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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_1049/2019  
 
 
Urteil vom 25. August 2021  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Gesine Wirth-Schuhmacher, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Basler, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 12. November 2019 (ZOR.2019.32). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ (geb. 1964) und A.________ (geb. 1966) haben 2002 geheiratet. Ihre Ehe blieb kinderlos. Sie trennten sich 2015. 
 
Das Bezirksgericht Baden schied mit Entscheid vom 20. April 2019 die Ehe, verpflichtete den Ehemann zur Leistung von nachehelichen Unterhaltsbeiträgen in der Höhe von monatlich Fr. 5'487.-- bis und mit April 2029, halbierte die BVG-Freizügigkeitsguthaben und stellte fest, dass die Parteien infolge Gütertrennung güterrechtlich auseinandergesetzt sind. 
 
B.  
In teilweiser Gutheissung der von B.________ ergriffenen Berufung verpflichtete ihn das Obergericht des Kantons Aargau zur Leistung von nachehelichem Unterhalt im Umfang von monatlich Fr. 5'487.-- bis 31. Mai 2020 und danach von Fr. 290.-- bis 30. April 2029 (Entscheid vom 12. November 2019). 
 
C.  
Mit Eingabe vom 23. Dezember 2019 gelangt A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, B.________ (Beschwerdegegner) zu verpflichten, ihr bis 30. April 2029 monatlich Fr. 5'487.-- an nachehelichem Unterhalt zu bezahlen. Sodann sei festzustellen, dass die Unterhaltsbeiträge auf einem monatlichen Nettoeinkommen ihrerseits bis einschliesslich April 2029 von Fr. 0.-- basieren. 
 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten eingeholt. 
 
Der Beschwerdegegner liess sich am 24. Februar 2020 vernehmen. Die Beschwerdeführerin replizierte am 9. März 2020 und der Beschwerdegegner duplizierte am 19. März 2020. Am 27. Mai 2020 reichte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht ein weiteres Schreiben samt Beilagen ein. Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
Der Präsident der urteilenden Abteilung hat das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung in dem Sinne, dass der monatliche Unterhaltsbeitrag über den 31. Mai 2020 hinaus geschuldet sei, abgewiesen (Verfügung vom 20. Januar 2020). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten sind die vermögensrechtlichen Nebenfolgen eines kantonal letztinstanzlichen Scheidungsurteils mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde in Zivilsachen ist gegeben (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist wurde eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Ihre Eingabe vom 27. Mai 2020 erfolgte demgegenüber nach Ablauf der Beschwerdefrist und damit verspätet, sodass sie unbeachtlich bleibt. Ohnehin handelt es sich bei den eingereichten Belegen um unzulässige echte Noven (E. 2.3 unten).  
 
2.  
 
2.1. In rechtlicher Hinsicht sind alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig und das Bundesgericht wendet in diesem Bereich das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), was heisst, dass es behauptete Rechtsverletzungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) mit freier Kognition prüft (BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). In diesem Bereich kann lediglich eine offensichtlich unrichtige, d.h. willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, wobei das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft in diesem Fall nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt; ausserdem ist aufzuzeigen, inwiefern die Behebung der aufgezeigten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (BGE 140 III 264 E. 2.3).  
 
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die Voraussetzungen für eine nachträgliche Einreichung von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein sollen (BGE 143 I 344 E. 3). Nach Erlass des angefochtenen Entscheids entstandene (sog. echte) Noven sind vor Bundesgericht unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 mit Hinweis).  
 
3.  
Die Beschwerdeführerin wendet mehrfach ein, die Rechtsmittelinstanz sei nicht befugt, eigenes Rechtsfolgeermessen ohne weiteres anstelle desjenigen ihrer Vorinstanz zu setzen. Keinesfalls dürfe die Rechtsmittelinstanz ihr Ermessen an die Stelle desjenigen der ersten Instanz setzen, ohne dass diese das Recht unrichtig angewendet habe. Dies habe das Obergericht aber getan. 
 
Ausgehend von Art. 310 ZPO kommt der Berufungsinstanz eine uneingeschränkte Prüfungsbefugnis in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu (BGE 138 III 374 E. 4.3.1). Das Berufungsgericht kann mit anderen Worten den gesamten Prozessstoff des erstinstanzlichen Verfahrens (Rechtsanwendung und Sachverhalt) in freier Kognition überprüfen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7372 Ziff. 5.23.1 [zu Art. 306]). Das Bundesgericht hat zwar die Frage offengelassen, ob die Rechtsmittelbehörde Bundesrecht verletzt, wenn sie trotz freier Prüfungsbefugnis ihr Ermessen nicht an die Stelle desjenigen der Erstinstanz setzt (Urteile 4A_85/2018 vom 4. September 2018 E. 8.2; 4A_699/2014 vom 7. April 2015 E. 3.3; 5A_198/2012 vom 24. August 2012 E. 4.3). Demgegenüber hat es stets festgehalten, dass es keinen (bundesrechtlichen) Grundsatz gibt, wonach die Berufungsinstanz "ohne Not" oder "ohne sachliche Gründe" nicht in das Ermessen der ersten Instanz eingreifen darf (Urteil 5A_184/2013 vom 26. April 2013 E. 3.1; vgl. auch Urteil 5D_113/2016 vom 26. September 2016 E. 4.2). Der Vorwurf, das Obergericht greife auf bundesrechtswidrige Art und Weise in das Ermessen des Bezirksgerichts ein, ist unbegründet. 
 
4.  
Umstritten ist die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens zulasten der Beschwerdeführerin. 
 
4.1. Für die Festlegung des gebührenden Unterhaltes im Sinn von Art. 125 Abs. 1 ZGB nimmt das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zum Ausgangspunkt, ob die Ehe lebensprägend war oder nicht. Bei lebensprägenden Ehen nimmt die Rechtsprechung an, dass das Vertrauen in den Fortbestand der Ehe bzw. in den Weiterbestand der bisherigen, frei vereinbarten Aufgabenteilung objektiv schutzwürdig sei und Art. 125 Abs. 1 ZGB deshalb bei genügenden Mitteln Anspruch auf Fortführung des zuletzt gelebten gemeinsamen Standards bzw. bei zufolge scheidungsbedingter Mehrkosten ungenügenden Mitteln Anspruch auf beidseits gleiche Lebenshaltung gebe. Bei lebensprägenden Ehen ist für die Bestimmung des nachehelichen Unterhalts in einem ersten Schritt der anhand des zuletzt gemeinsam gelebten Standards gebührende Unterhalt zu ermitteln, in einem zweiten Schritt die Eigenversorgungskapazität, d.h. die Zumutbarkeit und Möglichkeit zur Bestreitung des gebührenden Unterhalts aus eigener Kraft, und drittens der allenfalls durch den anderen Ehegatten geschuldete Unterhaltsbeitrag (zum Ganzen: die zur Publikation bestimmten Urteile 5A_907/2018 vom 3. November 2020 E. 3.4; 5A_104/2018 vom 2. Februar 2021 E. 4; je mit Hinweisen).  
 
4.2. Für den nachehelichen Unterhalt gilt aufgrund des klaren Wortlautes von Art. 125 Abs. 1 ZGB das Primat der Eigenversorgung und damit eine Obliegenheit zur (Wieder-) Eingliederung in den Erwerbsprozess bzw. zur Ausdehnung einer bestehenden Tätigkeit. Der Zuspruch eines Unterhaltsbeitrages ist subsidiär zur Eigenversorgung und nur geschuldet, soweit der gebührende Unterhalt bei zumutbarer Anstrengung nicht oder nicht vollständig durch Eigenleistung gedeckt werden kann. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aktualisiert sich der Grundsatz der Eigenversorgung ab dem Zeitpunkt der Scheidung in besonderer Weise; eine betreffende Pflicht besteht allerdings bereits ab dem Trennungszeitpunkt, wenn keine vernünftige Aussicht auf Wiederaufnahme des Ehelebens mehr besteht (zum Ganzen: zit. Urteil 5A_104/2018 E. 5.2).  
 
4.3. Grundsätzlich ist bei der Festsetzung des in Geld geschuldeten Unterhaltsbeitrages nach Art. 125 Abs. 1 ZGB hinsichtlich der Beurteilung der Eigenversorgungskapazität des Unterhalt beanspruchenden Ehegatten von dessen tatsächlich erzieltem Einkommen auszugehen, aber ein höheres hypothetisches Einkommen anzurechnen, wenn die (Wieder-) Eingliederung in den Erwerbsprozess bzw. die Ausdehnung einer bestehenden Erwerbstätigkeit zumutbar und die Erzielung des hypothetisch anzurechnenden Einkommens tatsächlich möglich ist. Dabei handelt es sich um zwei Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen. Damit ein Einkommen überhaupt oder ein höheres Einkommen als das tatsächlich erzielte angerechnet werden kann, genügt es nicht, dass der betroffenen Partei weitere Anstrengungen zugemutet werden können. Vielmehr muss es auch möglich sein, aufgrund dieser Anstrengungen ein höheres Einkommen zu erzielen. Mit Bezug auf das hypothetische Einkommen ist Rechtsfrage, welche Tätigkeit aufzunehmen als zumutbar erscheint. Tatfrage bildet hingegen, ob die als zumutbar erkannte Tätigkeit möglich und das angenommene Einkommen effektiv erzielbar ist (zum Ganzen: BGE 137 III 118 E. 2.3 mit Hinweisen; 143 III 233 E. 3.2; zit. Urteile 5A_907/2018 E. 3.4.4; 5A_104/2018 E. 5.6). Im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit ist zu bemerken, dass der potenziell anspruchsberechtigte Ehegatte angesichts des Vorrangs der Eigenversorgung zur vollen Ausschöpfung seiner Erwerbskraft angehalten wird; das Bundesgericht hat die sog. "45er-Regel", wonach einem vollständig ausserhalb des Erwerbslebens stehenden Ehegatten nach Erreichen des 45. Altersjahres eine (Wieder-) Eingliederung ins Berufsleben nicht mehr zumutbar sei, formell aufgegeben und auf eine blosse Anhebung der Altersgrenze verzichtet (zit. Urteil 5A_104/2018 E. 5.5). Massgeblich ist eine konkrete Prüfung anhand der im Urteil 5A_907/2018 vom 3. November 2020 E. 3.4.4 genannten Kriterien (Alter, Gesundheit, sprachliche Kenntnisse, bisherige und künftige Aus- und Weiterbildungen, bisherige Tätigkeiten, persönliche und geographische Flexibilität, Lage auf dem Arbeitsmarkt u.ä.m.). Mithin ist generell auf die konkreten Chancen abzustellen, in einem bestimmten Bereich, welcher nicht zwingend dem früheren Tätigkeitsfeld entsprechen muss, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dass das Lebensalter oft ein entscheidender Faktor bei der Beurteilung der tatsächlichen Möglichkeit ist, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, entspricht einer Tatsache. Zufolge Aufgabe der "45er-Regel" kommt dem Alter nicht (mehr) eine von allen übrigen Faktoren losgelöste abstrakte Bedeutung im Sinn einer Vermutung für oder gegen die Zumutbarkeit einer Erwerbsarbeit zu. "Konkrete Prüfung" meint nicht, dass es ausschliesslich um die Feststellung von Tatsachen geht. Vielmehr ist auf der Basis der erhobenen Tatsachen weiterhin die Rechtsfrage zu prüfen, ob insgesamt und in welchem Umfang die Aufnahme einer Erwerbsarbeit zumutbar ist. Soweit in tatsächlicher Hinsicht die Aufnahme einer Erwerbsarbeit möglich ist, besteht der Grundsatz, dass diese auch zumutbar und unter dem Titel der Eigenversorgung ein entsprechendes (hypothetisches) Einkommen an den gebührenden Unterhalt anzurechnen ist. Von diesem Grundsatz kann aber in begründeten Einzelfällen ausnahmsweise abgewichen werden, beispielsweise bei einem nahe am Pensionsalter stehenden Ehegatten. Eine Unzumutbarkeit - insbesondere zur Aufnahme nicht "standesgemässer" Erwerbsarbeiten - lässt sich namentlich dort begründen, wo die Ehe aufgrund verschiedener Faktoren das Leben eines Ehegatten in entscheidender Weise geprägt hat, indem er auf die (Weiter-) Verfolgung einer eigenen Karriere verzichtet, sich stattdessen aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses dem Haushalt und der Erziehung der Kinder gewidmet und dem anderen Ehegatten während Jahrzehnten den Rücken freigehalten hat, so dass dieser sich ungeteilt dem beruflichen Fortkommen und der damit verbundenen Steigerung seines Einkommens widmen konnte und sich mit diesem ohne weiteres auch zwei Haushalte finanzieren lassen; eine "Lebensprägung" im Sinn der bisherigen Rechtsprechung reicht für sich allein betrachtet nicht, um vom Grundsatz abzuweichen (zit. Urteil 5A_104/2018 E. 5.6).  
 
4.4. Nach Art. 8 ZGB hat, wo es das Gesetz nicht anders bestimmt, derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Demgemäss hat die Partei, die einen Anspruch geltend macht, die rechtsbegründenden Tatsachen zu beweisen, während die Beweislast für die rechtsaufhebenden bzw. rechtsvernichtenden oder rechtshindernden Tatsachen bei der Partei liegt, die den Untergang des Anspruchs behauptet oder dessen Entstehung oder Durchsetzbarkeit bestreitet (BGE 141 III 241 E. 3.1). Geht es um die (erstmalige) Festsetzung des Unterhalts, obliegt es demnach grundsätzlich der fordernden Partei zu beweisen, wie gross ihre wirtschaftliche Leistungskraft (Eigenversorgungskapazität) ist (vgl. Urteil 5A_96/2016 vom 18. November 2016 E. 3.1). Namentlich trifft den Unterhaltsansprecher die Beweisführungslast, wenn er bestreitet, ein (strittiges) hypothetisches Einkommen tatsächlich erzielen zu können (vgl. Urteil 5A_129/2015 vom 22. Juni 2016 E. 5.4.2).  
 
5.  
Das Obergericht befasste sich in einem ersten Schritt mit der Frage der Zumutbarkeit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, um sich anschliessend jener der tatsächlichen Möglichkeit, einer als zumutbar erachteten Erwerbstätigkeit nachzugehen, zuzuwenden; es hat die Zumutbarkeit und die tatsächliche Möglichkeit bejaht. 
 
Mit der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass die für die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens erforderlichen Voraussetzungen der tatsächlichen Möglichkeit und der Zumutbarkeit ineinandergreifen und nicht unter allen Titeln klar auseinandergehalten werden können, zumal den Kriterien wie Alter, Gesundheit, sprachliche Kenntnisse, bisherige und künftige Aus- und Weiterbildungen, bisherige Tätigkeiten, persönliche und geographische Flexibilität, Lage auf dem Arbeitsmarkt etc. stets ein Aspekt der Zumutbarkeit inhärent ist und es zumindest gedanklich um einen iterativen Prozess geht. Wie auch das Obergericht ausführt, kann eine an sich mögliche Erwerbstätigkeit unzumutbar und umgekehrt eine an sich zumutbare Erwerbstätigkeit tatsächlich nicht möglich sein. Massgebend ist letztlich das Ergebnis des iterativen Prozesses. Damit ein hypothetisches Einkommen angerechnet werden kann, muss eine als tatsächlich möglich erachtete Erwerbstätigkeit auch zumutbar sein. Im Licht des Vorstehenden geht es darum, zunächst zu ermitteln, ob die Beschwerdeführerin konkrete Chancen hat, in einem bestimmten Bereich, welcher nicht zwingend dem früheren Tätigkeitsfeld entsprechen muss, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (nachfolgend E. 6). Alsdann geht es um die Frage, ob im konkreten Fall vom Grundsatz, wonach eine im Rahmen des ersten Prüfungsschritts als tatsächlich möglich ermittelte Erwerbstätigkeit auch zumutbar ist, abgewichen werden muss (nachfolgend E. 7). 
 
6.  
Unter dem Aspekt der tatsächlichen Möglichkeit, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, setzte sich das Obergericht mit dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin (nachfolgend E. 6.1) und ihren erfolglosen Stellenbemühungen auseinander (nachfolgend E. 6.2). 
 
6.1.  
 
6.1.1. Das Obergericht erwog, die Beweislast dafür, dass ein Ehegatte eine ihm grundsätzlich zumutbare Erwerbstätigkeit aus medizinischen Gründen nicht auszuüben vermöge, obliege dem Unterhaltsansprecher. Der Beschwerdegegner habe die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden als solche nicht in Abrede gestellt. Dennoch könne die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten, insbesondere nicht, dass der Beschwerdegegner auch eine daraus fliessende Arbeitsunfähigkeit anerkannt hätte. Dies nachdem zum einen die Beschwerdeführerin diesbezüglich nie eine Behauptung aufgestellt und vor allem nie eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für alle Erwerbstätigkeiten reklamiert habe und zum andern in den vor ihr verurkundeten Attesten nicht von einer komplett aufgehobenen Arbeitsfähigkeit, sondern ausdrücklich nur von einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, deren Ausmass offen bleibe, die Rede sei. Der der Beschwerdeführerin als Unterhaltsansprecherin obliegende Beweis einer medizinisch begründeten Einschränkung ihrer Arbeitsfähigkeit sei somit zumindest dem Umfang nach nicht gelungen. Selbst wenn die Beschwerdeführerin einen bestimmten Arbeitsunfähigkeitsgrad rechtzeitig behauptet hätte und man den von ihr eingereichten Attesten den Rang von Beweismitteln beimessen wollte, könnte allein gestützt auf diese die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit und damit der Eigenversorgungskapazität von vornherein nicht bestimmt werden. Ein Gericht sei selbstredend fachlich nicht in der Lage, aufgrund eines an einer Verhandlung von einer Partei gewonnenen Eindrucks medizinische Schlüsse zu ziehen. Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage ihrer Arbeitsunfähigkeit sei von keiner Partei beantragt worden.  
 
6.1.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet die tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts nicht oder bezeichnet sie als irrelevant. Hingegen wirft sie ihm vor, ignoriert zu haben, dass trotz der Gewichtsabnahme das mit der Magenverkleinerung neu aufgetretene regelmässige Aufstossen der Beschwerdeführerin eine erhebliche Beeinträchtigung darstelle, welche die Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiter drastisch minimiere, was einem Erfahrungssatz entspreche. Damit habe die Vorinstanz grundlos davon abgesehen, eine Tatsache zu berücksichtigen, welche für die Beurteilung der Zumutbarkeit und Möglichkeit zur Aufnahme einer Tätigkeit massgeblich und notwendig sei, denn eine Tätigkeit mit Kundenkontakt scheide aus, sofern kein angemessener Umgang gewährleistet werden könne, was das Obergericht ausser Acht gelassen habe. Indem es pauschal darauf hinweise, es gebe in allen Bereichen Stellen ohne Kundenkontakt und schwere körperliche Arbeiten, übersehe das Obergericht, dass die Beschwerdeführerin durch ihr permanentes Aufstossen, von welchem sich die Sachinstanz anlässlich der Verhandlungen habe überzeugen können, die Hürde eines Vorstellungsgesprächs nicht werde nehmen können, da selbst im Billiglohnsektor eine Vielzahl von jungen Bewerbern verfügbar sei, die tadellos aufträten.  
 
6.1.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Obergericht sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass die Beschwerdeführerin unter einem regelmässigen Aufstossen leidet. Es hat daraus gefolgert, dass ihr eine Stelle mit Kundenkontakt nicht möglich bzw. nicht zuzumuten sei. Insofern hat das Obergericht die Tatsache, dass das regelmässige Aufstossen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt drastisch minimiert, berücksichtigt. Weitergehende Konsequenzen wollte das Obergericht aus dieser Feststellung nicht ziehen. Es begründete dies damit, das Gericht sei fachlich nicht in der Lage, aufgrund eines an einer Verhandlung von einer Partei gewonnenen Eindrucks medizinische Schlüsse zu ziehen. Mit diesem Argument setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Die Behauptung, sie könne wegen des dauernden Aufstossens bereits die Hürde eines Vorstellungsgesprächs nicht nehmen, ist neu und unbelegt, weshalb nicht näher darauf einzugehen ist (E. 2.3). Für die Behauptung, diese Tatsache entspreche einem Erfahrungssatz, den das Bundesgericht frei überprüfen könne, bleibt die Beschwerdeführerin jegliche Erklärung schuldig.  
 
6.2.  
 
6.2.1. Mit Bezug auf die Erwerbsaussichten und Stellenbemühungen der Beschwerdeführerin erwog das Obergericht, Erwerbsaussichten seien von der persönlichen Qualifikation der Stellensuchenden, von der allgemeinen Wirtschaftslage und vom branchenspezifischen Arbeitsmarkt abhängig. Es sei notorisch, dass ältere Arbeitnehmer, obwohl sie ein geringeres Risiko hätten, arbeitslos zu werden, längere Zeit benötigten, um wieder eine Anstellung zu finden. Schwierigkeiten bei der Stellensuche dürften grundsätzlich noch grösser sein, wenn der ältere Stellensuchende nach längerer Absenz vom Arbeitsmarkt den Wiedereinstieg versuche. Immerhin falle die Lücke in der Erwerbsbiographie vermutungsweise umso weniger ins Gewicht, je tiefer die Qualifikation für die vom Stellensuchenden vor der Erwerbspause ausgeübten Tätigkeit sei, weil der Instruktionsaufwand für eine Wiedereingliederung mutmasslich geringer sei. Zudem sei zu beachten, dass auch ältere Arbeitnehmer bei der Arbeitslosenversicherung versichert seien und arbeitslosenversicherungsrechtlich nicht als nicht vermittelbar gälten. Für Personen, die unter anderem wegen Trennung oder Scheidung ihrer Ehe gezwungen seien, eine unselbständige Erwerbstätigkeit zu erweitern oder aufzunehmen, sehe Art. 14 AVIG [SR 837.0] sogar eine Befreiung von der Anspruchsvoraussetzung der Beitragszeit vor. Damit sei bei der Verneinung der Eigenversorgungskapazität unter Hinweis auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt Zurückhaltung zu üben, zumal es keinen Sinn ergebe, die Zumutbarkeitsgrenze des 45. Altersjahrs zu erhöhen, nur um den Ansprecher dann als älteren Arbeitnehmer zu behandeln, der auf dem Arbeitsmarkt von vornherein keine Anstellungschance mehr haben solle.  
 
Sodann sei die Erfolglosigkeit der Stellenbemühungen der Beschwerdeführerin darauf zurückzuführen, dass sie dem Anforderungsprofil nicht entsprochen habe, sei es, dass sie nie über die für die jeweils ausgeschriebene Stelle nötigen fachlichen Voraussetzungen verfügt habe, sei es, dass ihre Ausbildung (Handelsdiplom) durch den längeren Erwerbsunterbruch zumindest teilweise an Wert verloren habe. Als zugestanden könnten einzig 16 Stellenbewerbungen innert 23 Monaten (im Durchschnitt eine Bewerbung alle 1.45 Monate) mit intakten Erfolgsaussichten gelten. Damit seien ausreichende Bewerbungsaktivitäten der Beschwerdeführerin nicht erstellt. Es sei im Bereich der vorliegend anwendbaren Verhandlungsmaxime nicht Sache des Gerichts, von Amtes wegen zu klären, in welchem weiter gehenden Umfang sich die Beschwerdeführerin für dem vom Beschwerdegegner zugestandenen Profil entsprechende Anstellungen als Sachbearbeiterin beworben habe, nachdem sie sich selber für alle einschlägigen Bewerbungen als von vornherein nicht ausreichend qualifiziert erachte. 
 
Im Lichte dieser eigenen Einschätzung der Beschwerdeführerin erstaune es, dass sie ihre Bewerbungen praktisch ausschliesslich auf den kaufmännischen Bereich beschränkt und ihre Suchbemühungen nicht auf andere (zumutbare) Branchen ausgeweitet habe. Bewerbungen in den vom Beschwerdegegner genannten Gastro-, Gesundheits- oder Reinigungsgewerben seien nicht ausgewiesen. Zwar habe die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass sie sich auch auf Jobs im Gastro- und Gesundheitswesen bereits mehrfach und ausgiebig bzw. dass sie sich ausweislich der eingereichten Bewerbungsordner auf Vollzeit- und Teilzeitstellen in diversen Branchen beworben habe. Beweismittel nenne sie aber keine. Wenn die Beschwerdeführerin damit sinngemäss auf die beiden Bewerbungsordner habe Bezug nehmen wollen, sei ihr entgegenzuhalten, dass ein Überfliegen derselbigen keine Bewerbungen für das Gastro-, Gesundheits- oder Reinigungsgewerbe ergebe. Es möge sein, dass eine minutiöse Auswertung der Ordner die eine oder andere Bewerbung auch für diese Branchen ergäbe. Allerdings sei es im Bereich der Verhandlungsmaxime nicht Sache des Gerichts, von den Parteien eingereichte Akten auf einen möglichen Urkundenbeweis hin zu durchforsten. Vielmehr sei es Aufgabe der beweisbelasteten Partei, die Urkunden, die ihre Behauptungen belegen sollen, in einer Weise zu benennen, dass sie das Gericht ohne investigativen Aufwand auffinden könne. Dies müsse insbesondere hier gelten, wo die Beschwerdeführerin ganze Ordner von Bewerbungen chronologisch, aber nicht sachlich geordnet eingereicht habe. Es verhalte sich auch nicht so, dass die verschiedenen Branchen, für die sich die Beschwerdeführerin beworben habe, in den Bewerbungsordnern mit verschiedenen Farben markiert seien, wie dies in der Klageantwort ausgeführt werde. Einzig hinsichtlich angeblicher Bewerbungen im Gesundheitswesen habe die Beschwerdeführerin erwähnt, dass diese gelb markiert seien. In der Tat fänden sich im Ordner I ein paar am oberen Rand gelb markierte Bewerbungen. Allerdings habe sich die Beschwerdeführerin auch in diesen Fällen als Sachbearbeiterin Kreditorenbuchhaltung (C.________), Mitarbeiterin Rechnungswesen (D.________), Sachbearbeiterin (E.________) und Sachbearbeiterin Kreditoren/Debitoren (F.________) beworben. Auch wenn und soweit man die erwähnten Institutionen mit der Beschwerdeführerin dem Gesundheitswesen zuordnen wolle, sei festzustellen, dass es sich nicht um Anstellungen des Gesundheitswesens gehandelt habe, sondern um kaufmännische, die auch von Institutionen des Gesundheitswesens ausgeschrieben würden. Soweit ersichtlich habe sich die Beschwerdeführerin ein einziges Mal (im Dezember 2018) im Gesundheitswesen (G.________) für eine nicht kaufmännische Anstellung (Assistentin im Patientenservice 60 %) beworben. 
 
Ausserdem sei nicht einsichtig, wieso das Fehlen einer einschlägigen Berufsausbildung in den Branchen Gastgewerbe und Gesundheit einer Anstellung der Beschwerdeführerin entgegenstehen solle, denn auch in diesen könnten Tätigkeiten auch ohne solche verrichtet werden. Die Beschwerdeführerin habe denn auch in der Gastronomie gearbeitet, ohne dass sie über eine entsprechende Berufsausbildung verfügt habe. Sodann gebe es bei Reinigungsarbeiten und in der Industrie, aber auch in einer Restaurantküche keinen Kundenkontakt (Übelkeit und Aufstossen). Schliesslich seien diese Arbeiten nicht zwingend körperlich anstrengend oder sogar sehr anstrengend. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei es nicht so, dass ab einem bestimmten Alter körperliche Erwerbstätigkeiten per se nicht mehr verlangt werden dürften. Im Lichte der aktenkundigen Diagnosen und der Atteste sei jedenfalls alles andere als offenkundig, dass der Beschwerdeführerin eine Anstellung im Reinigungs- oder Gastgewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Industrie von vornherein aus gesundheitlichen Gründen nicht, auch nicht teilzeitlich, möglich sei. 
 
Insgesamt sei nicht ausgewiesen, dass sich die Beschwerdeführerin quantitativ und/oder qualitativ ausreichend um eine Anstellung bemüht habe. Ferner sei zu erwähnen, dass es an einem Ausweis für die Stellenbemühungen der Beschwerdeführerin seit der Ausfällung des erstinstanzlichen Urteils fehle. 
 
6.2.2. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Kontext der Suchbemühungen sind teilweise widersprüchlich und daher schwer verständlich. Während sie an mehreren Stellen bestreitet, sich (nur) auf Arbeitsstellen beworben zu haben, welche ihrem Anforderungsprofil nicht entsprochen hätten, bestätigt sie dies an anderer Stelle ausdrücklich und erklärt, dieser Umstand sei Ausfluss ihrer fehlenden Berufserfahrung und ihrer bis heute mehr als 16-jährigen Berufspause, womit sie grundsätzlich keinem Anforderungsprofil entspreche, was die eigentliche Ursache der erfolglosen Erwerbsbemühungen sei. Was die Beschwerdeführerin erreichen will, wenn sie ausführt, selbst für die 16 vom Obergericht als potenziell zielführend eingestuften Bewerbungen sei sie nicht qualifiziert gewesen, bleibt unerfindlich. Damit gelingt der Beschwerdeführerin der Beweis nicht (E. 4.4 oben), dass eine Anstellung im Reinigungs- oder Gastgewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Industrie, die körperlich nicht anstrengend ist und keine Kundenkontakte erfordert (vgl. E. 6.2.1), nicht möglich ist. Sie trägt die Folgen der Beweislosigkeit (Art. 8 ZGB). Bei diesem Ergebnis zielt der Vorwurf ins Leere, das Obergericht habe Bundesrecht verletzt, indem es bloss ausgeführt habe, ihr seien alle Tätigkeiten im Bereich der Branchen Gastgewerbe, Gesundheit und Industrie möglich, "allerdings ohne eine für sie konkret geeignete Stelle zu nennen".  
 
Die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die vom Obergericht in den genannten Bereichen als tatsächlich möglich erachteten Erwerbsmöglichkeiten laufen inhaltlich auf eine Kritik unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit hinaus. Diese Frage ist nachfolgend zu behandeln (E. 7 unten). 
 
Schliesslich erweist sich der Vorwurf, das Obergericht habe nicht alle relevanten Kriterien berücksichtigt, als unbegründet; dazu kann auf dessen vorstehend ausführlich wiedergegebene Erwägungen verwiesen werden. Dasselbe gilt für die Rüge, das Obergericht habe das Alter der Beschwerdeführerin und die lange berufliche Absenz falsch gewichtet. 
 
7.  
Einem Unterhaltsansprecher ist es grundsätzlich zumutbar, eine unter den Gesichtspunkten Alter, Gesundheit, sprachliche Kenntnisse, bisherige und künftige Aus- und Weiterbildungen, bisherige Tätigkeiten, persönliche und geographische Flexibilität, Lage auf dem Arbeitsmarkt u.ä.m. als tatsächlich möglich erachtete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (E. 4.3). Insoweit sich die Beschwerdeführerin auf Grundsätze und Überlegungen beruft, die diesem Grundsatz widersprechen, zielen ihre Ausführungen an der Sache vorbei, weshalb nicht näher darauf einzugehen ist. 
 
Hingegen erachtet die Beschwerdeführerin die vom Obergericht als tatsächlich möglich erachteten Erwerbstätigkeiten namentlich angesichts der überdurchschnittlichen finanziellen Verhältnisse des Beschwerdegegners, der während der Ehe gelebten klassischen Rollenteilung und des ehelichen Lebensstandards als nicht zumutbar. Soweit sie damit meint, allein weil der Beschwerdegegner in der Lage sei, sie finanziell zu unterstützen, sei ihr die (Wieder-) Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten, ist ihr Einwand von vornherein unbegründet. Soweit sie dagegen annimmt, die als möglich erachteten Erwerbstätigkeiten seien nicht standesgemäss und aus diesem Grund nicht zumutbar, unterlässt sie jegliche Ausführungen zum Thema, ob und welche berufliche Karriere sie vor Eheschluss verfolgt, ob und inwiefern sie auf die (Weiter-) Verfolgung einer eigenen Karriere verzichtet und inwiefern sie dem Beschwerdegegner während der Dauer des Zusammenlebens den Rücken freigehalten hat, so dass dieser sich ungeteilt dem beruflichen Fortkommen und der damit verbundenen Steigerung seines Einkommens widmen konnte. Nachdem in der Ehe keine gemeinsamen Kinder zu betreuen waren, ist dies auch nicht ohne weiteres einsichtig. Dass das Obergericht die Ehe als lebensprägend qualifizierte, reicht - wie bereits ausgeführt - nicht aus. Der zumindest sinngemäss erhobene Einwand, die als möglich erachteten Erwerbstätigkeiten seien nicht standesgemäss und damit nicht zumutbar, ist unbegründet. 
 
8.  
Das Obergericht ist von einem anrechenbaren Einkommen von Fr. 4'000.-- ausgegangen. Es stützte sich dabei auf die vom Beschwerdegegner vorgebrachten Darlegungen und Belege und erwog, die Beschwerdeführerin habe diesen Betrag nicht bestritten und überhaupt könnten daran, dass sie eine in dieser Grössenordnung bezahlte Stelle finden könne, keine ernsthaften Zweifel bestehen. So habe sie selber angegeben, in den vor der Ehe ausgeübten Tätigkeiten Nettoeinkommen von Fr. 4'000.-- bis Fr. 5'000.-- erzielt zu haben, und der Beschwerdegegner habe belegt, dass sie in ihrer letzten Anstellung in einem 50 %-Pensum ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 3'011.-- (d.h. Fr. 6'022.-- hochgerechnet auf ein 100 %-Pensum) erwirtschaftet habe. 
 
Mit ihrem Einwand, indem sie bestritten habe, in den Branchen Reinigungs- und Gastgewerbe, Gesundheitswesen und Industrie eine Stelle finden zu können, habe sie selbstredend auch den Betrag von Fr. 4'000.-- (mit-) bestritten, kann die Beschwerdeführerin nichts gegen die obergerichtlichen Feststellungen ausrichten und der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf des überspitzten Formalismus trifft nicht zu. Die Höhe des angerechneten hypothetischen Einkommens macht einen eigenständigen Teil der Frage aus, ob die zugemutete Erwerbstätigkeit tatsächlich möglich ist. So muss selbständig erstellt sein, dass die als möglich und zumutbar erachtete Erwerbstätigkeit das angerechnete Einkommen zu erzielen erlaubt. Folglich ist diese Feststellung einer eigenständigen Bestreitung zugänglich. Dies alles übersieht die Beschwerdeführerin und sie behauptet nicht, im vorinstanzlichen Verfahren ausgeführt zu haben, für den Fall, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in den oben genannten Branchen für möglich und zumutbar erachtet werde, seien aber die vom Beschwerdegegner behaupteten Fr. 4'000.-- nicht erzielbar. Damit hat sie den fraglichen Betrag nicht bestritten und durfte das Obergericht diesen seinen Berechnungen zugrunde legen, ohne Bundesrecht zu verletzen. 
 
9.  
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin unterliegt und ist kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG) wie auch entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. August 2021 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller