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«AZA 1/2» 
4C.292/1999/rnd 
 
 
I. Z I V I L A B T E I L U N G 
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Sitzung vom 26. September 2000 
 
 
Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Präsident, Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler und Gerichtsschreiber Luczak. 
 
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In Sachen 
 
 
Freistaat Bayern, gesetzlich vertreten durch die Bezirksfinanzdirektion München, Alexanderstrasse 3, D-80538 München, Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Markus D. Pfenniger und Dr. Ueli Sommer, Münstergasse 2, Postfach 4081, 8002 Zürich, 
 
 
gegen 
 
 
Alpina Versicherungs-AG, Seefeldstrasse 123, Postfach, 8034 Zürich, Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Robert Geisseler, Badenerstrasse 21, Postfach, 8026 Zürich, 
 
betreffend 
Haftung des Motorfahrzeughalters; IPRG; Regress, 
hat sich ergeben: 
 
 
A.- Am 24. Mai 1993 verursachte eine bei der Alpina Versicherungs-AG (Beklagte) versicherte Autolenkerin einen Verkehrsunfall auf der N 13 in Rodels/GR, bei dem der in Deutschland wohnhafte Olaf Fischer als Lenker eines Motorrades verschiedene Verletzungen erlitt. Deswegen war er bis zum 31. Januar 1994 arbeitsunfähig. Olaf Fischer arbeitete auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrags beim Freistaat Bayern (Kläger), der seiner gesetzlichen und tarifvertraglichen Lohnfortzahlungs- und Nebenleistungspflicht nachkam. Olaf Fischer hat seine ausservertraglichen Ansprüche auf Ersatz des unfallbedingten Einkommensschadens im Umfang der ihm gewährten oder in Zukunft zu gewährenden Lohnfortzahlungen einschliesslich der tarifrechtlichen Nebenleistungen an seinen Arbeitgeber abgetreten, soweit diese Ansprüche nicht bereits gesetzlich übergegangen waren. Der Kläger hat von der Beklagten die Rückerstattung sämtlicher Zahlungen verlangt, die er zu Gunsten seines Arbeitnehmers während dessen Arbeitsunfähigkeit geleistet hat. Die Beklagte hat ihre Haftpflicht dem Grundsatze nach anerkannt und dem Kläger die trotz Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers erfolgten Lohnzahlungen mit DM 18'380.15 ersetzt. Streitig blieb ein Restbetrag von DM 11'800.--. Dafür belangte der Kläger die Beklagte am 24. September 1996 vor Bezirksgericht Zürich, welches die Klage am 10. Juli 1998 abwies. Auf Berufung des Klägers schützte das Obergericht Zürich die Klage mit Urteil vom 29. Juni 1999 im Betrage von DM 3'070.87 nebst Zins. 
 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat eine Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 20. März 2000 abgewiesen. 
 
 
 
B.- Gegen das Urteil des Obergerichts haben beide Parteien eidgenössische Berufung eingelegt. Der Kläger beantragt dem Bundesgericht, es sei die Beklagte in Aufhebung des kantonalen Urteils zu verpflichten, ihm DM 11'800.-- nebst 5% Zins seit 20. April 1996 zu bezahlen; eventualiter sei das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache gemäss Art. 64 OG zur Durchführung eines Beweisverfahrens und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt vollumfängliche Abweisung der Klage, und beide Parteien schliessen auf Abweisung des gegnerischen Rechtsmittels. 
 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
 
1.- Das Obergericht hält in seinem Entscheid fest, die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche seien nach deutschem Recht ausgewiesen. Die Klage könne aber nur gutgeheissen werden, sofern die Ansprüche auch nach schweizerischem Recht bestehen. Dies wird in den Berufungsschriften von den Parteien im Ergebnis nicht beanstandet, weshalb der angefochtene Entscheid insoweit nicht zu überprüfen ist. 
 
 
2.- a) Das besondere Problem des zu beurteilenden Falles liegt im Umstand, dass der in seinem absoluten Recht verletzte Arbeitnehmer keinen Vermögensschaden erleidet, da er seinen Erfüllungsanspruch aus Arbeitsvertrag behält. Dieser Anspruch auf Lohnzahlung wird auch dann nicht zu einem solchen auf Schadenersatz, wenn der Arbeitnehmer an der Erbringung seiner Leistung gehindert ist. Nachdem der am Vermögen geschädigte Arbeitgeber weder in einem absoluten Recht verletzt ist noch sich auf eine spezielle Norm berufen kann, die den Schutz seines Vermögens vor Beeinträchtigungen der eingetretenen Art bezweckt, gebricht es grundsätzlich am Erfordernis der Widerrechtlichkeit der Schädigung des Arbeitgebers (BGE 123 III 306 E. 4a S. 312; 122 III 176 E. 7b S. 192; 118 Ib 473 E. 2b S. 476). Sein Schaden erweist sich somit als Reflex- oder Drittschaden, der nach allgemeinen Prinzipien des Schadensrechts nicht zu ersetzen ist (BGE 104 II 95 E. 2a S. 98; 102 II 85 E. 6c S. 90; vgl. auch 109 II 4 E. 3 S. 7; Brehm, Berner Kommentar, 2. Aufl., Bern 1998, N. 20 ff. zu Art. 41 OR mit Hinweisen). 
 
b) Während die Regressansprüche der Privat- und Sozialversicherer für Vorleistungen zufolge Drittschädigung 
ihrer Versicherten in speziellen gesetzlichen Subrogationsregeln gründen (Art. 72 VVG; Art. 41 UVG; Art. 48ter ff. AHVG; Art. 52 IVG; Art. 79 KVG und Art. 67 MVG), fehlen solche mit Bezug auf Lohnfortzahlungen bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Indessen ist allgemein anerkannt, dass der Arbeitgeber den haftpflichtigen Dritten belangen kann. Ihn anders zu behandeln als etwa den Versicherer, der nach Art. 324b OR an seiner Stelle den Lohn bezahlt, wäre weder einleuchtend noch billig und liefe entgegen dem Zweck sowohl der Lohnfortzahlungspflicht wie auch der haftpflichtrechtlichen Verantwortlichkeitsanschauung auf einen Schutz des Schädigers des Arbeitnehmers hinaus (Brehm, a.a.O., N. 31 zu Art. 41 OR mit Hinweisen). Da sich im Gesetz keine Regelung bezüglich des Regressanspruchs des Arbeitgebers findet, liegt insoweit eine Gesetzeslücke vor. Diese ist in analoger Anwendung von Art. 51 Abs. 2 OR zu schliessen. Eine unmittelbare Anwendung dieser Bestimmung fällt ausser Betracht, da der Arbeitgeber nicht zum Kreis der gemäss Art. 51 OR Haftpflichtigen zählt, sondern mit der Lohnzahlung unabhängig vom schädigenden Ereignis seine gesetzliche oder vertragliche Leistungspflicht erfüllt (vgl. Brehm, a.a.O., N. 31 zu Art. 41 OR; Roberto, Schadensrecht, Basel 1997, S. 41 je mit Hinweisen). Da der Arbeitgeber seinen Vertrag erfüllt und nicht aus Schlechterfüllung für den entstandenen Schaden haftet, kann die in Art. 51 Abs. 2 OR vorgesehene Abstufung nach der Haftung aus unerlaubter Handlung, Vertrag oder Gesetz nicht auf die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers übertragen werden. Der Regress steht dem Arbeitgeber auch gegenüber einem kausal Haftenden zu, da sich die Lohnfortzahlungspflicht nicht zu dessen Gunsten auswirken soll (Pierre Widmer, "Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, verpflichtet dessen Arbeitgeber zum Ersatz", in: SJZ 73/1977 S. 283, 287). Der Arbeitgeber ist diesbezüglich den subrogierenden Sozial- und Schadensversicherern gleichzustellen, auch wenn diese ihre Rechtsstellung bereits im Unfallzeitpunkt erlangt haben (Schaer, "Hard cases make bad law" oder OR 51/2 und die regressierende Personalvorsorgeeinrichtung, in: recht 9/1991 S. 20 f.) . 
 
c) Die Frage, in welchem Umfang der Haftpflichtige die vom Arbeitgeber erbrachten Leistungen zu ersetzen hat, ist aus dem mit dem Regressanspruch verfolgten Zweck zu beantworten. Soll der Anspruch nach dem oben Gesagten eingeräumt werden, damit der Schädiger nicht privilegiert wird (E. 2b), soll der Schädiger aus dem Umstand, dass der Schadenersatzanspruch in der Form eines Regressanspruches des Arbeitgebers geltend gemacht wird, auch nicht benachteiligt werden. Abzustellen ist mithin auf den hypothetischen Schaden, den der Arbeitnehmer ohne die Zahlungen des Arbeitgebers erlitten hätte. 
 
 
3.- Die Parteien sind sich darüber einig, dass keine Reduktionsgründe vorliegen. Der Kläger kann somit im Umfang des gesamten hypothetischen Schadens des Arbeitnehmers auf die Beklagte Regress nehmen. 
 
a) Der Kläger kritisiert das Urteil der Vorinstanz, soweit ihm erst ab dem auf den Unfall folgenden Tag Ersatz gewährt wurde, da sich der Unfall erst um 17.00 Uhr ereignet habe. In dieser Hinsicht genügt es, auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz hinzuweisen, denn der Kläger erläutert in seiner Berufung nicht, inwiefern die Arbeitsunfähigkeit und ein daraus entstehender finanzieller Nachteil bereits am Unfalltag eingetreten sei. Ein Verstoss gegen Bundesrecht ist nicht ersichtlich. 
 
b) Im Vorfeld des vorliegenden Verfahrens berechnete die Beklagte den Ersatzanspruch des Klägers auf der Basis seiner Lohnzahlungen unter Einschluss der Arbeitnehmerbeiträge an die Sozial- und Zusatzversicherungen, aber ohne die Arbeitgeberbeiträge. In der Berufung erklärt sie jedoch, sie hätte an sich nur die Nettolohnzahlungen im Umfang von monatlich DM 3'841.26 übernehmen müssen, weder Arbeitnehmer- noch Arbeitgeberbeiträge. 
 
aa) Das Bundesgericht hat in BGE 90 II 184 E. II/2 
S. 188 festgehalten, dass die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers zum Nettoeinkommen gehören, da diese keine Gewinnungskosten darstellen, sondern Teil des Einkommens bilden. Das Obergericht und ursprünglich auch die Beklagte gingen deshalb zu Recht von einem Nettolohn von DM 5'993.52 aus. 
 
bb) Anders verhält es sich mit den Arbeitgeberbeiträgen. Ein Regressanspruch ist auch diesbezüglich nur gegeben, sofern der Arbeitnehmer ohne die Leistungen des Arbeitgebers einen Vermögensschaden erleidet. Dies ist namentlich 
bei rentenbildenden Beiträgen der Fall oder falls bei Nichtbezahlung der Arbeitnehmer selbst die entsprechenden Beiträge leisten müsste. Ob die vom Kläger ausgerichteten Beiträge diese Voraussetzungen erfüllen, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Eine Rückweisung der Sache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts setzt indes voraus, dass der Kläger rechtzeitig und prozesskonform im kantonalen Verfahren entsprechende Behauptungen aufgestellt hat. Dies legt der Kläger in der Berufung nicht dar, weshalb keine Rückweisung erfolgen kann (Art. 55 Abs. 1 lit. c und d OG; BGE 119 II 353 E. 5c/aa S. 357 und 115 II 484 E. 2a S. 485 f., je mit Hinweisen). 
 
c) Der Kläger verlangt weiter anteilmässigen Ersatz für das von ihm bezahlte Weihnachts- und Urlaubsgeld. Das Weihnachtsgeld entspricht ungefähr dem in der Schweiz bekannten dreizehnten Monatslohn. Beim Urlaubsgeld handelt es sich um eine tarifvertraglich festgelegte Gratifikation, die aus Anlass des jährlichen Erholungsurlaubs gezahlt wird, um dem Arbeitnehmer eine bessere Gestaltung seines Urlaubs zu ermöglichen (Creifelds/Weber, Rechtswörterbuch, 15. Auflage, München 1999, S. 1361). Weshalb diese Leistungen eine andere Beurteilung als der nach schweizerischem Recht bezahlte dreizehnte Monatslohn erfahren sollten, ist nicht nachvollziehbar. Sie bilden einen Lohnbestandteil und sind deshalb auch regressfähig. Das Obergericht hat den Regressanspruch des Klägers somit zu Recht im Umfang von DM 1'581.50 Weihnachtsgeld sowie DM 386.98 Urlaubsgeld bejaht. 
 
d) Dasselbe gilt für die an der Quelle erhobenen Lohn- und Kirchenlohnsteuern von monatlich DM 28.35. Indem der Arbeitgeber diese Beträge an der Quelle abführt, deckt er eine Schuld des steuerpflichtigen Arbeitnehmers, wodurch sich dessen Lohn erhöht. 
 
e) Zuletzt verlangt der Kläger Ersatz des von ihm geleisteten Urlaubsentgelts. Als Urlaubsentgelt wird im deutschen Recht der reguläre Lohn des Arbeitnehmers während der ihm gesetzlich oder vertraglich zustehenden Ferien bezeichnet. Der Kläger beansprucht dafür Ersatz, weil der verunfallte Arbeitnehmer unbesehen seiner vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 1993 und 1994 einen vollen Ferienanspruch habe geltend machen können. Das schweizerische Haftpflichtrecht anerkennt indes keinen Anspruch auf Ersatz für entgangene Ferien (vgl. Rey, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 2. Auflage, Zürich 1998, Rz. 159). In diesem Umfang besteht kein Anspruch des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtigen. Verfällt der Ferienanspruch des Arbeitnehmers oder steht ihm lediglich ein Anspruch auf Nachbezug der Ferien zu, erleidet er keinen Vermögensschaden. Nur wenn er verlangen kann, dass nicht bezogene Ferien in Geld abgegolten werden, ist er an seinem Vermögen geschädigt. Einzig in diesem Fall kann der Arbeitgeber Regress nehmen. Da der Kläger nicht darlegt, im kantonalen Verfahren entsprechende Behauptungen aufgestellt zu haben, erübrigt sich auch in diesem Punkt eine Rückweisung der Sache an das Obergericht. Die geforderten Beträge sind nicht zuzusprechen. 
 
 
4.- a) Der Arbeitgeber kann somit folgenden Regressanspruch geltend machen: 
 
- Lohnzahlung (DM 5'965.17) um 
Steuerbetreffnis (DM 28.35) erhöht 
vom 25. Mai - 15. August 1993: DM 16'240.52 
- Urlaubsgeld: DM 386.98 
- Weihnachtsgeld: DM 1'581.50 
Regressanspruch Total: DM 18'209.-- 
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b) Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat die Beklagte nach Abzug der Bankspesen bereits DM 18'380.15 bezahlt. Ein weitergehender Regressanspruch des Klägers besteht nicht. Die Berufung des Klägers ist daher abzuweisen, jene der Beklagten ist gutzuheissen und die Klage abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Kläger kosten- und entschädigungspflichtig. 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.- Die Berufung des Klägers wird abgewiesen. 
 
2.- Die Berufung der Beklagten wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. Juni 1999 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen. 
 
3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Kläger auferlegt. 
 
4.- Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen. 
 
5.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 26. September 2000 
 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: