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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6P.205/2006 
6S.467/2006 /bri 
 
Urteil vom 23. April 2007 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Ferrari, Ersatzrichter Killias, 
Gerichtsschreiber Willisegger. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Bühlmann, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich, 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
6P.205/2006 
Strafverfahren; Willkürverbot, rechtliches Gehör, 
 
6S.467/2006 
Übertretung von Verkehrsvorschriften, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.205/2006) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.467/2006) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 29. August 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 5. Dezember 2003 fuhr X.________ mit seinem Personenwagen in Zürich von der Reitergasse herkommend auf die Verzweigung Lagerstrasse zu und hielt an der Stop-Linie an. Der Lenker eines Postlieferwagens, der sich in einem Rückstau befand, gab ihm ein Zeichen zur Durchfahrt. X.________ rollte sein Fahrzeug im Schritttempo, sehr langsam und vorsichtig auf die Lagerstasse hinaus, worauf es nach kurzer Zeit zur Kollision mit einem herannahenden Personenwagen kam. Aufgrund des Postlieferwagens und der übrigen Fahrzeuge im Rückstau war die Sicht von X.________ eingeschränkt. 
B. 
Mit Strafverfügung vom 9. Januar 2004 bestrafte der Stadtrichter von Zürich X.________ wegen Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 14 Abs. 1 VRV sowie Art. 36 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 SVV (Nichtgewährens des Vortritts beim Stop-Signal) mit einer Busse von Fr. 400.--. 
C. 
X.________ erhob gegen die Strafverfügung vom 9. Januar 2004 Einsprache und verlangte eine gerichtliche Beurteilung, nachdem der Stadtrichter die Untersuchung ergänzt und an der Bussenverfügung festgehalten hatte. Die Einzelrichterin in Strafsachen des Bezirkes Zürich sprach X.________ mit Urteil vom 29. November 2005 frei. 
D. 
Auf Berufung des Stadtrichteramtes Zürich hin erklärte das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 29. August 2006 X.________ der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 14 Abs. 1 VRV, Art. 36 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 SVV schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 200.--. 
E. 
X.________ führt gegen das Urteil des Obergerichts vom 29. August 2006 staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ans Bundesgericht. Mit beiden Rechtsmitteln beantragt er, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
F. 
Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme zu den beiden Beschwerden. Weitere Stellungnahmen wurden nicht eingeholt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (Bundesgerichtsgesetz [BGG]; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, ist noch das bisherige Verfahrensrecht anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG e contrario). Massgebend sind somit die Bestimmungen des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG) bzw. des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 (BStP). 
 
I. Staatsrechtliche Beschwerde 
2. 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie des Willkürverbotes (Art. 9 BV). Er macht geltend, bis zum Verfahren vor Obergericht sei es immer nur um die Frage gegangen, ob er überhaupt berechtigt gewesen sei, in die Verzweigfläche hineinzufahren. Dass er den Vortritt missachtet habe, weil er zu schnell und damit zu wenig vorsichtig auf die Lagerstrasse gerollt sei, werde ihm erstmals im angefochtenen Urteil zur Last gelegt. Da er sich zu diesem Vorwurf nicht habe äussern können, verletze das Obergericht den Anklagegrundsatz und das rechtliche Gehör. Es verfalle ausserdem in Willkür, wenn es den Begriff "Schritttempo" wörtlich auslege und zum Schluss komme, er sei zu schnell gefahren. Schliesslich gehe es von der aktenwidrigen Annahme aus, der Kollisionsgegner sei korrekt gefahren. Die nachträglich erstellten Polizeifotos entsprächen nicht der Verkehrssituation im Zeitpunkt der Kollision und sämtliche Zeugen hätten ausgesagt, der Kollisionsgegner sei zu schnell gefahren. 
3. 
Gemäss Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG) nur zulässig, soweit die behauptete Rechtsverletzung nicht sonst wie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann. Das angefochtene Strafurteil unterliegt der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts (Art. 268 ff. BStP). Wird eine Verletzung von eidgenössischem Recht geltend gemacht (Art. 269 Abs. 1 BStP), ist dieses Rechtsmittel zu ergreifen. 
 
Die Frage, ob die vom Obergericht angenommene tatsächliche Fahrgeschwindigkeit des Beschwerdeführers (von 4-7 km/h oder 1.8 bis 2 m/sec) unter den gegebenen Umständen als zu hoch erscheint und er deshalb den Vortritt missachtet hat, beschlägt eidgenössisches Recht. Soweit er vorbringt, das Obergericht nehme willkürlich an, er sei zu schnell gefahren, ist er im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zu hören. 
4. 
4.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262 mit Hinweisen). 
4.2 Das Obergericht gibt zunächst den von der Vorderrichterin festgestellten Sachverhalt wieder, wonach der Beschwerdeführer im Schritttempo, sehr langsam und vorsichtig auf die vortrittsberechtigte Lagerstrasse rollte, worauf es nach kurzer Zeit zur Kollision kam. An diesen Sachverhalt erachtet sich das Obergericht im Berufungsverfahren als gebunden. Eigene Feststellungen trifft es nur zum Verhalten des Kollisionsgegners und zu den örtlichen Gegebenheiten, da solche im Urteil der ersten kantonalen Instanz fehlen. Gestützt auf die bei den Akten liegenden Fotos, den Situationsplan der Polizei und der Aussagen der Beteiligten kommt das Obergericht zum Schluss, dass die Lagerstrasse im Bereich der Kollision ohne Problem zweispurig befahren werden könne, und die Untersuchung nichts ergeben habe, was auf eine zu schnelle Fahrweise des Kollisionsgegners hindeutete. 
4.3 Was der Beschwerdeführer dagegen unter dem Titel des Willkürverbotes vorbringt, erschöpft sich in einer blossen appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid. Er begnügt sich im Wesentlichen damit, den Ausführungen des Obergerichts zum Untersuchungsergebnis seine eigene Sicht gegenüberzustellen, was nicht geeignet ist, Willkür darzutun. Denn für die Begründung von Willkür genügt praxisgemäss nicht, dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (BGE 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hätte darlegen müssen, inwiefern die Sachverhaltsfeststellungen schlechterdings unhaltbar sind oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen und die vorhandenen Beweise andere Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen. Dass die tatsächlichen Feststellungen offensichtlich unhaltbar sind, führt der Beschwerdeführer indessen nicht aus und ist auch nicht ersichtlich. Er bringt namentlich nicht vor, weshalb die Ansicht des Obergerichts, nichts deute darauf hin, dass der Kollisionsgegner mit unangemessen hoher Geschwindigkeit herangenaht sei, willkürlich sein soll. Auch wird in der Beschwerde nicht gerügt, das Obergericht habe kantonales Verfahrensrecht willkürlich angewendet, indem es angenommen hat, er sei mit gegen 2 m/sec auf die Kreuzung hinaus gefahren, obwohl die Einzelrichterin, an deren tatsächliche Feststellungen es gebunden war, seine Fahrweise als "sehr langsam und vorsichtig" qualifiziert hatte. Die Mängel der Beschwerdeschrift erlauben es nicht, auf die Willkürrüge einzutreten. 
5. 
Der Anklagegrundsatz verteilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Aufgaben zwischen den Untersuchungs- bzw. Anklagebehörden einerseits und den Gerichten andererseits. Die Anklage hat die dem Angeklagten zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (BGE 126 I 19 E. 2 a S. 21). 
 
Gegen den Beschwerdeführer wurde nicht Anklage erhoben. Vielmehr hat er eine gerichtliche Beurteilung der wegen einer Übertretung (Art. 91 Ziff. 1 SVG) ausgesprochenen Bussenverfügung verlangt. Die Strafprozessordnung des Kantons Zürich sieht für solche Fälle vor, dass die Bussenverfügung die Anklage ersetzt (§ 344 Abs. 2 StPO/ZH). Der Beschwerdeführer legt mit keinem Wort dar, noch ist ersichtlich, dass seiner Verurteilung ein von der Bussenverfügung abweichender Sachverhalt zugrunde liegen sollte. Auf die Rüge, das Obergericht habe den Anklagegrundsatz verletzt, ist nicht einzutreten. 
6. 
Unabhängig vom Anklagegrundsatz und direkt gestützt auf den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) hat der Betroffene ein Anrecht, vor Erlass eines belastenden Entscheids angehört zu werden (BGE 126 I 19 E. 2a S. 21). So ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dem Angeschuldigten das rechtliche Gehör zu gewähren, wenn das Gericht den eingeklagten Sachverhalt unter eine schärfere Strafbestimmung oder zusätzlich unter einen weiteren Straftatbestand subsumieren und dies straferhöhend berücksichtigen will. Darüber hinaus muss er zur beabsichtigten rechtlichen Würdigung angehört werden, wenn sich das Gericht auf juristische Argumente zu stützen gedenkt, die ihm nicht bekannt sind und mit deren Heranziehen er nicht rechnen musste (BGE 126 I 19 E. 2c/aa S. 22; 116 Ia 455 E. 3cc S. 458). 
 
Der Beschwerdeführer beruft sich vergeblich auf diese Rechtsprechung. Eine Verurteilung wegen einer anderen Strafbestimmung als in der Bussenverfügung genannt stand im Verlaufe des Verfahrens nie zur Diskussion. Das die Busse ausfällende Stadtrichteramt brachte im Berufungsverfahren vor, der vortrittsbelastete Beschwerdeführer hätte nicht in einem Zug von der Stop-Linie bis zum Kollisionspunkt vorrollen dürfen, ohne vorher nochmals anzuhalten (act. 1/29 S. 3). Das Obergericht nimmt an, der Beschwerdeführer hätte - auch wenn eine eigentliche Anhaltepflicht nicht bestanden habe - nicht in einem Zug mit einer Geschwindigkeit von gegen 2 m/sec nach vorn fahren dürfen, sondern nur Zentimeter um Zentimeter mit Zwischenhalten, weshalb seine Fahrweise zu schnell und somit zu wenig vorsichtig gewesen sei. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass das Obergericht sich auf Argumente stützte, mit deren Heranziehen der Beschwerdeführer nicht hätte rechnen müssen, zumal es in seiner rechtlichen Beurteilung weniger weit ging, als dies die Verwaltungsbehörde getan hat. Da der Beschwerdeführer zur Berufungsbegründung des Stadtrichteramtes ausführlich Stellung bezogen hatte, ist nicht einzusehen, weshalb ihm vor der Verurteilung nochmals hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, sich zu äussern. Eine Gehörsverletzung liegt insoweit nicht vor. 
 
Allerdings hat das Obergericht den Begriff "Schritt-Tempo" mit einer Geschwindigkeit von 1,8 bis 2 Metern pro Sekunde gleichgesetzt. Da diesem Punkt im Hinblick auf die rechtliche Würdigung entscheidende Bedeutung zukam und der Begriff des Schritt-Tempos in der schweizerischen Praxis keine eindeutige quantitative Bedeutung hat, könnte man sich fragen, ob der Beschwerdeführer zu diesem Punkt nicht hätte angehört werden müssen. Weil diese Frage in der staatsrechtlichen Beschwerde indessen nicht gerügt wird, sondern nur in der Nichtigkeitsbeschwerde (wo sie nicht zu hören ist), ist auf sie nicht einzutreten. 
7. 
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
 
II. Nichtigkeitsbeschwerde 
8. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass der angefochtene Entscheid eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz richten, sowie das Vorbringen neuer Tatsachen sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Der Kassationshof ist an den von der kantonalen Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Hingegen kann er die Richtigkeit von Erfahrungsgrundsätzen und deren Anwendung auf den Einzelfall überprüfen. Gemeint sind Erkenntnisse, die aus anderen Fällen abgeleitet oder wissenschaftlich ermittelt werden und damit über den konkreten Fall hinaus allgemeine Bedeutung haben. Diese Befugnis des Kassationshofs darf indessen nicht zu einer appellatorischen Überprüfung von Tatfragen führen, wo diese offen oder verborgen unter Zuhilfenahme von Erfahrungsgrundsätzen entschieden wurden (BGE 103 IV 110 E. 3 S. 113 f.). 
 
Die Beschwerdeschrift muss nach Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP die Begründung der Anträge enthalten und kurz darlegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sind (vgl. BGE 129 IV 6 E. 5.1). 
9. 
9.1 Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus: Nachdem der Lenker eines Postlieferfahrzeuges - der auf der rechten Fahrspur der Lagerstrasse in einem Rückstau stand - dem vortrittsbelasteten Beschwerdeführer ein Zeichen gegeben hatte, rollte dieser von der Reitergasse her im Schritttempo, sehr langsam und vorsichtig über die Stop-Linie auf die Lagerstrasse hinaus, worauf es nach kurzer Zeit zu einer Kollision kam mit dem auf der linken Fahrspur überholenden Fahrzeug. Die Sicht des Beschwerdeführers war aufgrund des Postlieferwagens und der übrigen Fahrzeuge eingeschränkt. 
 
Die Vorinstanz prüft bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes, ob die Fahrweise des Beschwerdeführers als sehr vorsichtiges Hineintasten im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung qualifiziert werden kann (BGE 105 IV 339 E. 3 mit Hinweis; vgl. auch BGE 122 IV 135 E. 2). Sie führt dazu aus, unter Schritttempo sei eine relativ langsame Geschwindigkeit zu verstehen, mit welcher sich ein gesunder, erwachsener, durchschnittlich voranschreitender Fussgänger fortbewege. Dies entspreche einer Geschwindigkeit von 4 bis 7 Stundenkilometer, wie in der Rechtsprechung des Zürcher Obergerichts (in einem Urteil der II. Strafkammer vom 19. Dezember 1972) und des Oberlandesgerichts Köln angenommen worden sei. Unter den gegebenen Verhältnissen erscheine aber selbst eine Geschwindigkeit von bloss 4 Stundenkilometern als zu hoch. Der ortskundige Beschwerdeführer hätte ab der Höhe der linken äusseren Seite des Postfahrzeuges - anstatt im Schritttempo zu fahren - noch langsamer vorrücken müssen, quasi Zentimeter um Zentimeter mit Zwischenhalten. Nur so hätte ihn der herannahende Lenker erkennen und entsprechend (etwa durch ein akustisches Warnsignal) reagieren können. Indem der Beschwerdeführer in einem Zug und mit einer Geschwindigkeit von 1,8 bis 2 Metern pro Sekunde in die Lagerstrasse gerollt sei, sei er zu schnell und zu wenig vorsichtig gewesen. Damit habe er das Vortrittsrecht des Kollisionsgegners im Sinne von Art. 14 Abs. 1 VRV missachtet. 
9.2 Der Beschwerdeführer wendet dagegen einzig ein, der Begriff "Schritttempo" könne im wörtlichen Sinne nur für Fussgänger, nicht aber für Fahrzeuge gelten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei bei Fahrzeugen darunter "die langsamste aller Fortbewegungsmöglichkeiten" zu verstehen. Wie schnell der Beschwerdeführer indessen konkret gefahren ist, ist eine Tat- und nicht eine Rechtsfrage. Bei dieser Sachlage ist es dem Bundesgericht verwehrt, die vom Obergericht angenommene Fahrgeschwindigkeit des Beschwerdeführers zu überprüfen. Dass es dem Beschwerdeführer in Wirklichkeit um eine appellatorische Überprüfung von Tatfragen geht, zeigt sich denn auch daran, dass er an verschiedenen Stellen seiner Beschwerde (vgl. insbes. S. 3 und 5) den Sachverhalt abweichend darstellt oder unter Hinweis auf die Untersuchungsakten ergänzt, was im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ist. Geht man mit dem Obergericht, an dessen tatsächliche Feststellungen das Bundesgericht gebunden ist (Art. 277bis BStP), von einer Geschwindigkeit von 1,8 bis 2 Metern aus, so verletzt die Folgerung, dies sei im Hinblick auf die konkreten Umstände zu schnell gewesen, kein Bundesrecht. 
10. 
Was das Verhalten des Kollisionsgegeners betrifft, führt die Vorinstanz aus, dieser habe sich korrekt verhalten, insbesondere sei er unter den gegebenen Verhältnissen berechtigt gewesen, die stehende Kolonne auf der linken Fahrspur zu überholen, womit der Beschwerdeführer als ortskundiger Lenker habe rechnen müssen (angefochtener Entscheid, Ziff. 3.5.3 S. 13 ff.). Soweit der Beschwerdeführer diese Ausführungen als "aktenwidrig" rügt, wendet er sich wiederum gegen den verbindlich festgestellten Sachverhalt. Er beruft sich zwar in diesem Zusammenhang auch beiläufig auf den aus Art. 26 SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz, wonach jeder Strassenbenützer darauf vertrauen darf, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer ordnungsgemäss verhalten (BGE 129 IV 282 E. 2.2.1 S. 285). Doch zeigt er mit keinem Wort auf, noch ist ersichtlich, dass die Vorinstanz diesen Grundsatz verletzt haben könnte. 
11. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde und die Nichtigkeitsbeschwerde werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. April 2007 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: