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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_798/2020  
 
 
Urteil vom 16. September 2020  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Ian Graber, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
2. B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Versuchte vorsätzliche Tötung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, 
vom 25. Mai 2020 (SST.2019.192). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 12. Juli 2017 entwickelte sich zwischen den beiden Zugpassagieren A.________ und B.________ eine verbale Auseinandersetzung mit kurzem Gerangel, in dessen Verlauf B.________ durch ein Taschenmesser von A.________ eine Stichverletzung im Brustbereich erlitt. 
Das Bezirksgericht Brugg verurteilte A.________ am 11. Dezember 2018 wegen schwerer Körperverletzung zu 24 Monaten Freiheitsstrafe bedingt und Fr. 2'000.-- Busse. Auf Berufung von B.________ und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin sprach das Obergericht des Kantons Aargau A.________ am 25. Mai 2020 der ver suchten vorsätzlichen Tötung schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 11 Monaten. 
 
B.   
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, er sei wegen schwerer Körperverletzung zu 24 Monaten Freiheitsstrafe bedingt und Fr. 2'000.-- Busse zu verurteilen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz hätte hinsichtlich des Strafmasses nicht auf die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft eintreten dürfen, da nur der Privatkläger Berufung erklärt und diese auf die rechtliche Würdigung des Sachverhalts beschränkt habe. Die Staatsanwaltschaft hätte selbst Berufung erheben müssen, wenn sie mit dem Strafmass nicht einverstanden gewesen wäre. Die Vorinstanz verletze Art. 382 Abs. 2 i.V.m. Art. 401 Abs. 2 StPO
Die Rüge ist unbegründet. Art. 401 Abs. 2 StPO normiert ausdrücklich, dass die Anschlussberufung nicht auf den Umfang der Hauptberufung beschränkt ist, es sei denn, diese beziehe sich ausschliesslich auf den Zivilpunkt des Urteils. Dies behauptet der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Die akzessorische Natur der Anschlussberufung rechtfertigt gemäss einhelliger Lehre und Rechtsprechung zwar eine Beschränkung des Verfahrensgegenstands nach Massgabe der - durch die Hauptberufung definierten - betroffenen Parteien. Innerhalb dieses Rahmens prüft das Berufungsgericht das angefochtene Urteil aber in allen angefochtenen Punkten umfassend (Art. 398 Abs. 2 StPO). Erhebt etwa ein Privatkläger Hauptberufung, so ist die Anschlussberufung im Strafpunkt nur möglich in Bezug auf Straftaten, durch welche dieser Privatkläger in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist (vgl. Art. 115 StPO; vgl. BGE 140 IV 93 E. 2; Urteil 6B_6/2019 vom 22. Februar 2019 E. 1.1). Dies ist vorliegend der Fall, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Ebenso wenig stellt er in Abrede, dass der Beschwerdegegner eine Verurteilung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung statt wegen schwerer Körperverletzung verlangte. Damit geht von Gesetzes wegen auch eine mögliche Erweiterung des Strafrahmens gegenüber der erstinstanzlichen Verurteilung einher. Daran ändert nichts, dass die Privatklägerschaft zufolge Art. 382 Abs. 2 StPO den erstinstanzlichen Entscheid hinsichtlich der ausgesprochenen Sanktion nicht anfechten kann. Aus dem entsprechenden Unterlassen resp. Antrag des Beschwerdegegners kann der Beschwerdeführer daher nichts für sich ableiten. 
 
2.   
Sodann beanstandet der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz trotz Feststellung eines wesentlichen Mangels des erstinstanzlichen Urteils dieses nicht nach Art. 409 Abs. 1 StPO aufgehoben und zu neuem Entscheid an das Erstgericht zurückgewiesen habe. 
 
2.1. Die Berufung nach Art. 398 ff. StPO ist grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel. Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO). Nach Art. 409 Abs. 1 StPO hebt das Berufungsgericht bei wesentlichen, im Berufungsverfahren nicht heilbaren Mängeln das angefochtene Urteil ausnahmsweise auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an die Vorinstanz zurück. Die kassatorische Erledigung kommt nur in Betracht, wenn die Rückweisung zur Wahrung der Parteirechte, in erster Linie zur Vermeidung eines Instanzverlusts, unumgänglich ist. Dies ist etwa der Fall bei Verweigerung von Teilnahmerechten oder nicht gehöriger Verteidigung, bei nicht richtiger Besetzung des Gerichts oder bei unvollständiger Behandlung sämtlicher Anklage- oder Zivilpunkte (BGE 143 IV 408 E. 6.1; Urteil 6B_1014/2019 vom 22. Juni 2020 E. 2.4; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Mangel des erstinstanzlichen Urteils betrifft die Strafzumessung. Das Erstgericht hat auf eine Begründung derselben verzichtet, weil ausschliesslich der Beschwerdegegner Berufung erhoben habe und jener die Sanktion nicht anfechten könne. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, muss die Urteilsbegründung gemäss Art. 81 Abs. 3 lit. a StPO ausdrücklich auch die Sanktionen umfassen, und kann darauf nicht verzichtet werden, weil allein die Privatklägerschaft ein Rechtsmittel ergreift. Indes hat das Berufungsgericht angesichts der Natur der Berufung als reformatorisches Rechtsmittel ohnehin eine eigene Strafzumessung vorzunehmen, sodass kein wesentlicher, unheilbarer Mangel im Sinne von Art. 409 Abs. 1 StPO vorliegt, der zu einer Rückweisung führen müsste. Dies gilt umso mehr, als erst im Berufungsverfahren eine Verurteilung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, anstelle einer schweren Körperverletzung erfolgte, was zwangsläufig zu einer neuen Strafzumessung führen musste. Zu Recht ist keine Rückweisung erfolgt. Darin liegt auch keine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 EMRK, zumal sich der Beschwerdeführer angemessen verteidigen konnte.  
 
3.  
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Würdigung des Anklagesachverhalts als versuchte vorsätzliche Tötung anstelle von schwerer Körperverletzung. Mangels Angaben im rechtsmedizinischen Gutachten zum Verlauf des Stichkanals und zur Stichtiefe lasse sich nicht erstellen, dass der Beschwerdeführer den Stich mit derartiger Impulsivität ausgeführt habe, dass er den Tod des Opfers in Kauf genommen habe. 
 
3.1.  
 
3.1.1. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist. Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 145 IV 154 E. 1.1; 143 IV 241 E. 2.3.1 mit Hinweisen).  
Das Gericht würdigt Gutachten grundsätzlich frei (Art. 10 Abs. 2 StPO). In Fachfragen darf es davon indessen nicht ohne triftige Gründe abweichen, und Abweichungen müssen begründet werden. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 142 IV 49 E. 2.1.3; 141 IV 369 E. 6.1; Urteil 6B_ 729 /2019 vom 1. Mai 2020E. 2.1.1 mit Hinweis). 
 
3.1.2. Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB). Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind (Art. 22 Abs. 1 StGB; BGE 140 IV 150 E. 3.4; 137 IV 113 E. 1.4.2; je mit Hinweisen).  
Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 StGB). Nach ständiger Rechtsprechung ist Eventualvorsatz gegeben, wenn der Täter mit der Tatbestandsverwirklichung rechnet, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt und sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 mit Hinweis). Nicht erforderlich ist, dass er den Erfolg "billigt" (BGE 133 IV 9 E. 4.1, 1 E. 4.1; je mit Hinweisen). 
Ob der Täter die Tatbestandsverwirklichung im Sinne des Eventualvorsatzes in Kauf genommen hat, muss das Gericht bei Fehlen eines Geständnisses aufgrund der Umstände entscheiden. Dazu gehören die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung, die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung. Je grösser die Wahrscheinlichkeit der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen. Das Gericht darf vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich dem Täter der Eintritt des Erfolgs als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 mit Hinweis). Besondere Umstände liegen vor, wenn der Täter das ihm bekannte Risiko nicht kalkulieren und dosieren kann und das Opfer keine Abwehrchancen hat (BGE 133 IV 9 E. 4.1, 1 E. 4.5; 131 IV 1 E. 2.2; je mit Hinweisen). 
Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft sog. innere Tatsachen und ist damit Tatfrage. Als solche prüft sie das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 9 BV; Art. 97 Abs. 1 BGG). Rechtsfrage ist hingegen, ob gestützt auf die festgestellten Tatsachen bewusste Fahrlässigkeit, Eventualvorsatz oder direkter Vorsatz gegeben ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 mit Hinweisen). Da sich der Sinngehalt des (Eventual-) Vorsatzes nur im Lichte der tatsächlichen Umstände erschliessen lässt, besteht eine gewisse Überschneidung von Tat- und Rechtsfragen. Das Bundesgericht kann daher in einem gewissen Ausmass die richtige Bewertung dieser Umstände im Hinblick auf den Rechtsbegriff des Eventualvorsatzes überprüfen (BGE 133 IV 9 E. 4.1; Urteil 6B_636/2019 vom 12. August 2019 E. 1.1.2; je mit Hinweisen). Es tut dies jedoch mit einer gewissen Zurückhaltung (BGE 134 IV 189 E. 1.3; Urteile 6B_729/2019 vom 1. Mai 2020 E. 2.1; 6B_927/2019 vom 20. November 2019 E. 3.1; je mit Hinweisen). 
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz begründet überzeugend, weshalb sie von einem aktiven Zustechen des Beschwerdeführers in den Brustbereich des Opfers ausgeht. Sie stützt sich dabei insbesondere auf ein rechtsmedizisches Gutachten. Demnach könne ein Hineinlaufen resp. -fallen in ein Messer, wie es der Beschwerdeführer behauptet, zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Es fehle diesfalls aber an einer Form der Fixierung an einem Widerlager, da davon auszugehen sei, dass die das Messer führende Hand bei einem überraschenden Dagegenlaufen zurückgedrängt worden wäre. Nachdem der Beschwerdeführer ausgesagt habe, er habe gespürt, wie das Messer in "das Weiche" eingedrungen sei, sei anzunehmen, dass das Messer aktiv geführt worden sei und nicht nur passiv an einem Widerlager angelegen habe. Abgesehen davon lasse sich, so die Vorinstanz, weder den Videoaufnahmen im Zug noch den Aussagen der einvernommenen Personen entnehmen, dass der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer ins Messer gelaufen wäre, weil er schwer betrunken gewesen sei. Ebenso wenig gebe es Anzeichen dafür, dass der Zug plötzlich stark gebremst hätte. Schliesslich sei ein Einstich auf Brusthöhe des Geschädigten mit dem vom Beschwerdeführer geschilderten Tatgeschehen nicht vereinbar, da der sitzende Beschwerdeführer das Messer höchstens auf seiner Hüfthöhe gehalten haben wolle und der Beschwerdegegner zufolge der Videoaufzeichnung stets aufrecht gestanden sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er nicht aktiv zugestochen habe, sei als Schutzbehauptung zu werten.  
Gestützt auf das rechtsmedizinische Gutachten geht die Vorinstanz sodann nachvollziehbar von einer konkreten Lebensgefahr des Beschwerdegegners infolge der erlittenen Bruststichverletzung aus. Demnach bestand eine Lebensgefahr im Hinblick auf den nachgewiesenen Sauerstoffmangel, der zusammen mit der Atemnot, der gesteigerten Atemfrequenz und der flachen Atmung auf eine relevante Beeinträchtigung der mechanischen Atemfunktion und kausal auf die Blutbrust rechtsseitig zurückgeführt werden konnte sowie angesichts der Notwendigkeit einer notfallmässigen Entlastung des rechten Lungenflügels mittels Brustkorbdrainage. 
 
3.2.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es nicht zu beanstanden und verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie gestützt auf den willkürfrei erstellten Sachverhalt zum Schluss gelangt, dass er den Tod des Beschwerdegegners als Folge seines Messereinsatzes mindestens in Kauf genommen hat. Der Beschwerdeführer hat mit einem Messer mit einer Klingenlänge von 6 cm in den Brustkorb des Opfers gestochen, was unbestrittenermassen zu lebensgefährlichen Verletzungen führte und womit zu rechnen war. Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung können Stiche mit einem Messer in den Oberkörper oder den Bauchbereich eines Opfers ohne Weiteres tödliche Verletzungen bewirken und es darf bei derartigen Verletzungen darauf geschlossen werden, dass der Täter den Tod des Opfers in Kauf genommen hat (vgl. Urteil 6B_135/2020 vom 16. Juni 2020 E. 4.2 mit Hinweisen). Aus den vorinstanzlichen Ausführungen zum Sachverhalt erhellt sodann, dass das Zustechen noch vor dem Gerangel erfolgt sein musste und dass der Geschädigte - wohl aufgrund seines Alkoholisierungsgrades von knapp 3 Promille - den Stich nicht unmittelbar bemerkte, sondern die Verletzung erst nach dem Gerangel feststellte. Es ist daher davon auszugehen, dass der Geschädigte vom Stich überrascht wurde und keine Abwehrmöglichkeit hatte. Zudem konnte der Beschwerdeführer gemäss nachvollziehbarer Auffassung der forensischen Experten die Intensität des Stichs und somit die Stichtiefe angesichts der Dynamik des Geschehens und der nicht vorhersehbaren Bewegungen des Beschwerdegegners eher nicht steuern.  
Unter den gegebenen Umständen spricht - jedenfalls unter Willkürgesichtspunkten - nicht gegen Eventualvorsatz, dass das forensische Gutachten keine Angaben zu Stichtiefe und Stichrichtung enthält. Vielmehr genügt hierzu die Erkenntnis, dass der Stich mit einem 6 cm langen Messer in den Oberkörper eines massiv betrunken, mithin praktisch wehrlosen Opfers erfolgte. Aus dem zu seiner Entlastung herangezogenen bundesgerichtlichen Urteil (BGE 117 IV 135 E. 1c/bb S. 139), wonach ein Taschenmesser grundsätzlich nicht unter den Begriff eines gefährlichen Gegenstands oder einer gefährlichen Waffe im Sinne von aArt. 139 Ziff. 2 resp. aArt. 139 Ziff. 1bis StGB falle, kann der Beschwerdeführer nichts für sich ableiten. Daraus kann insbesondere nicht geschlossen werden, ein Taschenmesser wäre zur Tötung eines Menschen schlechterdings ungeeignet, resp. aufgrund der fehlenden Arretierbarkeit der Klinge sei ein Einklappen derselben beim Zustechen derart wahrscheinlich, dass im Umkehrschluss die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Verletzung so klein sei, dass nicht mehr von einer Inkaufnahme des Todeseintritts gesprochen werden könne. Das Bundesgericht äussert sich im zitierten Entscheid denn auch nicht zu dieser Frage. Im Übrigen wird die Argumentation des Beschwerdeführers durch die vorliegend erstellten Verletzungen resp. die Lebensgefahr gerade widerlegt. Ebenso wenig spricht gegen einen (eventuellen) Tötungsvorsatz, dass der Beschwerdeführer nur ein einziges Mal zugestochen hat und behauptet, kein Motiv gehabt zu haben. Soweit er vorbringt, er habe nur drohen wollen, entfernt er sich zudem vom für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt, ohne Willkür darzutun. Mit seinem Einwand, wonach gestützt auf das forensische Gutachten im Zweifel von einer geringen Intensität des Zustechens auszugehen sei, verkennt der Beschwerdeführer ferner die Tragweite des Grundsatzes "in dubio pro reo". Dieser gebietet nicht, bei sich widersprechenden Beweismitteln unbesehen auf den für den Angeklagten günstigeren Beweis abzustellen. Der Grundsatz kommt nur zur Anwendung, wenn nach erfolgter Beweiswürdigung als Ganzem relevante Zweifel verbleiben (Urteil 6B_1395/2019 vom 3. Juni 2020 E. 1.1). Im Übrigen sprechen die erlittenen Verletzungen resp. die Lebensgefahr unbesehen der konkreten Stichtiefe und -richtung sehr wohl für eine erhebliche Intensität des Zustechens. Jedenfalls aber ist es nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz trotz unklarer Stichtiefe und -richtung auf Eventualvorsatz schliesst. Indem der Beschwerdeführer wegen einer fehlenden Prellmarke am Körper der Opfers auf eine geringe Intensität des Stichs schliessen will, ergeht er sich in reiner Spekulation, was zum Nachweis von Willkür ebenfalls nicht genügt. Nachdem vorliegend schliesslich unbestritten ist und feststeht, dass das vom Beschwerdeführer verwendete Taschenmesser eine Klingenlänge von 6 cm (resp. 60 mm) aufwies, ist irrelevant, dass das Bundesgericht im vom Beschwerdeführer angeführten Urteil 6B_775/2011 vom 4. Juni 2012 E. 2.5 erwogen hat, bei einer Klingenlänge von 34 mm könne nicht ohne Weiteres auf die Inkaufnahme einer tödlichen Verletzung geschlossen werden. Demgegenüber hat das Bundesgericht im erwähnten Urteil den vorinstanzlichen Schluss auf ein eventualvorsätzliches Tötungsdelikt bei einem Stich in den Brustbereich mit einem Taschenmesser mit einer Klingenlänge von 41 mm geschützt. 
 
4.   
Die Beschwerde ist abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist gutzuheissen, zumal die Beschwerde nicht aussichtslos war. Entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben und ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Ian Graber, aus der Bundesgerichtskasse ein angemessenes Honorar auszurichten (Art. 64 und Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
3.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.   
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Ian Graber, wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. September 2020 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt