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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.62/2007 /len 
 
Urteil vom 3. Juni 2008 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beklagte und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Anton W. Blatter, 
 
gegen 
 
A.________, 
Kläger und Berufungsbeklagten, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Biderbost. 
 
Gegenstand 
Anlageberatungsvertrag, 
 
Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts 
des Kantons Zürich vom 23. November 2006. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________ (Kläger), der in Polen aufgewachsen und wohnhaft ist, unterhielt seit dem Jahre 2000 eine Bankbeziehung zu einer schweizerischen Bank und investierte sein Vermögen grösstenteils in kurzfristige Festgeldanlagen. Als seine Kundenberaterin, welche ebenfalls polnischer Muttersprache ist, zur X.________ AG (Beklagte) wechselte, folgte ihr der Kläger nach und eröffnete eine Bankbeziehung. Nachdem die Kundenberaterin zunächst in kurzfristige Treuhandanlagen investiert hatte, legte sie das Vermögen des Klägers in Höhe von EUR 3'665'000.-- für die Laufzeit von drei Monaten in das Derivatprodukt "Knock Out DOCU on EUR/USD" an. Dabei handelt es sich um eine Doppelwährungsanleihe (Double Currency Unit), bei welcher der Anleger gegen eine Zahlung (Zinsen und eine Optionsprämie) das Risiko trägt, dass die Rückzahlung des ursprünglich investierten Betrages in einer anderen Währung zu einem im Voraus bestimmten Wechselkurs erfolgt. Aus der Anlage wurden am 5. Juli 2002 USD 3'276'000.-- gelöst und dem Kläger nach einem Call-Geld-Geschäft EUR 3'314'749.11 gutgeschrieben, so dass er zu Verlust kam. 
 
B. 
Der Kläger bestreitet, einen Auftrag zu einer Knock Out DOCU Investition erteilt zu haben. Er ist der Auffassung, die Beklagte hätte gemäss Treuhandvertrag weiterhin in dreimonatige Festgeldanlagen investieren müssen und habe ausserdem ihre Informationspflichten verletzt. Deswegen verlangte er vor dem Handelsgericht Zürich nach Abänderung seines Klagebegehrens in der Replik im Wesentlichen EUR 355'806.97 nebst Zins, sowie EUR 30'540.-- nebst Zins als marktkonforme Verzinsung einer dreimonatigen EUR-Treuhandanlage für die Zeit, in welcher sein Geld in das Derivatprodukt investiert war. 
 
C. 
Mit Urteil vom 23. November 2006 verpflichtete das Handelsgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 380'790.90 nebst Zins. Gegen dieses Urteil erhob diese sowohl eidgenössische Berufung als auch kantonale Nichtigkeitsbeschwerde, welche das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 5. März 2008 abwies, soweit es darauf eintrat. Die Beklagte beantragt dem Bundesgericht, die Klage abzuweisen. Der Kläger schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (SR 173.110; BGG) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Nach Art. 132 BGG ist dieses Gesetz auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. Da der angefochtene Entscheid vor dem 1. Januar 2007 erging, richtet sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation des Bundesgerichts (Bundesrechtspflegegesetz [OG]). 
 
1.1 Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Unzulässig sind dagegen Rügen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten (BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106, 136 E. 1.4 S. 140; 127 III 543 E. 2c S. 547, je mit Hinweisen), es sei denn, es werde zugleich ein offensichtliches Versehen, eine Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften (Art. 63 Abs. 2 OG) oder eine unvollständige Ermittlung des Sachverhaltes vorgeworfen (Art. 64 OG). Wer sich auf solche Ausnahmen von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz beruft und den Sachverhalt gestützt darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 115 II 484 E. 2a S. 485 f.). 
 
1.2 Die Beklagte widmet einen Grossteil ihrer Beschwerde der "Darlegung des relevanten Sachverhalts". Sie schildert indessen in diesem Abschnitt einfach unter Hinweis auf die Akten ihre eigene Version der Geschehnisse, ohne eine hinreichend begründete Sachverhaltsrüge zu erheben. Damit ist sie nicht zu hören, und es bleibt bei den tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen. 
 
2. 
Das Handelsgericht kam zum Schluss, das Knock Out DOCU Produkt beinhalte im Vergleich zu den vom Kläger bisher getätigten Treuhandanlagen ein erhöhtes Risiko, über welches ihn die Beklagte nicht hinreichend aufgeklärt habe. Dabei ging es davon aus, der Kläger habe die Verletzung der Aufklärungspflicht zu beweisen. Angesichts der Beweisschwierigkeiten bezüglich der Unterlassung der Aufklärung forderte das Handelsgericht die Beklagte mit einem Substantiierungshinweis auf, konkret ihre Erläuterungen zum betreffenden Anlageinstrument darzulegen. Gestützt auf die Ausführungen der Beklagten kam das Handelsgericht zum Schluss, eine hinreichende Aufklärung sei nicht erfolgt. Es hiess die Klage unter Berücksichtigung der dem Kläger durch die vorschriftswidrigen Anlagen erwachsenen Gewinne und Verluste im Wesentlichen gut. 
 
2.1 Der Sachverhalt weist einen internationalen Bezug auf. Das Handelsgericht beurteilte die Angelegenheit gestützt auf die von den Parteien getroffene Rechtswahl nach schweizerischem Recht. In diesem Punkt wird der angefochtene Entscheid von keiner Partei beanstandet, so dass sich weitere Erörterungen erübrigen. 
 
2.2 Die Beklagte rügt im Wesentlichen eine Verletzung von Art. 8 ZGB. Diese Bestimmung regelt die Folgen der Beweislosigkeit (BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 601 f. mit Hinweisen). Da das Handelsgericht die unzulängliche Aufklärung als erwiesen erachtete, steht eine Verletzung der Beweislastverteilung nicht zur Debatte. Die Beklagte ist allerdings der Auffassung, die Vorinstanz habe zu Unrecht gewisse ihrer Vorbringen als unsubstantiiert zurückgewiesen. Das Bundesgericht kann im Berufungsverfahren zwar prüfen, ob die kantonalen Instanzen durch ihre Anforderungen an die Substantiierung Bundesrecht vereiteln (vgl. BGE 117 II 113 E. 2 mit Hinweis). Die Beklagte verweist aber lediglich auf ihre Duplik, ohne im Einzelnen mit Aktenhinweisen darzulegen, was sie vorgebracht hat, und inwiefern das Handelsgericht diese Vorbringen zu Unrecht für unsubstantiiert erachtete. Insoweit ist die Berufung nicht hinreichend begründet. 
 
2.3 Aber auch davon abgesehen, geht die Kritik der Beklagten an der Sache vorbei und betrifft im Wesentlichen die Beweiswürdigung. Ob und in welchem Ausmass der Kläger über die Risiken aufgeklärt wurde und ob er schriftliche Unterlagen erhielt, ist umstritten. Das Handelsgericht schloss aus den Vorbringen der Beklagten und den Akten, die Kundenberaterin habe dem Kläger ein Produkt empfohlen, welches nach ihrer Meinung die grundsätzliche Risikolage nicht veränderte. Sie habe, wohl weil sie das Sicherheitsrisiko falsch einschätzte, einem sicherheitsorientierten Kunden mit konservativer Anlagestrategie ein nicht mit dessen Risikopotential übereinstimmendes Produkt empfohlen. Diese Erkenntnisse und der daraus gezogene Schluss, die Kundenberaterin habe den Kläger nicht sachgerecht über das Produkt aufklären können, beruhen auf Beweiswürdigung, die das Bundesgericht in der Berufung nicht überprüft. Mit ihrem Vorbringen, es sei mündlich eine hinreichende Aufklärung erfolgt, ist die Beklagte nicht zu hören. 
 
2.4 Soweit sich die Beklagte auf die dem Kläger angeblich ausgehändigten Prospekte und Beschriebe beruft und ausführt, er müsse sich auch deutschsprachige Unterlagen entgegenhalten lassen, wendet sie sich wohl gegen die Aussage des Handelsgerichts, dem Kläger, welcher ausschliesslich polnisch spreche, hätte der in deutscher Sprache verfasste Prospekt zumindest übersetzt werden müssen. Das Bundesgericht kann als Rechtsfrage zwar prüfen, ob das Handelsgericht an die Aufklärungspflicht zu hohe Anforderungen stellt. Dabei bleiben aber die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen massgeblich. Wenn das Handelsgericht davon ausgeht, mit der behaupteten Abgabe von Unterlagen über ein Produkt, mit dem der Kläger keine Erfahrung hatte, in einer Sprache, die er nicht verstand, sei die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht hinreichend nachgekommen, verletzt dies kein Bundesrecht, zumal der Kläger ja gerade mit der Kundenberaterin, die seine Muttersprache spricht, zur Beklagten gewechselt hat. 
 
2.5 Nach Ansicht des Handelsgerichts hätten zu einer hinreichenden Aufklärung auch Ausführungen bezüglich der bisherigen oder der in Zukunft zu erwartenden Kursentwicklung der beiden massgeblichen Währungen EUR und USD gehört. Inwiefern das Handelsgericht damit Bundesrecht verletzt, legt die Beklagte nicht dar und ist nicht ersichtlich. Wenn die Beklagte trotz erfolgten Substantiierungshinweises keine entsprechende Aufklärung behauptet, verletzt das Handelsgericht kein Bundesrecht, wenn es auf die Durchführung des Beweisverfahrens verzichtet. 
 
2.6 Die Vorbringen, der Kläger habe ausser einem Treuhandvertrag keinen weiteren Vertrag substantiiert behauptet und das angefochtene Urteil basiere auf einem vom Kläger nicht behaupteten und nicht bewiesenen Sachverhalt, betreffen ebenfalls die Beweiswürdigung und widersprechen den tatsächlichen Feststellungen, hält das Handelsgericht doch unter Hinweis auf die Akten fest, der Kläger gehe davon aus, es liege ein konkludenter Anlageberatungsvertrag vor. 
 
2.7 Schliesslich beanstandet die Beklagte, dass das Handelsgericht den Schadenersatzanspruch nicht zufolge ihres geringen Verschuldens reduziert hat. Ihr könne höchstens vorgeworfen werden, dass die Risikoaufklärung nicht schriftlich erfolgt sei. Die Beklagte setzt voraus, dass mündlich eine hinreichende Aufklärung erfolgte. Das Handelsgericht gelangte in Würdigung der Vorbringen der Parteien indessen zum gegenteiligen Schluss. 
 
3. 
Soweit sich die Berufung nicht in unzulässiger Kritik an der Beweiswürdigung erschöpft, erweist sie sich als unbegründet. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 8'500.-- werden der Beklagten auferlegt. 
 
3. 
Die Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 9'500.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 3. Juni 2008 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Corboz Luczak