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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6A.49/2005 /bri 
 
Urteil vom 6. Oktober 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Borner. 
 
Parteien 
M.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Federspiel, 
 
gegen 
 
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern, 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Speichergasse 12, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Verweigerung des probeweisen Aufschubs der Landesverweisung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 2. August 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte M.________ am 9. November 2004 wegen mehrfachen besonders gefährlichen Diebstahls und verschiedener weiterer Delikte zu 3 ½ Jahren Zuchthaus und verwies ihn für die Dauer von 10 Jahren des Landes. 
B. 
Das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung des Kantons Bern verfügte am 31. März 2005 die bedingte Entlassung von M.________ aus dem Strafvollzug, verweigerte ihm jedoch den probeweisen Aufschub der unbedingten Landesverweisung. 
 
Beschwerden des Betroffenen gegen diesen Entscheid wiesen die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern am 17. Mai 2005 und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern am 2. August 2005 ab. 
C. 
M.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ihm der probeweise Aufschub der Landesverweisung zu gewähren; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Wird der Verurteilte gemäss Art. 38 Ziff. 1 StGB bedingt aus dem Strafvollzug entlassen, so entscheidet nach Art. 55 Abs. 2 StGB die zuständige Behörde, ob und unter welchen Bedingungen der Vollzug der Landesverweisung probeweise aufgeschoben werden soll. 
1.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind beim Entscheid über den probeweisen Aufschub der Landesverweisung die Resozialisierungschancen des Betroffenen massgebend (BGE 116 IV 285; 114 Ib 4 mit Hinweis; vgl. auch BGE 114 IV 97). Meistens wird er, sollte der probeweise Aufschub nicht in Frage kommen, in sein Herkunftsland zurückkehren wollen oder müssen, weshalb sich in der Regel die Frage stellt, ob die Schweiz oder das Heimatland die günstigere Voraussetzung für eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft bietet. Die Resozialisierungschancen sind nach den persönlichen Verhältnissen des Entlassenen, seinen Beziehungen zur Schweiz und zum Ausland, den Familienverhältnissen und den Arbeitsmöglichkeiten zu beurteilen. Dabei ist auf die wahrscheinliche künftige Lebensgestaltung des Verurteilten abzustellen. Wenn der Betroffene über enge Beziehungen im Ausland bzw. zu dort lebenden Personen verfügt, liegt ein Indiz dafür vor, dass die Chancen einer Resozialisierung ausserhalb der Schweiz grundsätzlich gut oder jedenfalls nicht schlechter sind als in der Schweiz (BGE 116 IV 285 mit Hinweisen). 
1.2 Die Behörde urteilt in dieser Frage weitgehend nach ihrem Ermessen. Bei dessen Ausübung muss sie sich jedoch auf sachlich haltbare Gründe stützen. Das Bundesgericht hebt ihren Entscheid auf, wenn sie nicht von rechtlich massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder diese in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens unrichtig gewichtet hat (vgl. Art. 104 lit. a OG; BGE 116 IV 285). 
 
Da als Vorinstanz ein kantonales Gericht entschieden hat, ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Der Beschwerdeführer macht in verschiedener Hinsicht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt qualifiziert unrichtig oder unvollständig festgestellt. 
2.1 Die Vorinstanz geht davon aus, für den Beschwerdeführer wäre es sehr schwierig, als ungelernte Arbeitskraft, ohne Erfahrung, ohne Leistungsausweis und ohne vorteilhafte Referenzen in der Schweiz eine berufliche Existenz aufzubauen. 
 
Diese Annahmen kritisiert der Beschwerdeführer teilweise zu Recht als qualifiziert unrichtig. Der Beschwerdeführer hat nämlich in seiner Heimat während vier Jahren eine Schule für Maschinentechniker besucht und dort auch als Elektriker gearbeitet. Dieser Umstand wird bei der Gesamtbeurteilung mitzuberücksichtigen sein. 
 
Hingegen stellt eine Arbeitszusicherung (dazu E. 2.3) für sich allein keine gute Referenz dar. Dazu hätte der Beschwerdeführer entsprechende Arbeitszeugnisse ins Recht legen oder Personen angeben müssen, die über seine beruflichen Qualitäten Auskunft geben könnten. Da solche Angaben fehlen, sind die vorinstanzlichen Feststellungen, der Beschwerdeführer verfüge über keinen Leistungsausweis und keine vorteilhaften Referenzen, nicht zu beanstanden. 
2.2 Der Beschwerdeführer bemängelt die Feststellung im angefochtenen Entscheid, er habe vor Verwaltungsgericht erstmals geltend gemacht, nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug im Bar-Betrieb seiner Schwägerin arbeiten zu können. Diesen Umstand habe er bereits im Verfahren vor der Polizei- und Militärdirektion vorgetragen. 
 
Im angefochtenen Entscheid steht, "vor Vorinstanz machte der Beschwerdeführer erstmals geltend, ...". Die Vorinstanz des Verwaltungsgerichts war aber die Polizei- und Militärdirektion. Damit ist die Rüge unbegründet. 
2.3 Als unzulässige antizipierte Beweiswürdigung rügt der Beschwerdeführer die vorinstanzliche Beurteilung, die Arbeitszusicherung der Angel-Bar Betriebs GmbH sei eine reine Gefälligkeitsbescheinigung. 
 
Die Vorinstanz begründet diese Schlussfolgerung damit, die Arbeitszusicherung sei nicht verbindlich, wenig konkret und von einer dem Beschwerdeführer nahe stehenden Person ausgestellt. Der Zusicherung könne nichts zum Umfang der in Aussicht gestellten Anstellung entnommen werden, weshalb nicht beurteilt werden könne, ob der Beschwerdeführer sich damit überhaupt auch nur annähernd den Lebensunterhalt verdienen könne. 
 
Der Beschwerdeführer wendet ein, das Schreiben sei immerhin vom zeichnungsberechtigten Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH unterzeichnet. Da dieser offenbar der Ehemann der Schwägerin des Beschwerdeführers ist, handelt es sich auch bei ihm um eine dem Beschwerdeführer nahe stehende Person. Mit dem Argument, die Arbeitszusicherung bestätige ja gerade eine konkrete Arbeitsmöglichkeit, stellt der Beschwerdeführer der Beweiswürdigung der Vorinstanz lediglich eine andere mögliche Interpretation des Schreibens gegenüber. Das genügt nicht, um Willkür darzutun (BGE 130 I 258 E. 1.3), womit sich die Rüge als unbegründet erweist. 
2.4 Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Feststellung als willkürlich, er habe in seiner Heimat ein vielfältiges Beziehungsnetz. Die Beziehung zu seinen Verwandten in der Heimat sei nur noch lose. 
 
 
Auch letztere Behauptung reicht nicht aus, um die vorinstanzliche Annahme als willkürlich darzustellen. Dazu hätte sich der Beschwerdeführer zumindest mit der Begründung der Vorinstanz, dass er im Jahr 2002 mehrmals in die Heimat zurückgekehrt sei und sich dort verheiratet habe, auseinandersetzen müssen. 
3. 
Die Vorinstanz hat die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, seine Beziehungen zur Schweiz und zu seiner Heimat, seine Familienverhältnisse und Arbeitsmöglichkeiten eingehend dargestellt. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang von gegenteiligen tatsächlichen Feststellungen ausgeht, ergibt sich daraus nicht, dass der Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt worden wäre. Dies gilt insbesondere für die Annahmen, seine Beziehungen in der Heimat seien nur noch lose und in der Schweiz könne er im Anschluss an den Strafvollzug eine Arbeitsstelle antreten. Ansonsten bringt er nichts Wesentliches vor, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde. 
 
Wie bereits erwähnt (E. 2.1), ist bei den beruflichen Zukunftsaussichten des Beschwerdeführers in der Schweiz mitzuberücksichtigen, dass er in seiner Heimat während vier Jahren eine Schule für Maschinentechniker besucht und dort auch als Elektriker gearbeitet hat. Diese Ausbildung und Praxis vermögen jedoch seine beruflichen Chancen in der Schweiz nur marginal zu beeinflussen, zumal er des Deutschen nicht mächtig ist und hier auch in beruflicher Hinsicht weder Integrationswille noch -fähigkeit gezeigt hat. 
 
Insgesamt erweisen sich die Resozialisierungschancen des Beschwerdeführers in seiner Heimat deutlich besser als in der Schweiz. Deshalb hat ihm die Vorinstanz den probeweisen Aufschub der Landesverweisung zu Recht verweigert. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, kann auf ihre - abgesehen vom voranstehenden Absatz - zutreffenden Ausführungen verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). 
4. 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Seine Begehren erschienen - selbst unter Berücksichtigung der (geringfügigen) Korrektur der vorinstanzlichen Begründung - von vornherein aussichtslos, weshalb das Gesuch abzuweisen ist (Art. 152 OG). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühr ist jedoch seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. Oktober 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: