Y.________ nur zu einem kleinen Prozentsatz als gegeben. Die gegenwärtige Anstellungssituation wirke eher im Sinne eines vermehrten Stresses für den Versicherten. 
3. 
3.1 Der Beschwerdegegner war von Geburt an gesundheitlich beeinträchtigt und bezog deswegen verschiedene Leistungen der Invalidenversicherung, u.a. absolvierte er eine Anlehre in einer Eingliederungsstätte der Invalidenversicherung, kam eine Berufsausbildung in der freien Wirtschaft doch nicht in Frage. Damit dürfte es zusammenhängen, dass ärztliche Stellungnahmen zur Leistungsfähigkeit als Holzbearbeiter vor Antritt des Arbeitsverhältnisses bei der AG H.________ fehlen. Während der erstmaligen beruflichen Ausbildung zum Holzbearbeiter traten keine nennenswerten gesundheitlichen Störungen auf. Hinsichtlich der Anstellung bei der AG H.________ ist nicht klar, was die Vertragsparteien dazu bewog, einen Monatslohn von Fr. 2900.- zu vereinbaren, der um rund 27 % unter dem gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohn lag. Zwar mag es zutreffen, dass mit dem reduzierten Anfangsgehalt dem persönlichen, schulischen und beruflichen Werdegang des Beschwerdegegners sowie seinen gesundheitlichen und intellektuellen Problemen Rechnung getragen wurde. Ebenso könnte der für eine höhere lohnmässige Einstufung ungenügende Ausbildungsstand eine Rolle gespielt haben. Gleichermassen möglich und plausibel erscheint jedoch die Erklärung, der verhältnismässig tiefe Anfangslohn, der übrigens ab 1. Januar 2000 auf Fr. 3010.- im Monat erhöht wurde, sei Ausdruck des seit Stellenantritt aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkten funktionellen Leistungsvermögens und dementsprechend einer vorbestandenen Arbeitsunfähigkeit von deutlich über 20 %. Zu diesen Punkten und den gesundheitlichen Verhältnissen bei Antritt der Stelle bei der AG H.________ am 1. August 1999 und in den folgenden Monaten sowie der Entwicklung der erwerblichen Situation während der ersten Monate dieses Arbeitsverhältnisses fehlen zuverlässige Angaben. Wenn die Arbeitgeberfirma in der Auskunft zuhanden der Invalidenversicherung vom 7. September 2000 bestätigte, dass der (reduzierte) Anfangslohn der Arbeitsleistung des Beschwerdegegners entspreche, können daraus für den vorliegend interessierenden Grad der Arbeitsfähigkeit jedenfalls so lange keine Schlüsse gezogen werden, als nicht geklärt ist, welche Faktoren für den herabgesetzten Lohn aussschlaggebend waren. 
3.2 Die Vorinstanz, an welche die Sache zurückzuweisen ist, wird zu diesem Punkt ergänzende Abklärungen treffen. Ebenso wird sie die Akten in Bezug auf die Entwicklung der gesundheitlichen und erwerblichen Situation des Beschwerdegegners im Verlaufe der ersten Monate der Anstellung ab 1. August 1999 ergänzen. Führen diese zusätzlichen Abklärungen zum Schluss, dass der reduzierte Anfangslohn in erster Linie den gebrechensbedingten Beeinträchtigungen zuzuschreiben ist, wäre davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner bei Stellenantritt bereits zu mindestens 20 % in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt war mit der Folge, dass die Vorsorgeeinrichtung für eine auf den nämlichen Gesundheitsschaden zurückzuführende Invalidität nicht haftet (Erw. 1 am Ende hievor). Ergibt sich hingegen, dass der Beschwerdegegner bei Stellenantritt und während der ersten Monate des Arbeitsverhältnisses nicht wesentlich in seinem funktionellen Leistungsvermögen als angelernter Holzbearbeiter beeinträchtigt war, hätte ihm die Vorsorgestiftung die streitigen Invalidenleistungen auszurichten. 
4. 
Für den Fall, dass die Haftung der Vorsorgeeinrichtung zu bejahen ist, hat diese die Invalidenleistungen auch aus der weitergehenden (hier: unterobligatorischen) beruflichen Vorsorge zu erbringen. 
Ob der Beschwerdegegner die Anzeigepflicht verletzt hat, als er am 1. August 1999 die Gesundheitserklärung zuhanden der Vorsorgestiftung ausfüllte, braucht nicht näher geprüft zu werden. Mangels entsprechender Reglementsbestimmungen beurteilen sich die Verletzung der Anzeigepflicht und deren Folgen analogieweise nach Art. 4 ff. VVG. Danach kann die Vorsorgeeinrichtung innert vier Wochen (Art. 6 VVG) seit Kenntnis der Anzeigepflichtverletzung vom Vorsorgevertrag zurücktreten, wobei es sich um eine Verwirkungsfrist handelt, deren Lauf weder gehemmt noch unterbrochen werden kann. Sie beginnt erst, wenn der Versicherer zuverlässige Kunde von Tatsachen erhält, aus denen sich der sichere Schluss auf Verletzung der Anzeigepflicht ziehen lässt (BGE 130 V 11 Erw. 2.1, 119 V 286 ff. Erw. 4 und 5). 
Die Beschwerdeführerin hätte somit innert vier Wochen seit Kenntnis der Tatsachen, die auf eine Verletzung der Anzeigepflicht schliessen liessen, vom Vorsorgevertrag zurücktreten können, insoweit dieser die weitergehende Vorsorge zum Gegenstand hat. Der Vorsorgestiftung wurden am 18. Juli 2001 die Akten der Invalidenversicherung zugestellt. Am Tag nach dem Eingang der IV-Akten bei der Vorsorgeeinrichtung begann die vierwöchige Frist für einen allfälligen Vertragsrücktritt zufolge Anzeigepflichtverletzung zu laufen (Urteil Z. vom 1. Dezember 2003, B 50/02). Sinngemäss vom Vorsorgevertrag zurückgetreten ist die Beschwerdeführerin jedoch erst mit Schreiben vom 1. Oktober 2001, in welchem sie eine angebliche Anzeigepflichtverletzung des Versicherten geltend machte und ihre Leistungspflicht verneinte. Zu jenem Zeitpunkt war die vierwöchige Frist gemäss Art. 6 VVG längst abgelaufen. 
5. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Institution hat die obsiegende Vorsorgestiftung keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 126 V 150 Erw. 4a mit Hinweisen). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid vom 3. Oktober 2003 aufgehoben und die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit es, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Klage neu entscheide. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 14. März 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: