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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2P.150/2002 /bmt 
 
Urteil vom 11. Juli 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
D.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Gemeinderat Fislisbach, 5442 Fislisbach, 
Regierungsrat des Kantons Aargau, Staatskanzlei, 5000 Aarau, 
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5000 Aarau. 
 
Sozialhilfe, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 18. Juni 2002. 
 
Es wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
1. 
D.________ stellte im März 1998 bei der Gemeinde Fislisbach ein Gesuch um materielle Hilfe. Er unterschrieb eine Abtretungserklärung zugunsten der Gemeinde hinsichtlich Lohn- und Lohnersatzzahlungen für die Zeit ab 1. Januar 1998, und der Gemeinderat Fislisbach gewährte D.________ und seiner Familie ab März 1998 finanzielle Unterstützung (materielle Hilfe gemäss Sozialhilfegesetz des Kantons Aargau vom 2. März 1982 [SHG] bzw. gemäss Verordnung vom 18. April 1983 dazu [Sozialhilfeverordnung, SHV]). 
Mit Verfügung vom 4. April 2001 anerkannte die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau eine rentenbegründende Invalidität von D.________ ab Mai 1999 und sprach ihm mit Wirkung ab 1. Mai 2000 eine ganze Invalidenrente mit Zusatzrenten für die vier Kinder zu. Zudem bezog D.________ ab Dezember 1998 eine BVG-Invalidenrente mitsamt vier Invaliden-Kinderrenten. 
 
Bereits vorher hatte der Gemeinderat Fislisbach die materielle Hilfe für die Zeit ab März 2000 neu festgelegt. Eine diesbezüglichen Verfügung vom 31. Juli 2000 bestimmte im Dispositiv: 
"7. Herr D.________ tritt allfällige Guthaben bei Versicherungen bis zur Höhe der erbrachten Unterstützungsleistungen von Gesetzes wegen an die Gemeinde Fislisbach ab." 
Gegen Ziff. 7 dieser Verfügung führte Jose D.________ erfolglos Beschwerde beim Bezirksamt Baden und beim Regierungsrat des Kantons Aargau. Auf Beschwerde gegen den regierungsrätlichen Entscheid hin änderte das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau Ziff. 7 der Verfügung des Gemeinderats Fislisbach vom 31.Juli 2000 mit Urteil vom 18. Juni 2002 wie folgt ab: 
"7. Herr D.________ tritt allfällige während der Unterstützungsdauer laufende Forderungen gegenüber Dritten im Sinne von § 11 SHV, einschliesslich Nachzahlungen für diesen Zeitraum, an die Gemeinde Fislisbach ab." 
Mit Eingabe vom 4. Juli 2002 gelangte D.________ an das Obergericht und an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Die Eingabe enthielt die Rechtsbegehren/Anträge, das Verfahren, insbesondere das Verwaltungsgerichtsurteil vom 18. Juni 2002, sei als nichtig aufzuheben und der Kanton Aargau und die Gemeinde Fislisbach hätten unverzüglich Fr. 81'100.-- zuzüglich Zins zu zahlen, alles unter Kosten- und Entschädigungs- bzw. zuzüglich Genugtuungsfolge zu Gunsten von D.________ und Familie und zu Lasten der Gemeinde Fislisbach. Eine Ausfertigung der Eingabe war auch an das Eidgenössischen Versicherungsgericht in Luzern adressiert. Letzteres überwies die Eingabe dem Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne. 
 
2. 
2.1 Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juni 2002 stützt sich auf selbstständiges kantonales Sozialhilferecht. Dass der Kanton bei dessen Anwendung darauf zu achten hat, dass im Ergebnis nicht bundesrechtliche Normen (vorliegend insbesondere Bestimmungen sozialversicherungsrechtlicher Erlasse) missachtet werden, ändert daran nichts. Damit ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht nicht gegeben, und als bundesrechtliches Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts steht allein die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte offen, wie in der Rechtsmittelbelehrung auf der letzten Seite dieses Urteils zu Recht dargelegt wird. Ein kantonales Rechtsmittel, z.B. an das Obergericht des Kantons Aargau, an welches sich die Eingabe vom 4. Juli 2002 auch richtet, steht nicht offen. Damit ist diese an das Bundesgericht weitergeleitete Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde entgegenzunehmen. 
Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet noch sind die kantonalen Akten eingeholt worden. 
2.2 
2.2.1 Der Gegenstand des Verfahrens der staatsrechtlichen Beschwerde wird abschliessend durch den Gegenstand des angefochtenen Urteils bestimmt. Nicht beurteilt hat das Verwaltungsgericht die Anträge des Beschwerdeführers, die auf eine Verurteilung des Gemeinwesens zur Bezahlung von Geldsummen abzielen. Schon darum kann zum Vornherein nicht auf die staatsrechtliche Beschwerde eingetreten werden, soweit damit beantragt wird, die Gemeinde und der Kanton seien zur Bezahlung von Geldbeträgen zu verpflichten. 
2.2.2 Wer staatsrechtliche Beschwerde erhebt, hat eine Beschwerdeschrift einzureichen, die insbesondere die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthält, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sein sollen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
Was in der Eingabe vom 4. Juli 2002 über die angebliche Befangenheit des Verwaltungsgerichts gesagt wird, entspricht dem, was im kantonalen Verfahren schon gegen den Regierungsrat geltend gemacht wurde; das Verwaltungsgericht hat in E. II.2a seines Urteils zutreffend dargelegt, warum auf diese Weise ein Ablehnungsgrund nicht dargetan werden kann; der Beschwerdeführer geht nun mit keinem Wort darauf ein. Er will sodann offenbar die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für die Beurteilung des Streitfalls in Frage stellen, ohne sich aber zur Erwägung im angefochtenen Urteil betreffend die kantonal Zuständigkeitsregelung auf dem Gebiete des Sozialhilferechts (E. I.1) zu äussern. Weiter nimmt der Beschwerdeführer nicht Bezug auf die kantonalen materiellrechtlichen Normen, auf welche das Verwaltungsgericht sein Urteil stützt; weder setzt er sich mit deren Wortlaut noch mit deren Auslegung durch das Verwaltungsgericht auseinander. Was schliesslich die vom Beschwerdeführer erwähnten bundesrechtlichen Normen aus dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts betrifft, so kommen diese im kantonalen sozialhilferechtlichen Verfahren nicht unmittelbar zur Anwendung (vorne E. 2.1); im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde könnte einzig gerügt werden, die Anwendung des kantonalen Rechts führe mittelbar zu einem Ergebnis, welches mit Bundesrecht nicht vereinbar sei, und daher sei der Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 49 BV) verletzt. Eine derartige Rüge wird nicht ausdrücklich erhoben. 
Die Eingabe vom 4. Juli 2002 genügt den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG kaum. Jedenfalls aber erweisen sich die höchstens sinngemäss erhobenen Rügen als offensichtlich unbegründet, wie sich aus der nachfolgenden summarischen Begründung ergibt. 
2.3 
2.3.1 Das kantonale Recht selber erlaubt klarerweise eine Abtretung der Leistungsansprüche aus Sozialversicherung an den Erbringer von Sozialhilfe: § 12 Abs. 1 SHG sieht die Erbringung von Sozialhilfe auch für den Fall vor, dass der Hilfesuchende für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann. Der Hinweis "nicht rechtzeitig" lässt zwangslos den Schluss zu, dass Sozialhilfe auch in Form von (rückzahlbaren) Vorschüssen geleistet werden kann. Insofern erweist sich § 11 SHV als blosse gesetzesausführende Norm, wenn darin bestimmt wird, dass die Hilfesuchenden bei Gewährung materieller Hilfe ihre während der Unterstützungsdauer laufenden Forderungen gegenüber Dritten, wie Unterhaltsbeiträge, an die Sozialbehörden abzutreten haben. Es lässt sich willkürfrei sagen, dass Leistungen von Sozialversicherern Unterhaltsbeiträge im Sinne von § 11 SHV sind. Hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts lässt sich dem Verwaltungsgericht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte nicht vorwerfen. 
2.3.2 Das Verwaltungsgericht hat untersucht, ob die nach kantonalem Recht zulässige Forderungsabtretung sich mit Bundesrecht vereinbaren lässt. Es hat dabei insbesondere festgestellt, dass die Abtretung gemäss Art. 85bis der Verordnung vom 17. Januar 1961 (Fassung vom 27. September 1993) über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) zulässig sei. Gemäss Art. 85bis Abs. 1 IVV können öffentlichrechtliche Fürsorgestellen, welche im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht haben, verlangen, dass die Nachzahlung dieser Rente bis zur Höhe ihrer Vorschussleistung verrechnet und an sie ausbezahlt wird. Gemäss Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV gelten als Vorschussleistungen unter anderem aufgrund eines Gesetzes erbrachte Leistungen, soweit aus dem Gesetz ein eindeutiges Rückforderungsrecht abgeleitet werden kann, was - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers (s. vorstehende E. 2.3.1) - für die aargauische Sozialhilfegesetzgebung zutrifft. Dabei darf gemäss Art. 85bis Abs. 3 IVV die Nachzahlung der bevorschussenden Stelle höchstens im Betrag der Vorschussleistung und für den Zeitraum, in welchem diese erbracht worden ist, ausbezahlt werden. 
 
Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich einzig geltend, eine blosse Verordnungsnorm genüge nicht, um ein entsprechendes Abtretungs-/Verrechnungsrecht zu begründen. Er verkennt, dass Art. 85bis IVV sich auf ein formelles Gesetz stützen lässt, nämlich auf Art. 50 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 (Fassung vom 7. Oktober 1994) über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20). Nach der Rechtssprechung stellt denn auch Art. 85bis IVV eine genügende Rechtsgrundlage für eine Drittauszahlung von Renten an bevorschussende Institutionen dar (vgl. BGE 123 V 25 ff.). Es handelt sich dabei um eine Koordinationsnorm (Verhältnis zwischen Invalidenversicherung und Leistungen der Sozialhilfe), welche dem Anliegen eines sparsamen, gegenseitig abgestimmten und insofern haushälterischen Umganges mit Steuergeldern im Verhältnis zu Versicherungsleistungen dient (vgl. BGE 123 V 25 E. 3c S. 30). 
2.4 Soweit auf die staatsrechtliche Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, ist sie offensichtlich unbegründet und abzuweisen. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG). 
2.5 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 OG). Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr (vgl. Art. 153 Abs. 1 OG) ist zwar einerseits der Natur des Rechtsstreits (Sozialhilfe) und den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers, andererseits aber auch dessen Art der Prozessführung Rechnung zu tragen (vgl. Art. 153a Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1. 
Die Eingabe vom 4. Juli 2002 wird als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen. 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Gemeinderat Fislisbach, dem Regierungsrat des Kantons Aargau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. Juli 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: