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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_536/2018  
 
 
Urteil vom 30. Januar 2019  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, 
Bundesrichter Muschietti, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern, Abteilung Massnahmen. 
 
Gegenstand 
Administrativmassnahmen des Strassenverkehrsrechts, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 12. September 2018 (7H 18 188). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gemäss Strafanzeige der Luzerner Polizei lenkte A.________, geboren am 25. November 1933, seinen Personenwagen am 30. April 2018 um ca. 10.30 Uhr in Ebikon, Schulhausstrasse, rückwärts aus einem Parkfeld. Bei diesem Manöver schnellte der Personenwagen nach hinten und kollidierte, nachdem er die Verkehrsfläche hinter dem Parkfeld traversiert hatte, mit einem jungen Baum, worauf das Fahrzeug abgedreht wurde und seitlich frontal gegen einen Beleuchtungskandelaber prallte. Die Polizei nahm A.________ den Führerausweis auf der Stelle ab, sperrte diesen und stellte die Überprüfung der Fahreignung durch das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern in Aussicht. 
Das Strassenverkehrsamt teilte A.________ am 29. Mai 2018 mit, aufgrund des Polizeirapports bestünden Zweifel an seiner Fahrfähigkeit, weshalb die verkehrsmedizinische Kontrolluntersuchung vorgezogen werde; er solle sich binnen zweier Monate von seinem Vertrauensarzt untersuchen lassen. A.________ verlangte daraufhin den Erlass einer anfechtbaren Verfügung. 
Mit Datum vom 20. Juli 2018 verfügte das Strassenverkehrsamt den vorsorglichen Entzug des Führerausweises bis zur Abklärung von Ausschlussgründen für unbestimmte Zeit. A.________ habe sich einer verkehrsmedizinischen Untersuchung zu unterziehen; nach Vorliegen des Untersuchungsberichts werde eine definitive Verfügung erlassen. Weitere Abklärungen, Kontrollfahrt eingeschlossen, blieben vorbehalten. Einer allfälligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung. 
Am 7. August 2018 erhob A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht Luzern und beantragte, die Verfügung sei aufzuheben und die aufschiebende Wirkung sei wiederherzustellen. 
Mit Urteil vom 12. September 2018 wies das Kantonsgericht Luzern die Beschwerde ab. 
Wegen des gleichen Vorfalls vom 30. April 2018 wird gegen A.________ auch ein Strafverfahren geführt, welches am Bezirksgericht Hochdorf hängig ist. 
 
B.  
A.________ führt mit Eingabe vom 16. Oktober 2018 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 12. September 2018. 
Das Kantonsgericht Luzern, das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern und das Bundesamt für Strassen beantragen die Beschwerdeabweisung. 
Der Beschwerdeführer hält an seinem Standpunkt fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht entscheidet (bei Einstimmigkeit) in Dreierbesetzung und im vereinfachten Verfahren über die Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG). Der Entscheid wird summarisch begründet; dabei kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
2.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art. 82 ff. BGG offen. Die kantonalen Instanzen haben dem Beschwerdeführer den Ausweis vorsorglich entzogen und die Abklärung seiner Fahreignung angeordnet. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren damit nicht ab; er stellt einen Zwischenentscheid dar, der nach der Rechtsprechung anfechtbar ist, da er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt. Beim vorsorglichen Führerausweisentzug handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme nach Art. 98 BGG. Der Beschwerdeführer kann somit nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte rügen (Urteil des Bundesgerichts 1C_285/2018 vom 12. Oktober 2018 E. 1 mit Hinweis). Nach Art. 106 Abs. 2 BGG prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286 mit Hinweisen). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten ist. 
 
3.  
Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen (Art. 14 Abs. 1 SVG). Über Fahreignung verfügt unter anderem, wer die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen hat (Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG). Über Fahrkompetenz verfügt, wer die Verkehrsregeln kennt und Fahrzeuge der Kategorie, für die der Ausweis gilt, sicher führen kann (Art. 14 Abs. 3 lit. a und b SVG). 
Ab dem 75. Altersjahr bietet die kantonale Behörde die Fahrzeugführer alle zwei Jahre zu einer vertrauensärztlichen Untersuchung auf (Art. 15d Abs. 2 SVG). Diese dient dazu, die mit fortschreitendem Alter höher werdende Wahrscheinlichkeit der Abnahme der allgemeinen psychischen und physischen Grundvoraussetzungen zum sicheren Lenken eines Motorfahrzeuges vorzeitig erkennen zu können (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_391/2012 vom 11. September 2012 E. 3). Diese periodischen Kontrollen schliessen aber nicht aus, dass die kantonalen Behörden bei Zweifeln an der Fahreignung weitere Untersuchungen anordnen (BGE 127 II 129 E. 3b S. 131). 
Wecken konkrete Anhaltspunkte ernsthafte Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen, ist eine verkehrsmedizinische Abklärung anzuordnen (Art. 15d Abs. 1 SVG, Art. 28a Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [Verkehrszulassungsverordnung, VZV; SR 741.51]). Diesfalls ist der Führerausweis nach Art. 30 VZV in der Regel vorsorglich zu entziehen (BGE 127 II 122 E. 5 S. 128). Denn steht die Fahreignung des Betroffenen ernsthaft in Frage, ist es unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit grundsätzlich nicht zu verantworten, ihm den Führerausweis bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zu belassen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist für den vorsorglichen Führerausweisentzug nach Art. 30 VZV kein strikter Beweis erforderlich, hierfür genügen vielmehr bereits konkrete Anhaltspunkte, dass die Fahreignung zu verneinen ist (BGE 125 II 493 E. 2b S. 495; Urteil des Bundesgerichts 1C_285/2018 vom 12. Oktober 2018 E. 3.2 mit Hinweis). 
 
4.  
Die Vorinstanz hat erwogen, aufgrund der polizeilichen Fotoaufnahmen und der Augenzeugenaussagen sei in Bezug auf den Unfallhergang davon auszugehen, dass der Jungbaum durch die Wucht des Aufpralles umgebogen, das Heck des Personenwagens angehoben und das Fahrzeug anschliessend gegen den Beleuchtungskandelaber geschleudert worden sei, was erhebliche Beschädigungen am Heck und am vorderen rechten Kotflügel verursacht habe. Das Schadensbild gebe Anlass zur Annahme, dass die für diesen Ablauf erforderliche Energie eine gewisse Geschwindigkeit voraussetze. Diese Folgerung sei denn auch ohne Weiteres mit den Aussagen des Beschwerdeführers in der ersten polizeilichen Befragung vereinbar, wonach er breite Schuhe getragen habe und mit dem Fuss gleichzeitig auf das Brems- und Gaspedal geraten sei. Es sei anzunehmen, dass diese Fehlmanipulation die Rückwärtsbeschleunigung ausgelöst habe. Aufgrund des Unvermögens des Beschwerdeführers, das Fahrzeug bei einem einfachen, alltäglichen Manöver pflichtgemäss zu beherrschen, stehe seine generelle Fahreignung - d.h. die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen - ernsthaft in Frage. Folglich bedürfe es der weiteren Klärung seiner Fahreignung mittels einer verkehrsmedizinischen Untersuchung. Angesichts des grossen Gewichts, welches dem öffentlichen Interesse an der Verkehrssicherheit vom Gesetzgeber und in der Rechtsprechung beigemessen werde, sei es verhältnismässig, den Führerausweis für die Dauer der Fahreignungsabklärung vorsorglich zu entziehen. Es sei unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit nicht zu verantworten, dem Beschwerdeführer den Führerausweis bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zu belassen. 
 
5.  
Der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Entscheid sei willkürlich und verletze den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Insbesondere sei es eine blosse Vermutung und nicht bewiesen, dass er mit seinem rechten Fuss auf das Gaspedal gekommen und deshalb plötzlich losgefahren sei. 
Diese Verfassungsrügen sind zulässig (vgl. E. 2 hiervor). 
 
6.  
Die Vorinstanz hat im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auf die Beweisregel abgestellt, wonach die sogenannten spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in der Regel unbefangener und zuverlässiger seien als spätere Schilderungen des Ereignisses, die bewusst oder unbewusst von Überlegungen rechtlicher oder anderer Art beeinflusst sein könnten. Die Vorinstanz hat zudem auf die polizeilichen Fotoaufnahmen, Augenzeugenaussagen und das Schadensbild verwiesen. 
Die Beweiswürdigung der Vorinstanz erweist sich ohne Weiteres als nachvollziehbar. Gestützt darauf konnte die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen, annehmen, dass mutmasslich eine Fehlmanipulation (gleichzeitige Bedienung von Brems- und Gaspedal) des Beschwerdeführers zum Unfall geführt hat. Ausgehend hiervon hat die Vorinstanz geschlossen, es bestünden im Sinne von Art. 30 VRV ernsthafte Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdeführers, weshalb ein vorsorglicher Ausweisentzug gerechtfertigt sei. 
Diese Folgerung bestreitet der Beschwerdeführer nicht in einer Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise. Mit seinen knappen und allgemein gehaltenen Ausführungen vermag er keine Willkür darzutun. 
 
7.  
Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ist es nach der Rechtsprechung geeignet, erforderlich und zumutbar, dem Betroffenen den Führerausweis einstweilen zu entziehen, wenn ernsthafte Zweifel an seiner Fahrtauglichkeit bestehen (Urteil des Bundesgerichts 1C_604/2012 vom 17. Mai 2013 E. 6.4 mit Hinweisen; vgl. auch E. 3 hiervor). Der Beschwerdeführer wird mithin in seiner persönlichen Freiheit nicht unverhältnismässig eingeschränkt, wenn ihm der Führerausweis bis zur weiteren Abklärung seiner Fahreignung entzogen bleibt. 
Die Rüge, der angefochtene Entscheid verletze den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, erweist sich damit als nicht stichhaltig, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen nach Art. 106 Abs. 2 BGG genügt. 
 
8.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern, Abteilung Massnahmen, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem Bundesamt für Strassen Sekretariat Administrativmassnahmen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Januar 2019 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner