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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.60/2005 /bri 
 
Urteil vom 9. Mai 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Weissenberger. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokatin Dominique Portmann, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Bahnhofplatz 3a, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Strafzumessung (Art. 63 StGB), 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, vom 7. Dezember 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ fuhr mit seinem Motorrad am 26. August 2001 um 16.05 h in Oberdorf auf der Hauptstrasse in Fahrtrichtung Waldenburg. Er folgte zwei unmittelbar hinter einem Traktor fahrenden Personen-wagen. Vor dem Fussgängerstreifen bei der Waldenburgerbahn-Station Eidgenossen hielt der Traktorfahrer an, um zwei Fussgängern von rechts die Strasse überqueren zu lassen. Der Fussgängerstreifen war genügend signalisiert. Zudem wiesen die orangen, blinkenden Lichtsignalanlagen auf beiden Strassenseiten auf eine Gefahr hin und die beiden Fahrbahnen waren durch eine durchzogene Sicherheitslinie abgegrenzt. Gleichwohl schwenkte X.________ auf die Gegenfahrbahn aus und fuhr links an den drei stehenden Fahrzeugen vorbei. In der Folge stiess er mit dem von rechts den Streifen zu Fuss überquerenden A.________ zusammen. Dieser wurde durch den Aufprall auf die Strasse geworfen. Er erlitt eine Rippenfraktur links mit Mantel-pneumothorax, eine Hirnerschütterung, Hautverletzungen am Hinterkopf sowie mehrere Prellungen. X.________ selbst fiel von seinem Motorrad und zog sich mittelschwere Verletzungen zu. Der andere Fussgänger wurde nicht verletzt. A.________ stellte am 13. September 2001 Strafantrag wegen Körperverletzung. 
B. 
Mit kantonal letztinstanzlichem Urteil vom 7. Dezember 2004 sprach das Kantonsgericht Basel-Landschaft X.________ der fahrlässigen einfachen Körperverletzung sowie der groben Verletzung von Ver-kehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von einem Monat und einer Busse von Fr. 1'000.--. 
C. 
X.________ erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft aufzuheben und die Sache zu neuer Strafzumessung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft schliesst auf Abweisung der Beschwerde und verzichtet auf ergänzende Bemer-kungen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beschwerdeführer wendet sich einzig gegen die Strafzumessung. 
1.1 Gemäss Art. 63 StGB misst der Richter die Strafe innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens nach dem Verschulden des Täters zu und berücksichtigt dabei die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Die Gewichtung der zu beachtenden Strafzumessungskomponenten steht im Ermessen des Sachrichters. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. falsch gewichtet hat oder wenn die Strafe in einem Masse unver-hältnismässig streng bzw. milde erscheint, dass von einer Verletzung des Ermessens gesprochen werden muss (BGE 129 IV 6 E. 6.1 mit Hinweisen; 124 IV 286 E. 4a; 123 IV 49 E. 2a; 122 IV 241 E. 1a; 117 IV 112 E. 1). 
 
Damit das Bundesgericht überprüfen kann, ob die verhängte Strafe im Einklang mit den Zumessungsregeln des Bundesrechts steht und ob der Sachrichter sein Ermessen überschritten hat oder nicht, muss die schriftliche Urteilsbegründung auf alle wesentlichen Strafzumessungs-kriterien eingehen. Die Begründung der Strafzumessung muss in der Regel und insbesondere bei hohen Strafen die Tat- und Täter-komponenten so erörtern, dass festgestellt werden kann, ob alle rechtlich massgebenden Gesichtspunkte berücksichtigt und wie sie gewichtet wurden, d.h. ob und in welchem Grad sie strafmindernd oder straferhöhend in die Waagschale fielen (BGE 121 IV 49 E. 2a/aa; 120 IV 136 E. 3a; 118 IV 14 E. 2; 117 IV 112 E. 1). Daraus ergibt sich zugleich, dass der Sachrichter auf die Faktoren, die ihm - zu Recht - nicht massgeblich oder nebensächlich erscheinen, nicht einzugehen braucht. Er ist ferner nicht verpflichtet, die Bedeutung, die er den einzelnen Strafzumessungspunkten beimisst, in Zahlen oder in Prozentsätzen anzugeben oder eine "Einsatzstrafe" zu benennen (BGE 127 IV 101 E. 2c S. 105). Im Übrigen kann eine Nichtig-keitsbeschwerde nicht allein zwecks Verbesserung oder Vervoll-ständigung der Begründung der Strafzumessung gutgeheissen werden, wenn die ausgesprochene Strafe im Ergebnis vor Bundesrecht standhält (vgl. BGE 127 IV 101 E. 2c S. 105 mit Hin-weisen). 
 
Ist im Gesetz wahlweise Freiheitsstrafe oder Busse angedroht, so kann der Richter in jedem Fall beide Strafen miteinander verbinden (Art. 50 Ziff. 2 StGB). Er kann überdies statt auf Gefängnis auf Haft erkennen (Art. 39 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Das Gesetz bestimmt zwar nicht ausdrücklich, auf welche Art und Weise die Wahl der angemessenen Strafart zu erfolgen hat. Es gelten hierfür aber dieselben Kriterien, die Art. 63 StGB für die Strafzumessung aufstellt. Dabei spielen auch Gesichtspunkte der Zweckmässigkeit einer bestimmten Form der Sanktion eine wichtige Rolle. Die Bestimmung des Strafmasses und die Wahl der Strafart lassen sich im übrigen nicht ohne weiteres trennen, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Für die Wahl der Strafart steht dem Richter ein gleich grosser Spielraum des Ermessens zu wie für die Strafzumessung (BGE 120 IV 67 E. 2b). 
1.2 Die Vorinstanz legt der Strafzumessung den durch Art. 125 Abs. 1 StGB vorgegebenen Strafrahmen von 3 Tagen bis zu drei Jahren Gefängnis oder Busse zugrunde und nimmt wegen Deliktsmehrheit eine Strafschärfung im Sinne von Art. 68 Ziff. 1 StGB vor. Das Tatverschulden wertet sie als schwer. Der Beschwerdeführer habe gegen verschiedene grundlegende Verkehrsregeln verstossen, ein offensichtlich gefährliches Überholmanöver vorgenommen, die durch eine Sicherheitslinie sowie eine Sperrfläche abgetrennte Gegen-fahrbahn befahren, das Vortrittsrecht eines sich bereits auf dem Streifen befindenden Fussgängers missachtet und diesen verletzt sowie einen anderen Fussgänger konkret gefährdet. Zu Gunsten des Beschwerdeführers würden die fehlenden Vorstrafen und der gute Leumund ins Gewicht fallen. Der 1938 geborene Beschwerdeführer besitze seit 1958 den Fahrausweis für Motorräder bis 125 cm3, fahre seit gleich langer Zeit Auto und habe sich bis zum Unfall nie etwas zuschulden kommen lassen. Entlastend seien ferner die vom Beschwerdeführer selbst erlittenen Verletzungen, das nach wie vor ärztliche Behandlung erfordernde Unfalltrauma, das aufrichtig ge-äusserte Bedauern sowie der Verzicht auf Fahrten mit dem Motorrad und dessen unterlassene Reparatur zu berücksichtigen. Das Strafgericht habe - in teilweiser Abänderung des Strafbefehls des Be-zirksstatthalteramtes Waldenburg - den Beschwerdeführer vom Vor-wurf der schweren Körperverletzung frei gesprochen, ihn jedoch der fahrlässigen leichten Körperverletzung schuldig erklärt. Zusätzlich habe es dem Beschwerdeführer weitere Verkehrsregelverletzungen zur Last gelegt. Trotz der relevanten Änderung bei der Qualifikation der Körperverletzung habe die erste Instanz die Höhe der bedingten Gefängnisstrafe bei zwei Monaten belassen und den Einsprecher zusätzlich mit einer Busse von Fr. 1'000.-- belegt. Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsfaktoren erweise sich die Gefängnisstrafe als zu hoch. Es sei zu berücksichtigen, dass seit dem Unfall bereits rund dreieinhalb Jahre verstrichen seien, der Be-schwerdeführer glaubwürdig dargelegt habe, dass bei ihm ein Lernprozess stattgefunden habe und er den Unfall persönlich als Belastung empfinde. Die Gefängnisstrafe sei aus diesen Gründen angemessen herabzusetzen und in Relation zur bundesgerichtlichen Praxis (statt vieler BGE 125 IV 179, 195; 123 IV 88) zu setzen. Eine Gefängnisstrafe von einem Monat sei angemessen. Die vom Strafgericht ausgesprochene Geldbusse von Fr. 1'000.-- sei ge-setzes- und praxiskonform und deshalb vollumfänglich zu bestätigen (angefochtenes Urteil, S. 13 ff.). 
1.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe das Tatverschulden zu Unrecht als schwer eingestuft. Richtig hätte sie es als mittelschwer einstufen müssen, da er unbewusst fahrlässig ge-handelt sowie die Strecke und den Fussgängerstreifen nicht gekannt habe. Strafmindernd hätte die Vorinstanz den Umstand berück-sichtigen müssen, dass der Beschwerdeführer über keine grosse Fahrpraxis auf dem betreffenden Motorrad verfügt habe und immer noch im Besitz des Lernfahrausweises gewesen sei. Nicht gehörig berücksichtigt sei worden, dass der Beschwerdeführer durch den Unfall schwer traumatisiert worden sei. Er könne nur mit Hilfe von Medikamenten Schlaf finden. Der Unfall spiele sich immer wieder vor seinem inneren Auge ab. Er stehe seither in regelmässiger psychiatrischer Behandlung. Da er sich zuvor strafrechtlich nie etwas habe zuschulden kommen lassen, treffe ihn die bedingte Gefängnis-strafe schwer und verursache ihm psychisch grosse Schwierigkeiten. Aufgrund der konkreten Umstände erschiene eine Geldstrafe zweckmässig. Er sei durch die Folgen des Unfalls, namentlich das Unfalltrauma, die erlittenen Verletzungen, das Strafverfahren, den Entzug des Führerausweises, die finanziellen Auswirkungen (Schaden am Motorrad, Verfahrenskosten, Genugtuung, Busse) usw. bereits derart hart getroffen, dass erwartet werden müsse, er werde durch die Ausfällung einer Busse hinreichend bestraft und künftig den Strassenverkehrsregeln die notwendige Beachtung schenken. Die von der Vorinstanz ausgesprochene Strafe entspreche ferner nicht der Praxis des Bundesgerichts in vergleichbaren Fällen, in denen jeweils nur Bussen verhängt worden seien. 
1.4 Die Einwände des Beschwerdeführers vermögen keine Verletzung von Bundesrecht aufzuzeigen. Die Vorinstanz hat ihrem Urteil zu-treffend einen Strafrahmen von drei Tagen bis drei Jahren Gefängnis oder Busse zugrunde gelegt, der durch die formelle Strafschärfung wegen Deliktsmehrheit (Art. 68 Ziff. 1 StGB) nicht verändert wird. Das Tatverschulden hat die Vorinstanz in nicht zu beanstandender Weise als schwer eingestuft. Die Fehleinschätzung des Beschwerdeführers wiegt nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv schwer. Der Beschwerdeführer musste in der gegebenen Situation damit rechnen, dass der Traktorfahrer wegen eines Hindernisses auf der Fahrbahn oder um anderen Verkehrsteilnehmern Vortritt zu gewähren, ange-halten hatte. Die durchzogene Sicherheitslinie, welche die beiden Fahrbahnen trennte, untersagte ihm ein Überholen der Fahrzeug-kolonne. Unabhängig davon hätte der Beschwerdeführer angesichts der unklaren und unübersichtlichen Lage den Traktor jedenfalls nur mit einer Geschwindigkeit überholen dürfen, die ihm ein jederzeitiges Anhalten auf Sichtdistanz ermöglichte. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers entlastet ihn seine geringe Fahrpraxis mit dem Motorrad nicht. Das Bundesgericht hat im Entscheid 120 IV 67 E. 2b lediglich erkannt, dass die geringe Fahrpraxis im konkreten Fall von der kantonalen Instanz strafmindernd hatte berücksichtigt werden dürfen. Eine generelle Pflicht zur Strafminderung aus diesem Grunde kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Vielmehr ist die ungenügende Fahrpraxis je nach Umständen sogar straferhöhend zu werten, insbesondere wenn sie den Betroffenen zu einer besonders vorsichtigen Fahrweise hätte anhalten müssen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar und es ist auch nicht erkennbar, inwiefern ihn die geringe Fahrpraxis mit dem Motorrad entlasten könnte, zumal er ein erfahrener Automobilist ist. 
 
Die Vorinstanz hat zu Gunsten des Beschwerdeführers seine beim Unfall erlittenen Verletzungen, das anhaltende psychische Unfall-trauma, seine fehlenden Vorstrafen, seinen guten Leumund, seine Einsicht sowie die seit dem Vorfall verstrichene Dauer berücksichtigt. Unerwähnt lässt die Vorinstanz indessen den Entzug des Führerausweises sowie die finanziellen Folgen des Unfalls für den Beschwerdeführer. Die Vorinstanz hat sich ferner bei der Wahl der Strafart nicht ausdrücklich mit der Frage der Zweckmässigkeit einer Gefängnisstrafe, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Spezial-prävention, beschäftigt (vgl. BGE 120 IV 67 E. 2b). Ungeachtet dieser Mängel erscheint die ausgesprochene Strafe im Ergebnis mit Bundesrecht vereinbar. Selbst unter stärkerer Gewichtung der zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände ist die Strafe angesichts des schweren Verschuldens nicht unhaltbar hart und liegt noch innerhalb des der Vorinstanz zustehenden Ermessens. Die vom Beschwerdeführer angeführten Entscheide des Bundesgerichts ver-mögen daran nichts zu ändern. In BGE 125 II 561 traf den Betroffenen ein nur leichtes Verschulden. In BGE 105 IV 179 hatte das Bundesgericht lediglich zu prüfen, ob die Verletzung des Opfers leicht oder schwer war. In BGE 120 IV 67 schliesslich hatte die Staatsan-waltschaft Nichtigkeitsbeschwerde erhoben. Abgesehen davon, dass dort nur ein Schuldspruch wegen grober Verletzung der Verkehrs-regeln erfolgt war, während hier zusätzlich ein solcher wegen fahrlässiger einfacher Körperverletzung erging, hat das Bundesgericht die Strafe (800 Franken Busse) mit der oben dargelegten Zurück-haltung (E. 1.1) geprüft und eine Ermessensverletzung verneint. Weist das Bundesgericht eine gegen die Strafzumessung gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde mangels Ermessensverletzung ab, ist damit nichts darüber gesagt, ob eine andere bzw. höhere oder tiefere Strafe im konkreten Fall möglicherweise ebenfalls vor Bundesrecht stand-gehalten hätte oder gar vorzuziehen gewesen wäre. 
2. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer trägt damit die Kosten des Verfahrens (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. Mai 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: