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[AZA 0/2] 
5P.220/2000/min 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
6. September 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Raselli, Ersatzrichter Zünd sowie 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
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In Sachen 
 
1. R.________, 
2. S.________, Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Andreas O. Weber, Av. du Tivoli 3, 1701 Freiburg, 
 
gegen 
 
1. T.________, 
2. U.________, 
3. V.________ AG, 
4. W.________, 
5. X.________, Beschwerdegegner, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. René Bacher, Hauptstrasse 34, 4102 Binningen, Gerichtspräsident des Sensebezirks, 
 
betreffend 
Art. 9 und 49 Abs. 1 BV 
(Sicherheitsleistung im Besitzesschutzverfahren), hat sich ergeben: 
 
A.- Am 21. Februar 2000 verstarb Z.________. Der Erbengemeinschaft gehören neben der Ehefrau Y.________ die Kinder R.________ und S.________ sowie T.________, U.________ und W.________ an. Kurz vor seinem Ableben hatte Z.________ am 14. Februar 2000 die Baubewilligung zum Wiederaufbau des vollständig abgebrannten Bauernhauses erhalten. Auf Veranlassung von U.________, T.________ und W.________ sowie deren Lebensgefährten, X.________, wurde in der Folge mit den Bauarbeiten begonnen, womit R.________ und S.________ jedoch nicht einverstanden waren. 
 
 
B.-Auf ihr Begehren um Besitzesschutz untersagte der Gerichtspräsident des Sensebezirks am 21. März 2000 superprovisorisch zunächst T.________ und U.________ sowie der V.________ AG, Bautätigkeiten irgendwelcher Art auf dem fraglichen Grundstück vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Am 20. April 2000 erliess er eine entsprechende Verfügung auch gegen W.________ und X.________. R.________ und S.________ hatten eine Sicherheitsleistung in Form einer Bankgarantie von insgesamt Fr. 125'000.-- zu leisten. Am 8. Mai 2000 hiess der Gerichtspräsident des Sensebezirks das Besitzesschutzbegehren definitiv gut und bestätigte das superprovisorisch ausgesprochene Verbot bis zum Entscheid eines Erbenvertreters, dessen Einsetzung R.________ und S.________ in der Zwischenzeit verlangt hatten. Die von ihnen zu erbringende Sicherheitsleistung wurde auf Fr. 225'000.-- erhöht. 
 
 
C.- R.________ und S.________ haben am 15. Juni 2000 staatsrechtliche Beschwerde gegen die Besitzesschutzverfügung eingereicht. Sie beantragen, die angefochtene Verfügung bezüglich der Verpflichtung zur Erbringung einer Sicherheitsleistung aufzuheben. 
 
Das Verfahren wurde zunächst sistiert, weil beide Parteien gegen die Besitzesschutzverfügung auch Beschwerde an das Zivilgericht des Sensebezirks eingereicht hatten, welches allerdings am 22. Dezember 2000 darauf nicht eintrat, weil gegen Besitzesschutzmassnahmen ein Rechtsmittel nicht gegeben sei. 
 
In ihrer Vernehmlassung vom 28. März 2001 an das Bundesgericht beantragen T.________ und die Mitbeteiligten, auf die staatsrechtliche Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen. Der Gerichtspräsident des Sensebezirks hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Die Beschwerdeführer haben staatsrechtliche Beschwerde gegen die Besitzesschutzverfügung des Gerichtspräsidenten des Sensebezirkes erhoben. Die Berufung gegen Besitzesschutzverfügungen ist unzulässig (BGE 113 II 243). Hingegen geht die zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde der staatsrechtlichen Beschwerde vor (Art. 84 Abs. 2 OG; BGE 107 II 233 E. 1). Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen geltend, es sei mit Bundesrecht nicht vereinbar, die Gewährung von Besitzesschutz von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Damit rufen sie aber den Nichtigkeitsgrund von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG an, der gegeben ist, wenn statt des massgebenden eidgenössischen Rechts kantonales Recht angewendet wird. Das als staatsrechtliche Beschwerde eingereichte Rechtsmittel ist daher als Nichtigkeitsbeschwerde zu behandeln (BGE 107 II 233 E. 1). Die formellen Anforderungen sind erfüllt, namentlich handelt es sich bei der Besitzesschutzverfügung des Gerichtspräsidenten des Sensebezirkes um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid (Art. 68 Abs. 1 OG), was sich daraus ergibt, dass das Bezirksgericht auf die bei ihm erhobenen Beschwerden nicht eingetreten ist. 
 
b) Die Beschwerdegegner kritisieren den angefochtenen Entscheid ihrerseits. Sie sind der Auffassung, es hätte Besitzesschutz nicht gewährt werden dürfen. Indessen haben sie - innert Frist - kein Rechtsmittel ergriffen bzw. hat sich die erhobene Beschwerde an das Zivilgericht für unzulässig erwiesen, was wiederum unangefochten geblieben ist. Das Bundesgericht kann darauf nicht zurückkommen. Es hat lediglich zu beurteilen, ob es mit Bundesrecht vereinbar ist, den Beschwerdeführern zwar Besitzesschutz zu gewähren, sie zugleich aber zu verpflichten, eine Sicherheitsleistung zu erbringen. 
 
2.- a) Das Zivilgesetzbuch versteht unter Besitz die tatsächliche Gewalt über die Sache (Art. 919 ZGB). Es unterscheidet zwischen dem im Eigentum begründeten selbständigen und dem anderswie begründeten unselbständigen Besitz (Art. 920 ZGB) und schützt den Besitz als tatsächliche Gewalt gegen Entziehung und Störung durch verbotene Eigenmacht (Art. 927 und 928 ZGB). Ansprüche können sich auch aus Mit- oder Gesamtbesitz ergeben und sich gegen die anderen Mit- oder Gesamtbesitzer richten (Ruedi Portmann, Der Besitzesschutz des schweizerischen Zivilgesetzbuchs, Diss. Zürich 1996, S. 103 f., 107), vorausgesetzt, der Streit betreffe nicht die Rechtsbeziehung der Mit- oder Gesamtbesitzer (Stark, Berner Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 926-929 ZGB, N. 67 ff.; Homberger, Zürcher Kommentar, N. 21 zu Art. 926 ZGB; Steinauer, Les droits réels, Bd. 1, 3. Aufl. 1997, S. 93, Rz. 332). Der Besitzer kann, wenn ihm eine "Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen" (Art. 927 Abs. 1 ZGB) oder sein "Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört" (Art. 928 Abs. 1 ZGB) wird, gegen den Besitzesentzieher oder -störer Klage erheben, auch wenn dieser ein Recht zu haben behauptet. Besitzesschutz als Schutz der tatsächlichen Gewalt über die Sache kann nur im Falle der Besitzesentziehung dann verweigert werden, wenn der Besitzesentzieher "sofort ein besseres Recht nachweist" und aufgrund dieses sofort nachgewiesenen besseren Rechts "dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte" (Art. 927 Abs. 2 ZGB). 
 
 
b) Besitzesschutzklagen führen damit zu einem Urteil, in welchem dem Kläger nur Besitzesschutz, d.h. Schutz der tatsächlichen Gewalt über die Sache zuerkannt wird, also nur über die Wiederherstellung oder Erhaltung des Zustands der tatsächlichen Gewalt über die Sache, nicht aber über die Rechtmässigkeit dieses Zustandes bzw. über das Recht an der Sache entschieden wird. Besitzesschutzurteile können daher durch ein späteres Urteil über das Recht an der Sache umgestossen werden (BGE 113 II 243 E. 1). Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Entscheid insofern endgültiger Natur ist, als definitiv über den bundesrechtlichen Anspruch auf Erhaltung oder Wiederherstellung des tatsächlichen Zustands befunden wird. Dieser Anspruch darf nicht von zusätzlichen Anforderungen des kantonalen Rechts abhängig gemacht werden, welche den Besitzesschutz erschweren (BGE 83 II 141 E. 3 S. 144; Steinauer, a.a.O., S. 99, Rz. 359a). Wohl darf das kantonale Prozessrecht für eine im Verlaufe des Prozesses zu erlassende vorläufige Verfügung eine Kaution im Hinblick darauf verlangen, dass das Besitzesschutzbegehren sich schliesslich als unbegründet erweisen könnte (Homberger, Zürcher Kommentar, N. 17 zu Art. 927 ZGB; Stark, Berner Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 926-929, N. 109), wie dies hier zunächst geschehen ist. Für die Besitzesschutzklage als solche ist eine Sicherheitsleistung aber unzulässig, weil dadurch die privatrechtlichen Bestimmungen des Bundesrechts abgeändert würden (Homberger, N. 17 zu Art. 927; vgl. Stark, Berner Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 926-929, N. 109; Isaak Meier, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, Zürich 1983, S. 163). 
 
c) Die Beschwerdeführer machen mithin zu Recht geltend, der Gerichtspräsident des Sensebezirks habe bezüglich der Sicherheitsleistung kantonales Recht statt Bundesrecht angewendet. Die Ziff. 3 und 4 des angefochtenen Entscheides, die sich hierauf beziehen, sind folglich aufzuheben. Einer Rückweisung der Sache (Art. 73 Abs. 2 OG) bedarf es - ausnahmsweise - nicht, da weitere Anordnungen nicht getroffen werden müssen. 
 
3.- Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdegegnern unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). 
Sie haben überdies die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 und 5 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird als Nichtigkeitsbeschwerde entgegengenommen und als solche gutgeheissen. 
Die Ziff. 3 und 4 des Entscheides des Gerichtspräsidenten des Sensebezirkes vom 8. Mai 2000 werden aufgehoben. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdegegnern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.- Die Beschwerdegegner haben die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- unter solidarischer Haftbarkeit zu entschädigen. 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Gerichtspräsidenten des Sensebezirks schriftlich mitgeteilt. 
 
_____________ 
Lausanne, 6. September 2001 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: